Hallo
Denis fragt:"Die Amis erhöhen doch das Rüstungsbudget um 108 Mrd. Kann es dadurch nicht zu einem neuen Kontunkturaufschwung kommen?" Noch bis Mitte Jänner konnte man auch hören, daß die erstaunlich hohen Ausgaben der US-Konsumenten für langlebige Wirtschaftsgüter, insbesondere für Autos, ein Hinweis auf die sich erholende Konjunktur seien.
Wie sieht es damit bei kritischer Auseinandersetzung mit diesen Faktoren wirklich aus?
Zunächst zu den Autokäufen: Ich habe schon in einem früheren Posting vermutet, daß es sich dabei lediglich um vorgezogene Anschaffungen handelt, die bloß durch die von der Industrie verlangten niedrigen Zinsen für Teilzahlungskäufe bedingt waren (was wiederum eine Folge der Zinssenkungen des Fed war); ich sagte in diesem Zusammenhang, daß diese Autoverkäufe in den kommenden Monaten fehlen und so zu einem weiteren Rückgang des GDP im Jahr 2002 führen würden.
Diese Voraussage scheint sich zu bestätigen: Wie Xerxes berichtet, registrierte GM beispielsweise im Jänner 2002 einen um 34% (!) geringeren Absatz an Autos als im Jänner des Vorjahres (http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/104591.htm). Außerdem verschulden sich die Konsumenten mit solchen Kreditkäufen noch weiter, was letztlich zum unausweichlichen Einbruch der Konsumausgaben beitragen wird. Und die Automobilfirmen, die diese Verkäufe nur mit extremen Preisnachlässen zustande brachten, verdienten und verdienen daran nichts, was dazu beiträgt, daß die Investitionen weiter zurückgehen, jedenfalls aber nicht zunehmen werden. (Ein weiterer Grund hierfür ist natürlich die gigantische Verschuldung der Unternehmen; dottore hatte diesbezüglich neulich ein paar haasträubende Daten gepostet!)!
Insgesamt trägt dieser Faktor somit wenig bis gar nichts zum Sozialprodukt bei! Die Amerikaner, die es verlernt haben, sich mit Ã-konomie auf theoretischer Basis auseinanderzusetzen, vertrauen da allzu sehr auf die Macht des Geldes, ohne zu sehen, daß bedrucktes Papier noch kein Geld ist!
Ähnlich steht es mit der (keynesianischen) zusätzlichen Ausgabenschwemme zu Gunsten der Rüstungsindustrie.
Auch diese wird meiner Ansicht nach nur sehr geringe Auswirkungen auf die Konjunktur haben, wenn überhaupt. Dies aus vier Gründen:
Erstens: In Anbetracht eines US-Bruttoinlandsproduktes von rund 10'000 Milliarden Dollar sind die von der Bush-Administration geplanten 108 Mrd. $ Ausgaben zunächst einmal und von vornherein nicht mehr als ein Tropfen auf einen heißen Stein.
Zweitens: Wie ich aus der Tagespresse entnehme, sollen von diesen 108 Mrd. $ ein sehr großer Teil gar nicht für Anschaffungen ausgegeben werden, sondern als Lohn- bzw. Sold-Erhöhungen für das Militärpersonal. Selbst, wenn dieses Geld sofort in den Konsum fließen würde, wäre der Effekt angesichts der relativen Größenordnungen der Beträge (s.o."Erstens") recht gering. Es ist aber ohnehin zu vermuten, daß es die Empfänger dieses Geldes in einer rezessiven Konjunktur vorziehen werden, eher ihre Schulden zurückzuzahlen als das Geld für Konsumausgaben zu verwenden. Effekt für die Konjunktur daher: Null oder zumindest nahezu Null!
Drittens: Die Kapazitäten der Industrie sind derzeit nur zu 40, 50 oder 60% ausgelastet. Selbst Großaufträge in Höhe jenes Teiles der vorgesehenen Konjunkturspritze von 108 Mrd. $, der noch übrigbleibt, werden diese leerstehenden Kapazitäten kaum auf Jahre hinaus auslasten können. Das heißt aber, daß von einem derartigen Rüstungsgüter-Beschaffungs-Stoß keine oder nur sehr geringe Investitionen angeschoben werden. Ohne Investitionen aber gibt es keine zusätzliche Nachfrage nach Arbeitskräften und damit keine Erholung der Wirtschaft!
Und viertens schließlich: Wie Eckil bereits erwähnt hat, können die in Rede stehenden 108 Mrd. $ nur durch zusätzliche Verschuldung des Staates aufgebracht werden. Der Zinsendienst hierfür führt jedenfalls zu einer potenziell höheren Besteuerung des Sozialproduktes mit unweigerlich nachteiligen Folgen für die Entwicklung der Konjunktur (von der ohnehin unmöglichen Tilgung einmal ganz abgesehen). Außerdem kann man in den diesbezüglichen Beiträgen von dottore nachlesen, zu welchen sonstigen Ergebnissen eine sich unendlich erhöhende Staatsschuld führen kann und möglicherweise tatsächlich führen wird.
Fazit daher: Nein, Denis, ich bin nicht der Meinung, daß die genannten Einflüsse eine Änderung der konjunkturellen Entwicklung, so wie ich sie sehe, hervorbringen können. Ich denke - und wiederhole - daß uns im Jahr 2002 schlechte Zeiten bevorstehen. Und wie schrieb Klein-Fritzchen doch in seinem Aufsatz über das Thema "Gute Zeiten - schlechte Zeiten"?
«"Gute Zeiten": Sekt, Kaviar, Nitribit!"Schlechte Zeiten": Wasser, Kartoffel, - Mama!»
Grüße
G.
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