Euklid
24.04.2005, 09:40
@ MarkXzzz
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@MarkXzzz |
-->Hallo Mark
wie kann man eigentlich das Sozialprodukt der ganzen Wirtschaftstheoretiker von denen jeder seine eigene Ideologie mitbringt messen?
Was bringt eigentlich der Unsinn eines Sinn?
Es läßt sich belegen daß die Voraussagen der Wirtschaftsweisen mehr daneben waren als daß sie richtig lagen.
Gib einem Affen einen Wurfpfeil und laß ihn werfen.Das wäre billiger und entspräche exakt der Chaostheorie.Und Wirtschaft ist und bleibt Chaostheorie.
Eine unglaubliche Heerschar an Wirtschaftstheoretikern und Juristen hat sich da breitgemacht.
Die geben heute ja schon vor daß dem Ingenieur etwas kreatives einfallen muß und sogar wann er den erleuchtenden Gedanken zu kriegen hat damit die Bilanz stimmt;-))
Bevor in einem Industriekonzern heute irgend etwas produziert wird ist ein gigantischer Wassserkopf an Juristen und Kaufleuten durchzufüttern die dem heutigen Ingenieur die Peitsche geben wollen.
Aber der will offenbar nicht mehr und läßt lieber den ganzen unproduktiven Verein absaufen.
Wir haben heute ein Stadium erreicht indem die Auszeichnung der Nichtbeteiligten am Fortschritt als produktiv gilt.
Es gibt schon Baufirmen die bei Juristen und Lehrern ablehnen zu bauen;-))
Gruß Euklid
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- Elli -
24.04.2005, 10:40
@ Euklid
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Re: @Euklid: bitte nicht alles nachkauen.... |
-->>Es läßt sich belegen daß die Voraussagen der Wirtschaftsweisen mehr daneben waren als daß sie richtig lagen.
http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/321145.htm
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Dimi
24.04.2005, 12:25
@ dottore
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Re: Money - Dottore |
-->Hallo Dottore,
>Dabei setze ich nun wiederum voraus, dass es"Geld" gibt. Wie sonst sollten Deine Sicherheiten bewertet werden?
>Biete Sie bitte mir an. Um zu entscheiden, ob ich sie Dir abkaufen werde, damit Du Deine Mio erhältst, muss ich natürlich wissen, was Du anzubieten hast.
Als Sicherheit biete ich Dir die Staatsanleihen, die ich mit Deiner Million kaufen werde. Auf diese Weise fließt mir der Zins zu (schließlich geht es darum zu zeigen, daß der Gläubiger - auch beim Vorliegen von Sicherheiten - kein Interesse hat, zinsfrei Geld zu verleihen).
>>Eine Welt, in der man sich an Verträge hält, Waffen nicht erfunden wurden und Gewalt nicht auftritt (wie gesagt, ein Gedankenexperiment, kein historischer Beleg).
>Dieses Gedankenexperiment kann ich nicht nachvollziehen. IQ-Problem?
Sei unbesorgt. - Vielleicht möchtest Du Dich nur nicht darauf einlassen?
>Da Du in diese schöne Welt"Geld" nicht einbezogen hast: Worauf lauten die Verträge?
Ich hatte es offengelassen (damit die Thematik unterschiedlicher Geldformen/Geldbegriffen keine Rolle spiele).
>Denn unsere Söhne leben doch in einer Welt ohne Waffen und Gewalt. Also wird mein Sohn niemals mehr das Geliehene wieder sehen, da er keine Möglichkeit hat, in die"Unternehmungen" (Herden, Wälder usw.) Deines Sohnes zu vollstrecken.
In der hypothetischen Welt halten sich die Leute an Verträge (Annahme).
Zu unserer Welt: Es ist klar, daß ein Vollstreckungssystem das Kreditwesen beflügelt und in seiner heutigen Form erst ermöglicht, indem es die Rahmenbedingungen setzt. Deine Gewalttheorie ging, zumindest bisher, aber darüber hinaus, und sieht die übergeordnete Macht als Ursache des Zinses.
Darauf zielte meine hypothetische Welt. Sie sieht ab von diversen Randerscheinung, darunter auch alles andere, das im"Zins" einpreist sein kann (Unsicherheit, Verwahrung, Bearbeitungsgebühren etc.), aber eben auch von Vollstreckungs- und Ausfallkosten (es herrscht hundertprozentige Sicherheit), um zum Kern vorzudringen: Dem, was wirtschaftlich Zins ist.
Und hier steht man einfach vor Alternativen. Es gibt Investments, die Ertrag abwerfen, etwa Vieherden, Äcker oder Unternehmen - und zwar ohne eigene Arbeit (ein Schäfer etwa verlangt nicht viel).
Nun ergäbe sich doch folgende Arbitragemöglichkeit des Schuldners: Er nimmt den zinsfreien Kredit auf, und investiert in eine Vieherde. Dadurch verschafft er sich einen stetigen Einnahmestrom, nämlich die Milch, das Fleisch, und die Jungen. Zwar kann die Herde an Wert verlieren, sie kann aber auch an Wert gewinnen. Im Sinne einer statistischen Arbitrage fließt der Ertrag dem Schuldner zu.
Ohne Zins lebte der Schuldner besser, als ein Nichtdarlehensnehmer. Sein Gewinn geht zu Lasten des Gläubigers.
>Wie Du, lieber Dimi, siehst, geht's ohne Staat nicht.
Lieber Dottore, wie Du weißt, gebe ich dem Kaiser, was des Kaisers.
>Oder ist mein IQ-Problem noch viel, viel größer als ich schon befürchtet hatte?
Nein. Als Du den Debitismus entwickelt hast, hast Du Dich abgeschottet gegenüber gängigen Theorien und Auffassungen. Das war wohl nötig, um diese Seite des Wirtschaftens, den Verschuldungsaspekt, und diese Seite der Geldtheorie, die Forderungsseite, so genau auszuarbeiten wie wohl keiner zuvor (und gegen die damaligen Verschuldungs- und Umlauf-Auffassungen!).
Als dieses Werk getan war, hast Du, vor einigen Jahren, seine Lücken bemerkt. Beim Schließen dieser Lücken bist Du aber bei der Abschottung gängiger Theorien geblieben. Als Alternative hast Du die Macht einbezogen. Manches hast Du aus der Versenkung geholt, was vergessen worden war. Zugleich aber hast Du der Macht aber Aufgaben aufgebürdet, die sie nicht zu leisten vermag.
Hingegen wird meines Erachtens der nächste Schritt die Verbindung der beiden Theorien sein, also die der Vielfaltsüberbrückung (Tausch) mit der der Zeitüberbrückung (Leihen).
Du willst hingegen zum Leihen (Debitismus) das Rauben (Macht) hinzustellen, vermutlich weil Du das Tauschen (gängige Wirtschaftstheorie) unbedingt vermeiden möchtest. Aber Leihen und Tauschen ergeben das Wirtschaften, Rauben ist auf dieser Ebene ein sekundärer Aspekt.
Man kann Erkenntnisse durchaus aus einer gewissen Gegnerschaft heraus erzielen, muß dann aber wieder die richtigen Elemente der abgelehnten Theorie - hier des Tauschens - integrieren.
Keine Sorge, das Leihen verschwindet nicht, wenn ihm das Tauschen zur Seite gesellt wird.
Gruß, Dimi
[img][/img]
<ul> ~ Quelle: http://www.horschcartoons.de/upanddown.html[/link]</ul>
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Dimi
24.04.2005, 12:33
@ R.Deutsch
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Re: More About Money - Reinhard |
-->Hallo Reinhard,
>der Debtismus ist sicher eine originelle Theorie, mit einigen überraschenden und erhellenden Erklärungsansätzen, aber eine Theorie, die einmal falsifiziert wird ist eben nach Popper eine falsche Theorie.
Wie willst Du diese Aussage verifizieren? ;-)
Außerdem: Was ist eine Theorie? In einem (theorieschöpfenden) Buch stehen normalerweise viele Einzelthesen, da sind leicht mal Fehler darunter.
Dottore sagt ja auch nicht, daß Deine ganze Theorie falsch sei, nur weil Du einzig Gold und Silber für Geld hälst (hätte Dich Deine Frau wenigstens einmal zum Einkaufen geschickt, wüßtest Du, daß man mit Euro zahlen kann ;-))
>Es gibt eben eine Reihe von beobachtbaren Phänomenen (Tausch, Tauschmittel, Außenhandel etc.) welche der Debitismus nicht plausibel erklären kann.
Schon klar, aber damit kippt nicht die ganze Theorie.
Gruß, Dimi
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R.Deutsch
24.04.2005, 14:28
@ Dimi
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Re: Falsifizierung - Dimi |
-->Hallo Dimi,
>der Debtismus ist sicher eine originelle Theorie, mit einigen überraschenden und erhellenden Erklärungsansätzen, aber eine Theorie, die einmal falsifiziert wird ist eben nach Popper eine falsche Theorie.
Wie willst Du diese Aussage verifizieren? ;-)
das geht (nach Popper) leider nicht.:-)
Außerdem: Was ist eine Theorie? In einem (theorieschöpfenden) Buch stehen normalerweise viele Einzelthesen, da sind leicht mal Fehler darunter.
Theorie ist der Versuch, einen beobachtbaren Sachverhalt plausibel zu erklären.
Dottore sagt ja auch nicht, daß Deine ganze Theorie falsch sei, nur weil Du einzig Gold und Silber für Geld hälst (hätte Dich Deine Frau wenigstens einmal zum Einkaufen geschickt, wüßtest Du, daß man mit Euro zahlen kann ;-))
Ja - es gibt viele Arten von Geld und - ja - man kann mit Euro bezahlen. Ich war schon mal einkaufen:-)
>Es gibt eben eine Reihe von beobachtbaren Phänomenen (Tausch, Tauschmittel, Außenhandel etc.) welche der Debitismus nicht plausibel erklären kann.
Schon klar, aber damit kippt nicht die ganze Theorie.
[b]Ja - doch - das ist ja gerade das Popperkriterium. Nach Popper können wir nicht sagen, was die Wahrheit ist (verifizieren), aber wir können sagen, dass etwas nicht die Wahrheit ist (falsifizieren). Wir versuchen, mit Hilfe von Theorien Sachverhalte zu erklären. Wir können nicht beweisen, dass die Theorie der Wahrheit entspricht. Aber wenn die Theorie beobachtbare Sachverhalte nicht erklären kann, können wir sagen, dass die Theorie offenbar falsch ist und müssen nach einer besseren Theorie suchen.
Mit dem geozentrischen Weltbild konnte man die Planetenbewegungen nicht plausibel erklären. Das heliozentrische Weltbild war die bessere Theorie. Ob es die Wahrheit ist, können wir trotzdem nicht sagen. Die Kirche hat ja dazu eine ganz andere Theorie. Sie hat allerdings den Vorteil, dass Falsifizierung einfach nicht zugelassen wird (Offenbarung). Zum Glück gilt der Debitismus aber noch nicht als Offenbarung.
Gruß
R
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MarkXzzz
24.04.2005, 15:47
@ Euklid
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Re: @MarkXzzz |
-->>Wir haben heute ein Stadium erreicht indem die Auszeichnung der Nichtbeteiligten am Fortschritt als produktiv gilt.
Da ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht:
http://www.jobpilot.de/content/journal/studium/beruf/wirtschaftspruefer-37-02.html
>Es gibt schon Baufirmen die bei Juristen und Lehrern ablehnen zu bauen;-))
Das waere in der Tat mal eine gute Entwicklung.
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Euklid
24.04.2005, 16:28
@ MarkXzzz
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Re: @MarkXzzz |
-->Hallo Mark das war ein ganz toller Link.
Dafür bedanke ich mich herzlich.
Ach Du geheiligter Benedikt der VI.
2 von 3 Stellen sind unbesetzt;-))
Da lohnt es sich doch umzuschulen und zu den produktivsten Mitgliedern der Gesellschaft zu wechseln. [img][/img]
Kein Wunder daß Ingenieurstudenten inzwischen zur Mangelware geworden sind.
Erich hat völlig Recht mit seiner Analyse.
Gruß Euklid
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MarkXzzz
24.04.2005, 17:32
@ Euklid
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Da wird nix draus |
-->Irgendwie scheint genetisch da einiges im Argen zu liegen ;)
"
Einige Wirtschaftsprüfer haben auch ein rechtswissenschaftliches Studium absolviert. Theoretisch denkbar, praktisch aber die große Ausnahme sind Wirtschaftsprüfer, die ein technisches oder landwirtschaftliches Studium hinter sich gebracht haben.
"
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dottore
24.04.2005, 17:42
@ Dimi
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Re: Money - Dottore |
-->Hi Dimi,
>>Dabei setze ich nun wiederum voraus, dass es"Geld" gibt. Wie sonst sollten Deine Sicherheiten bewertet werden?
>>Biete Sie bitte mir an. Um zu entscheiden, ob ich sie Dir abkaufen werde, damit Du Deine Mio erhältst, muss ich natürlich wissen, was Du anzubieten hast.
>Als Sicherheit biete ich Dir die Staatsanleihen, die ich mit Deiner Million kaufen werde. Auf diese Weise fließt mir der Zins zu (schließlich geht es darum zu zeigen, daß der Gläubiger - auch beim Vorliegen von Sicherheiten - kein Interesse hat, zinsfrei Geld zu verleihen).
Ooh! Du musst mir die Sicherheiten schon zeigen und zur Sicherheit übereignen und nicht sagen, dass Du sie erst noch besorgen wirst.
Auch die (Euro)-ZB vergibt kein GZ auf"Zusicherung" hin, damit würden die Banken Staatsanleihen kaufen (dann wäre das GZ schon bei ihnen) und anschließend in den Pfandpool der ZB packen. Die Staatsanleihen müssen vorher im Pfandpool erscheinen (dort liegen ca. für 450 Mrd Euro, allein dem der Buba bei Buba-GZ -"deutscher Anteil" - von 132 Mrd).
Bei anderen ZBs (Fed) wird auch nicht den Banken Fed-GZ"geliehen", damit die Banken damit Govs kaufen können, die dann wiederum die Fed am open market kaufen kann. Sondern die Staatsanleihen müssen definitiv bereits"im Markt" sein. Erst dann kann die Fed entscheiden, ob sie ankauft oder nicht.
Außerdem würde ich mit der Mio die Staatsanleihen selber kaufen, falls mir der Sinn danach steht. Dann kannst Du entscheiden, ob Du sie verkaufen willst oder nicht.
Schließlich könnte ich mit Hilfe meiner Mio (oder mehr) eine Banklizenz erwerben und ins Kreditgeschäft einsteigen. Dann würde ich:
1. Deine Staatsanleihen bestenfalls zu 50 % beleihen und
2. Von Dir auf jeden Fall einen höheren Zins abfordern als Du aus Deinen Staatsanleihen insgesamt selbst als Zins (Rendite) kassieren kannst. Wie im wirklichen Leben.
Das haut also zwischen uns nicht hin.
>>>Eine Welt, in der man sich an Verträge hält, Waffen nicht erfunden wurden und Gewalt nicht auftritt (wie gesagt, ein Gedankenexperiment, kein historischer Beleg).
>>Dieses Gedankenexperiment kann ich nicht nachvollziehen. IQ-Problem?
>Sei unbesorgt. - Vielleicht möchtest Du Dich nur nicht darauf einlassen?
Eine Welt, in der es zwar Verträge geben soll, aber keinerlei Gewalt (Waffen), diese auch zur Erfüllung zu bringen - das pack' ich leider wirklich nicht.
>>Da Du in diese schöne Welt"Geld" nicht einbezogen hast: Worauf lauten die Verträge?
>Ich hatte es offengelassen (damit die Thematik unterschiedlicher Geldformen/Geldbegriffen keine Rolle spiele).
Die Geldformen wären mir wurscht. Die Verträge könnnen nicht auf nichts lauten. Also? Du selbst hattest"1 Mio" vorgeschlagen. Eine Million was?
>>Denn unsere Söhne leben doch in einer Welt ohne Waffen und Gewalt. Also wird mein Sohn niemals mehr das Geliehene wieder sehen, da er keine Möglichkeit hat, in die"Unternehmungen" (Herden, Wälder usw.) Deines Sohnes zu vollstrecken.
>In der hypothetischen Welt halten sich die Leute an Verträge (Annahme).
Diese Annahme kann ich nicht nachvollziehen. Was, wenn wir beide nach Vertragsabschluss tot umfallen? (Der HErr behüte).
>Zu unserer Welt: Es ist klar, daß ein Vollstreckungssystem das Kreditwesen beflügelt und in seiner heutigen Form erst ermöglicht, indem es die Rahmenbedingungen setzt. Deine Gewalttheorie ging, zumindest bisher, aber darüber hinaus, und sieht die übergeordnete Macht als Ursache des Zinses.
Als Ursache der Abgabe, gemeinhin auch als "Steuerzins" bezeichnet. Ist die Macht in der Welt, läuft es so, wie es gelaufen ist (siehe früheres Posting heute, z.B. das römisch-syrakusanische System).
>Darauf zielte meine hypothetische Welt. Sie sieht ab von diversen Randerscheinung, darunter auch alles andere, das im"Zins" einpreist sein kann (Unsicherheit, Verwahrung, Bearbeitungsgebühren etc.), aber eben auch von Vollstreckungs- und Ausfallkosten (es herrscht hundertprozentige Sicherheit), um zum Kern vorzudringen: Dem, was wirtschaftlich Zins ist.
"Gewirtschaftet" kann nur mit Hilfe von Verträgen werden, geht schon bei der"Arbeitsteilung" los. Einen"wirtschaftlichen Zins" als solchen konnte ich bisher nirgendwo entdecken.
>Und hier steht man einfach vor Alternativen. Es gibt Investments, die Ertrag abwerfen, etwa Vieherden, Äcker oder Unternehmen - und zwar ohne eigene Arbeit (ein Schäfer etwa verlangt nicht viel).
Richtig. Dann musst Du Herr des Landes sein und zwar uneingeschränkter. Also Macht, Zentralmacht, Herrscher, Staat usw. Sobald Du auf Eigentum operierst, das Dich zum Abgabenschuldner macht (Pächter, Grundsteuer-Verpflichteter usw.), hast Du den Ertrag, der Dir belassen wird - mehr nicht.
Um nochmals auf die 33 1/3 % zu kommen, den wir als allerersten"Zins" verorten können (Königsinschriften, vgl. Jerrold Cooper 1986) so hat der schon zitierte Leemans nach Hudson"observed that 33 1/3 per cent interest"seems outrageous to us," but if it were charged only on seed-grain -- and assuming yields to have been 16 to 24 times the sowing-corn, or even more -- then it would have amounted to just 1 per cent of the crop.
Warum dann das Gedöns? Hudson:
"But practically all agrarian debts stemmed from payment arrears, not from entrepreneurial borrowing."
Die Leute hatten also nicht Probleme mit "Geliehenem" (Deine Annahme). Sondern mit (als Abgaben) Geschuldetem.
>Nun ergäbe sich doch folgende Arbitragemöglichkeit des Schuldners: Er nimmt den zinsfreien Kredit auf, und investiert in eine Vieherde.
Das kann nicht, da das"entrepreneurial borrowing" nicht existierte.
>Dadurch verschafft er sich einen stetigen Einnahmestrom, nämlich die Milch, das Fleisch, und die Jungen.
Das kann er als Nomade (ohne irgendeinen Landowner als Ober-Eigentümer über sich zu haben). Nur dann ist es kein"Einnahmestrom" (flow), sondern er vergößert sein Herde (stock im wahren Sinn des Wortes).
>Zwar kann die Herde an Wert verlieren, sie kann aber auch an Wert gewinnen. Im Sinne einer statistischen Arbitrage fließt der Ertrag dem Schuldner zu.
Der Nomade ist nie Schuldner. Das definiert ihn ja gerade. Ist er Unter-Hund, siehe oben (er scheitert am agrarian usury).
>Ohne Zins lebte der Schuldner besser, als ein Nichtdarlehensnehmer. Sein Gewinn geht zu Lasten des Gläubigers.
Ohne Zins ist der Nomade sowieso nie Schuldner. Was sollte ihn ein"Gläubiger" scheren?
>>Wie Du, lieber Dimi, siehst, geht's ohne Staat nicht.
>Lieber Dottore, wie Du weißt, gebe ich dem Kaiser, was des Kaisers.
Armer Dimi! Dem Kaiser (imperator = Oberbefehlshaber, im Voll-Eigentum des ius occupandi gehörte ihm bekanntlich alles! In der Provinz Judaea sowieso. Dafür hat schon die XXI. Legion (dort stationiert) gesorgt.
>>Oder ist mein IQ-Problem noch viel, viel größer als ich schon befürchtet hatte?
>Nein. Als Du den Debitismus entwickelt hast, hast Du Dich abgeschottet gegenüber gängigen Theorien und Auffassungen.
Nein. Die habe ich bestens drauf, da selbst jahrzehntelanger Anhänger. Nur ist der Wunsch, sich schön mählich hochzutauschen garnichts gegen den Zwang, den Schuldendruck verursacht. Der Hochtauscher muss überhaupt nichts, der Schuldner aber schläft mit Schulden sofort schlechter als ohne Schulden.
Das macht erfinderisch! Ich glaube, Burning_Heart hat dies am 20. April in guter Kürze dargestellt. (Bei bernor lese ich Nämliches).
>Das war wohl nötig, um diese Seite des Wirtschaftens, den Verschuldungsaspekt, und diese Seite der Geldtheorie, die Forderungsseite, so genau auszuarbeiten wie wohl keiner zuvor (und gegen die damaligen Verschuldungs- und Umlauf-Auffassungen!).
Ich fand (und finde nach wie vor): Diese"Umlauferei"-Auffassungen (einfaches Tauschtheorem) sind ganz und gar einseitig. Schalmeien-Theorien.
>Als dieses Werk getan war, hast Du, vor einigen Jahren, seine Lücken bemerkt. Beim Schließen dieser Lücken bist Du aber bei der Abschottung gängiger Theorien geblieben.
Nein. Bei der Schuldendruck-Kiste (ex"Machtkreislauf" Tribut-Söldner-Tribut) bin ich durchaus wieder bei der"Tauscherei" gelandet: Der zum Tribut Verpflichtete muss sich beim Söldner das bei ihm liegende Tributgut ertauschen. Also simpel: 10 Kühe gegen einen Beutel Silberlinge. Nur ist er die Silberlinge schuldig.
>Als Alternative hast Du die Macht einbezogen. Manches hast Du aus der Versenkung geholt, was vergessen worden war. Zugleich aber hast Du der Macht aber Aufgaben aufgebürdet, die sie nicht zu leisten vermag.
Macht hat keine"Aufgaben". Sie ist sozusagen Zweck in sich. Die produktivste Form, an die Leistungen und Güter anderer zu kommen, ohne selbst den Buckel krumm machen zu müssen. Weshalb sie auch so gerne angestrebt wird und beim Macht-Herrn erhalten bleiben soll.
>Hingegen wird meines Erachtens der nächste Schritt die Verbindung der beiden Theorien sein, also die der Vielfaltsüberbrückung (Tausch) mit der der Zeitüberbrückung (Leihen).
Um nochmals in den Nahen Osten zurück zu kehren: Die Perser, die nun wahrlich Tonnen von Silber als Tribute einforderten (ex Indien auch Gold), hatten keine Märkte (Herodot). Insofern entfällt das"Vielfalt-Problem" von wegen ich habe 10 Schweine und will dafür 120 (133? 267? 301 1/2?) Hühner.
Bitte nicht vergessen: Diese sog. "Multipel-Märkte", wo so etwas hätte aufkommen können, hat es erst in der neuesten Geschichte gegeben. Davor wurden alle Güter separat gehandelt (Gänse auf dem Gänsemarkt; Gerste auf den"Schrannen", Großvieh auf dem Viehmarkt, usw.; die Geschichte der römischen Märkte -"Forum Tralala","Forum"Eiwaswohl" [Namen mal vor langer Zeit gepostet] - ist Beleg genug).
Das"Zeitüberbrücken" ist ein modernes Konstrukt. Das einzige Zeit-Phänomen, das die Jungs zunächst interessierte, war der Termin, zu dem die Abgabe zu leisten war. Man versuchte, sofern nicht mit dem Geforderten gesegnet, den Termin - buchstäblich - zu "über-brücken".
>Du willst hingegen zum Leihen (Debitismus) das Rauben (Macht) hinzustellen, vermutlich weil Du das Tauschen (gängige Wirtschaftstheorie) unbedingt vermeiden möchtest.
Nein, siehe bitte oben.
>Aber Leihen und Tauschen ergeben das Wirtschaften, Rauben ist auf dieser Ebene ein sekundärer Aspekt.
Mit dem Raub fing's nun wirklich an (Franz Oppenheimer, Der Staat). Das ist der Primäraspekt.
>Man kann Erkenntnisse durchaus aus einer gewissen Gegnerschaft heraus erzielen, muß dann aber wieder die richtigen Elemente der abgelehnten Theorie - hier des Tauschens - integrieren.
Siehe bitte oben.
>Keine Sorge, das Leihen verschwindet nicht, wenn ihm das Tauschen zur Seite gesellt wird.
Es geht um die Schuld und um die Frage, wie es kommt, dass jemand Schuldner wird, OHNE sich vorher etwas geliehen zu haben.
Also: Es geht um die Schuld ex nihilo. Die kann nur die Waffe (überlegen muss sie schon sein) herbeizwingen. Der Rest ist schnell gegessen.
Gruß!
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Dimi
24.04.2005, 21:24
@ dottore
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Re: Still More About Money - Dottore |
-->Lieber Dottore,
die Frage ist doch, ob es zu Zins kommt, wenn von anderen Einflüssen wie der Sicherheit abgesehen wird. Unsicherheit etwa verlangt einen Aufpreis, der in der Zinszahlung eingepreist wird - aber diesen Preis meinen wir doch beide nicht. Fallen diese Einflüsse weg, ergibt sich immer noch für beide Seiten der Sinn einer Zinsvereinbarung: Für den Gläubiger, da er alternativ ertragreiche Anlagemöglichkeiten zur Verfügung hat (auf deren Ertrag er sonst verzichten müßte), für den Schuldner, da er in solche investieren könnte (und so ein Frei-Einkommen erzielte). Wenn sich für beide Seiten der Sinn eines Zinses ergibt und man sich nur noch über die Höhe zu einigen braucht, dann haben wir eine eigenständige Ursache des Zinses vorliegen.
Diese Betrachtung war jetzt natürlich erstmal unabhängig von der historischen Entwicklung. Bei dieser wiederum ist zu differenzieren zwischen einer etwaigen chronologischen Parallelität und der Ursache. Chronologisch geht die Ausprägung abgabenstaatlicher Machträume oft Hand in Hand mit der Arbeitsteilung, der Auflösung des gemeinsam wirtschaftenden Familienverbandes und eines funktionierenden Vertrags- und Vollstreckungssystems.
Was nun die Ursache angeht so müßte sich leicht überprüfen lassen, ob der Vorschuß für die Abgabe den Kredit mit Zins hervorbrachte. In diesem Fall müßte nämlich in den Quellen der Zusammenhang aufzuzeigen sein zwischen Steuern und Zins, angesichts der vielen Textstellen zu Steuern und angesichts allein von tausenden Tontäfelchen mit Kreditverträgen. Wir finden jedoch keine solche Häufung, weder unmittelbar (also daß wir auf eine häufige Kreditaufnahme zum Zwecke der Steuerzahlung schließen könnten) noch direkt (also daß es so formuliert wurde).
Ich möchte nochmal ausdrücklich betonen, daß weder die Existenz der Abgabe noch der Macht angezweifelt wird, und daß darüberhinaus deren Bedeutung höher ist als allgemein anerkannt, sowohl was die Gesellschaft, als auch was das Wirtschaften, als auch was die historische Entwicklung angeht. Mögen sich manche Ã-konomen im Kaminzimmer eine Welt ohne Gewalt und nur mit Tausch zusammenträumen nach Art eines Supermarkts mit festem Gehaltsscheck. Wir müssen uns aber nicht an deren Weltbildern orientieren, sondern an den beobachtbaren Dingen und deren Zusammenhängen.
>"But practically all agrarian debts stemmed from payment arrears, not from entrepreneurial borrowing."
>Die Leute hatten also nicht Probleme mit"Geliehenem" (Deine Annahme). Sondern mit (als Abgaben) Geschuldetem.
Das"(als Abgaben)" schreibt Hudson nicht. Es stimmt auch nicht, die Quellenlage gibt genau diesen Punkt eben nicht her.
>>Lieber Dottore, wie Du weißt, gebe ich dem Kaiser, was des Kaisers.
>Armer Dimi!
Im Gegenteil. Wenn ich zahle, muß ich mich nicht über die Steuereintreiber ärgern, und habe fließend Wasser zur Verfügung. Und dann kann ich mich um die wichtigen Dinge kümmern.
Übrigens: Der Satz ist authentisch. Und der Mann wußte, was er sagte.
>Ich fand (und finde nach wie vor): Diese"Umlauferei"-Auffassungen (einfaches Tauschtheorem) sind ganz und gar einseitig.
Sie sind einseitig.
>Bei der Schuldendruck-Kiste (ex"Machtkreislauf" Tribut-Söldner-Tribut) bin ich durchaus wieder bei der"Tauscherei" gelandet: Der zum Tribut Verpflichtete muss sich beim Söldner das bei ihm liegende Tributgut ertauschen.
Gut: Kannst Du Dir z.B. vorstellen, daß Du als junger steinzeitlicher Mann Rinder und Schmuck gegen eine Braut getauscht hättest, wenn Dein Verlangen Dir seit Jahren keine Ruhe mehr ließ?
>>Aber Leihen und Tauschen ergeben das Wirtschaften, Rauben ist auf dieser Ebene ein sekundärer Aspekt.
>Mit dem Raub fing's nun wirklich an
"Sekundär" meinte ich nicht chronologisch. Der Klaps ist vor dem Vertrag.
Gruß, Dimi
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Dimi
24.04.2005, 21:40
@ R.Deutsch
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Re: Falsifizierung von Teilen oder vom Ganzen? - Reinhard |
-->Hallo Reinhard,
>Nach Popper können wir nicht sagen, was die Wahrheit ist (verifizieren), aber wir können sagen, dass etwas nicht die Wahrheit ist (falsifizieren).
Das kann sich m.E. nur auf Einzelthesen beziehen.
Gruß, Dimi
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Burning_Heart
24.04.2005, 22:43
@ Turon
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Debitismus eben. Solange der Staat im Überfluß lebt... |
-->...ist er Super-Ineffektiv.
Warum anstrengen, wenn es nicht notwendig ist.
Doch wehe wenn die Suppe sich dem Ende neigt.
Dann ist -Dans oop dee Deel- und Fortschritt setzt ein.
Ich glaube aber, daß er diesmal von seiner eigenen Bürokratie besiegt wird, bevor er seinen Laden ausgemistet hat.
Seine Belegschaft im grossen Stil rausschmeissen geht wohl nicht, sonst machen die Probleme.
Mal sehen was er sich, unter debitistischen Druck stehend, einfallen lässt.
Gruß
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Dimi
25.04.2005, 09:34
@ Dimi
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Re: Ergänzung zum Debitismus - Reinhard |
-->Hallo Reinhard,
ein Beispiel mag das erläutern: Als Dottore seine Bücher schrieb, hat er doch sehr eindringlich klar gemacht, daß die Überschuldung ein instablier Zustand ist, wie sie mit den Preisen in Beziehung steht, wie das mit den Konsumgüter- und den Assetpreisen dabei ist, was die sekundären Folgen von der Arm-Reich-Spanne bis zur Arbeitslosigkeit sind, wie es historisch war, woran theoretische Modelle wie die Umlaufgeschwindigkeit schwächeln, und dergleichen. Das war damals (und ist es noch heute) alles andere als gängige Lehrmeinung. Dabei mied er auch simplifizierende Mythen wie"nur Gold ist echtes Geld", denen damals manche alternativ anhingen (und einige wenige bis heute ;-)). Sicher war manches, was er geschrieben hatte, bereits bekannt. Es waren aber bloß Einzelgedanken, verteilt über die ganze Literatur. Das Gesamtbild und die viele übrigen Einzelthesen bleiben nun aber bestehen, wenn ein Einzelpunkt nicht stimmt, wie der der Geldentstehung aus der Schuld. Du machst es Dir sonst schlicht zu leicht, wenn Du mit Einzelfehlern die ganze Theorie kippen wolltest. Dabei muß man noch berücksichtigen, wie weit sich eine Theorie vom Gängigen entfernt. Wenn Du ein Buch über die Grundrechenarten schriebest, könntest Du es halbwegs fehlerfrei hinbekommen. Wenn Du, und das hat Dottore, neue oder auch nur ungewohnte Erklärungs- und Betrachtungsansätze wählst, sind erheblich mehr Fehler zu erwarten. Davon ist keine Theorie frei, und dennoch kann in ihr der Schlüssel zur Beantwortung offener Fragen liegen.
Gruß, Dimi
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R.Deutsch
25.04.2005, 09:34
@ Dimi
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Re: @Dimi - Falsifizierung des Debitismus |
-->
Hallo Dimi,
auf meinen Satz:
>Nach Popper können wir nicht sagen, was die Wahrheit ist (verifizieren), aber wir können sagen, dass etwas nicht die Wahrheit ist (falsifizieren).
Antwortest Du:
Das kann sich m.E. nur auf Einzelthesen beziehen.
Nein- das bezieht sich eben gerade auf die ganze Theorie.
Dottore trägt den Debitismus als monokausale, alles Wirtschaften erklärende,Theorie vor und schließt andere Theorien (Tauschen) ausdrücklich aus. Das macht seine Theorie besonders anfällig und es genügt eine einzige Falsifizierung, um diesen Anspruch zu erschüttern.
Ja - es gibt Macht und Raub und Abgabezwang und das muss viel stärker in die Theorie eingebaut werden, aber Wirtschaften ist eben nicht nur Raub und Abgabenzwang.
Die ganze Debatte könnte viel fruchtbarer verlaufen, wenn nicht immer diese Ausschließlichkeitsansprüche gestellt würden. Das ist auch der Grund, warum die Diskussionen mit den Gesellfritzen so fruchtlos sind, wie eine Debatte mit Gläubigen, weil es immer nur darum geht, eine fertige Wahrheit durchzusetzen, statt eine Theorie gemeinsam Falsifizierungsversuchen auszusetzen.
Um gleich Deinem Einwand vorzubeugen, ich würde genauso stur auf Gold und Silber als einzigem Geld beharren. Geld ist bei den Ã-strreichern nicht notwendig Gold und Silber, sondern das „most marketable good“, was immer das jeweils ist (Felle, Vieh, Zigaretten etc.) Viele Phänomene lassen sich mit dieser Theorie wesentlich plausibler erklären, als mit Abgabezwang.
Gruß
R
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Dimi
25.04.2005, 10:00
@ R.Deutsch
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Re: Immer diese Gleichzeitigkeit von Frage und Antwort ;-) - Reinhard |
-->Hallo Reinhard,
>Dottore trägt den Debitismus als monokausale, alles Wirtschaften erklärende, Theorie vor
Das ist aber sein Problem und nicht das seiner Theorie. Wenn Dottore seiner Theorie Dinge zutraut, die diese nicht zu erklären vermag, so schätzt er seine Theorie diesbezüglich falsch ein. Dies tut der Theorie selbst aber keinen Abbruch.
Wieso er das tut - ich halte es oft für einen Umweg, dessen Nutzen fraglich ist - wer weiß. Ich habe wiederholt versucht, ihm Brücken zu bauen.
>Um gleich Deinem Einwand vorzubeugen, ich würde genauso stur auf Gold und Silber als einzigem Geld beharren.
Das hast Du gut vorausgesehen ;-)
Warengeld erklärt manches bei der Geldentstehung, ist aber in bezug auf die Geldtheorie oft zweitrangig.
Gruß, Dimi
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nereus
25.04.2005, 10:29
@ Dimi
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Re: Still More About Money - Dimi, wenn ich darf.. ;-) |
-->Hallo Dimi!
Ich sehe das alles sehr ähnlich wie Du.
Das immer die sogenannte Macht den Bürgern gedanklich seit Urzeiten auf die Sprünge helfen muß, behagt mir in der Diskussion schon lange nicht.
Das gesamte Eigentums-“gedöns“ wird immer nur unter der Abgabenfuchtel betrachtet.
Strenggenommen benötigt man für die „erpresserischen“ Abgaben überhaupt kein individuelles Eigentum.
Die Priester hätten alles unter die Oberhoheit des Herrn oder jeweiligen Stadtgottes stellen können und über ihre Gewaltherrschaft die Bürger zur Arbeit und dem Abgabezwang verpflichten können.
Sie hatten doch die Ideologie, die Waffen und damit die Macht.
Wozu dann die ganze Juristerei, die Buchführungen usw.?
Wahrscheinlich bekamen die Bürger den Kniff ganz schnell heraus, so wie wir einst in der DDR.
Was nun die Ursache angeht so müßte sich leicht überprüfen lassen, ob der Vorschuß für die Abgabe den Kredit mit Zins hervorbrachte. In diesem Fall müßte nämlich in den Quellen der Zusammenhang aufzuzeigen sein zwischen Steuern und Zins, angesichts der vielen Textstellen zu Steuern und angesichts allein von tausenden Tontäfelchen mit Kreditverträgen. Wir finden jedoch keine solche Häufung, weder unmittelbar (also daß wir auf eine häufige Kreditaufnahme zum Zwecke der Steuerzahlung schließen könnten) noch direkt (also daß es so formuliert wurde).
Eben, und daher steht auch der historische Beweis auf wackligen Beinen.
Meine Bibelsuche hatte ähnliches ergeben und unterschied eindeutig zwischen Zins und Abgabe.
mfG
nereus
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Elli (Boardmaster)--
25.04.2005, 10:47
@ dottore
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Caral / spät, aber dennoch: In der Sammlung (o.Text) |
-->
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Fürst Luschi
25.04.2005, 13:07
@ nereus
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Re: Still More About Money - Dimi, wenn ich darf.. ;-) |
-->>Der weise König erschuf das Privateigentum.
>Das brachte erheblich mehr Pep in den müden Laden und möglicherweise war der schlaue Herrscher auch auf höhere Steuern oder Zinsen scharf.
dottore hat in einem posting mal Investionen als Leistungserleichterungs-Investitionen bezeichnet. Ich meine, dass das des Pudels Kern ist. Wenn es Eigentum gibt, dann besteht die Möglichkeit die Abgabenbverpflichteten kontrolliert zu überlasten und zu Entlastungsinvestitionen zu zwingen. Das mit dem Eigentum erscheinende Geld ermöglicht Märkte mit ganz neuen Produkten (z.B. Bildung).
Mit Eigentum werden die Leute erfinderisch und es kommt zu einem technischen Fortschritt weil die Abgaben entsprechend den Möglichkeiten angehoben werden.
Das Resultat des Eigentums ist eine Überlegenheit des Herrschaftsgebietes, in dem es vorkommt. Also eine Technik des Regierens, um die Abgabenverpflichteten produktiv zu bewirtschaften. Überall wo es entsteht, hat es auch Auswirkungen auf die rückständig werdenden Nachbarn, die in Gefahr sind einkassiert zu werden. Wenn das Eigentum als Technik einmal da ist, dann wird sie aus Eigeninteresse vom Machthaber angewandt oder er geht unter.
Probleme gibt es am Ende grosser technologischer Schübe, wenn es sich nicht mehr lohnt auf Abgabenerhöhungen mit Entlastungsinvestitionen zu antworten, weil das Fein-Tuning sich nicht mehr auszahlt. z.B.:Bei der Landwirtschaft denke ich an die Schübe durch: Züchtung, Bewässerung, Dreifelder, Düngung, Schädlingsbekämpfung, Gentechnik.
mfg
FL
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nereus
25.04.2005, 14:14
@ Fürst Luschi
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Re: Still More About Money - Dimi, wenn ich darf - Fürst |
-->Hallo Fürst!
Schön einmal wieder etwas von Dir zu hören.
Du schreibst: dottore hat in einem posting mal Investionen als Leistungserleichterungs-Investitionen bezeichnet. Ich meine, dass das des Pudels Kern ist. Wenn es Eigentum gibt, dann besteht die Möglichkeit die Abgabenbverpflichteten kontrolliert zu überlasten und zu Entlastungsinvestitionen zu zwingen.
Möglicherweise, aber das erklärt noch immer nicht die Frage: Wie konnte der Gläubiger zur Bereitstellung des Kredit gezwungen werden?
Denn das alle Abgabenschuldner ein offenes Ohr bei den potentiellen Gläubigern fanden, dürfte wohl auszuschließen sein.
Wer schon seine Steuern nicht zahlen kann ist eh von wenig erhabener Bonität.
Mit Eigentum werden die Leute erfinderisch und es kommt zu einem technischen Fortschritt..
Ja, das sehe ich genauso zumal sich das „Buckel krum machen“ wirklich lohnen kann.
.. weil die Abgaben entsprechend den Möglichkeiten angehoben werden.
Ja, aber nur wenn diese Abgaben nicht einfach von der Macht „verjubelt“ werden.
Dieser Unsitte soll besonders an fürstlichen Höfen gefrönt worden sein. [img][/img]
Diese Abgabe mußte in Bildung, Kunst, Handwerk und besondere Auftragsarbeiten (Paläste, Kathedralen, Brücken usw.) investiert werden
Das Resultat des Eigentums ist eine Ãœberlegenheit des Herrschaftsgebietes, in dem es vorkommt. Also eine Technik des Regierens, um die Abgabenverpflichteten produktiv zu bewirtschaften.
Mag sein, nur wäre ggf. auch einmal interessant die Abgabe ihrer satanischen Herkunft zu entkleiden.
Wenn man immer nur den Exzess der höfischen Gefilde sieht, denn es ganz gewiß gegeben hat, dann wird man den Dingen nicht ganz gerecht.
Schon der biblische Jakob hatte für seinen Zehnten etwas vom Herrn gefordert.
Und wenn der Staat keine Steuern für Schulbildung abzweigen würde, müßten die Bürger für sich und ihre Kinder eben Schulgeld für Privatschulen entrichten.. wenn sie nicht völlig verblöden wollten.
Die Abgaben werden hier immer nur als schwere bleierne Last definiert und bildlich ziehen dann immer die vor Gram gebeugten Wolga-Treidler an mir vorüber.
Das man auch ohne Staat für den ganzen Plunder zur Kasse gebeten würde, bleibt immer etwas außen vor.
Wenn das Eigentum als Technik einmal da ist, dann wird sie aus Eigeninteresse vom Machthaber angewandt oder er geht unter.
Die Macht kann diese Dinge u.U. sehr geschickt nutzen.
Irdische Macht hat für mich immer etwas parasitäres, auch wenn ich deren Notwendigkeit durchaus etwas abgewinnen kann, z.B. als Ordnungsmacht.
Aber das diese immer alles vorantreibt, zwecks mittel- bis langfristiger Abgabenerhöhung, und sich daher immer häufiger produktive Schübe einstellen, möchte ich doch stark in Zweifel ziehen.
Wurde die Dampfmaschine etwa wegen Abgabeproblemen erfunden oder das Aspirin entwickelt, weil der Steuerprüfer vor der Labortür herum lümmelte?
mfG
nereus
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dottore
25.04.2005, 14:25
@ Dimi
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Re: Nochmals: Steuerzins VOR Privatzins |
-->Lieber Dimi,
>die Frage ist doch, ob es zu Zins kommt, wenn von anderen Einflüssen wie der Sicherheit abgesehen wird.
Sorry, aber das ist nicht die Frage. Sondern vielmehr diese Fragen:
1. Kommt es zu einer Schuld, ohne dass sich der Schuldner zuvor etwas geliehen hatte?
2. Geht diese Schuld ex nihilo der Kontraktschuld zeitlich voran?
3. Wer oder was besichert diese Schuld?
Dabei bitte ich jetzt nicht wieder auf den Braut-Kauf (Bräutigam ist den Braut-Preis schuldig) abzustellen, der uns beiden bestens geläufig ist. Bitte auch nicht den Hinweis auf die Blut-Schuld o.ä. (Täter hat Ersatz in dieser oder jener Höhe zu leisten) wiederholen, da dafür dasselbe gilt.
>Unsicherheit etwa verlangt einen Aufpreis, der in der Zinszahlung eingepreist wird - aber diesen Preis meinen wir doch beide nicht. Fallen diese Einflüsse weg, ergibt sich immer noch für beide Seiten der Sinn einer Zinsvereinbarung:
Diese"beiden Seiten" hat es zu Beginn dessen, aus dem"Wirtschaften" entstanden ist, nicht gegeben. Vermutlich schweben Dir zwei"freie Bürger" vor. Tatsächlcih existierten nur Herrscher mit Familien und Macht-Cliquen und der"Rest" der Bevölkerung war"unfrei".
>Für den Gläubiger, da er alternativ ertragreiche Anlagemöglichkeiten zur Verfügung hat (auf deren Ertrag er sonst verzichten müßte),
Mit einer solchen"Gläubiger/Schuldner-Beziehung" hat es nirgends angefangen. Was Dir als"Gläubiger" vorschwebt, war in der historischen Realität der Macht-Halter (Herrscher). Der musste keine"Anlagemöglichkeiten" suchen, sondern konnte sich den"Ertrag" mit Hilfe von tatsächlichem oder angedrohten Waffen-Einsatz direkt beschaffen.
>für den Schuldner, da er in solche investieren könnte (und so ein Frei-Einkommen erzielte).
Das konnte er nicht, da es nichts gab, in was er im betreffenden Macht-Areal hätte"investieren" können. Nicht nur er selbst, sondern alles Land, auf dem er hätte siedeln können, gehörten dem Macht-Halter.
Die einzige Möglichkeit, die er hatte, war physische Entfernung aus dem Macht-Areal (daher"Kolonisation" in vielen Varianten). Für diese"Investition" wiederum gab es keinen Kredit von jemand, der im Macht-Areal verblieben war oder verbleiben musste.
Auch in diesem Falle holte ihn der Machtzwang rasch ein. Nehmen wir die Steuergeschichte von Pennsylvanien. Dort existierten keine Gläubiger/Schuldner-Beziehungen in Deinem Sinne. Jeder siedelte und wirtschaftete auf seinem Grund und Boden so gut er konnte. Die Kolonie wurde dann einschließlich der"Penn-Family" im 18. Jh. der Zucker-, dann der Stempelsteuer unterworfen.
Und dann wurde es spannend: Die Bauern erwirtschafteten Getreide-Überschüsse, die sich nicht vermarkten ließen. Also? Sie brannten Whiskey (zu"Freigeld", das das Problem im Sinne Gesells ["Warenverfall"? Kein Problem, es muss nur ein ebenfalls"verfallendes" Geld her] erledigt hätte, waren sie vermutlich intellektuell zu unbedarft).
Die Macht-Zentrale nahm dies flugs zum Anlass, eine Whiskey-Steuer einzuführen. Das lehnten die Brenn-Bauern ab. Als die Steuereintreiber erschienen, wurden sie mit Waffengewalt von den Höfen gejagt. Präsident George Washington forderte die Regierung von Pennsylvania auf, die Miliz zu mobilisieren. Fehlschuss! Daraufhin ließ Washington eine mehrere Tausend Mann starke US-Armee in Pennsylvanien einrücken und schlug die Steuerrevolte nieder.
>Wenn sich für beide Seiten der Sinn eines Zinses ergibt und man sich nur noch über die Höhe zu einigen braucht, dann haben wir eine eigenständige Ursache des Zinses vorliegen.
>Diese Betrachtung war jetzt natürlich erstmal unabhängig von der historischen Entwicklung.
Wäre es eine"eigenständige Ursache" (Ur-Sache), dann müsste sie sich in der historischen Entwicklung als etwas"Erstes" nachweisen lassen. Dies ist leider bisher nicht gelungen.
>Bei dieser wiederum ist zu differenzieren zwischen einer etwaigen chronologischen Parallelität und der Ursache. Chronologisch geht die Ausprägung abgabenstaatlicher Machträume oft Hand in Hand mit der Arbeitsteilung, der Auflösung des gemeinsam wirtschaftenden Familienverbandes und eines funktionierenden Vertrags- und Vollstreckungssystems.
Das"Hand in Hand" hieße eine zeitliche Parallele. Auch die ist leider bisher nicht nachweisbar. Die"Ausprägung" ist immer das zeitlich Erste. Im historischen Machtablauf musste die Macht dann immer mehr Macht zedieren. Das aber nicht etwa aus übergroßer Einsicht (der kluge, weise"König", wie ihn Plato oder die Bibel sehen), sondern ausschließlich zum Herrschaftserhalt.
1066 eroberte Wilhelm England. Kein Strauch, kein Weiher, kein Feld, das nicht dem König gehörte. Doch dann hatten die Barone keinen Bock mehr, weiter Steuern zu entrichten (ein"Privatzins" ist nirgends zu entdecken) und dann kommt die Magna Charta von 1216 - das Symbol der Machtzession schlechthin.
>Was nun die Ursache angeht so müßte sich leicht überprüfen lassen, ob der Vorschuß für die Abgabe den Kredit mit Zins hervorbrachte.
So ist es nicht abgelaufen (ich beziehe mich u.a. auf Hudson/Van de Mieroop, Debt and Economic Renewal in the Ancient Near East, 2002, die dort angeführte Literatur, soweit eingesehen, Hudson/Wunsch, Creating Economic Order: Record-Keeping, Standardization and the Development of Accounting in the Ancient Near East, 2004, sowie auf Horst Klengel, dessen Babylon-Buch bekannt ist und der demnächst im Berliner Geschichts-Salon dazu vortragen wird (Hervorhebungen von mir):
"Umwälzung des Sozialgefüges im alten Babylonien:
Die"Individualisierung" und das Entstehen [!] des Zivilrechts
Horst Klengel, Assyriologe der Humboldt-Universität, führt uns an die Ursprünge des Zivilrechts in altbabylonischer Zeit. König Hammurapi ist heute als Gesetzesstifter berühmt, doch seine Stelen stehen erst am Ende einer Entwicklung, die uns Klengel erhellen wird.
Assyriologen erschliessen uns die Lebensverhältnisse des alten Babyloniens aus einem reichen Schatz an Keilschrifttafeln. Die meisten Tafeln dokumentieren Verträge und Vermögensverhältnisse und existieren nur, weil die „Individualisierung" der Lebensverhältnisse die vertragliche und haftungsrechtliche Regelung des Zusammenlebens notwendig machte.
Mit Individualisierung bezeichnet Klengel die Umwälzung, die zur Ablösung [!] des befehlsgeleiteten Produktionssystems der priesterlichen Stadtherren durch ein System individueller Landwirtschaft führte, dessen Vertreter auf eigene Rechnung und Risiko produzierten.
[Woraus hervorgeht, dass wir unter"Ur-Sache" das befehlsgeleitete Produktionssystem, also eine klassische Abgaben- und nicht etwa Privatzinswirtschaft ("Risiko") haben; der"Privatzins" ist ein Follow-Up des Machtsystems, das aber deshalb oder dabei nicht (!) verschwindet, Motto: Jetzt wirft der Herrscher seine Waffen weg, sondern durchgehend erhalten bleibt - bis heute]
'Der Zusammenbruch des Ur-II-Staates und der Fall der meisten königlichen Monopole begünstigte das stärkere Hervortreten privaten Eigentums und privater Initiative' (Klengel 40). Das historisch neue [!] Phänomen des Vertragswesens führte zur Ausbreitung der Schriftform; eine Entwicklung die schliesslich auch eine nennenswerte private Korrespondenz üblich werden liess.
Die reiche Überlieferung von Verträgen vermittelt uns ein Bild von der Entstehung [!] der Kredit- [!] und Arbeitsverträge."
Wie gesagt: Wir müssen mit dem Macht-Phänomen beginnen und nicht mit dem Vertrags-Phänomen. Ganz abgesehen davon, dass ein Vertrags-System ohne Macht (potenzielle Gewaltanwendung, wie oft genug beschrieben) nicht vorstellbar ist.
>In diesem Fall müßte nämlich in den Quellen der Zusammenhang aufzuzeigen sein zwischen Steuern und Zins, angesichts der vielen Textstellen zu Steuern und angesichts allein von tausenden Tontäfelchen mit Kreditverträgen. Wir finden jedoch keine solche Häufung, weder unmittelbar (also daß wir auf eine häufige Kreditaufnahme zum Zwecke der Steuerzahlung schließen könnten) noch direkt (also daß es so formuliert wurde).
Doch, die finden wir sehr wohl. In Klengels Babylon-Buch z.B. tritt ein einschlägig bekannter "Wucherer" auf. Er wuchert gegen Leute, die Abgaben-Schulden hatten.
>Ich möchte nochmal ausdrücklich betonen, daß weder die Existenz der Abgabe noch der Macht angezweifelt wird, und daß darüberhinaus deren Bedeutung höher ist als allgemein anerkannt, sowohl was die Gesellschaft, als auch was das Wirtschaften, als auch was die historische Entwicklung angeht. Mögen sich manche Ã-konomen im Kaminzimmer eine Welt ohne Gewalt und nur mit Tausch zusammenträumen nach Art eines Supermarkts mit festem Gehaltsscheck. Wir müssen uns aber nicht an deren Weltbildern orientieren, sondern an den beobachtbaren Dingen und deren Zusammenhängen.
>>"But practically all agrarian debts stemmed from payment arrears, not from entrepreneurial borrowing."
>>Die Leute hatten also nicht Probleme mit"Geliehenem" (Deine Annahme). Sondern mit (als Abgaben) Geschuldetem.
>Das"(als Abgaben)" schreibt Hudson nicht. Es stimmt auch nicht, die Quellenlage gibt genau diesen Punkt eben nicht her.
Doch! Die"agrarian debts" waren mit 33 1/3 % hochgebuchte SOLL/IST-Differenzen. Die Vorstellung, es habe sich jemand"Saatgut" geliehen und dann auf"freiem Feld" als"freier" landwirtschaftlicher"Entrepreneur" versucht, ist irrig. Das gesamte Land, das dafür infrage gekommen wäre, gehörte dem Palast und/oder Tempel.
Vielleicht mag das zunächst genügen.
Danke + Gruß!
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Fürst Luschi
25.04.2005, 15:55
@ nereus
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Re: Still More About Money - Dimi, wenn ich darf - Fürst |
-->hi nereus
>Möglicherweise, aber das erklärt noch immer nicht die Frage: Wie konnte der Gläubiger zur Bereitstellung des Kredit gezwungen werden?
Gar nicht. Er drängt sich von selber auf. Von der Macht her gesehen, wäre es besser, wenn alle Untertanen gleich leistungsfähig wären und die Abgaben so eingerichtet werden könnten, dass sie für alle"gerade so" tragbar wären. Der Gläubiger hat für die Macht die nützliche Funktion, dass der Abgeber auch dann noch dann leisten kann, obwohl er es"eigentlich" nicht kann. Auf der anderen Seite ist der Gläubiger jemand, der zusätzlich zum Machthaber abkassieren kann, weil er selber nicht effektiv genug abkassiert worden ist.
>Denn das alle Abgabenschuldner ein offenes Ohr bei den potentiellen Gläubigern fanden, dürfte wohl auszuschließen sein.
denke auch. Sind wohl schlau genug sich die Rosinen zu picken.
>Mag sein, nur wäre ggf. auch einmal interessant die Abgabe ihrer satanischen Herkunft zu entkleiden.
Ihre Wirkung ist auf jeden Fall interessant. Solange in Naturalien-Form sitzen nur noch ein paar Mitesser mehr am Tisch. Aber sobald in Geldform ist die Wirkung der Abgabe kaum zu überschätzen.
>Aber das diese immer alles vorantreibt, zwecks mittel- bis langfristiger Abgabenerhöhung
nicht deswegen. Man nimmt sich, was man kriegen kann. Wenn man lernt, die Pflanzen so zu beschneiden, dass sie immer üppiger wachsen, dann macht mans einfach.
>Wurde die Dampfmaschine etwa wegen Abgabeproblemen erfunden oder das Aspirin entwickelt, weil der Steuerprüfer vor der Labortür herum lümmelte?
ja genau. Dazu kommen aber noch all die nötigen Randbedingungen. Bsp.:Solange es noch unbesiedelten Raum gibt, wird der Abgabe ausgewichen. Wie lange hätte man wohl warten müssen, bis die Aborigines die Dampfmaschine erfunden hätten?
Ich sehe das wie ein Kraftfeld im Hintergrund, das die Bedingung der Möglichkeit ist. Warum hatten diese Erfinder die Bildung die sie hatten? Und die ganze Kette zurück. Warum kommt es zu einem kulturellen Rückschlag, oft bis zu Bauer und Hirte, wenn die Macht kollabiert?
mfg
FL
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dottore
25.04.2005, 16:02
@ nereus
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Re: Urukagina, Sesostris, Lincoln und die"Legio Rapax" |
-->Hi nereus,
>Das immer die sogenannte Macht den Bürgern gedanklich seit Urzeiten auf die Sprünge helfen muß, behagt mir in der Diskussion schon lange nicht.
Die sog. Macht hält den Bürger unfrei - bis heute. Vom Wehr"dienst" (100 Mio Tote im letzten Jh.) bis zum Pass. Was steht drin?"Eigentum (!) der BRD".
>Das gesamte Eigentums-“gedöns“ wird immer nur unter der Abgabenfuchtel betrachtet.
Es gibt kein (abgaben)freies Eigentum - außer das staatliche. Der zahlt dafür keine Steuern.
>Strenggenommen benötigt man für die „erpresserischen“ Abgaben überhaupt kein individuelles Eigentum.
Heute ist es sogar noch schlimmer: Früher war der einfache Mensch (Nicht-Machthalter) mit Diensten, Leistungen, Abgaben an seine"Scholle" gebunden (reicht von Sklaverei bis Grund- und Gutsherrschaft). Heute, da er endlich das Eigentum an sich zu haben scheint (scheint!), macht ihn der Staat über Personal-Steuern (ESt. usw.) gefügig. Sehr schön zu sehen: Die"Menschenbefreiung" nahm just da ihren Aufschwung (19. Jh.), als - die andere Seite - die Einkommensteuer eingeführt wurde. Abraham Lincoln bekämpfte die Sklaverei (bravo!) und führte prompt 1864 eine Income Tax ein (bravissimo!).
>Die Priester hätten alles unter die Oberhoheit des Herrn oder jeweiligen Stadtgottes stellen können und über ihre Gewaltherrschaft die Bürger zur Arbeit und dem Abgabezwang verpflichten können.
Reichlich geschehen, siehe die schöne Rekonstruktion von Ur:
>Das Eigentum eines imaginären Gottes treibt nicht so recht zur Arbeitsfreude an und man tut nur das was wirklich unbedingt notwendig ist.
Ob freudig oder nicht, die Klamotte ist nicht zu verachten (jedenfalls aufwändiger als der Palast der Republik - warum hieß der eigentlich"Palast"?):
Da steht auch gleich, wo sie stationiert waren und was sie für tolle Ehrennamen hatten, z.B. Rapax (deutsch: Räuberisch!).
>Erst das Eigentum schaffte diesbezüglich Rechtssicherheit und klärte klipp und klar, wem das Land gehört. Möglicherweise war langzeitiger Besitz einer Fläche die beste Voraussetzung für späteres Eigentum.
>Die Nichteigentümer schauten nun in die Röhre und mußten sich entweder als Sklaven verdingen oder konnten beim Priester oder König noch nicht vergebenes Eigentum pachten, weil sie sich zunächst einmal ernähren mußten.
Siehe Herodot II, 9: Pharao Sesostris (kurz nach -2000)
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teilte das Land brav auf (SEIN Land, da ihm ALLES Land gehörte) und dann? Dann musste jeder darauf eine Steuer zahlen
>Eigentum mußte in Mesopotamien nämlich auch zwingend bewirtschaftet werden.
Die japanische Variante gefällig?
"Bauernbefreiung" 1873/89. Wie frei war der japanische Bauer? Er war so frei, jedes Jahr eine Landsteuer in Höhe von 3 % (des festgesetzten Land"wertes") entrichten zu dürfen. War die Haupteinnahme des japanischen Staates noch bis in jüngste Zeit.
>Wenn man hierbei die Abgabenbrille einmal beiseite legt, könnte sich noch ein anderer Grund für den Zins ergeben.
>Wie in anderen Postings nun mehrfach erklärt, ergibt sich der Zins immer nur durch die zeitweilige Überlassung von Kapital (welches Ertrag abwerfen kann) und steht damit klipp und klar im GEGENSATZ zur Abgabe/Steuer.
Es wurde kein Kapital überlassen. Wann denn, wo denn?
>Ohne die schlummernde Ertragspotenz des Kapitals ist der Zins überhaupt nicht definierbar.
"Schlummern"? Der"Ertrag" des Kapitals pennt nicht in demselben. Sondern es kommt von Käufer der Produkte, die mit Hilfe des"Kapitals" erstellt werden. Die Vorstellung,"Kapital" würde sich"als Kapital"an sich" verzinsen", ist irrig.
>Wenn nun, aufgrund von Bevölkerungsaufruhr, ein Herrscher das Privateigentum erschuf
Wenn überhaupt, wurde es (SEIN Privateigentum, da ihm ALLES gehörte) ihm abgeknöpft und neu verteilt. Das war dann aber nicht"privat", sondern vom Ober-Eigentümer mit Abgaben aller Art belegt (siehe oben, den Meister Sesostris).
>oder man sich im allgemeinen"Volksgemurmel" darauf einigte, dann mußte man notwendigerweise auch zu sehen wie man den Übriggebliebenen die Gelegenheit gibt sich die hungrigen Mäuler zu stopfen.
>Diese hätten sich niemals freiwillig auf die, per Dekret verordnete, Sklaverei eingelassen.
Wann ist denn eine Steuer"auf allgemeinen Volkswunsch" hin eingeführt worden?
>D.h. der Eigentümer, der zunächst einmal das große Los gezogen hatte, könnte daher verpflichtet worden sein Erträge zu erwirtschaften, die neben seiner Ernährung auch die der Nichteigentümer gewährleistet hätten.
Womit sollen die Nichteigentümer wohl die"Erträge" gekauft haben?
>Kommt etwa von hier die Redewendung „Eigentum verpflichtet“?
Da steht's doch (GG 14,2)."Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." DAS mach mal einer vor! Dem"Wohle der Allgemein(!)heit" dient es nachweislich am besten, wenn es an diese Allgemeinheit übertragen wird. Mehr"Wohl" kann die Allgemeinheit sich gar nicht erträumen.
>Hierzu wurden ganz sicher auch eigentumslose Männer herangezogen die weder beim Eigentum noch bei den Pachtverträgen zum Zuge gekommen waren.
>Ob diese nun vom Eigentümer mit ernährt wurden (als eine Art Arbeitslohn) oder über die Ertragszinsen bzw. zusätzlichen Steuern entschädigt wurden, sei dahingestellt.
>Also bedingte schon die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung eine Regelung.
Zu alledem, siehe bitte oben.
>Wir hätten also mit darniederliegender Wirtschaft (niemandem gehört etwas) und rascher Bevölkerungszunahme zwei weitere Gründe für die Entstehung des Privateigentums.
Die Wirtschaft liegt auch so darnieder und die Bevölkerung nimmt ab...
>Ach, vielleicht das noch.
>Wenn es Mißernten gab, war der weise Hammurabi übrigens sehr schuldnerfreundlich.
>§48 Hat jemand Schulden wegen eines Kredits und ein Sturm knickt das Getreide, oder eine Ernte misslingt oder wächst nicht wegen Mangel an Wasser, muss in diesem Jahr dem Kreditor kein Getreide entrichtet werden. Er wäscht seine Schuldentafel in Wasser und zahlt keinen Zins in dem Jahr.
Zu den clean slates siehe oben. Hammurapi ist ein Johnny-came-late.
>Tata! Und wieder wird nur der Zins erwähnt.
Wieso zahlt er dem Kreditor Getreide? Geliehen haben konnte er es nicht. Aber er war mit der Ablieferung im Rückstand.
>Eben weil die Ernte mißlang.
>Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Zins und Ertrag ist nun wirklich kaum noch zu leugnen.
Ja, wenn Du den vorgegebenen Ertrag nicht erwirtschaftest (IST < SOLL), dann musst Du Dir die Differenz halt leihen. Ansonsten: Böse, böse Konsequenzen. Die Töchter müssen als erste in die Schuldknechtschaft abrücken (Schuldmagdschaft).
(...)
>Eben, und daher steht auch der historische Beweis auf wackligen Beinen.
Da wackelt nix.
>Meine Bibelsuche hatte ähnliches ergeben und unterschied eindeutig zwischen Zins und Abgabe.
Bibel ca. 2500 Jahre nach Urukagina. Also immer schön der Reihe nach. Sonst entdeckt noch jemand den"Zins" als das, was am 7. Schöpfungstag"geschaffen" wurde. Das wäre dann wirklich sehr, sehr früh.
Gruß!
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Sascha
25.04.2005, 21:30
@ dottore
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Sehr interessanter Artikel, vielen Dank hierfür -owT- (o.Text) |
-->
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nereus
25.04.2005, 22:23
@ dottore
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Re: Urukagina, Sesostris, Lincoln und die"Legio Rapax" - dottore |
-->Hallo dottore!
So schöne Zikkurrate habe ich leider nicht auf Lager. [img][/img]
Ist das etwa der Turm von Babel?
Sie schreiben zunächst: Es gibt kein (abgaben) freies Eigentum - außer das staatliche.
um dann auf meinen Einwand: Strenggenommen benötigt man für die „erpresserischen“ Abgaben überhaupt kein individuelles Eigentum.
zu antworten: Heute ist es sogar noch schlimmer: Früher war der einfache Mensch (Nicht-Machthalter) mit Diensten, Leistungen, Abgaben an seine"Scholle" gebunden (reicht von Sklaverei bis Grund- und Gutsherrschaft). Heute, da er endlich das Eigentum an sich zu haben scheint (scheint!), macht ihn der Staat über Personal-Steuern (ESt. usw.) gefügig.
Dann müssen Sie jetzt aber erklären, warum unter der Macht das Privateigentum überhaupt entstanden sein soll.
Welchen Sinn ergibt es für die Macht das Gottes- bzw. Herrschereigentum, worüber landesweit verfügt werden kann, später in ein Individualeigentum zu wandeln.
Was wurde damit gewonnen?
Auf meinen Hinweis: Das Eigentum eines imaginären Gottes treibt nicht so recht zur Arbeitsfreude an und man tut nur das was wirklich unbedingt notwendig ist.
antworten Sie: Ob freudig oder nicht, die Klamotte ist nicht zu verachten (jedenfalls aufwändiger als der Palast der Republik..
Womit sie nochmals die Effektivität einer uneingeschränkten Macht und ihrem Staatseigentum unterstreichen.
Daher frage ich Sie nochmals, wozu erfolgte dann der Split zum Privateigentum?
..
Hinsichtlich meiner Knappheitsvermutung bezüglich von Land antworten Sie:
Im Gegenteil. Knapp waren die Jungs, die dort malochen sollten. Das Latifundien-Problem hat bekanntlich sogar Rom ruiniert (Plinius).
Dann hat sich das Landproblem offenbar erübrigt, wie schön.
Meine „erhoffte“ zivile Ordnung fegen Sie auch gleich vom Tisch
"Zivile Ordnung"? Dazu gab's das Militär. Da steht auch gleich, wo sie stationiert waren und was sie für tolle Ehrennamen hatten, z.B. Rapax (deutsch: Räuberisch!).
und schreiben dann: ..teilte das Land brav auf (SEIN Land, da ihm ALLES Land gehörte) und dann? Dann musste jeder darauf eine Steuer zahlen.
Ja, aber wozu nun die ganze Ãœbung der Landaufteilung?
Die ganze Diktatur und Waffengewalt preßte offenbar das Maximale an Ertrag aus den Unterhunden? Sie beschrieben das eben eindrucksvoll.
Ich schreibe: Wie in anderen Postings nun mehrfach erklärt, ergibt sich der Zins immer nur durch die zeitweilige Überlassung von Kapital (welches Ertrag abwerfen kann) und steht damit klipp und klar im GEGENSATZ zur Abgabe/Steuer.
Sie darauf: Es wurde kein Kapital überlassen. Wann denn, wo denn?
Na, was ist denn dann der Landerwerb bzw. das Gewähren von Pachtverträgen dann? Beim Kauf wird Eigentum erworben und bei der Pacht erfolgt ein zeitweiliger Besitzübergang? Und bei der Pacht von Wiesen, Feldern und Teichen wird nun einmal Pachtzins fällig.
Auf meine „schlummernde Ertragspotenz des Kapitals“ antworten Sie:
"Schlummern"? Der"Ertrag" des Kapitals pennt nicht in demselben. Sondern es kommt von Käufer der Produkte, die mit Hilfe des"Kapitals" erstellt werden. Die Vorstellung,"Kapital" würde sich"als Kapital"an sich" verzinsen", ist irrig.
Das ist jetzt ein wenig Wortklauberei.
Warum pachte ich z.B. von Ihnen einen Fischteich?
Natürlich weil ich ggf. einen Ertrag (Fische fangen) erwirtschaften will.
Aber ich komme nur deshalb zu Ihnen, weil es dort im Teich schon Fische gibt, ich dessen sauberes Wasser schätze oder die günstige Lage des Teiches bevorzuge.
In diesem Sinn „schlummert“ freilich der Zins bereits im Kapital.
Würde da nichts schlummern, wäre ich halt woanders hingefahren.
..
Womit sollen die Nichteigentümer wohl die"Erträge" gekauft haben?
Na, z.B. mit ihrer Arbeitskraft.
Das machen die Menschen noch heute so, vorausgesetzt man zahlt ihnen einen Lohn.
Zum Kaufen muß man doch nicht Eigentümer sein.
Da steht's doch (GG 14,2)."Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." DAS mach mal einer vor! Dem"Wohle der Allgemein(!)heit" dient es nachweislich am besten, wenn es an diese Allgemeinheit übertragen wird. Mehr"Wohl" kann die Allgemeinheit sich gar nicht erträumen.
Nein, so ist das nicht gemeint und das wissen sie auch.
Warum nun ausgerechnet jemand wie Sie, dem Volkseigentum die Stange hält, bleibt mir zunächst unerfindlich.
Zum Schuldenerlaß des Hammurabi
Sie: Wieso zahlt er dem Kreditor Getreide? Geliehen haben konnte er es nicht. Aber er war mit der Ablieferung im Rückstand.
Warum soll denn der Zins nicht auch in Naturalien erbracht worden sein? Das gab es doch im Mittelalter auch.
Ich: Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Zins und Ertrag ist nun wirklich kaum noch zu leugnen.
Sie: Ja, wenn Du den vorgegebenen Ertrag nicht erwirtschaftest (IST < SOLL), dann musst Du Dir die Differenz halt leihen. Ansonsten: Böse, böse Konsequenzen.
Es geht nicht um eventuelle Mißwirtschaft sondern um den Unterschied zwischen dem Zins und der Abgabe, wobei Sie behaupten der Zins wäre aus der Abgabe entstanden.
Diese Argumentation fechte ich an, da ich sage, daß der Zins immer mit einem Ertrag zu tun haben muß.
Und genau das geht auch aus den historischen Quellen hervor, ob nun Hammurabi-Codex, Bibel oder den Beispielen aus dem Mittelalter.
Zins und Steuer werden immer unterschieden und das wird dann wohl auch einen Grund haben.
mfG
nereus
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dottore
26.04.2005, 13:56
@ nereus
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Re: Wie entsteht das"Privateigentum" (ohne wirklich"freies Eigentum" zu sein)? |
-->>Hallo dottore!
>So schöne Zikkurrate habe ich leider nicht auf Lager. [img][/img]
>Ist das etwa der Turm von Babel?
Nein, ist eine Standardrekonstruktion. Diese Tempelstrukturen waren unterschiedlich groß (heute nur noch Ruinenhügel, Saddam hatte einiges rekonstruieren lassen). Die von Erech deckte 4,6 (!) Hektar ab. Allein die oberste Plattform, auf der sich der eigentliche Tempel befand war 12 Meter hoch.
Da es keine"freien Lohnarbeiter" gab, waren die Malocher (Unfreie) zu derlei"Diensten" zweifelsfrei verpflichtet. Diese Dienste der unfreien Landbevölkerung ziehen sich durch die gesamte bekannte Staatengeschichte. Die Dienste waren Teil der Abgabenlast. Das wiederum beweist, dass der Gegenwert der Abgaben in den zahlreichen"Bauernbefreiungen" gegen Geld (Einmalzahlung) oder laufende Steuerzahlungen abgegolten werden musste.
>Sie schreiben zunächst: Es gibt kein (abgaben) freies Eigentum - außer das staatliche.
>um dann auf meinen Einwand: Strenggenommen benötigt man für die „erpresserischen“ Abgaben überhaupt kein individuelles Eigentum.
>zu antworten: Heute ist es sogar noch schlimmer: Früher war der einfache Mensch (Nicht-Machthalter) mit Diensten, Leistungen, Abgaben an seine"Scholle" gebunden (reicht von Sklaverei bis Grund- und Gutsherrschaft). Heute, da er endlich das Eigentum an sich zu haben scheint (scheint!), macht ihn der Staat über Personal-Steuern (ESt. usw.) gefügig.
>Dann müssen Sie jetzt aber erklären, warum unter der Macht das Privateigentum überhaupt entstanden sein soll.
3 Gründe:
1. Schwere Erdbeben oder Vulkanausbrüche (Katastrophismus-Theorie), z.B. nachgewiesen für die ostanatolische Van-Kultur anhand von Baumringen-Analysen: Wegen der allgemeinen"Verdunklung" wuchsen die Bäume schlechter (dünnere Ringe). Ebenso angenommen für den Untergang der minoischen Palastkultur und den mykenischen Beritt. Die herrschende Oberschicht wurde so dezimiert oder starb gänzlich (Zusammensturz der großen Säle). Die daraufhin"herrenlose" Unterschicht teilte das Land auf, d.h. kehrte zur vorangegangenen Subsitenzwirtschaft zurück (daher die rätselhaften, dokumentenfreie"dunklen Zeitalter" - gilt auch für das"frühe Mittelalter").
2. Herrscher von Land, das res nullius war, teilten es auf. Beispiel: Romulus und die Roma quadrata. Damit verschwand allerdings nicht der abgabenfordernde Herrscher. Romulus erschlug seinen Bruder Remus, der sich gegen diese Aufteilung ausgesprochen hatte und gründete die frührömische Dynastie mit diversen Königen. Von einem der Nachfolger, Servius Tullius wissen wir aus Livius, dass er die Steuerlast ausdrücklich"gerechter verteilte". Immerhin im -6. Jh., als Münzen in Rom gänzlich unbekannt waren.
3. Durch Zession von Königsrechten, wofür als ein Beispiel die Magna Charta zu nennen wäre. Nicht mehr der König allein konnte Steuern einziehen, sondern jetzt waren auch die Barone inkassoberechtigt. Diese Zession von Regalien (Königsrechten) ist in der Geschichte in allen möglichen Varianten zu bestaunen, sehr instruktiv dazu die deutsche Geschichte, in der die Zentralmacht ("Kaiser") immer mehr von diesen obrigkeitlichen Inkasso-Möglichkeiten abgetreten hat (Zollrecht, Marktrecht, Münzrecht usw.). Über diese"Entmachtung der Macht" sehr instruktiv: Oliver Volckart, Wettbewerb und Wettbewerbsbeschränkung in Politik und Wirtschaft: Deutschland in Mittelalter und Früher Neuzeit, 2002.
>Welchen Sinn ergibt es für die Macht das Gottes- bzw. Herrschereigentum, worüber landesweit verfügt werden kann, später in ein Individualeigentum zu wandeln.
>Was wurde damit gewonnen?
Machterhalt! Der Vorgang ist unter dem Stichwort Privileg bekannt. Dabei wird Einzelnen oder einer Gruppe eine Ausnahme vom geltenden Zustand zugeschanzt. Der Privilegierte (privus = einzeln, lex = Recht) hat hinfort einen Vorteil (herausgehobene Stellung, usw.) gegenüber dem Rest. Diesen Vorteil erkauft er sich entweder direkt oder per Zusicherung späterer Leistungen zugunsten dessen, der ihn privilegiert hat. Dazu gibt es Endlos-Listen (z.B. sind alle Kapitalgesellschaften, die das Privileg der Haftungsbeschränkung hatten, so entstanden, vgl. die englischen"chartered companies").
Eine schöne Darstellung eines entsprechenden Mosaiks mit spätrömisch-byzantinischer Provenienz existiert, ich habe es gerade nicht gefunden, bin aber sicher, dass es Uwe schon einmal aufgetan und reingestellt hatte: Die Macht lockt mit PRIVILEGIA und kann sich entsprechend länger im Sattel halten.
>Auf meinen Hinweis: Das Eigentum eines imaginären Gottes treibt nicht so recht zur Arbeitsfreude an und man tut nur das was wirklich unbedingt notwendig ist.
>antworten Sie: Ob freudig oder nicht, die Klamotte ist nicht zu verachten (jedenfalls aufwändiger als der Palast der Republik..
>Womit sie nochmals die Effektivität einer uneingeschränkten Macht und ihrem Staatseigentum unterstreichen.
Darin liegt keine Effektivität, siehe die Diskussion über den Kapitalkoeffizienten dazu. Mein alter Lehrer Wilhelm Krelle brachte dazu das Beispiel: Man könne auch ein Bergwerk mit Marmor auskleiden. Das steigert den Kapitalkoeffizienten immens, erledigt aber die Frage, ob das Bergwerk noch produktiv oder gar profitabel arbeiten könne.
Je höher der Kapitalkoeffizient, desto angenehmer kann es für den jeweiligen Herrscher sein (Schlösser usw.), aber desto unangenehmer und unsinniger wird die Durchführung solcher"Investitionen" für die zur entsprechenden Leistung gezwungene Bevölkerung. Das endet dann meist in Revolutionen (Macht-Umwälzungen) oder in dem, was wir als"plötzliches Ende von Hochkulturen" zu enträtseln versuchen (vgl. Meso-Amerika) - das sattsam bekannte"Rise & Fall-Problem" also.
>Daher frage ich Sie nochmals, wozu erfolgte dann der Split zum Privateigentum?
>..
>Hinsichtlich meiner Knappheitsvermutung bezüglich von Land antworten Sie:
>Im Gegenteil. Knapp waren die Jungs, die dort malochen sollten. Das Latifundien-Problem hat bekanntlich sogar Rom ruiniert (Plinius).
>Dann hat sich das Landproblem offenbar erübrigt, wie schön.
>Meine „erhoffte“ zivile Ordnung fegen Sie auch gleich vom Tisch
>"Zivile Ordnung"? Dazu gab's das Militär. Da steht auch gleich, wo sie stationiert waren und was sie für tolle Ehrennamen hatten, z.B. Rapax (deutsch: Räuberisch!).
>und schreiben dann: ..teilte das Land brav auf (SEIN Land, da ihm ALLES Land gehörte) und dann? Dann musste jeder darauf eine Steuer zahlen.
>Ja, aber wozu nun die ganze Ãœbung der Landaufteilung?
In diesem Falle: Damit er Leute fand, die es bewirtschafteten und er Steuern kassieren konnte.
>Die ganze Diktatur und Waffengewalt preßte offenbar das Maximale an Ertrag aus den Unterhunden? Sie beschrieben das eben eindrucksvoll.
>Ich schreibe: Wie in anderen Postings nun mehrfach erklärt, ergibt sich der Zins immer nur durch die zeitweilige Überlassung von Kapital (welches Ertrag abwerfen kann) und steht damit klipp und klar im GEGENSATZ zur Abgabe/Steuer.
>Sie darauf: Es wurde kein Kapital überlassen. Wann denn, wo denn?
Kein zins-, sondern ein steuertragendes Kapital. Und, was Wunder, dieses Kapital war die Waffe. Die hat nun wirklich niemand freiwillig weggeworfen (Dietrich von Bern scheint wohl die einzige Ausnahme zu sein).
>Na, was ist denn dann der Landerwerb bzw. das Gewähren von Pachtverträgen dann? Beim Kauf wird Eigentum erworben und bei der Pacht erfolgt ein zeitweiliger Besitzübergang? Und bei der Pacht von Wiesen, Feldern und Teichen wird nun einmal Pachtzins fällig.
Das ist die berühmte"Bodenrente", die sich aus dem (relativen) Boden-Monopol ergibt. Warum muss der Pachtzins entrichtet werden? Weil ein anderer den Boden zum Eigentum hat. Es stammt vom ursprünglichen Allein-Eigentümer (Herrscher, ius occupandi usw.), der Ober-Eigentümer bleibt und wurde wie oben beschrieben in einem oft lang dauernden Prozess an Unter-Eigentümer zediert. Kein Mensch in Deutschland hat (abgaben-)freies Bodeneigentum. Sonst wäre er selbst"Staat".
>Auf meine „schlummernde Ertragspotenz des Kapitals“ antworten Sie:
>"Schlummern"? Der"Ertrag" des Kapitals pennt nicht in demselben. Sondern es kommt von Käufer der Produkte, die mit Hilfe des"Kapitals" erstellt werden. Die Vorstellung,"Kapital" würde sich"als Kapital"an sich" verzinsen", ist irrig.
>Das ist jetzt ein wenig Wortklauberei.
>Warum pachte ich z.B. von Ihnen einen Fischteich?
>Natürlich weil ich ggf. einen Ertrag (Fische fangen) erwirtschaften will.
Für Eigenbedarf (Subsistenz) oder zum Verkauf? Falls Ersteres: Womit wird die Pacht bezahlt?
>Aber ich komme nur deshalb zu Ihnen, weil es dort im Teich schon Fische gibt, ich dessen sauberes Wasser schätze oder die günstige Lage des Teiches bevorzuge.
>In diesem Sinn „schlummert“ freilich der Zins bereits im Kapital.
>Würde da nichts schlummern, wäre ich halt woanders hingefahren.
Nein. Das Schlummern liegt nicht im Teich, sondern im Markt, auf dem ich versuchen werde, den Ertrag zu realisieren.
> Womit sollen die Nichteigentümer wohl die"Erträge" gekauft haben?
>Na, z.B. mit ihrer Arbeitskraft.
>Das machen die Menschen noch heute so, vorausgesetzt man zahlt ihnen einen Lohn.
Mit dem"freien Lohnarbeiter" hat es doch nicht angefangen. Lohnzahlungen setzen allerlei voraus, was es jahrtausendelang nicht gegeben hat, vor allem das Eigentum an der eigenen Person.
>Zum Kaufen muß man doch nicht Eigentümer sein.
Zum Kaufen (Abschluß eines Kaufvertrages) muss man gar nichts sein. Zur Erfüllung des Kaufvertrages muss man Gläubiger sein. Beides galt auch für Sklaven, jedenfalls im Römischen Recht.
> Da steht's doch (GG 14,2)."Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." DAS mach mal einer vor! Dem"Wohle der Allgemein(!)heit" dient es nachweislich am besten, wenn es an diese Allgemeinheit übertragen wird. Mehr"Wohl" kann die Allgemeinheit sich gar nicht erträumen.
>Nein, so ist das nicht gemeint und das wissen sie auch.
>Warum nun ausgerechnet jemand wie Sie, dem Volkseigentum die Stange hält, bleibt mir zunächst unerfindlich.
Ich habe nur die logische Konsequenz aus 14 GG aufgezeigt. Gäbe es wirklich"privates Eigentum" müsste es:
a) Abgabenfrei sein und
b) Dürfte keinerlei Klausel in einer Verfassung (hier GG) stehen, die das Eigentum durch Enteignungsklauseln einschränkt.
>Zum Schuldenerlaß des Hammurabi
>Sie: Wieso zahlt er dem Kreditor Getreide? Geliehen haben konnte er es nicht. Aber er war mit der Ablieferung im Rückstand.
>Warum soll denn der Zins nicht auch in Naturalien erbracht worden sein? Das gab es doch im Mittelalter auch.
Der Steuerzins ("Zinnß") wurde in Naturalien gefordert, Belege dazu en masse (siehe auch marsch's Seite).
>Ich: Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Zins und Ertrag ist nun wirklich kaum noch zu leugnen.
>Sie: Ja, wenn Du den vorgegebenen Ertrag nicht erwirtschaftest (IST < SOLL), dann musst Du Dir die Differenz halt leihen. Ansonsten: Böse, böse Konsequenzen.
>Es geht nicht um eventuelle Mißwirtschaft sondern um den Unterschied zwischen dem Zins und der Abgabe, wobei Sie behaupten der Zins wäre aus der Abgabe entstanden.
Er ist aus der Abgabe entstanden.
>Diese Argumentation fechte ich an, da ich sage, daß der Zins immer mit einem Ertrag zu tun haben muß.
Wir haben diese Konstellation, mit der das Wirtschaften startete:
A = Herrscher, Abgabenherr, bewaffnet. B, C, D, usw. = Abgabenschuldner, unbewaffnet (oder schlechter als A). B, C, D usw. müssen die Abgabe leisten. Falls B sie nicht zu leisten vermag, kann er sich an C, D, usw. wenden. Angenommen C, D, usw. haben das Abgabengut verfügbar, können sie es B leihen und dafür Zins (in Deinem Sinn) verlangen. Die Zinshöhe richtet sich
a) nach dem Druck (Sanktionsandrohung) unter dem B steht und
b) nach der Zahl derer, die das Abgabengut verfügbar haben (plus der entsprechenden Menge bei ihnen).
Schon daraus wird klar, dass es nicht nur auf den Ertrag des B ankommt, sondern auch auf die Erträge von C, D, usw.
Und es kommt darauf an, dass die bewaffnete Macht erhalten bleibt. Sonst zahlt B nie bzw. C, D, usw. geben erst gar nichts her.
>Und genau das geht auch aus den historischen Quellen hervor, ob nun Hammurabi-Codex, Bibel oder den Beispielen aus dem Mittelalter.
Hammurapi ist, wie schon gestern erst vom unumstrittenen Fachmann Horst Klengel vorgetragen, eine spätere historische Quelle. Bei ihm lief bereits der Prozess Abgabe ---> Privatzins - eben (wie oben) nach der"Umwälzung" (wörtlich: Revolution, siehe auch nochmals oben) im Nahen Osten.
Davor hatten wir die lupenreine Abgabenwirtschaft ("befehlsgeleitetes Produktionssystem"). Nur ist mit dieser lupenreinen Abgabenwirtschaft nicht ihr Essential, nämlich die Waffe verschwunden, die Hammurapi bestens einzusetzen wusste und dies nach außen und nach innen. Solche Codizes (Sammlug von Gesetzesvorschriften) ohne Waffenmacht des Staates/Herrschers wären nichts weiter als ein Witz gewesen.
Das Mosaische Recht leitet sich (in vielen Passagen wortgleich, vgl. die bahnbrechende Arbeit von David Heinrich von Müller, Die Gesetze Hammurabis und ihr Verhältnis zur mosaischen Gesetzgebung sowie zu den XII Tafeln, 1903/05) stracks von Hammurapi's Codex ab.
>Zins und Steuer werden immer unterschieden
"Immer"? Falsch. In den clean slates ist nirgends die Rede von"Zinsen", sondern stets von (rückständigen und mit 33 1/3 % bzw. 20 % p.a. hochgebuchten) Abgaben. Siehe bitte schon den (ältesten bekannten) Erlass des Urukagina, worin die Abgabeneintreiber ("officials", Klartext: Steuerpächter) ihrer Ämter und damit ihrer Forderungen entledigt wurden (als Antwort auf Dimi gepostet).
>und das wird dann wohl auch einen Grund haben.
Ja, siehe Link. Damit wir uns nicht missverstehen: Bei den clean slates wurden niemals private Schulden (also B gegen C, D, usw.) und entsprechende"Privatzinsen" erlassen, sondern Steuern!
Weshalb der legendäre Sumerologe Samuel Kramer auch die bekannten Steuersenkungen des Ronald Reagan mit den clean slates der frühen Herrscher im Nahen Osten verglichen hat (Leserbrief an die NYT).
Auf den Text auf der Liberty Bell ("Freiheits"-Glocke) hatte ich mir schon erlaubt hinzuweisen: Levitikus XXV, 10. Dabei ging es nicht um"Freiheit" von"privaten Schulden", sondern um Freiheit von der britischen Abgabenwirtschaft.
Sonst würden die Briten noch heute in NY ihr Wesen treiben und die verschuldeten US-Privathaushalte könnten sich auf alsbaldige Streichung ihrer (Bank-)Zinsen freuen...
Gruß!
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nereus
26.04.2005, 17:16
@ dottore
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Re: Wie entsteht das"Privateigentum"? - dottore |
-->Hallo dottore!
Sie schreiben: Diese Tempelstrukturen waren unterschiedlich groß (heute nur noch Ruinenhügel, Saddam hatte einiges rekonstruieren lassen).
Tja, so ist das auf dieser Welt.
Die von der BÃ-SEN Achse lassen alte Tempel wieder neu erstehen und die GUTEN schauen tatenlos zu, wenn sich Plünderer an einmaligen historischen Kostbarkeiten bereichern.
Ich muß jedoch insgesamt gestehen, daß ich bei der Diskussion möglicherweise gedanklich noch immer ein wenig zu weit weg von den Ursprüngen des Wirtschaftens bin.
Vor allem Ihr letztes Posting an dieser Stelle..
Hammurapi ist.. eine spätere historische Quelle. Bei ihm lief bereits der Prozess Abgabe ---> Privatzins - eben (wie oben) nach der"Umwälzung".. Davor hatten wir die lupenreine Abgabenwirtschaft ("befehlsgeleitetes Produktionssystem"). Nur ist mit dieser lupenreinen Abgabenwirtschaft nicht ihr Essential, nämlich die Waffe verschwunden, die Hammurapi bestens einzusetzen wusste und dies nach außen und nach innen...
.. hat mich etwas nachdenklich gemacht.
Soweit mir bekannt ist, wurde anfänglich auch nicht zwischen Besitz und Eigentum unterschieden (hatte das bei einem Mesopotamien-Artikel gelesen) und beim Zins bzw. der Abgabe könnten die Dinge ähnlich liegen.
Mir scheint, je weiter man auf der Zeitachse zurückgeht, desto schwammiger werden die Begriffe.
Das hat natürlich fatale Wirkung, wenn man dann etwas unterstellt (mit heutiger Sicht), was damals nur bedingt so gesehen wurde oder in einem anderen Zusammenhang.
Dieses Problem ist mir schon bei biblischen Themen untergekommen, weil man bei der Lektüre immer auch den damaligen Zeitgeist berücksichtigen muß.
So kann in unseren Augen"merkwürdiges" Verhalten zu Zeiten Abrahams und Jakobs völlig"normal" gewesen sein.
Ich würde mich dazu gerne nochmals belesen, also ich meine jetzt noch vor Hammurab(p)i.
Gibt es dazu auch etwas in deutscher Sprache?
Von Urukagina und diesem Erlaß habe ich im Netz nur sehr wenig gefunden.
Natürlich werde ich versuchen meine Zinsargumentation zu retten, was denn sonst? [img][/img]
mfG
nereus
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Burning_Heart
26.04.2005, 17:53
@ dottore
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Re: Wie entsteht das"Privateigentum" (ohne wirklich"freies Eigentum" zu sein)? |
-->
Hallo
Es gab damals eine Macht die Abgaben forderte und die Untergebenen, die das nicht liefern konnten, mussten sich wo anders was borgen; für Zinsen.
Das ist die Geschichte, wie sie abgelaufen ist, aber bei mir stellt sich die Frage, ob das immer so abläuft wenn eine Macht neu auf der Bildfläche erscheint, oder ob das eine von mehreren Varianten war, durch die erstmals der Zins in Erscheinung tritt.
Im Kern ist ein Zins erst möglich, wenn es Eigentum gibt und dadurch ist es möglich, anderen etwas zu leihen bzw. Zeit zu Geld zu machen, was ja ohne Macht nicht geht.
Wäre damals den Leuten nicht so hohe Abgaben abgefordert worden, dann hätte sich kaum jemand beim Nachbarn oder sonst jemandem mit Überschüssen verschulden müssen und der Zins wäre erst später erschienen.
Die Frage ist, ob das immer so ablaufen muß, oder ob das eine Variation war, die abhängig war von der Abgabenhöhe?
Was passiert z.b., wenn die Abgaben so hoch sind, daß es keine Überschüsse zum verleihen gibt.
Der Zins wäre früher oder später dennoch erscheinen.
Gruß
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dottore
26.04.2005, 17:57
@ nereus
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Re: Wie entsteht das"Privateigentum"? - dottore |
-->Hi nereus,
>Ich muß jedoch insgesamt gestehen, daß ich bei der Diskussion möglicherweise gedanklich noch immer ein wenig zu weit weg von den Ursprüngen des Wirtschaftens bin.
Das ging mir genauso. Aber bei nochmaliger Durchsicht der Antike und vor allem durch den immensen Schatz, den die Assyrologen inzwischen zusammen getragen haben (die Tontafeln werden jetzt en masse durch die Computer gejagt), kamen dann doch die Fragen neu: nach den "Firsts" (siehe Sam Kramer, leider englisch, aber Standardwerk) und vor allem nach dem, was durchgehend geblieben ist (nach meiner unmaßgeblichen Meinung eben das Macht-Phänomen, alias: Wie zwinge ich andere gegen ihren Willen? Und was passiert dann?).
(...)
>Soweit mir bekannt ist, wurde anfänglich auch nicht zwischen Besitz und Eigentum unterschieden (hatte das bei einem Mesopotamien-Artikel gelesen) und beim Zins bzw. der Abgabe könnten die Dinge ähnlich liegen.
Ja.
>Mir scheint, je weiter man auf der Zeitachse zurückgeht, desto schwammiger werden die Begriffe.
Ja.
>Das hat natürlich fatale Wirkung, wenn man dann etwas unterstellt (mit heutiger Sicht), was damals nur bedingt so gesehen wurde oder in einem anderen Zusammenhang.
Sehr richtig! Wir müssen uns von der heutigen Sicht der"Wirtschaft" erstmal lösen, sie in ihre Bestandteile zerlegen und dann schön von Anfang an...
>Dieses Problem ist mir schon bei biblischen Themen untergekommen, weil man bei der Lektüre immer auch den damaligen Zeitgeist berücksichtigen muß.
Predigt übrigens Hudson ununterbrochen. Der Mann kennt sich nicht nur in der Zeit vor 4500 Jahren aus, sondern auch bestens in Wall Street (war Analyst für"Rentenwerte").
>So kann in unseren Augen"merkwürdiges" Verhalten zu Zeiten Abrahams und Jakobs völlig"normal" gewesen sein.
>Ich würde mich dazu gerne nochmals belesen, also ich meine jetzt noch vor Hammurab(p)i.
>Gibt es dazu auch etwas in deutscher Sprache?
Horst Klengel als Starter. 13 Euro oder so:
[img][/img]
>Von Urukagina und diesem Erlaß habe ich im Netz nur sehr wenig gefunden.
Es gab Dutzende solcher Erlasse (sog. misharum), ziemliche Fieselei.
Wir alle lernen was dazu - ich bestimmt am allerliebsten.
Danke + Gruß!
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Dimi
27.04.2005, 14:05
@ dottore
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Re: Zur Quellenlage bei"Zins und Macht" - Dottore |
-->Lieber Dottore,
vorab vielen Dank für Deinen Beitrag, auch für den an Nereus.
Bitte erlaube mir, mich vorerst ein wenig zu beschränken. Vielleicht kommen wir so schneller auf den Punkt.
>Diese"beiden Seiten" hat es zu Beginn dessen, aus dem"Wirtschaften" entstanden ist, nicht gegeben. Vermutlich schweben Dir zwei"freie Bürger" vor. Tatsächlcih existierten nur Herrscher mit Familien und Macht-Cliquen und der"Rest" der Bevölkerung war"unfrei".
Unfreiheit entsteht oft aus einem Leihvorgang, nämlich wenn der Schuldner nicht zahlen kann (Quelle (erinnerlich): PCM). Die Anfangssituation war nicht die Leibeigenschaft.
Auch unter Einbeziehung völkerkundlicher Quellen, die den historisch nur begrenzt erschließbaren Zeitrahmen bis in die Steinzeit hinein erweitern, gibt es auch erst das Leihen, bevor es die Leibeigenschaft gibt.
>Was Dir als"Gläubiger" vorschwebt, war in der historischen Realität der Macht-Halter (Herrscher).
Es gab Völker, bei denen der Häuptling das Leihgeschäft monopolisierte. So erzielte er Einnahmen (nicht durch Abgaben!). Es gab aber weit mehr Völker, bei denen privat ge- und verliehen wird, und, sofern vorhanden, ein Häuptling nur Recht und Vollstreckung durchführte (wohl die Vorstufe einer späteren Monopolisierung).
Den Brautpreis hatte ich erwähnt, weil er nicht nur bei der Geldentstehung, sondern auch bei der Entstehung des Leihens eine Rolle spielt. Fürs frühe Leihen ist er einer der Hauptanlässe. Dies liegt daran, daß junge Männer zwar physisch, nicht aber materiell potent sind, und Frauen sehr teuer (sie kosten nicht den Zehnten, sondern mindestens die Hälfte...).
An den Hauptmotiven der Menschen hat sich übrigens seitdem nicht viel geändert. Auch heutige junge Menschen arbeiten, weil sie etwas erreichen wollen, weil sie eine Familie gründen wollen etc., und nicht, um Abgaben erwirtschaften zu können (diese wären dann wohl auch nicht prozentual gestaffelt).
>>Was nun die Ursache angeht so müßte sich leicht überprüfen lassen, ob der Vorschuß für die Abgabe den Kredit mit Zins hervorbrachte.
>So ist es nicht abgelaufen
Mißverständnis? Falls nein: Was, wenn nicht der Vorschuß, besorgte, daß aus der Abgabe ein Zins wurde (gemeint ist ein privatwirtschaftlicher mit z.B. 33% p.a.)? Falls ja: Wo steht in den Keiltafeln (oder wo auch immer) daß der Kredit zur Vorfinanzierung verwendet wurde?
Aus 321982 (Dein Beitrag zu Müntefering):
>Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher ins Reich Gottes komme.
Er sagte:"...daß ein Seil durch ein Nadelöhr gehe"
Kamel = Tau aus Kamelhaar, mit dem die Fischer ihre Boote festmachten
- Ergänzung (ich sehe gerade, daß das in 322012 thematisiert wurde): Das griechische KAMILOS tritt erst später auf (deswegen steht in den heutigen Bibelausgaben auch immer noch Kamel). Die Bedeutung Seil scheint aber bereits im Aramäischen bestanden zu haben. Es ist einfach eine Materialbezeichnung für ein Endprodukt (wie Kaffee für die Tasse Kaffee nach dem Rohstoff Kaffee). Sie war wohl nur regional üblich, so daß es zum Fehler kam. Es ist aber kein Hanfseil (FOX-NEWS in 322006). Seile aus Kamelhaar sind archäologisch in der Region gefunden worden. -
>So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!"
Er sagte:"Gebt, was des Kaisers ist, dem Kaiser. Gebt, was Gottes ist, Gott. Und das, was mein ist, gebt es mir!"
Er wollte keine neue Kirche gründen, duldete aber den Kult und Kirche (zweiter Teil). Der maßgebliche dritte Teil fiel weg, da unverstanden (metaphorisch meint"mir" über die Gleichung Jesus = lebendig das spirituelle"Leben", letztlich das Bemühen um die Erleuchtung, also das"Licht" in der Terminologie Jesu).
>Hatten wir schon - und Dimi schrieb ihm vielleicht die Predigt?
Nein, die Zeitmaschine funktioniert leider immer noch nicht ;-)
Gruß, Dimi
P.s.: Brief erhalten?
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Dimi
27.04.2005, 14:36
@ nereus
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Re: Still More About Money - Natürlich darfst Du, Nereus ;-) |
-->Hallo Nereus,
>Das immer die sogenannte Macht den Bürgern gedanklich seit Urzeiten auf die Sprünge helfen muß, behagt mir in der Diskussion schon lange nicht.
Druck kann schon Leistung erzeugen, Abgabendruck aber eher Schleichwege (siehe heute JLL ;-))
>§48 Hat jemand Schulden wegen eines Kredits und ein Sturm knickt das Getreide, oder eine Ernte misslingt oder wächst nicht wegen Mangel an Wasser, muss in diesem Jahr dem Kreditor kein Getreide entrichtet werden. Er wäscht seine Schuldentafel in Wasser und zahlt keinen Zins in dem Jahr.
Tata! Und wieder wird nur der Zins erwähnt.
Eben weil die Ernte mißlang.
Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Zins und Ertrag ist nun wirklich kaum noch zu leugnen.
Außerdem ist das Thema Schuldenerlaß bemerkenswert - immerhin Dauerthema im Nahen Osten. Wenn der Nachbar ein doppelt so großes Feld hatte, genügte eine Mißernte, daß er noch Getreide hatte, Du aber nicht und von ihm was borgen mußtest. Die Zinssätze waren dementsprechende hoch, und ein paar Jahre später warst Du pleite. Deswegen wurden immer wieder die Schulden und/oder Zinsen erlassen, nicht nur bei Mißernten (manchmal allerdings auch um sich z.B. beim Volk beliebt zu machen).
Tendenziell kam es weltweit aus diesen Gründen zu Feudalsystemen. Selbst bei gleicher Ausgangsgröße der Felder führte eine dauerhaft auch nur etwas zu geringe Ernte oder eine zu hohe Kinderzahl (Zwillinge!) nicht nur zu Verarmung, sondern in die Leibeigenschaft - einschließlich aller Nachkommen. Die Hammurabis und Moses' haben sich schon Mühe gegeben.
>Möglicherweise ist sogar die Steuer ein Derivat des Zinses.???
Was hältst Du denn davon?
Weder noch. Die etymologische Verbindung (s. Mietzins etc.) entsteht m.E. dadurch, daß sowohl Abgaben an den Staat als auch Zins auf Geldkapital als auch Zins auf Sachkapital regelmäßig gezahlt und als Anteil berechnet werden. Die Sprache kümmert sich nicht um die Unterscheidungen der Ã-konomen.
Gruß, Dimi
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dottore
27.04.2005, 17:37
@ Burning_Heart
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Re: Wie entsteht das"Privateigentum" (ohne wirklich"freies Eigentum" zu sein)? |
-->Hi,
>Es gab damals eine Macht die Abgaben forderte und die Untergebenen, die das nicht liefern konnten, mussten sich wo anders was borgen; für Zinsen.
>Das ist die Geschichte, wie sie abgelaufen ist, aber bei mir stellt sich die Frage, ob das immer so abläuft wenn eine Macht neu auf der Bildfläche erscheint, oder ob das eine von mehreren Varianten war, durch die erstmals der Zins in Erscheinung tritt.
Eine der Varianten. Die Tribut-Ã-konomien Meso-Amerikas kannten - so jedenfalls die (mangels guter Schriftquellen eh schwierige) aktuelle Rekonstruktions-Lage - keine Leihe des Abgabengutes (Mais) und keinen Zins.
>Im Kern ist ein Zins erst möglich, wenn es Eigentum gibt und dadurch ist es möglich, anderen etwas zu leihen bzw. Zeit zu Geld zu machen, was ja ohne Macht nicht geht.
D'accord.
>Wäre damals den Leuten nicht so hohe Abgaben abgefordert worden, dann hätte sich kaum jemand beim Nachbarn oder sonst jemandem mit Überschüssen verschulden müssen und der Zins wäre erst später erschienen.
Ja.
>Die Frage ist, ob das immer so ablaufen muß, oder ob das eine Variation war, die abhängig war von der Abgabenhöhe?
Ja - das genau ist das Problem: Wie kommt es zu einer bestimmten Abgabenhöhe?
Zunächst zum Gewicht selbst: Ein gur ("bushel") Gerste wurde in 30 satu (= 300 Tassen geteilt). (Habe gerade selber eine solche Tasse / Halbtasse bzw. Tasse / Doppeltasse erworben). Grundgedanke: Die Tagesration aus 30 gleichen Teilen der Monatsration zu berechnen. (Frauen und Sklaven die Hälfte). Vgl. Maurice Lambert, L'Usage de l'argent metal a Lagash au temps de la IIIe Dynastie d'Ur, 1963.
Nun kennt man den Faktor Saatgut /Ernte (schon mal gepostet), sagen wir ca. 20. Man kennt die Zahl der Mäuler die zu stopfen sind. Also hat man plusminus Diversa (auch Notration, Vorrat, spezielle Soldaten-Camps - die Gerste war mittels Großkeramik gut haltbar zu machen, mindestens auf 10/15 Jahre) eine Gesamtmenge, die zu ernten ist.
Da sich die Landlords (Tempel/Palast) natürlich nicht selbst auf die Felder bewegten - was tun? Freie Lohnarbeiter gab's nicht. Aber die"Untergebenen" hatten Subsistenz"gärten" (ca. 0,5 ha - das Auffinden der Belege dafür hatte die kirchliche Lehre vom Eigentum maßgeblich geprägt). Es gab auch Sklaven (ex Kriesgefangene), die man schicken konnte.
Dann muss wohl (?) Bevölkerungsdruck eingesetzt haben, Subsistenzgärten zu klein, die Leute mussten sich auf den Latifundien verdingen, dort auch für die Ihrigen ernten. Damit sie dort auch als Arbeits"kraft" verblieben, die hohe Strafe (33 1/3 % vom SOLL minus IST), falls man nicht das SOLL ablieferte (These von Hudson).
Die Quellen (VAT, Berlin, dort die ältesten Piktogramme, vgl. u.a. Nissen et al.) legen dies nahe.
Falls sich die Palast-Ã-konomen verrechnet hatten - Entfernung der"officials".
>Was passiert z.b., wenn die Abgaben so hoch sind, daß es keine Überschüsse zum verleihen gibt.
Mutmaßung (Hudson-These): Deshalb waren sie entsprechend hoch. Land gab's in Hülle und Fülle, nur die"Bauern" waren knapp.
>Der Zins wäre früher oder später dennoch erscheinen.
Ganz sicher ab den Silberleihen: Die Palasthändler zogen los, ausgestattet mit Waren der Tempelwerkstätten ("freie Handwerker" - Fehlanzeige) und mussten die 20 % Zinsen dafür entrichten, quasi als"Zoll". Fehlte daran etwas, musste Silber geliehen werden ---> Wucherer.
Dass der Zins in einer Abgabenwirtschaft irgendwann erscheint: Klar. Vermutlich die mesopotamische Variante, weil die Gerste dort in fester Parität zum Silber stand (Gewicht = Gewicht).
Danke, sorry for delay + Gruß!
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dottore
27.04.2005, 18:36
@ Dimi
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Re: Zur Quellenlage bei"Zins und Macht" - Dottore |
-->Lieber Dimi,
>Bitte erlaube mir, mich vorerst ein wenig zu beschränken. Vielleicht kommen wir so schneller auf den Punkt.
>>Diese"beiden Seiten" hat es zu Beginn dessen, aus dem"Wirtschaften" entstanden ist, nicht gegeben. Vermutlich schweben Dir zwei"freie Bürger" vor. Tatsächlich existierten nur Herrscher mit Familien und Macht-Cliquen und der"Rest" der Bevölkerung war"unfrei".
>Unfreiheit entsteht oft aus einem Leihvorgang, nämlich wenn der Schuldner nicht zahlen kann (Quelle (erinnerlich): PCM). Die Anfangssituation war nicht die Leibeigenschaft.
Es geht nicht um die Leibeigenschaft, sondern um die Grundherrschaft, siehe dazu die Trouvaille von Otto Brunner, Land und Herrschaft, 1943 (3. Aufl.).
Also konkret um eine Schuld, die nichts mit einem vorangegangenen Leihvorgang zu tun hat. Auch nicht mit der Person (Leibeigenschaft à la Russe war in einer Zeit in Mode, als es im Russischen kein Wort für"Eigentum" gab - Hinweis von Prof. Pipes, Harvard). Herrschaft, wie Brunner nachgewiesen hat, bedeutete denjenigen, der sich auf dem Boden(eigentum) des Grundherrn aufhielt (aufhalten musste), in eine Abgabenposition zwingen zu können.
>Auch unter Einbeziehung völkerkundlicher Quellen, die den historisch nur begrenzt erschließbaren Zeitrahmen bis in die Steinzeit hinein erweitern, gibt es auch erst das Leihen, bevor es die Leibeigenschaft gibt.
Leihen mit oder ohne Zins? Bei Schurtz findet sich m.W. nur eine völkerkundliche Leihe gegen Zins (Ich glaube es war Kupfer, was zur Statuserhöhung nachgefragt wurde).
>>Was Dir als"Gläubiger" vorschwebt, war in der historischen Realität der Macht-Halter (Herrscher).
>Es gab Völker, bei denen der Häuptling das Leihgeschäft monopolisierte. So erzielte er Einnahmen (nicht durch Abgaben!).
Da haben wir es doch! Aber vielleicht streiten wir uns um Worte (Ist der obrigkeitliche Monopolzins eine Abgabe oder nicht? Siehe moderne ZBs). Frage dennoch: Hatte der Herrscher das Monopol an sich gezogen (per Macht) oder gab es vorher ein Verleih-Polypol, deren Betreiber er dann hätte ent-eignen müssen.
>Es gab aber weit mehr Völker, bei denen privat ge- und verliehen wird, und, sofern vorhanden, ein Häuptling nur Recht und Vollstreckung durchführte (wohl die Vorstufe einer späteren Monopolisierung).
Wenn Häuptling, dann musste er vermutlich Abgaben kassiert haben. Oder ging er wie Cincinnatus selber hinterm Pflug? Nur: Nachdem er Diktator geworden war, pflügte er nicht mehr.
>Den Brautpreis hatte ich erwähnt, weil er nicht nur bei der Geldentstehung, sondern auch bei der Entstehung des Leihens eine Rolle spielt. Fürs frühe Leihen ist er einer der Hauptanlässe. Dies liegt daran, daß junge Männer zwar physisch, nicht aber materiell potent sind, und Frauen sehr teuer (sie kosten nicht den Zehnten, sondern mindestens die Hälfte...).
Wurde der geliehene Brautpreis in den frühen Stämmen verzinst? Ich weiß, die Quellenlage ist bescheiden. Dass sich die Jungs heute das Geld dafür gegen Zins leihen, ist bekannt, hilft aber nicht weiter.
>An den Hauptmotiven der Menschen hat sich übrigens seitdem nicht viel geändert. Auch heutige junge Menschen arbeiten, weil sie etwas erreichen wollen, weil sie eine Familie gründen wollen etc., und nicht, um Abgaben erwirtschaften zu können (diese wären dann wohl auch nicht prozentual gestaffelt).
Abgaben muss man erwirtschaften. Das Phänomen"Abgabe" (also mehr - und vor allem für einen anderen [!] erwirtschaften zu müssen als für sich selbst) ist doch eben das Novum der Geschichte. Das wiederum setzt gegen Fremde" eingesetzte Waffenmacht voraus.
Dies ist bronzezeitlich zu verorten und die Bronze kommt nun mal aus Zentralasien (Tadschikistan mit"Naturbronze"!) und hat die flotten Jungs von diesen unwirtlichen Höhen
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in die fülligen Ebenen der Flußtäler von Indus, Euphrat, Tigris geführt.
>>>Was nun die Ursache angeht so müßte sich leicht überprüfen lassen, ob der Vorschuß für die Abgabe den Kredit mit Zins hervorbrachte.
>>So ist es nicht abgelaufen
>Mißverständnis? Falls nein: Was, wenn nicht der Vorschuß, besorgte, daß aus der Abgabe ein Zins wurde (gemeint ist ein privatwirtschaftlicher mit z.B. 33% p.a.)? Falls ja: Wo steht in den Keiltafeln (oder wo auch immer) daß der Kredit zur Vorfinanzierung verwendet wurde?
Er wurde nicht zur Vorfinanzierung verwendet (keine"commercial debts" oder"debts for productive purposes" - Hudson). Es gab keinen (!) Vorschuss, keine vorangegangene Leihe, usw. Es wurde nur die Abgabenschuld hochgebucht. Daher die vielen clean slates, die nur diese Schuld auslöschten, niemals die - zeitlich ohnehin viel späteren! -"kommerziellen" Schulden.
Danke für die weiteren Erhellungen + besten Gruß!
P.S. Zum Brief, der mich grundsätzlich überfordert, eigentlich nur das:
1. Was mag sich unter STAVROS verbergen? Ein (das) Kreuz? Da lese ich die STAVROS-Stellen in der antiken Literatur anders.
2. Das XP sowohl als Symbol für einen gütig-fromm-defensiven Menschen zu deuten als auch für knallharte offensive Kampfhandlungen ("concordia militum","hoc signo victor (!) eris") - das pack ich leider nicht.
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Dimi
28.04.2005, 09:45
@ dottore
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Re: Zur Quellenlage bei"Zins und Macht" - Dottore |
-->Hallo Dottore,
>Leihen mit oder ohne Zins? Bei Schurtz findet sich m.W. nur eine völkerkundliche Leihe gegen Zins (Ich glaube es war Kupfer, was zur Statuserhöhung nachgefragt wurde).
Die Tendenz geht zum Mehr-Zurückgeben.
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Südseebewohner beim Transport der nächsten Rate ;-)
>Er wurde nicht zur Vorfinanzierung verwendet (keine"commercial debts" oder"debts for productive purposes" - Hudson). Es gab keinen (!) Vorschuss, keine vorangegangene Leihe, usw. Es wurde nur die Abgabenschuld hochgebucht.
Also die Steuer ist bei Nichtbezahlen mit Verzugsstrafe belegt, klar und Du hattest es bereits mit Beispielen untermauert. Unklar ist aber weiterhin der Ãœbergang von den sich steigernden Abgaben zum Privatkredit.
Denn in 321646 schreibst Du vor wenigen Tagen dazu:"Wie entsteht nun aus der Zwangsabgabe der sog."private" Zins?... Steuer... Lieferte der Kultivator nicht das SOLL ab, wurde er das Vierfache [!] des ursprünglich Geschuldeten schuldig. Um die damit verbundenen Misshelligkeiten zu vermeiden (Verlust der Existenz sowohl als Eigentümer als auch als Pächter) war ihm dringend daran gelegen, die SOLL-IST-Differenz bei anderen zu beschaffen, was aus der Abgabenschuld nunmehr eine, einem"Privaten" gegenüber machte, die selbstverständlich zu verzinsen war."
Also letztlich eine Vorfinanzierung der Abgabe. Du faßt dann zusammen:
"Abgabe (SOLL) ---> Beschaffungszwang des Abgabengutes bei IST < SOLL ---> Nachfrage nach Abgabengut bei Abgabengut-Haltern ---> Abgabengut-Halter können ihrerseits"Sub-Abgabe" fordern ("Privatzins") --->"
Ich hatte entsprechend den Privatzins als Finanzierung der Abgabe verstanden und gefragt, ob es hiefür Quellenbelege gebe.
Wie kommt es nun zum Zins aus der Abgabe? Bis zu dem Punkt, daß sich Bauer A von Bauer B - Grundherr und/oder Nachbar - gegen Zins zum Eigengebrauch Getreide leiht, weil ihm seines ausgegangen ist?
Ich sehe im übrigen durchaus, daß die Abgabe bisher in der Ã-konomie unterschätzt wird. Das gilt erst recht für die Historiker, die sich meist schwer tun mit wirtschaftlichem Denken. Ich erweitere dies dahingehend, daß es möglich ist, daß die Steigerung der Abgaben bei Fristüberschreitung einen bisher unterschätzten oder übersehenen Einfluß hat. Die Zinsentstehung sehe ich da zwar nicht, aber vielleicht gibt es etwas anderes - der Ausgang der Diskussion ist offen. Es erinnert mich im Moment ein bischen daran, daß die Überschuldung - neben Krieg, Raubzügen und Geburt - einer der Hauptgründe der Sklaverei war.
>P.S. Zum Brief, der mich grundsätzlich überfordert, eigentlich nur das:
>1. Was mag sich unter STAVROS verbergen? Ein (das) Kreuz? Da lese ich die STAVROS-Stellen in der antiken Literatur anders.
Antwort separat.
>2. Das XP sowohl als Symbol für einen gütig-fromm-defensiven Menschen zu deuten als auch für knallharte offensive Kampfhandlungen ("concordia militum","hoc signo victor (!) eris") - das pack ich leider nicht.
Solcherlei Wandel gab es doch auch beim Kreuz: Den frühen Christen war es Symbol der Selbstopferung, später für Eroberungen usw. Kein Symbol kann sich gegen seinen Gebrauch wehren, und Herrscher gebrauchen gerne populäre Symbole.
Gruß, Dimi
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dottore
28.04.2005, 16:20
@ Dimi
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Re: Steingeld, Shekel, Steuerpacht - tax debts first! |
-->Hi Dimi,
>>Leihen mit oder ohne Zins? Bei Schurtz findet sich m.W. nur eine völkerkundliche Leihe gegen Zins (Ich glaube es war Kupfer, was zur Statuserhöhung nachgefragt wurde).
>Die Tendenz geht zum Mehr-Zurückgeben.
>
Es sind zwar Steine (Aragonit, hart wie Marmor), haben aber mit der Steinzeit selbst nichts zu tun. Die Insel(gruppe) wurde 1526 von Diego Da Rocha entdeckt. Aber weder er, noch die zahlreichen späteren Besucher haben das Steingeld erwähnt. Nach Charles Opitz, dem vermutlich weltbesten Kenner dieses"völkerkundlichen Geldes" dürfte es kaum früher als in den 1800ern aufgekommen sein.
Die Population dort schwankte vermutlich schon immer stark, z.B. auf Yap selbst zwischen 1869 bis 1945 ein Fall von 10.000 auf 2.500. Das Sozialsystem ist höchst kompliziert bis heute, mit Clans, Kasten, patri- und matrilineare Zugehörigkeiten usw. Jeder hatte ein Stück Land, inkl. draußen am Riff. Von dem, was von einem dem anderen gegeben wurde, wurde erwartet, dass es später zurückgegeben wurde. Kreditierungen oder gar Zinssätze waren nicht bekannt. Das obige Bild ist just for show für heutige Touristen.
Das "Steingeld" selbst hat sich aus Abgaben entwickelt. Je schwieriger es zu beschaffen war, desto wertvoller. Die Größe spielte nur insofern eine Rolle, als es der unteren Kaste ("tribute payers" - Opitz, vgl. a. Cora Gilliland, The Stone Money of Yap, 1975) verboten war, größere Stücke zu halten.
Der Zweck? Opitz:"The stones had no practical non-monetary use other than as ornamentation." Otto von Kotzebue der die Inseln um 1820 bereiste, berichtet von Steinen (nicht Steingeld), die als nur Chiefs vorbehaltenen Sitzgelegenheiten ("Thron") dienten.
Opitz weiter:"A large stone could be used to buy support of a neutral tribe during a war... The German government[/b] [endgültig ab 1899, davor Handelsposten, zwischendurch spanisch und dann den Spaniern abgekauft] set fines in stone money. The stone money was purely an internal money and was never used to trade with other islands." Bei Festivitäten (mitmit - wie herzig!) wurde das Steingeld zwischen Gast und Gastgeber getauscht. Zwei Stücke erhielt darüber hinaus der Chief eines Dorfes, wenn eins seiner Girlies ins Männerhaus eines anderen Dorfes umzog. Auch für gefallene Krieger musste Steingeld entrichtet werden. Es diente also als Mix aus Macht-Display, Wergeld, Brautgeld und Geschenke vertretendes Geld.
Der Wert variierte nach Alter (es gab auch glattflächige Nachahmungen eines Handelsmonopolisten mit Namen O'Keefe): Zuerst niedrig, dann teuer, dann wieder niedrig - aber nicht nur der Steine, sondern auch derer, die damit Waren tauschten: Ältere erhielten sogar mehr für ihren Stein als Leute von höherem sozialen Rang. Die Japaner, die Yap nach WK I kontrollierten, zählten 13.281 Stücke. Auch mit anderem Geld (Muscheln, Matten, Parfum, Tabak, Kokosnüssen, Copra usw.) wurde bezahlt. Der Export von Yap-Steinen ist inzwischen streng untersagt. In den 1960ern wurde pro Fuß Durchmesser zwischen 25 und 30 US-Dollar (nächste Macht auf der Insel) gezahlt.
Aber, wie gesagt: Am Anfang steht der Häuptlings-Sitz.
>>Er wurde nicht zur Vorfinanzierung verwendet (keine"commercial debts" oder"debts for productive purposes" - Hudson). Es gab keinen (!) Vorschuss, keine vorangegangene Leihe, usw. Es wurde nur die Abgabenschuld hochgebucht.
>Also die Steuer ist bei Nichtbezahlen mit Verzugsstrafe belegt, klar und Du hattest es bereits mit Beispielen untermauert. Unklar ist aber weiterhin der Ãœbergang von den sich steigernden Abgaben zum Privatkredit.
Zurück in den nahen Osten. Nach der Unterwerfung der autochthonen Bevölkerung, die keinerlei Kredit brauchte, da sie Subsistenz betrieb und die Interaktionen sich fast nur auf die Nachbarsiedlung bezogen (das drittnächste"Dorf" war praktisch schon"aus dem Blickfeld", ausführlich: Bernbeck, dazu auch die token-Funde, die Schmandt-Besserat ausführlichst analysiert hat, Klartext: Fundradien eines bestimmten Typs nur wenige Kilometer), startete die Abgabenwirtschaft (tributäre Systeme), wie überall.
Das Abgabengut Gerste musste gewichtet und gemessen werden. Die Palast- und/oder Tempelarchive (Lagash! [-4. Jt.] - leider nach den Ausgrabungen geraubt und in alle Welt verstreut, aber zahlreiche andere inzwischen"in Arbeit") belegen dies mit größter bürokratischer Akkuratesse. Nur welche Gewichtseinheit nehmen?
Naheliegend und ergo eingeführt: Der 180"grains" (Körner) wiegende Shekel. Die Gewichte gaben ihre Herkunft durch das Aussehen kund:
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Vom Getreidekorn abgeleitet, wie man sieht. (Habe selber welche und es nachgemessen). Das Silber mit der Standardeinheit"Shekel" musste also zeitlich später sein. Demnach auch die auf Silber denominierten Schulden der Palasthändler und der von ihnen zu entrichtende"Zinssatz". Die Händler fanden schnell heraus, dass man nicht nur mit"Silberleihe" hebeln konnte (Privatgeschäfte nebenher), sondern dass man auch Silber selbst untereinander verleihen konnte. So haben wir den"Privatzins" in der Welt.
>Denn in 321646 schreibst Du vor wenigen Tagen dazu:"Wie entsteht nun aus der Zwangsabgabe der sog."private" Zins?... Steuer... Lieferte der Kultivator nicht das SOLL ab, wurde er das Vierfache [!] des ursprünglich Geschuldeten schuldig. Um die damit verbundenen Misshelligkeiten zu vermeiden (Verlust der Existenz sowohl als Eigentümer als auch als Pächter) war ihm dringend daran gelegen, die SOLL-IST-Differenz bei anderen zu beschaffen, was aus der Abgabenschuld nunmehr eine, einem"Privaten" gegenüber machte, die selbstverständlich zu verzinsen war."
>Also letztlich eine Vorfinanzierung der Abgabe.
Nein. Alles wurde gleich als Schuld gebucht. Das galt sogar noch später, z.B. wenn jemand etwas zur Werkstatt brachte, um es bearbeiten zu lassen: Dann war der Handwerker, der nicht etwa mit einem"freien" Geschäft startete und mit"eigenem Kapital" bereits verschuldet, die ihm zur Verfügung gestellten Werkzeuge (Drillbohrer usw.) inklusive.
>Du faßt dann zusammen:
>"Abgabe (SOLL) ---> Beschaffungszwang des Abgabengutes bei IST < SOLL ---> Nachfrage nach Abgabengut bei Abgabengut-Haltern ---> Abgabengut-Halter können ihrerseits"Sub-Abgabe" fordern ("Privatzins") --->"
>Ich hatte entsprechend den Privatzins als Finanzierung der Abgabe verstanden und gefragt, ob es hiefür Quellenbelege gebe.
Der Beleg oben (ex Hieron'sches System auf Sizilien) macht nur deutlich, dass die Steuerpächter ihrerseits sofort verschuldet waren. Konnten sie nicht das Geschuldete eintreiben, mussten sie auf andere Steuerpächter"zurückgreifen" (dort leihen), die härter oder effizienter vorgegangen waren. Man denke an den großen Aufstand des Mithridates gegen Rom (Klartext: die römischen Steuerpächter). Rom verlor die Provinz"Asia" (vgl. Ciceros Gejaule im Senat) und konnte sie nur dank der Feldherrnkunst seiner besten Generäle (seitdem Pompeius"Magnus") zurückerobern, also wieder zum Inkasso-Gebiet verwandeln. Denen in"Asien" (Kleinasien) wäre Rom doch sonst ganz wurscht gewesen.
>Wie kommt es nun zum Zins aus der Abgabe? Bis zu dem Punkt, daß sich Bauer A von Bauer B - Grundherr und/oder Nachbar - gegen Zins zum Eigengebrauch Getreide leiht, weil ihm seines ausgegangen ist?
Das Bild ist nicht richtig. Den"freien" Bauern A, der sich vom"freien" Bauern B etwas"geliehen" hätte (H/S-Modell) gab's nicht.
>Ich sehe im übrigen durchaus, daß die Abgabe bisher in der Ã-konomie unterschätzt wird. Das gilt erst recht für die Historiker, die sich meist schwer tun mit wirtschaftlichem Denken. Ich erweitere dies dahingehend, daß es möglich ist, daß die Steigerung der Abgaben bei Fristüberschreitung einen bisher unterschätzten oder übersehenen Einfluß hat. Die Zinsentstehung sehe ich da zwar nicht, aber vielleicht gibt es etwas anderes - der Ausgang der Diskussion ist offen. Es erinnert mich im Moment ein bischen daran, daß die Überschuldung - neben Krieg, Raubzügen und Geburt - einer der Hauptgründe der Sklaverei war.
Die Sklaverei war nicht Folge einer Überschuldung. Die sog."Schuldknechtschaft" setzte sofort ein, sobald ein Schuldverhältnis vorlag, nicht erst bei Zahlungsverzug (Überschuldung).
Villeicht noch etwas zum Brautgeld. Ich habe nirgends einen Beleg gefunden, dass es dabei private"Leihvorgänge" gegeben hätte (Dein Bräutigam, der dringend ein Frauchen sucht). Du schreibst ganz richtig, dass die jungen Männer den Brautpreis (der wiederum eine Kompensation für den Ausfall des Mädchens als Arbeitskraft für den Clan war) nicht selbst zur Verfügung hatten. Aber das war dann Sache des Clans, wie im Detail für Neu-Guinea nachgewiesen wurde: Christopher Healey, Maring Hunters and Traders, 1990.
Danke für Denkanstöße + Gruß!
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Dimi
29.04.2005, 08:12
@ dottore
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Re: Steingeld, Shekel, Steuerpacht.. - Schön, danke. Antwort später. Gruß! (o.Text) |
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Dimi
01.05.2005, 18:06
@ dottore
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Re: Wie entsteht der Zins aus den"tax debts first!"? |
-->Hallo Dottore,
habe ich wieder gerne gelesen!
>Die Händler fanden schnell heraus, dass man nicht nur mit"Silberleihe" hebeln konnte (Privatgeschäfte nebenher), sondern dass man auch Silber selbst untereinander verleihen konnte. So haben wir den"Privatzins" in der Welt.
Allerdings ist weiterhin unklar, wie in Deinem Modell der Privatzins aus der Abgabe (bzw. ihrer Steigerung) heraus entsteht.
>Vielleicht noch etwas zum Brautgeld. Ich habe nirgends einen Beleg gefunden, dass es dabei private"Leihvorgänge" gegeben hätte (Dein Bräutigam, der dringend ein Frauchen sucht).
Stellvertretend für andere (es gibt bessere) aus der köstlichen Raupenplage von Barley (ehemals Empfehlung von R. Deutsch):"Eine Folge der Brautpreiszahlungen bei den Dowayos ist, daß sich das ganze Land ständig im Rechtsstreit befindet. Die Zahlungen ziehen sich über viele Jahre hin, und von der ganzen Sippe des Mannes wird erwartet, daß sie dabei mithilft. Fast zwangsläufig läuft die Frau dem Mann irgendwann weg, und sei's auch nur, um ihm einen Schrecken einzujagen und ihn in irgendeiner häuslichen Streitigkeit zum Nachgeben zu zwingen." Zitiert nach http://www.artfond.de/doyawos.htm
>Du schreibst ganz richtig, dass die jungen Männer den Brautpreis (der wiederum eine Kompensation für den Ausfall des Mädchens als Arbeitskraft für den Clan war)
Und Kinder bringt der Klapperstorch ;-)
Die"Arbeistkraft" ist wohl eher eine andere Dienstleistung...
>nicht selbst zur Verfügung hatten. Aber das war dann Sache des Clans, wie im Detail für Neu-Guinea nachgewiesen wurde: Christopher Healey, Maring Hunters and Traders, 1990.
Dominant (zumindest änfänglich) die eigene Sippe und die der Braut (d.h. Ratenzahlung).
Gruß, Dimi
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dottore
02.05.2005, 10:54
@ Dimi
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Re: Wie entsteht der Zins aus den"tax debts first!"? |
-->Hi Dimi,
>>Die Händler fanden schnell heraus, dass man nicht nur mit"Silberleihe" hebeln konnte (Privatgeschäfte nebenher), sondern dass man auch Silber selbst untereinander verleihen konnte. So haben wir den"Privatzins" in der Welt.
>Allerdings ist weiterhin unklar, wie in Deinem Modell der Privatzins aus der Abgabe (bzw. ihrer Steigerung) heraus entsteht.
Die Abgabe für die Palasthändler (und andere Händler existierten schlicht nicht) lag bei 20 % für das Silber, das ihnen Palast & Tempel auf die Reise gaben. Wenn nun ein Händler die 20 % zusätzlichen Silbers für die Tempel"banken" (die dann Alexander so frohgemut beheben durfte, lt. antiken Quellen kommen wir auf Hunderte Tonnen) nicht beschaffen konnte (und falls überhaupt, fehlten nur"Spitzen"), aber gern zurückkehren mochte, was hat er wohl getan? Sich das fehlende Silber schenken lassen?
Deine Vorstellung von der Entstehung des Privatzinses aus einem"Ertrag" eines zur Produktion eingesetzten Gutes, das"man" sich vorher"geliehen" hat, und womit sich die Menschen aus dem Neolithikum ins"moderne Wirtschaften" katapultierten (These Heichelheim) ist durch nichts (nada) belegt. Hudson hatte dies mehrfach als unzulässigen Transport"heutiger Zustände" in die sozial völlig anders strukturierte Steinzeit kritisiert.
Sonst hätte der Zins ja auch wohl (wenn auch über zeitliche Distanz) weltweit entstehen müssen. Warum aber entsteht er just in der Abgabenwirtschaft des Nahen Ostens und begibt sich von dort auf den beschwerlichen Weg Richtung Westen?
Wo steckt denn bloß die auch anderswo vermutete zinsbewehrte Leihe?
>>Vielleicht noch etwas zum Brautgeld. Ich habe nirgends einen Beleg gefunden, dass es dabei private"Leihvorgänge" gegeben hätte (Dein Bräutigam, der dringend ein Frauchen sucht).
>Stellvertretend für andere (es gibt bessere) aus der köstlichen Raupenplage von Barley (ehemals Empfehlung von R. Deutsch):"Eine Folge der Brautpreiszahlungen bei den Dowayos ist, daß sich das ganze Land ständig im Rechtsstreit befindet. Die Zahlungen ziehen sich über viele Jahre hin, und von der ganzen Sippe des Mannes wird erwartet, daß sie dabei mithilft. Fast zwangsläufig läuft die Frau dem Mann irgendwann weg, und sei's auch nur, um ihm einen Schrecken einzujagen und ihn in irgendeiner häuslichen Streitigkeit zum Nachgeben zu zwingen." Zitiert nach http://www.artfond.de/doyawos.htm
Also die Sippe (Clan) - wie geschrieben. Barley ist wirklich unterhaltsam, aber seine Idee (jeder schuldet jedem, bis zum Schluss keiner mehr weiß, ob er Netto-Gläubiger oder -Schuldner ist) ist eine Uralt-Plotte (Guglielmo Ferrero, Größe und Niedergang Roms, 1910-14, schon ausführlichst dazu). Außerdem erklärt er nicht, wie es in diesem einsamen Teil Kamerums zu dem"Geld" gekommen ist, womit der Brautpreis entrichtet wurde bzw. woraus es bestand (gar aus guter alter kaiserlicher Mark in Gold & Silber?).
Wenn möglich bitte eine andere Plotte, woraus sich der Nexus Brautgeld ---> Leihe ---> Zins erklärt. Danke.
>>Du schreibst ganz richtig, dass die jungen Männer den Brautpreis (der wiederum eine Kompensation für den Ausfall des Mädchens als Arbeitskraft für den Clan war)
>Und Kinder bringt der Klapperstorch ;-)
>Die"Arbeistkraft" ist wohl eher eine andere Dienstleistung...
Der Clan hat nicht seine eigenen jungen Frauen sexuell missbraucht.
>>nicht selbst zur Verfügung hatten. Aber das war dann Sache des Clans, wie im Detail für Neu-Guinea nachgewiesen wurde: Christopher Healey, Maring Hunters and Traders, 1990.
>Dominant (zumindest änfänglich) die eigene Sippe und die der Braut (d.h. Ratenzahlung).
Und wo bleibt der"Zins"? Aus der Ratenzahlung ergibt er sich automatisch? Beim zitierten Healey davon nirgends eine Spur.
Gruß!
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Dimi
02.05.2005, 15:36
@ dottore
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Re: Wie entsteht der Zins aus den"tax debts first!"? |
-->Hi Dottore,
>Die Abgabe für die Palasthändler (und andere Händler existierten schlicht nicht) lag bei 20 % für das Silber, das ihnen Palast & Tempel auf die Reise gaben. Wenn nun ein Händler die 20 % zusätzlichen Silbers für die Tempel"banken" (die dann Alexander so frohgemut beheben durfte, lt. antiken Quellen kommen wir auf Hunderte Tonnen) nicht beschaffen konnte (und falls überhaupt, fehlten nur"Spitzen"), aber gern zurückkehren mochte, was hat er wohl getan? Sich das fehlende Silber schenken lassen?
Er hat sich also Silber zum Handeltreiben geliehen. Daraus entstand der Zins aus der dann bei Nichtrückgabe größeren Verpflichtung, da er es sich am Markt besorgen mußte und dieser nun auch Zins verlangte?
>Deine Vorstellung von der Entstehung des Privatzinses aus einem"Ertrag" eines zur Produktion eingesetzten Gutes, das"man" sich vorher"geliehen" hat, und womit sich die Menschen aus dem Neolithikum ins"moderne Wirtschaften" katapultierten (These Heichelheim) ist durch nichts (nada) belegt. Hudson hatte dies mehrfach als unzulässigen Transport"heutiger Zustände" in die sozial völlig anders strukturierte Steinzeit kritisiert.
Vereinbarter Zins enthält verschiedene Komponenten (z.B. Risiko, saisonale Preise etc.). Der Bauer, der sich Getreide leiht, tut dies aus Not zum Eigenverbrauch oder zur Aussaat. Der Verleiher des Getreides hat natürlich Wirtschaften (also Gewinn) im Kopf - das ist keine Rückprojektion.
>Sonst hätte der Zins ja auch wohl (wenn auch über zeitliche Distanz) weltweit entstehen müssen. Warum aber entsteht er just in der Abgabenwirtschaft des Nahen Ostens und begibt sich von dort auf den beschwerlichen Weg Richtung Westen?
Er entsteht unabhängig auch in China etwa. Der Nahe Osten war halt am schnellsten.
[...]
>Also die Sippe (Clan) - wie geschrieben.
Wisch es aber nicht so weg. Die innersipplichen Dinge wie der Brautkauf sind bei vielen Völkern mindestens so relevant wie die Abgaben. Der Mensch will doch z.B. eine Familie gründen, das treibt ihn um und an.
[...]
>>>Du schreibst ganz richtig, dass die jungen Männer den Brautpreis (der wiederum eine Kompensation für den Ausfall des Mädchens als Arbeitskraft für den Clan war)
>>Und Kinder bringt der Klapperstorch ;-)
>>Die"Arbeistkraft" ist wohl eher eine andere Dienstleistung...
>Der Clan hat nicht seine eigenen jungen Frauen sexuell missbraucht.
So war das natürlich nicht gemeint. Eine"Kompensation für den Ausfall der Arbeitskraft" würde freilich beide Geschlechter treffen, für Söhne und Töchter wäre also gleichermaßen ein Preis zu entrichten (und damit insgesamt keiner).
Die"Dienstleistung" ist die, die zur Entstehung eines Kindes führt, welches dann versorgt werden muß. Der Brautpreis steht also im Kontext dieser Dienstleistung und der Kindsversorgung. Er sorgt dafür, daß der Mann bei der Frau bleibt und eine Scheidung erst möglich ist, wenn sie einen Neuen hat (der wiederum den Preis an den Ex bezahlt).
>Und wo bleibt der"Zins"? Aus der Ratenzahlung ergibt er sich automatisch? Beim zitierten Healey davon nirgends eine Spur.
Innerhalb der Familie (Sippe) leiht man nicht gegen Zins (ist heute unter Freunden nicht anders). Es komm aber (wie bereits besprochen) oft zu einem"Mehr" (das nicht in % p.a. geregelt ist).
Gruß, Dimi
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dottore
02.05.2005, 18:20
@ Dimi
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Re: Wie entsteht der Zins aus den"tax debts first!"? |
-->Hi Dimi,
>>Die Abgabe für die Palasthändler (und andere Händler existierten schlicht nicht) lag bei 20 % für das Silber, das ihnen Palast & Tempel auf die Reise gaben. Wenn nun ein Händler die 20 % zusätzlichen Silbers für die Tempel"banken" (die dann Alexander so frohgemut beheben durfte, lt. antiken Quellen kommen wir auf Hunderte Tonnen) nicht beschaffen konnte (und falls überhaupt, fehlten nur"Spitzen"), aber gern zurückkehren mochte, was hat er wohl getan? Sich das fehlende Silber schenken lassen?
>Er hat sich also Silber zum Handeltreiben geliehen.
Nein. Es beginnt damit, dass die Tempelhändler mit Waren losgehen, die amtlich in Parität zum Silber gesetzt wurden. Er hat sich kein Silber geliehen. Er war die Silber-Schuld plus 20 % davon in Silber schuldig. Die Differenz (falls zu seinen Ungunsten) konnte er dann bei anderen Händlern und sogar beim Tempel selbst leihen.
>Daraus entstand der Zins aus der dann bei Nichtrückgabe größeren Verpflichtung, da er es sich am Markt besorgen mußte und dieser nun auch Zins verlangte?
Nein. Die Schuld (Ware in Parität zum Silber) war er sofort (nach Rückkehr) schuldig plus die 20 %. Seine Schuld war also sofort auf 120 % gesetzt.
>>Deine Vorstellung von der Entstehung des Privatzinses aus einem"Ertrag" eines zur Produktion eingesetzten Gutes, das"man" sich vorher"geliehen" hat, und womit sich die Menschen aus dem Neolithikum ins"moderne Wirtschaften" katapultierten (These Heichelheim) ist durch nichts (nada) belegt. Hudson hatte dies mehrfach als unzulässigen Transport"heutiger Zustände" in die sozial völlig anders strukturierte Steinzeit kritisiert.
>Vereinbarter Zins enthält verschiedene Komponenten (z.B. Risiko, saisonale Preise etc.).
Nein. Es wurde kein Zins"vereinbart". Risiko war Verlust der persönlichen Freiheit (als Reisehändler) und saisonale Preise gab es nicht, da keine Gattungskäufe, sondern nur Stückkäufe existierten.
>Der Bauer, der sich Getreide leiht, tut dies aus Not zum Eigenverbrauch oder zur Aussaat.
Den Bauern gibts eben nicht. Hatte er Eigentum (zur Subsistenz) musste er sofort Familienmitglieder (Arbeitskräfte für ihn) abgeben (Schuldknechtschaft). Zum Schluss verlor er selbst sein Subsistenzland.
>Der Verleiher des Getreides hat natürlich Wirtschaften (also Gewinn) im Kopf - das ist keine Rückprojektion.
Der Verleiher war der Grundeigentümer selbst. Wozu und welchem Bauern auf welchem Nicht-Subsistenzland sollte er was geliehen haben?
>>Sonst hätte der Zins ja auch wohl (wenn auch über zeitliche Distanz) weltweit entstehen müssen. Warum aber entsteht er just in der Abgabenwirtschaft des Nahen Ostens und begibt sich von dort auf den beschwerlichen Weg Richtung Westen?
>Er entsteht unabhängig auch in China etwa. Der Nahe Osten war halt am schnellsten.
China kenne ich leider nicht. Aber der Weg Naher Osten ---> Westen ist ganz ohne jede Frage.
>[...]
>>Also die Sippe (Clan) - wie geschrieben.
>Wisch es aber nicht so weg. Die innersipplichen Dinge wie der Brautkauf sind bei vielen Völkern mindestens so relevant wie die Abgaben. Der Mensch will doch z.B. eine Familie gründen, das treibt ihn um und an.
Den clan-freien Menschen - wo?
>[...]
>>>>Du schreibst ganz richtig, dass die jungen Männer den Brautpreis (der wiederum eine Kompensation für den Ausfall des Mädchens als Arbeitskraft für den Clan war)
>>>Und Kinder bringt der Klapperstorch ;-)
>>>Die"Arbeistkraft" ist wohl eher eine andere Dienstleistung...
>>Der Clan hat nicht seine eigenen jungen Frauen sexuell missbraucht.
>So war das natürlich nicht gemeint. Eine"Kompensation für den Ausfall der Arbeitskraft" würde freilich beide Geschlechter treffen, für Söhne und Töchter wäre also gleichermaßen ein Preis zu entrichten (und damit insgesamt keiner).
Beim Sohn ist es etwas anderes. Der verlässt ja zunächst den Hof nicht. Wird er erschlagen: Wergeld als Ersatz.
(...)
>>Und wo bleibt der"Zins"? Aus der Ratenzahlung ergibt er sich automatisch? Beim zitierten Healey davon nirgends eine Spur.
>Innerhalb der Familie (Sippe) leiht man nicht gegen Zins (ist heute unter Freunden nicht anders). Es komm aber (wie bereits besprochen) oft zu einem"Mehr" (das nicht in % p.a. geregelt ist).
Dann sind wir beim Potlatsch. Aber daraus hat sich kein Privatzins entwickelt.
Gruß!
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Dimi
03.05.2005, 11:09
@ dottore
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Re: Wie entsteht der Zins aus den"tax debts first!"? |
-->Lieber Dottore,
bitte erlaube mir, erneut nach dem Grund des Zinses zu fragen. Mir erschließt sich die Zinsentstehung nach Deinem Modell nämlich weiterhin nicht. Es ist beinahe sogar umgekehrt: Je mehr ich nachfrage, desto weniger.
Meine Versuche, Deine Herleitung, wie ich sie verstehe, in eigene Worte zusammenzufassen, erwiderst Du mit einem dreifachen"Nein".
Zugleich erklärst Du den Übergang von der sich steigernden Abgabe zum Privatzins aber auch nicht selber.
So schreibst Du zur Zinsentstehung:"Es beginnt damit, dass die Tempelhändler mit Waren losgehen, die amtlich in Parität zum Silber gesetzt wurden." - Hier (und auch darauffolgend) ist nicht mehr von Abgabe die Rede.
Also: Wie entsteht der Privatzins aus der Abgabe?
Bitte verzeihe mir meine Hartnäckigkeit - sie wird sich hoffentlich auszahlen. 322447 ist übrigens ein weiterer sehr interessanter Beitrag von Dir.
Gruß, Dimi
P.s.: In 322447 schreibst Du:"Nun wird aber niemand, der eine Grundrente bezieht, diese in einen Nullprozenter tauschen."
Ist das nicht der einfachste und klarste Grund für einen positiven Zins?
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bernor
03.05.2005, 14:07
@ dottore
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Silber & Macht - etymologisch |
-->Hi,
bereits bei Homer werden silberne Trinkgefäße erwähnt, die aus einem Land alyba oder salybe (in Kleinasien?) kamen.
Dem letztgenannten Wort (gesprochen: salube, altgriech. y = phonetisch u) ziemlich ähnlich schaut german. *silubra (siehe got. silubr, altsächs. silubar), welches, in allen german. Sprachen vorhanden, offenbar schon sehr früh aus einer im übrigen unbekannten Sprache entlehnt worden ist; es ist auch kein Zusammenhang mit späteren germanischen Söldnerdiensten bei den Römern, etwa durch Übernahme des lat. argentum für Silber, erkennbar.
Mit dem germanischen *silubra ist vermutlich altslaw./russ. serebró verwandt, ebenso baltisches/lit. sidrâbas (u.ä.).
Bemerkenswert ist nun, daß die (teilweise noch umherziehenden, „machtlosen“) Stämme der Germanen, Slawen und Balten, obwohl weit weg, ihr jeweiliges Wort für Silber letztendlich von der o.a., vermutlich kleinasiatischen Quelle bezogen, während die nähergelegenen Assyrer, Griechen und Römer, allesamt in Machtgebilden lebend, hierfür nur „umschreibende“ Begriffe wie sarpu, argyros, argentum = „das Helle / Weiße / Glänzende“ gebrauchten.
Demnach scheint Silber bei den erstgenannnten Völkern noch ein Ding „an sich“ (ganz ohne negative Assoziationen, nur als Schmuck zum Anschauen o.ä.) gewesen zu sein, während für die (meisten) Assyrer, Griechen und Römer das Silber, weil Abgabengut & sich ständig „verflüchtigend“, etwas Zwiespältiges, „Dämonisches“ an sich hatte: zum einen „begehrt“, zum anderen jedoch ein Kennzeichen der Macht, der man (auch sprachlich) besser nicht (durch direkte Benennung) entgegentrat, sondern so weit wie möglich auswich (bestenfalls noch „liebkosend“, siehe den Hunnenkönig Attila = got. „Väterchen“).
Gruß bernor
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