André
17.02.2002, 20:07 |
Wirtschaftliche Erkenntnisse an Bord Thread gesperrt |
Erkenntnisse an Bord
Einige Erkenntnisse dieses Forums - eine kleine Zusammenfassung - ohne Anspruch auf Vollständigkeit, erwachsen aus den Diskussionen der vergangenen Monate. Für die immer wiederkehrenden Fragesteller zur Orientierung. Näheres zu den einzelnen Punkten vor allem in der Realenzyklopädie von dottore sowie in den im Archiv abrufbaren Begriffen und Diskussionen.
1.Das Staatsbild: Wir - die Gemeinschaft der Bürger - zusammen sind nicht der Staat, wohl aber Teil des Staatsvolks, d.h. der Beherrschten. Die Herrschenden bemühen sich jedoch stets den Bürgern zu suggerieren, sie seinen in ihrer Gesamtheit selbst der Staat. Ziel der Suggestion ist die bessere Beeinflussbarkeit einer sich identifizierenden Menge. Denn der Staat ist in Wahrheit die „Kaste“ der Herrschenden und ihrer Diener (Bürokraten).
2. Gesamtwirtschaftlich sind Forderungen = Schulden,
darüber herrscht Einigkeit.
Die Behauptung, die"Reichen" hätten aber die Forderungstitel und die Armen die Schulden ist vollkommen falsch. Die Statistiken und die Lebenserfahrung besagen das Gegenteil.
Wahrheit ist, dass die"Reichen" überwiegend sehr wenig Forderungen besitzen, sondern Realwerte (Grund- und Boden, Immobilien) sowie Produktivwerte (Unternehmen, zumeist auch mit erheblichen Schulden). Die Masse der Forderungswerte wird von der großen Masse und ihren sie vertretenden"Institutionen" (Pensionskassen, Lebensversicherungen, etc. pp.) gehalten.
Gesamtvermögen ist Geldvermögen (=Schulden) + Sach-/Produktiv-Vermögen, zu Marktpreisen bewertet, (wobei es erhebliche Bewertungsprobleme gibt).
Ergo: Nettovermögen kann nur aus Sachwerten (insbes. Immobilien und Gold bestehen).
Volkswirtschaftlich gibt es kein Nettovermögen aus Geld, also auch kein Sparen in Geld!!!
(s. frühere Beiträge, insbes. von dottore)
3. Die Probleme der breiten Masse kommen gerade deshalb zum Tragen, weil bei einem Währungsschnitt (am Ende) alle ihre Forderungen mit Schulden verrechnet werden und deshalb ausfallen. Die"Reichen" können i.d.R. etwas retten, nämlich schuldenfreien Grundbesitz, und Unternehmen, soweit nicht total pleite und haben deshalb für die nächste Runde (die von den Politikern wiederum in altem Muster angegangen wird) die besseren Startbedingungen.
4. Der Staat, sprich die Herrschenden, haben oder hatten niemals die Absicht, Kredite zurückzuzahlen, allenfalls mit Mitteln, die sie der Bevölkerung zuvor abpressen oder von einem anderen Staat plündern. (z.B.: 1870/71)
Darüber hinaus wollen sie (die Herrschenden) eine Basis-Inflation, damit die heimlichen Steuererhöhungen greifen und der Staatsanteil = ihre (Staats) Macht wächst. (alte BuBa: unter 1,5%: kein Handlungsbedarf, EZB: unter 2%, bei den anderen Zentralbanken lag/liegt die Handlungsschwelle zumeist deutlich höher).
5. Der Zins ist Teil der ökonomischen Entwicklung. Dass alle Religionen den Zins verbieten, ist nicht wahr. Das christliche Lehre tut es nicht, verurteilt jedoch das Zinsnehmen von in Not Befindlichen (=Zins für Essen). (Sic. Beitrag von Galiani. Siehe auch Beispiel im NT von den Talenten, auf das dottore bereits hingewiesen hatte, auch wenn es sich auf eine andere Ebene bezieht).
Man könnte das Gebot heute so umsetzen, dass nicht ertragbringende Kredite zu unterbleiben hätten (z.B. Urlaubsfinanzierung). Das war auch Jahrzehntelang nach WK II bei Banken verpönt.
Sicherlich gilt, dass je höher der Zins (Zinseszins) bei einer bestimmten Kreditmenge, desto schneller das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Aber Ursache ist nicht der Zins (Zinseszins), sondern die hemmungslose Gier, etwas bereits heute haben zu wollen, was man noch nicht erarbeitet hat. Diese Gier kann sich zu einer massenpsychologischen Krankheit auswachsen (sic. Verschuldung der Privaten in USA oder Jugendlicher in Berlin), die von vielen inzwischen als ganz „normal“ angesehen wird. So pervertiert ist die Lage.
Unternehmer stehen stets vor der Finanzierungsfrage: Eigenkapital oder Fremdkapital.
Die Wahl hängt von steuerlichen Faktoren (Abzug der Fremdkapitalzinsen, nicht jedoch der kalkulatorischer Eigenkapitalzinsen), der Risikoeinschätzung (des Kapitalsuchenden sowie des Kapitalgebers) sowie von den alternativen Kosten ab.
Zwei m.E. gesunde Grundsätze lauten: 1. Alle mit Fremdkapital finanzierten Projekte sollen einen Ertrag (zumindest ersparte Ausgaben) abwerfen. 2. Wer kein Eigenkapital für ein Projekt aufbringen kann, soll auch kein Fremdkapital erwarten.
Folge: Da Staaten i.d.R. kein Eigenkapital aufbringen, dürften sie sich auch nicht verschulden!
Durch das Hinzukommen der Ã-ffentlichen Hände als Kreditnehmer wird die Kreditnachfrage und damit der Zins wesentlich erhöht. Darüber hinaus wird den Gläubigern, Sicherheit nur vorgegaukelt. In Wahrheit werden sie selbst die Zeche bezahlen.
6. Je mehr Verschuldungswillige bzw. Verschuldungssüchtige es gibt, desto höher der Zins, desto größer die Abhängigkeiten.
Folge: Statt Verschuldungswillige (=Forderungsbegehrende) sollten mehr Selbständige herangebildet werden: Ziel: Selbständiges Denken und Handeln.
Aber gerade dieses Ziel ist den Herrschenden (Staat), insbesondere den Korporatisten von Links (Sozialisten) wie Rechts (Nationalsozialisten) verhasst, denn da haben sie weniger Untertanen!!!
In keinem Lehrplan ist diese Idee verankert. Nicht nur die Lehrer sind Beamte, also berufsbedingt gegen Eigenständigkeit auch die Hochschullehrer sind Beamte.
7. Eine Goldwährung (gewichts- und reinheitsdefinierte Währung), bzw. goldverbriefte Währung verringert das Verschuldungspotential des Staates und verringert die Bereitschaft der Unternehmen, sich fremd zu finanzieren, da die Inflation bei Goldwährung historisch nachgewiesenermaßen niedriger ausfällt und damit Rückzahlungen in entwertetem Papiergeld entfallen.
Damit wird die Eigenkapitalfinanzierung gestärkt, was längerfristig volkswirtschaftlich erwünschte Folgen zeitigt.
Die Erwartung, dass durch eine Goldwährung oder 100% goldgedeckte Währung die Probleme dieser Welt gelöst werden könnten ist absurd. Die Natur des Menschen wird hierdurch nicht verändert, wohl jedoch die Rahmenbedingungen insofern verbessert, dass in einem Rechtsstaat es weniger gut möglich sein wird, sich auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern, was in einem Fiat Money System, d.h. jedem Papiergeldsystem die Herrschenden (Staat und die von ihm lebenden) sowie „Auserwählte oder Clevere“ tun.
In einer Welt der Goldwährung gibt es zwar keine „Fiat-Money-Inflationen“ aber dennoch auch Inflationsphasen z.B. infolge Teuerungen (Missernten, Krieg, Erpressungen von Außen, z.B. Ã-lpreis. Jedoch dürften diese in unserer Zeit infolge der besseren weltweiten Transportsysteme besser/schneller ausgeglichen werden. Die Amplitude des Konjunkturzyklen ist niedriger.
8. Spielgeld (Gogo-Geld, „Freigeld“ oder Monopoly-Geld) geht nur in einer kleinen Spielrunde, solange sich alle Beteiligten daran halten. Da diese Annahmen wider die menschliche Natur sind, sind diese Systeme nur in einem voll faschistoiden Staat (Kommunismus, Klerikalstaat oder Nationalsozialistischer Staat) vorübergehend durchzusetzen. In etwas mehr freiheitlichen Rechtsformen sind diese allesamt zum Scheitern verurteilt.
9. Eine repräsentative Demokratie bietet gegenüber anderen Regierungsformen vor allem den Vorteil, dass praktisch Jeder in die „Kaste“ der Herrschenden aufrücken kann, so er will, allerdings aber auch u.U. herausfallen kann.
Beim Herausfallen ist zumeist für die gut ausstaffierte Hängematte gesorgt.
10. Die Repräsentative Demokratie hat also erhebliche Macken. Mehr direkte Demokratie auf der jeweils betroffenen Ebene brächte wesentliche Vorteile.
11. Gesetze sollten grundsätzlich so gesteltet werden, dass es im Interesse der Betroffenen und Allgemeinheit liegt, die Gesetzte zu erfüllenstatt sie zu umgehen. (Heutige Realität nicht nur bei den Steuergesetzen!).
12. Es müsste ein strenges Verbot von Staatsschulden geben. Alle Gemeinschafts-Ausgaben müssten im Voraus vom Volk bewilligt werden, auf der jeweiligen Ebene, die es betrifft.
In der alten Republik Pisa gab es den guten Brauch, Politiker erst am Ende ihrer Dienstzeit zu bezahlen, je nach ihrem Verdienst um die Gemeinschaft. Der uns hier allseits Vertraute war einer der Revisoren, die das Salaire im Nachhinein festlegten, nämlich Leonardo Fibonacci.
MfG
A.
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dottore
17.02.2002, 21:43
@ André
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Re: Traumstück! Herzlichsten Dank und Gute-Nacht-Gruß! |
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Ghandi
17.02.2002, 21:58
@ André
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Re: Wirtschaftliche Erkenntnisse an Bord |
Hallo Andre´,
du schreibst:
1.Das Staatsbild: Wir - die Gemeinschaft der Bürger - zusammen sind nicht der Staat, wohl aber Teil des Staatsvolks, d.h. der Beherrschten. Die Herrschenden bemühen sich jedoch stets den Bürgern zu suggerieren, sie seinen in ihrer Gesamtheit selbst der Staat. Ziel der Suggestion ist die bessere Beeinflussbarkeit einer sich identifizierenden Menge. Denn der Staat ist in Wahrheit die „Kaste“ der Herrschenden und ihrer Diener (Bürokraten).
Bitte lasse dich im Herbst zum Bundeskanzler wählen!
Veränderungen sind IMMER möglich. Leider haben wir uns alle
angewöhnt, zu lamentieren, statt politisch zu agieren.
2. Gesamtwirtschaftlich sind Forderungen = Schulden,
darüber herrscht Einigkeit.
Die Behauptung, die"Reichen" hätten aber die Forderungstitel und die Armen die Schulden ist vollkommen falsch. Die Statistiken und die Lebenserfahrung besagen das Gegenteil.
WO lebst du, Andre? - Welche Statistiken meinst du?
Beides sehe ich anders. Dabei geht´s NICHT um die öde Neid-Debatte,
sondern um´s „the game must go on“ und das wird bei auseinandertriftenden
Vermögenspolen zunehmend schwieriger.
Gesamtvermögen ist Geldvermögen (=Schulden) + Sach-/Produktiv-Vermögen, zu Marktpreisen bewertet, (wobei es erhebliche Bewertungsprobleme gibt).
Ergo: Nettovermögen kann nur aus Sachwerten (insbes. Immobilien und Gold bestehen).
Volkswirtschaftlich gibt es kein Nettovermögen aus Geld, also auch kein Sparen in Geld!!!
Sehe ich anders. Jeder Generationenvertrag basiert auf Forderungen
der Alten an die Jungen. Warum soll das prinzipiell nicht funktionieren,
auch wenn wir jetzt wegen der bekannten Kreditblase ein Problem
haben?
3. Die Probleme der breiten Masse kommen gerade deshalb zum Tragen, weil bei einem Währungsschnitt (am Ende) alle ihre Forderungen mit Schulden verrechnet werden und deshalb ausfallen. Die"Reichen" können i.d.R. etwas retten, nämlich schuldenfreien Grundbesitz, und Unternehmen, soweit nicht total pleite und haben deshalb für die nächste Runde (die von den Politikern wiederum in altem Muster angegangen wird) die besseren Startbedingungen.
Yep.
4. Der Staat, sprich die Herrschenden, haben oder hatten niemals die Absicht, Kredite zurückzuzahlen, allenfalls mit Mitteln, die sie der Bevölkerung zuvor abpressen oder von einem anderen Staat plündern.
Klingt nach Verschwörungstheorien.
Zweifelst du ernsthaft daran, dass unser Herr Eichel zumindest
fest entschlossen ist, Schulden abzubauen?
Ob´s ihm gelingt bezweifle ich auch. Aber
man sollte diese Leute nicht nur verteufeln.
5. Der Zins ist Teil der ökonomischen Entwicklung. Dass alle Religionen den Zins verbieten, ist nicht wahr. Das christliche Lehre tut es nicht, verurteilt jedoch das Zinsnehmen von in Not Befindlichen (=Zins für Essen). (Sic. Beitrag von Galiani. Siehe auch Beispiel im NT von den Talenten, auf das dottore bereits hingewiesen hatte, auch wenn es sich auf eine andere Ebene bezieht).
Sicherlich gilt, dass je höher der Zins (Zinseszins) bei einer bestimmten Kreditmenge, desto schneller das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Aber Ursache ist nicht der Zins (Zinseszins), sondern die hemmungslose Gier, etwas bereits heute haben zu wollen, was man noch nicht erarbeitet hat. Diese Gier kann sich zu einer massenpsychologischen Krankheit auswachsen
Vollkommen richtig. Und dennoch wird von dottore
seltsamerweise leider noch nicht gesehen, dass Debitismus
und die dynamischen Kräfte des Zinses eine untrennbare
Einheit bilden.
Da Staaten i.d.R. kein Eigenkapital aufbringen, dürften sie sich auch nicht verschulden!
JA. Und das MUSS in die Verfassung eingebunden werden.
6. Je mehr Verschuldungswillige bzw. Verschuldungssüchtige es gibt, desto höher der Zins, desto größer die Abhängigkeiten.
Folge: Statt Verschuldungswillige (=Forderungsbegehrende) sollten mehr Selbständige herangebildet werden: Ziel: Selbständiges Denken und Handeln.
Yep
7. Eine Goldwährung (gewichts- und reinheitsdefinierte Währung), bzw. goldverbriefte Währung verringert das Verschuldungspotential des Staates und verringert die Bereitschaft der Unternehmen, sich fremd zu finanzieren, da die Inflation bei Goldwährung historisch nachgewiesenermaßen niedriger ausfällt und damit Rückzahlungen in entwertetem Papiergeld entfallen.
Mag sein. Ob´s dazu eine Goldwährung braucht,
wage ich zu bezweifeln.
8. Spielgeld (Gogo-Geld, „Freigeld“ oder Monopoly-Geld) geht nur in einer kleinen Spielrunde, solange sich alle Beteiligten daran halten. Da diese Annahmen wider die menschliche Natur sind, sind diese Systeme nur in einem voll faschistoiden Staat (Kommunismus, Klerikalstaat oder Nationalsozialistischer Staat) vorübergehend durchzusetzen. In etwas mehr freiheitlichen Rechtsformen sind diese allesamt zum Scheitern verurteilt.
Yep
9. Eine repräsentative Demokratie bietet gegenüber anderen Regierungsformen vor allem den Vorteil, dass praktisch Jeder in die „Kaste“ der Herrschenden aufrücken kann, so er will, allerdings aber auch u.U. herausfallen kann.
s. Punkt 1
10. Die Repräsentative Demokratie hat also erhebliche Macken. Mehr direkte Demokratie auf der jeweils betroffenen Ebene brächte wesentliche Vorteile.
Sehr gut. - Reduziere den Staat und verlagere die Aufgaben
zurück zu den lokalen Gemeinschaften. Das wird viel effizienter,
weil unmittelbares Eigeninteresse erzeugt wird.
11. Gesetze sollten grundsätzlich so gesteltet werden, dass es im Interesse der Betroffenen und Allgemeinheit liegt, die Gesetzte zu erfüllenstatt sie zu umgehen. (Heutige Realität nicht nur bei den Steuergesetzen!).
Würde ich unter Reduzierung des Staatsanteils setzen.
12. Es müsste ein strenges Verbot von Staatsschulden geben. Alle Gemeinschafts-Ausgaben müssten im Voraus vom Volk bewilligt werden, auf der jeweiligen Ebene, die es betrifft.
Ja. Und nochmals:
IN DIE VERFASSUNG MUSS ES! - weil die Politiker die sogenannte
„Fessel“ Goldstandard erfahrungsgemäß mit einem Federstrich immer
dann beseitigten, wenn´s ernst wurde.
Danke und Grüsse
G.
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Caspar
18.02.2002, 00:32
@ Ghandi
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Schöne Zusammanfassung |
Hallo André,
gelungener Versuch einer Zusammenfassung der hier immer wiederkehrenden Fragen. Das was man weiss auch mal zusammen zu schnüren ist eine wichtige Übung. Dafür vielen Dank.
Gut finde ich auch z.B. den Hinweis, dass ein Goldstandard nicht"alle Probleme der Welt" löst. Sonst könnte noch jemand denken, hier seien Fanatiker versammelt. Er ist eben nur die Schuldenbremse für die Gewaltmonopolisten (heute der Staat).
Ich würde nur noch hinzufügen: Es gibt keinen Grund, sowas wie"Geld" überhaupt staatlich zu regeln. Andersrum schon eher: es gibt jede Menge Gründe, den Staat nicht das Geld bereitstellen zu lassen. Private Banken -- in Konkurrenz um das Vertrauen der Bürger und Geschäftsleute untereinander -- können das gut machen. Die Geschichte belegt's.
Gruss,
-caspar
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Galiani
18.02.2002, 01:43
@ André
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Großartige Zusammenfassung! Bravo und Gruß! Gute N8 (owT) |
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riwe
18.02.2002, 07:48
@ André
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Re: Wirtschaftliche Erkenntnisse an Bord |
Bis auf eine Kleinigkeit bin ich mit Deinen Ausführungen vollkommen einverstanden.
Du schreibst:
*Aber gerade dieses Ziel ist den Herrschenden (Staat), insbesondere den Korporatisten von Links (Sozialisten) wie Rechts (Nationalsozialisten) verhasst, denn da haben sie weniger Untertanen!!!*
Aus der Sicht des Präsidiums stellte man sich vor, dass die Freiheit rechts und die Gleichheit links sitzen sollte. Zusammengehalten vom Band der Brüderlichkeit. Naja!
National s o z i a l i s t e n sassen also ursprünglich links, wurden jedoch wegen der Handgreiflichkeiten mit den Kommunisten nach rechts verfrachtet. Dieser Platz ist heute leider verwaist.
Ansonsten noch einmal herzlichen Dank für die gekonnte Zusammenfassung.
Gruss
riwe
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dottore
18.02.2002, 09:24
@ Ghandi
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Re: Wirtschaftliche Erkenntnisse an Bord |
> Vollkommen richtig. Und dennoch wird von dottore
>seltsamerweise leider noch nicht gesehen, dass Debitismus
>und die dynamischen Kräfte des Zinses eine untrennbare
>Einheit bilden.
Vielleicht darf ich, da angesprochen, auf das schöne Buch"Der Kapitalismus" hinweisen, das schon 1987 erschienen ist und ganz genau dieses darstellt.
Die darin enthaltene Debitismus-Theorie wurde in einer Dissertation der HSG St. Gallen auf Herz und Nieren geprüft und als"nicht widerlegbar" apostrophiert (Koreferenten übrigens die Proff. Fredmund Malik und Hans Binswanger). Eine Nicht-Widerlegung muss nichts heißen, aber nach dem Popper-Kriterium ist davon auszugehen, dass sie damit zunächst einmal zu gelten hat.
Kapitalismus (= grosso modo heutiges"westliches" Wirtschaftssystem) ist ein vom Schuldendruck, was immer Zinserstellungsdruck bedeutet, vorangetriebenes System. Ohne Eigentum keine Verschuldungsmöglichkeit, kein Zins, kein Zwang diesen Zins zu erwirtschaften, wobei"monetär" zunächst die jeweils vorhandene Nachfrage nicht ausreicht um die Faktorkosten plus den zu ihrer Finanzierung später aufzubringenden Zins wieder einzuspielen, woraus sich automatisch Zwang zu immer weiterer, zusätzlicher Verschuldung ergibt und ergo zu immer weiterer marktfähiger und vermarkteten Produktion, um diesen Zins wiederum realwirtschaftlich (!) darzustellen. Daher die im Kapitalismus - im Gegensatz zu allen anderen Wirtschafts-"Systemen" (damals gab's noch den real existierenden Sozialismus) zu beobachtende Warenfülle, die sich nur einstellt, wenn Waren angeboten werden, um mit deren Erlös dem Schuld- und Zisndruck zu entkommen.
Das System ist ziemlich belastbar, schmiert aber ab, sobald der Erfüllungsdruck wegfällt, was durch staatliche Interventionen aller Art immer wieder versucht wird (Subventionen bis"Konjunkturprogramme", finanziert durch nicht mit Erfüllungsdruck verbundene Kredite). Der Staat versucht also, den Druck"hinten" wegzuzaubern und übersieht dabei, dass er"vorne" entstanden ist. Je geringer der Druck, desto geringer der Zwang zur realwirtschaftlichen Leistung und vor allem ihrer Vermarktung (= Akzeptanz durch den Letzverbraucher), bei der sich der Schuldner die berühmtem"Schuldendeckungsmittel", genannt"Geld" (das wiederum nur auf Grundlage bereits existierender Schuldtitel in die Welt kommen kann) besorgen muss - oder eben untergeht.
Das System wird, sich selbst überlassen, von ganz allein vorangetrieben und führt zu dem, was wir Wirtschaftswachstum nennen. Dieses Wachstum kann man selbstverständlich kritisieren (Ressourcenproblem), aber da sich Ressourcenknappheiten über den Preis zu erkennen geben, ist auch dort ein gut funktionierender Regulator eingebaut. Werden Ressourcen knapper, also teurer, beginnt über kurz oder lang ein Switch zu anderen Ressourcen (alternative Energien als Beispiel). Letztlich ist die Ressourcennutzung immer eine Funktion der Bevölkerungsvermehrung und dass auf einem endlichen Raum wie der Erde nicht eine exponenziell wachsende Bevölkerung (Verzehnfachung in 150 Jahren!) darstellbar ist, versteht sich von selbst.
Zins-"Dynamik" und Debitismus (= Kapitalismus) sind ein und derselbe Schuh. Aus welchem Grund zinsbewehrte Kontrakte eingegangen werden ist egal. Die Auflösung muss letztlich immer über durch neue Leistungserbringung erfolgen, die ihrerseits wiederum vorfinanziert werden muss, so dass sich ein Kettenbriefsystem ergibt, sowohl auf der monetären als auch auf der güterwirtschaftlichen (!) Seite.
Das eine getrennt vom anderen zu betrachten, ist falsch, da sich beides zwangsläufig einander bedingt. Wer die Güterwelt beklagt oder deren Phänomene blendet das Monetäre aus (Schuld plus Zins). Und wer das Monetäre beklagt, blendet die güterwirtschaftliche Seite aus, u.a., dass Zinsdruck automatisch zu Mehrprodukt führt.
In dem Buch (465 S.) ist alles in extensis abgehandelt: Wirtschaften nicht aus Tausch, sondern aus Erfüllungsdruck heraus, die Kapitalismuskritik von Marx und Rosa Luxemburg, Keynes und Neo-Klassik, Geld & Gier, Schuldentstehungsgründe, Zinskritik (Mohammed, Moses, Lykurg), Überschuldungskrisen, Klassenkämpfe, der Blow-off an den Aktienmärkten, der J-Kurven-Effekt, Börsen-Crashs, Staatsbankrotte, die deflationäre Spirale, Gold und mögliche Goldaufwertung, siehe dazu auch den Auszug im Buch von R.Deutsch.
Aus dem Epilog:
"Die Vorstellung Tauschwirtschaft plus Dynamo = Kapitalismus ist falsch. Das Problem der Menschen ist nicht der Mangel, der durch Produktion ("dynamische Unternehmer") mit anschließendem Tausch (="freie Marktwirtschaft") irgendwie behoben wird.
Das Problem der Menschen ist überhaupt nicht der Mangel. Sondern die Tatsache, dass der Mangel durch Zeitablauf immer größer wird.
Die Aufgabe der Wirtschaft kann niemals darin liegen, den Mangel zu"beseitigen". Alle sind niemals satt. Alle Wünsche können nie erfüllt werden. Immer ist irgendwo jemand hungrig, friert, hat kein Zuhause.
Die Aufgabe der Wirtschaft kann immer nur sein, den Mangel für eine möglichst große Zahl von Menschen möglichst erträglich zu halten. Diese Aufgabe zu bewältigen, heißt Kapitalismus. Nur der Kapitalist kann das Zeit- und Schuld-Problem bewältigen. Nur er kann sich der Schuld stellen, weil er verschuldungsfähiges Kapital hat und weil er bereit ist, es unter Risiko einzusetzen. Die Bewältigung von Schuld und die Minimierung von Mangel: das ist es, was der freie Unternehmer leistet. Dieser Kapitalismus funktioniert am besten, wenn alle Produktion privat und jeder Markt vollständig frei ist."
Gruß
d.
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