El Sheik
22.01.2002, 12:26 |
Europa im Gefangenendilemma (@Dottore et al.) Thread gesperrt |
Folgende Gedanken entbehren nicht einer stringenten Plausibilität:
Ein positiver Effekt eines Programms der Staatsentschuldung ist eine Aufwertung der heimischen Währung mit anderen daraus folgenden positiven Wirkungen für die heimische Wirtschaft.
Nun, im Zeitalter des Euro, ist dies nicht mehr möglich. Verbessert ein einzelnes Land seine Schuldensituation, die anderen elf aber nicht, so hat dies kaum einen Effekt auf die Stabilität der Währung. Im Gegenteil: Das, was das eine Land einspart, steht den anderen als zusätzlicher Verschuldungsspielraum zur Verfügung.
Folglich wird es keine Einzelinitiativen mehr zum Staatssparen geben. Der Euro als Schwachwährung ist vorprogrammiert.
Der einzige Ausweg hieraus: Intraeuropäische fiskalpolitische Koordinierung, m.a.W. Aufgabe der jeweiligen nationalen Finanzhoheiten. Europäischer Fiskus, europäische Steuerpolizei, usw.
Spieltheoretisch: Die Entscheidungssituation der 12 nationalen Budget-Verwalter gleicht einem komplexen Gefangenendilemma.. Versucht der eine, die Mittelmäßigkeit der anderen durch Budgetdisziplin"zu verraten", strafen die ihn ab durch Beibehalten ihrer Mittelmäßigkeit. Nur wenn sich alle an einen Tisch setztn, kann eine gemeinsame Lösung für jeden einzelnen zu einer besseren Zukunft führen, als ohne runden Tisch. Aber selbst nach einem gemeinsamen Beschluß, besteht für den einzelnen wieder der Anreiz, auszubüchsen und die nationale Staatsverschuldung entgegen der Abmachung zu erhöhen. Derjenige stünde dann am allerbesten da, hat also einen Anreiz so zu handeln.
Es muß also ein starker Vertrag her, der die einzelnen Teilnehmer an der Währungsunion zu strikter Fiskaldisziplin zwingt. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Sanktionierung.
Ist das denn mit dem Maastricht-Vertrag gegeben? Und was ist mit"tier-2"? Wo gibt es gute Grundsatzliteratur zu diesen Fragen, insbesondere den letzten beiden? Dottore?
Besten Gruß
El Sheik
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Galiani
22.01.2002, 13:35
@ El Sheik
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Europa im Gefangenendilemma.... BRILLANTER GEDANKE, El Sheik!!! |
Hallo El Sheik
Habe ich mir sooo noch nicht klar gemacht!
Selbstverständlich: Der Ausgleich von Unterschieden in der nationalen Produktivität (etwa zwischen Deutschland und Ã-sterreich auf der einen und Portugal oder Griechenland auf der anderen Seite) durch Wechselkurs-Schwankungen ist passé! Desgleichen die Möglichkeit von Zinsdifferenzen!
Bleibt eigentlich nur noch der Transfer realer Rssourcen von den sogenannten reichen in die sogenannten armen Länder (d.h. Wohlstandstransfer).
Daß außerdem aber auch der Schuldenabbau für jedes einzelne Land in der EU zum Problem wird, hat mir erst Dein Beitrag klargemacht!
Großartig analysiert! Danke! Eine Überlegung von außergewöhnlichen und beachtenswerten Konsequenzen!
Der Gedanke ist es wert, weitherum publiziert zu werden.
Gruß
G.
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Euklid
22.01.2002, 13:50
@ Galiani
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Re: Europa im Gefangenendilemma.... BRILLANTER GEDANKE, El Sheik!!! |
>Hallo El Sheik
>Habe ich mir sooo noch nicht klar gemacht!
>Selbstverständlich: Der Ausgleich von Unterschieden in der nationalen Produktivität (etwa zwischen Deutschland und Ã-sterreich auf der einen und Portugal oder Griechenland auf der anderen Seite) durch Wechselkurs-Schwankungen ist passé! Desgleichen die Möglichkeit von Zinsdifferenzen!
>Bleibt eigentlich nur noch der Transfer realer Rssourcen von den sogenannten reichen in die sogenannten armen Länder (d.h. Wohlstandstransfer).
>Daß außerdem aber auch der Schuldenabbau für jedes einzelne Land in der EU zum Problem wird, hat mir erst Dein Beitrag klargemacht!
>Großartig analysiert! Danke! Eine Überlegung von außergewöhnlichen und beachtenswerten Konsequenzen!
>Der Gedanke ist es wert, weitherum publiziert zu werden.
>Gruß
>G.
Also plädieren wir alle zusammen für einen großen Topf in den jeder mal reinlangen darf.Nur wer für den Zufluß im großen Topf sorgen soll ist noch nicht klar.Also herunter mit der hohen störenden Produktivität in Deutschland.Wir können dann besser schlafen gehen wenn es sowieso nichts mehr bringt.Im Prinzip genau das System des perversen Länderfinanzausgleichs bei dem das Saarland nach dem Finanztransfer je Kopf mehr zu bieten hat als Bayern oder Baden-Württemberg.Also kopieren wir in der EU das Saarland.
Gruß Euklid
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Baldur der Ketzer
22.01.2002, 14:52
@ Euklid
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Re: Europa im Gefangenendilemma einer EU-Zentralregierung |
Hallo,
es wächst ja gerade der Haß auf die Yankees, die auf einem, dem sechseckigen Auge blind sind und sonst mit Vergeltung nicht pingelig sind.
Überlegen wir mal, wer oder was in den USA so verhaßt sind.
Es ist nicht der Gouverneur von Maine oder ein Provinz-Sheriff eines texanischen Kaffs.
Es ist immer und immer wieder die Bundesregierung, der CIA, das FBI, die NSA, und wie sie alle heißen. Meinetwegen die Streitkräfte noch obendrauf.
Nie ist es dagegen der normale Bürger, ein Bundesstaat oder etwa die Nationalgarde.
Immer geht Maßlosigkeit von den Zentralregierungen aus, wie wir ja toll in Brüssel sehen können.
Es wird nicht lange dauern, bis wir dann dort eben solche verhaßten gottähnlichen Institutionen haben, wie wir in den USA besichtigen können.
Nur, daß wir diese dann an der Halskrause haben werden: Enfopol, Europol, usw.
Es hat wirklich im wahrsten Sinne des Wortes"sowjetische" Züge.
Heute gabs eine Wiederholung eines Journaille-Gesprächs über Berlusconi und seine EU-Politik.
Man bezeichnete Berlusconi offen als"Gauner" und verlangte, man müsse seitens der EU gegen ihn vorgehen, ihn"isolieren", nämlich sein Firmenimperium nach Kartellrecht? zerschlagen und ihm die politische Macht somit abschneiden, denn er stünde entgegen den europäischen Gedanken....
Hingegen wurde ein anderer italienischer Politiker (war es Umberto Bossi oder ein anderer Lega-Nord-Vertreter?) zitiert, die EU sei ein Haufen von Pädophilen, Gesundbetern, fahnenschwingenden Affen und Kommunisten......
Ich mag Italien......! Wo sonst gibt es noch ein Umfeld, daß eine derartige freie Meinungsäußerung nicht sofort erstickt?
Eine Zentralmacht fern ab von den Bürgern war schon immer und bleibt das schlimmste, was uns passieren könnte - und dorthin sind wir auf dem besten Weg.
Beste Grüße vom Baldur - nieder mit der EU!
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Turon
22.01.2002, 14:55
@ El Sheik
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Das ist auch der Sinn des €uro |
Ob man es wahrhaben will, oder auch nicht.
Die gemeinsame Währung ist nur dann stark zu halten, wenn konsequent gespart wird, was bei diesem Verschuldungsgrad, die Europa nun hat, klar und deutlich
dazu führen würde, daß wirtschaftlich gesehen, auf die Wirtschaft eine Art Zwinger aufgelegt wird.
Wir sehen es doch hervorragend an der Bundesrepublik. Sie war seit eh und je ein Land das eigene Überproduktion (alles was von uns nicht verbraucht werden kann) in andere Märkte (Ausland) verkaufte. Die Zeiten ändern sich und strikte
Ausgabenkoordination mit dem Versuch endlich die Staatsfinanzen in Schach zu halten führte dazu, daß so bald sich die Absatzsituation abgeschwächt hat, wir
quasi in die Rezession hineingesteuert sind.
Spiegeln tut es sich in den hohen Arbeitslosenzahlen zum einen und zum anderen
in immer schwächerer Binnenmarktnachfrage.
Das heißt: durch die Einführung dieser gemeinsamer Währung eröffnen sich der
Bundesrepublik ganz neue Möglichkeiten Frischgeld zu produzieren. Und das haben wir nun mal nötig. Ich möcht es mal betonen: durch die New Economy und ihren Niedergang sind etliche Haushalte um Ihre Kaufkraft"beraubt" worden - auf der anderer Seite wiederum sind etliche Unternehmer bzw. Menschen die Geld haben wollten, durch Spekulationen an das Geld gekommen.
Der Sinn eines jeden Unternehmens ist Gewinnmaximierung. Das bedeutet - mit schwächerer Binnenmarktnachfrage ist es nicht weit her mit der Gewinnmaximierung. Das bedeutet aber auch, daß Milliardeninvestitionen womöglich ausbleiben werden, oder - das Kapital wird sich in einem Niedrigsteuerland niederlassen.
Die Bundesrepublik wird also das Land sein, das Inflation vorantreibt, und das wäre sowohl mit der DM wie auch mit dem € der Fall.
Wir versuchen zwar die Kriterien der gemeinsamer Währung zu erfüllen, aber das
wird nicht gelingen. So oder so. Wer jetzt bitterst spart, verspielt Wettbewerbsfähigkeit - und ein Blick auf unsere Firmen, Arbeitslosenzahlen, Kaufkraft und Anzahl der Konkurse sagt mehr als 1000 Worte.
Gruß
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Galiani
22.01.2002, 15:52
@ Euklid
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Dazu: Harry Browne's Geschichte vom «vergessenen Dritten»! |
Harry Browne, der (chancenlose) Bush-Rivale im letzten US-Präsidentschaftswahlkampf hat das einmal als das dilemma vom"vergessenen Dritten" bezeichnet:
Dar A-dam nimmt vom B-dam und verteilt das Raubgut an den C-dam. In diesem Set-up ist der A-dam"der Großzügige", der C-dam"der Bedürftige" und der B-dam, der das alles finanziert, ist"der vergessene Dritte". Er wird nämlich auswandern [kann ein EU-Staat freilich nicht!], oder aufhören, zu arbeiten, und/oder damit anfangen, sich selbst als"Bedürftiger" auszugeben, um am offenbar so reichlich vom Himmel fallenden Manna teilzuhaben [das können die EU-Staaten versuchen! Großbritannien ist das unter Thatcher auch durchaus gelungen.]
Gruß
G.
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dottore
22.01.2002, 16:08
@ El Sheik
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Re: Europa im Gefangenendilemma (@Dottore et al.) |
Hi Scheich,
>Es muß also ein starker Vertrag her, der die einzelnen Teilnehmer an der Währungsunion zu strikter Fiskaldisziplin zwingt. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Sanktionierung.
Die gibt's selbstberständlich. Staaten, die sich nicht an die 3,0% vom BIP als max. zusätzliche Staatsverschuldung halten, müssen Sanktionen bezahlen, allerdings ziemlich maue und mit Zeitverzögerung usw., usw.
Eichel kriegt deshalb demnächst den"blauen Brief" aus Brüssel.
>Ist das denn mit dem Maastricht-Vertrag gegeben? Und was ist mit"tier-2"? Wo gibt es gute Grundsatzliteratur zu diesen Fragen, insbesondere den letzten beiden? Dottore?
Steht eigentlich alles im Maastrichter Vertrag. Siehe unten. tier-2 hat mit den Budgetdefiziten nichts zu tun. Darin stehen nur die Titel, welche doe EZB reinnehmen darf (Unterschied zu tier-1 vor allem: auch nicht marktgängige Staatspapiere, auch Aktien, o.ä.).
Literaturen en masse. Aber für Deine Zwecke reichen die Vertragstexte.
Gruß
d.
Text aus dem Maastrichter"Protocoll":
PROTOCOL
<font color="FF0000">ON THE EXCESSIVE DEFICIT PROCEDURE</font>
THE HIGH CONTRACTING PARTIES
DESIRING to lay down the details of the excessive deficit procedure referred to in Article 104c of the treaty establishing the European
Community,
HAVE AGREED upon the following provisions, which shall be annexed to the Treaty establishing the European Community:
ARTICLE 1
The reference values referred to in Article 104c(2) of this Treaty are:
<font color="FF0000">3% for the ratio of the planned or actual government deficit to gross domestic product at market prices;
60% for the ratio of government debt to gross domestic product at market prices.</font>
ARTICLE 2
In Article 104c of this Treaty and in this Protocol:
government means general government, <font color="FF0000">that is central government, regional or local government and social security funds,</font> to the
exclusion of commercial operations, as defined in the European System of Integrated Economic Accounts;
deficit means net borrowing as defined in the European System of Integrated Economic Accounts;
investment means gross fixed capital formation as defined in the European System of Integrated Economic Accounts;
debt means total gross debt at nominal value outstanding at the end of the year and consolidated between and within the sectors of
general government as defined in the first indent.
ARTICLE 3
In order to ensure the effectiveness of the excessive deficit procedure, the governments of the Member States shall be responsible under
this procedure for the deficits of general government as defined in the first indent of Article 2. The Member States shall ensure that
national procedures in the Budgetary area enable them to meet their obligations in this area deriving from this Treaty. <font color="FF0000">The Member States
shall report their planned and actual deficits and the levels of their debt promptly and regularly to the Commission. </font>
ARTICLE 4.
The statistical data to be used for the application of this Protocol shall be provided by the Commission.
Und weiter unten vergraben, etwas konkreter:
2. The Commission shall <font color="FF0000">monitor</font> the development of the budgetary situation and of the stock of
government debt in the Member States with a view to identifying gross errors. In particular it shall
examine compliance with budgetary discipline on the basis of the following two criteria:
(a) whether the ratio of the planned or actual government deficit to gross domestic product exceeds a
reference value, unless
- either the ratio has declined substantially and continuously and reached a level that comes close to
the reference value;
Der"Italien-Fall"
- or, alternatively, the excess over the reference value is only exceptional and temporary and the ratio
remains close to the reference value;
(b) whether the ratio of government debt to gross domestic product exceeds a reference value, unless
the ratio is sufficiently diminishing and approaching the reference value at a satisfactory pace.
The reference values are specified in the Protocol on the excessive deficit procedure annexed to this
Treaty.
3. If a Member State does not fulfil the requirements under one or both of these criteria, the
Commission shall prepare a report. The report of the Commission shall also take into account whether
the government deficit exceeds government investment expenditure and take into account all other
relevant factors, including the medium term economic and budgetary position of the Member State.
Larifari."Medium term" ist alles.
The Commission may also prepare a report if, notwithstanding the fulfilment of the requirements under
the criteria, it is of the opinion that there is a risk of an excessive deficit in a Member State.
4. The Committee provided for in ARTICLE 109c shall formulate an opinion on the report of the
Commission.
5. If the Commission considers that an excessive deficit in a Member State exists or may occur, the
Commission shall address an opinion to the Council.
6. The Council shall, acting by a qualified majority on a recommendation from the Commission, and
having considered any observations which the Member State concerned may wish to make, decide after
an overall assessment whether an excessive deficit exists.
7. Where the existence of an excessive deficit is decided according to paragraph 6, the Council shall
make recommendations to the Member State concerned with a view to bringing that situation to an end
within a given period. Subject to the provisions of paragraph 8, <font color="FF0000">these recommendations shall not be
made public.</font>
8. Where it establishes that there has been no effective action in response to its recommendations
within the period laid down, <font color="FF0000">the Council may make its recommendations public.</font>
9. If a Member State persists in failing to put into practice the recommendations of the Council, the
Council may decided to give notice to the Member State to take, within a specified time limit, measures
for the deficit reduction which is judged necessary by the Council in order to remedy the situation.
In such a case, the Council may request the Member State concerned to submit reports in accordance
with a specific timetable in order to examine the adjustment efforts of that Member State.
10. The rights to bring actions provided for in ARTICLEs 169 and 170 may not be exercised
within the framework of paragraphs 1 to 9 of the Article.
11. As long as a Member State fails to comply with a decision taken in accordance with paragraph 9,
the Council may decide to apply or, as the case may be, intensify one or more of the following
measures:
- to require that the Member State concerned shall publish additional information, to be specified by the
Council, <font color="FF0000">before issuing bonds and securities;</font>
DAS tut weh!
- to invite the European Investment Bank to reconsider its lending policy towards the Member State
concerned;
<font color="FF0000">- to require that the Member State concerned makes a non- interest-bearing deposit of an appropriate
size with the community until the excessive deficit has, in the view of the Council, been corrected;
- to impose fines of an appropriate size.</font>
The President of the Council shall inform the European Parliament of the decisions taken.
Diese"Fines" sind auch irgendwo andeutungsweise geregelt, müsste sich aber etxra suchen.
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dottore
22.01.2002, 16:13
@ Galiani
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Re: Europa im Gefangenendilemma.... Und noch der"Finanzausgleich": |
>Bleibt eigentlich nur noch der Transfer realer Ressourcen von den sogenannten reichen in die sogenannten armen Länder (d.h. Wohlstandstransfer).
Das ist auch geregelt, in Maastricht (hab den Artikel gerade keine Lust zum suchen), gilt das Sudsidiaritätsprinzip. Klartext: Reiche Länder müssen"armen" helfen.
>Daß außerdem aber auch der Schuldenabbau für jedes einzelne Land in der EU zum Problem wird, hat mir erst Dein Beitrag klargemacht!
Völlig klar. Wer spart, ist IMMER der Dumme. Er wird von den Nicht-Sparern rasiert. Sie auch den deutschen"Finanzausgleich. Da lebt sich's als kaputtes Bundesland wie Bremen, Saar usw. prächtigst.
Gruß
d.
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dottore
22.01.2002, 16:16
@ Euklid
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Re: Sorry EUKLID, eben erst gelesen. Jeder kopiert die Saar, wär doch blöd sonst (owT) |
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dottore
22.01.2002, 16:39
@ Galiani
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Re: Der"vergessene Dritte" in aktueller Version. Und diese |
lieber Galiani,
hat Harry Brwone als Grundidee von William Graham Sumner aus dessen (auf Bastiat letztlich basierenden) Essay (1883)
"The Forgotten Man":
<font color="FF0000">A sieht, dass X leidet. Unterhält sich darüber mit B. Beide bringen ein Gesetz ein, dass X helfen soll.
In dem Gesetz steht, dass C helfen soll (bestenfalls auch noch A und B ein bisschen, damit's"besser ausschaut").
C ist the Forgotten Man.</font>
Heute gilt sogar A + B führt zu C = X, aber erst"später"... Denn zunächst gilt:
Allen kann geholfen werden!
Wie das geht? Ganze einfach: A + B beschließen die Auflage einer Staatsanleihe, die sie zeichnen. Dann kriegt X das Geld sofort und A + B kriegen das Geld wieder zurück, später und das mit Zins und Zinseszins.
Und dann soll C dafür gerade stehen (er wurde nicht nur vergessen, sondern kam ganz einfach"später" - die nächste Generation).
Und so wird aus dem C ein X, dem's schlecht geht und A + B laden tüchtig nach und machen sich noch fetter. Kostet sie überhaupt nichts.
SO läuft die Nummer aktuell.
Sie wurde halt mit Hilfe des Zeitablaufs nur noch verfeinert.
Besten Gruß
d.
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El Sheik
22.01.2002, 16:45
@ dottore
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Wie das Spiel"Reise nach Jerusalem": ein Stuhl zu wenig, der Schnellste siegt (owT) |
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El Sheik
22.01.2002, 16:47
@ dottore
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Danke für den Vertragstext! (owT) |
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Galiani
22.01.2002, 17:29
@ dottore
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Danke! Tss, tss, tss! Hat der von mir hochgeschätzte Sumner also auch geklaut! (owT) |
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Uwe
22.01.2002, 18:00
@ dottore
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Re: Europa im Gefangenendilemma (@Dottore et al.) |
dorrore:[i]...Die gibt's selbstberständlich. Staaten, die sich nicht an die 3,0% vom BIP als max. zusätzliche Staatsverschuldung halten, müssen Sanktionen bezahlen, allerdings ziemlich maue und mit Zeitverzögerung usw., usw.
Eichel kriegt deshalb demnächst den"blauen Brief" aus Brüssel.
Steht eigentlich alles im Maastrichter Vertrag. Siehe unten. tier-2 hat mit den Budgetdefiziten nichts zu tun. Darin stehen nur die Titel, welche doe EZB reinnehmen darf (Unterschied zu tier-1 vor allem: auch nicht marktgängige Staatspapiere, auch Aktien, o.ä.).
Literaturen en masse. Aber für Deine Zwecke reichen die Vertragstexte.
Text aus dem Maastrichter"Protocoll":
PROTOCOL
<font color="FF0000">ON THE EXCESSIVE DEFICIT PROCEDURE</font>
THE HIGH CONTRACTING PARTIES
DESIRING to lay down the details of the excessive deficit procedure referred to in Article 104c of the treaty establishing the European
Community,
HAVE AGREED upon the following provisions, which shall be annexed to the Treaty establishing the European Community:
ARTICLE 1
The reference values referred to in Article 104c(2) of this Treaty are:
<font color="FF0000">3% for the ratio of the planned or actual government deficit to gross domestic product at market prices;
60% for the ratio of government debt to gross domestic product at market prices.</font>
ARTICLE 2
In Article 104c of this Treaty and in this Protocol:
government means general government, <font color="FF0000">that is central government, regional or local government and social security funds,</font> to the
exclusion of commercial operations, as defined in the European System of Integrated Economic Accounts;
deficit means net borrowing as defined in the European System of Integrated Economic Accounts;
investment means gross fixed capital formation as defined in the European System of Integrated Economic Accounts;
debt means total gross debt at nominal value outstanding at the end of the year and consolidated between and within the sectors of
general government as defined in the first indent.
ARTICLE 3
In order to ensure the effectiveness of the excessive deficit procedure, the governments of the Member States shall be responsible under
this procedure for the deficits of general government as defined in the first indent of Article 2. The Member States shall ensure that
national procedures in the Budgetary area enable them to meet their obligations in this area deriving from this Treaty. <font color="FF0000">The Member States
shall report their planned and actual deficits and the levels of their debt promptly and regularly to the Commission. </font>
ARTICLE 4.
The statistical data to be used for the application of this Protocol shall be provided by the Commission.
[i]
<center><iframe src="http://europa.eu.int/abc/obj/treaties/de/detr8f.htm#Artikel_1" width=95% height=640></iframe>
http://europa.eu.int/abc/obj/treaties/de/detr8f.htm#Artikel_1</center>
Weitere URLs:
~ Vertrag über die Europäische Union
~ Weitere Protokolle und deren Teile
~ Kapitel 1 (Artikel 102a... DIE WIRTSCHAFTSPOLITIK)... Kapitel 3 (109a-d INSTITUTIONELLE BESTIMMUNGEN)
~ Link-Sammlung
Auf die übrigen, in deutsch verfassten Dokumente bin ich noch nicht gestossen
(eur-lex)
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hu
22.01.2002, 18:21
@ dottore
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Re: @ dottore:"Sozialanleihen" aus Der |
>Allen kann geholfen werden!
>Wie das geht? Ganze einfach: A + B beschließen die Auflage einer Staatsanleihe, die sie zeichnen. Dann kriegt X das Geld sofort und A + B kriegen das Geld wieder zurück, später und das mit Zins und Zinseszins.
>Und dann soll C dafür gerade stehen (er wurde nicht nur vergessen, sondern kam ganz einfach"später" - die nächste Generation).
>Und so wird aus dem C ein X, dem's schlecht geht und A + B laden tüchtig nach und machen sich noch fetter. Kostet sie überhaupt nichts.
>SO läuft die Nummer aktuell.
>Sie wurde halt mit Hilfe des Zeitablaufs nur noch verfeinert.
$$$ Hallo dottore!
Volle Zustimmung:"Die Macht ununterbrochenen Wuchers ist zu groß. Wenn das Anwachsen bestehender Zinsen ohne Abmilderung viele Generationen lang fortgehen könnte, so würde die eine Hälfte der Bevölkerung schließlich nur noch Sklaven der anderen Hälfte sein.Ebensowenig darf die Tatsache, daß es... leichter ist, Anleihen aufzunehmen als Steuern zu erheben, dazu führen, daß für alle Dauer der Steuerzahler zum Sklaven des Rentners wird". Keynes, J.M. 1924.
Ganz ebenso immer wieder: Pareto!! Alles optimal???
Gruß
hu
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dottore
22.01.2002, 18:54
@ hu
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Re: @ hu et al.: Genau DAS ist das Grundproblem (hoch lebe Keynes!) |
So kommt es via Staatsanleihen (man denke nur an die spanischen Juros, diebritischen Consols!) automatisch zu jenen unlösbaren Umverteilungseffekten, weil ein"infallibler" Schuldner wie der STAAT schließlich alle Kapitalien an sich zieht.
Dann schauen wir das bekannte Paar: Schuldner in auswegloser Lage (weil zudem noch besteuert). Und Rentner, die sich immer weiter zurücklehnen können.
Die Perfidie des aktuellen Systems, siehe dazu das Posting von nereus, weiter unten, besteht nun darin, dass niemand die"Reichen" mehr ausfindig machen kann. Jeder rechnet sich - vie LVs etc. - ein bisschen reich, was die allgemeine Stimmung immens steigert. Zum Schluss sind alle tolle Rentner und zugleich tolle Sklaven ihrer selbst!
Gruß
d.
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Standing Bear
22.01.2002, 22:44
@ El Sheik
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Re: Europa im Gefangenendilemma (@Dottore et al.) |
>Ein positiver Effekt eines Programms der Staatsentschuldung ist eine Aufwertung der heimischen Währung mit anderen daraus folgenden positiven Wirkungen für die heimische Wirtschaft.
>Nun, im Zeitalter des Euro, ist dies nicht mehr möglich. Verbessert ein einzelnes Land seine Schuldensituation, die anderen elf aber nicht, so hat dies kaum einen Effekt auf die Stabilität der Währung. Im Gegenteil: Das, was das eine Land einspart, steht den anderen als zusätzlicher Verschuldungsspielraum zur Verfügung.
>Folglich wird es keine Einzelinitiativen mehr zum Staatssparen geben. Der Euro als Schwachwährung ist vorprogrammiert.
>Der einzige Ausweg hieraus: Intraeuropäische fiskalpolitische Koordinierung, m.a.W. Aufgabe der jeweiligen nationalen Finanzhoheiten. Europäischer Fiskus, europäische Steuerpolizei, usw.
>Spieltheoretisch: Die Entscheidungssituation der 12 nationalen Budget-Verwalter gleicht einem komplexen Gefangenendilemma.. Versucht der eine, die Mittelmäßigkeit der anderen durch Budgetdisziplin"zu verraten", strafen die ihn ab durch Beibehalten ihrer Mittelmäßigkeit. Nur wenn sich alle an einen Tisch setztn, kann eine gemeinsame Lösung für jeden einzelnen zu einer besseren Zukunft führen, als ohne runden Tisch. Aber selbst nach einem gemeinsamen Beschluß, besteht für den einzelnen wieder der Anreiz, auszubüchsen und die nationale Staatsverschuldung entgegen der Abmachung zu erhöhen. Derjenige stünde dann am allerbesten da, hat also einen Anreiz so zu handeln.
>Es muß also ein starker Vertrag her, der die einzelnen Teilnehmer an der Währungsunion zu strikter Fiskaldisziplin zwingt. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Sanktionierung.
>Ist das denn mit dem Maastricht-Vertrag gegeben? Und was ist mit"tier-2"? Wo gibt es gute Grundsatzliteratur zu diesen Fragen, insbesondere den letzten beiden? Dottore?
>Besten Gruß
>El Sheik
Hallo Scheich,
einen Vertrag, der jeden Mißbrauch ausschließt, wird man nicht abschließen können. Verträg sind und bleiben unvollkommen. Das Gefangendilemma läßt sich nur mit Vertrauen, Reputation und Einsicht überwinden. Da die aber leider nicht sehe und die Vertragslösung wohl ausscheidet (wer läßt sich in seine"nationale" Politik schon gern reinreden), wird die stabile aber nicht pareto-effiziente Lösung des wechselseitigen Betrügens gewählt. Und alle tragen einen großen Wohlfahrtsverlust. VWL im echten Leben.....
Ahoi!
J.
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