Popeye
20.02.2002, 19:13 |
Debitismus: Ich versteh's nicht!Thread gesperrt |
Noch einmal die Kernthese des"Debitismus" (Posting vom 22.08.00"Kurzantwort" von"dottore", Posting # 10650):
‚Kernthese: Da die vorhandene Nachfrage (=Faktoreinkommen) nie ausreichen kann, um die in der Zeit, die vergeht zwischen Entstehung der Faktoreinkommen und ihrem Erscheinen am Markt als Nachfrage (=Vorstellung der herkömmlichen Nationalökonomie, und völlig falsch!), das Angebot vom Markt zu nehmen (Zeit kostet Zins = Geld), muss in der Höhe der permanent fehlenden Nachfrage immer eine zusätzliche Verschuldung stattfinden - oder die zeitlich vorangegangenen Schuldner gehen unter.'
Anders formuliert: Das jeweilige Faktoreinkommen [also alles was der Unternehmer bis zur Fertigstellung der Produktion bezahlt hat und somit (Faktor-)Einkommen geworden ist] reicht nicht aus das"Angebot vom Markt zu nehmen". Und zwar reicht es nicht aus, um die Zeit zu überbrücken, die zwischen Entstehung (Zahlung?) des Einkommens einerseits und dem Ausgeben des Einkommens (also"dem Erscheinen am Markt als Nachfrage") andererseits vergeht. Diese"permanent fehlende Nachfrage" zwischen Einnahme(zeitpunkt) und Ausgabe(zeitpunkt) muss durch"zusätzliche Verschuldung" gedeckt werden.
Ich hoffe ich habe das richtig verstanden! Und bevor ich kommentiere, möchte ich um Nachsicht bitten, dass ich mich nicht durch alle Postings der vergangenen zwei Jahre zu diesem Thema durchgewühlt habe. Faulheit entschuldigt Unkenntnis.
Aber schließlich handelt es sich hier um eine Kernthese, die ich ernst nehme.
Folgende Fragestellungen tauchen bei mir auf:
1. Unterstellt man eine stationäre (also nicht wachsende oder schrumpfende) Volkswirtschaft, kann es sich bei der Finanzierung der vermeintlichen zeitlichen Nachfragelücke nur um einen einmaligen Vorgang handeln, d.h. eine einmalige aber dauerhafte Verschuldung zur Deckung der erstmaligen Nachfragelücke. Denn am Ende der betrachteten Periode müsste sich ja ein Resteinkommen bleiben, (wenn man nicht unterstellt, dass die Einkommensbezieher ständig über ihre Verhältnisse leben). Dieses Resteinkommen macht eine Verschuldung in der nächsten Periode unnötig. Die dauerhafte einmalige Verschuldung würde allerdings durch Zinseszins permanent wachsen.
2. Ist es überhaupt realistisch anzunehmen, dass eine zeitliche Nachfragelücke entsteht? Betrachten wir ein Unternehmen in Gründung. Zunächst wird Anlagevermögen gekauft (und bezahlt), also Gebäude, Maschinen, Rohstoffe etc. also (Faktor-) Einkommen für andere Unternehmen bereitgestellt. Dann werden Arbeitnehmer eingestellt und ob produziert wird oder nicht, solange diese (Produktionsfaktoren) bezahlt werden entsteht Faktoreinkommen. Bevor unser Unternehmer also das erste Produkt in seine Lagerhalle fährt, hat er erhebliches (Faktor-) Einkommen geschaffen. (Durchschnittliche Investitionen/Arbeitsplatz BRD ca. TEUR 140). Eine zeitliche Nachfragelücke kann in dieser Phase jedenfalls nicht entstehen. Im Gegenteil. Es ist kein Angebot auf dem Markt, aber Nachfrage. Ein Verschuldung zur Finanzierung der vermeintlichen zeitlichen Nachfragelücke ist jedenfalls nicht notwendig.
3. Betrachenden wir nun den laufenden Produktions- und Absatzprozess dieses Unternehmens. Täglich wird produziert, gekauft, verkauft, gezahlt und bezahlt. Kontinuierlich fließen die Produkte auf den Markt (das mag für ein einzelnes Produkt Monate dauern) aber ebenso kontinuierlich werden Faktoreinkommen bezahlt. Unterstellt man nicht den (für mich unrealistischen) Fall, dass unser Unternehmen nur verkauft, aber seine Rechnungen (und Löhne) nicht bezahlt, kann eine zeitliche Nachfragelücke nicht entstehen.
4. Wenden wir uns nun den Faktoreinkommen am Beispiel eine Arbeitnehmers zu. Könnte die zeitliche Nachfragelücke vielleicht entstehen, weil es nicht vollständig ausgegeben wird sondern zum Teil gespart wird und erst später wieder wirksame Nachfrage wird? Liegt hier des Pudels Kern? Ist der Debitismus eine besondere Spielart der Unterkonsum-Theorien? Schauen wir genauer hin. Ein Einzelner kann Teile seines Einkommens sparen. Das ist sicher unstrittig und (nicht so unstrittig) klug. Wird er trotzdem Kredit aufnehmen um sein volles Einkommen oder mehr verbraten um"das Angebot vom Markt zu nehmen". Klingt nicht sehr plausibel. Aber die Tatsache scheint zu stehen, wenn der Arbeitnehmer spart (Konsumverzicht) bleibt ein Teil der Produktion unseres Unternehmens unverkauft. (Ich höre die Freigeld-Theoretiker schon vor Begeisterung klatschen.) Aber die Sache hat einen Haken. So sinnvoll der Konsumverzicht (Sparen) für den Einzelnen sein mag, diesem Sparvorgang steht immer eine gleich hohe Verschuldung eines Anderen gegenüber. So paradox es klingen mag: Eine Volkswirtschaft kann nicht sparen. (Wer sich mit diesem Paradox näher befassen will: siehe mein Posting (#107675)"Sonntagslektüre" oder: http://www.flassbeck.de/gesamtwi.pdf). Wenn diese These stimmt, dass eine Volkswirtschaft nicht sparen kann, dann kann die zeitliche Nachfragelücke in toto auch nicht durch das Sparen verursacht sein.
Noch eins zum Abschluss. Ich bin ein empfindsamer Langsamdenker. Ich suche keinen Streit, sondern Erkenntnisse.
Popeye
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JüKü
20.02.2002, 19:34
@ Popeye
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Re: Debitismus: Ich versteh's nicht! / SEHR KLUGE FRAGEN!..... |
Die Freigeldler jubeln bestimmt und haben die Lösung schon parat ;-)
Ich hoffe, dass dottore es ausführlich erklärt, obwohl ich Teile spontan auch beantworten könnte, aber nicht 100 %. Hinzu kommt, dass ich im Moment keine Zeit habe, frühestens am späten Abend.
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Holmes
20.02.2002, 20:27
@ Popeye
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Re: Debitismus: Ich versteh's nicht! |
>4. Wenden wir uns nun den Faktoreinkommen am Beispiel eine Arbeitnehmers zu. Könnte die zeitliche Nachfragelücke vielleicht entstehen, weil es nicht vollständig ausgegeben wird sondern zum Teil gespart wird und erst später wieder wirksame Nachfrage wird? Liegt hier des Pudels Kern? Ist der Debitismus eine besondere Spielart der Unterkonsum-Theorien? Schauen wir genauer hin. Ein Einzelner kann Teile seines Einkommens sparen. Das ist sicher unstrittig und (nicht so unstrittig) klug. Wird er trotzdem Kredit aufnehmen um sein volles Einkommen oder mehr verbraten um"das Angebot vom Markt zu nehmen". Klingt nicht sehr plausibel. Aber die Tatsache scheint zu stehen, wenn der Arbeitnehmer spart (Konsumverzicht) bleibt ein Teil der Produktion unseres Unternehmens unverkauft. (Ich höre die Freigeld-Theoretiker schon vor Begeisterung klatschen.) Aber die Sache hat einen Haken. So sinnvoll der Konsumverzicht (Sparen) für den Einzelnen sein mag, diesem Sparvorgang steht immer eine gleich hohe Verschuldung eines Anderen gegenüber. So paradox es klingen mag: Eine Volkswirtschaft kann nicht sparen. (Wer sich mit diesem Paradox näher befassen will: siehe mein Posting (#107675)"Sonntagslektüre" oder: http://www.flassbeck.de/gesamtwi.pdf). Wenn diese These stimmt, dass eine Volkswirtschaft nicht sparen kann, dann kann die zeitliche Nachfragelücke in toto auch nicht durch das Sparen verursacht sein.
>Noch eins zum Abschluss. Ich bin ein empfindsamer Langsamdenker. Ich suche keinen Streit, sondern Erkenntnisse.
>Popeye
Hi,
ich denke es mir so:
*Sparen ist die Voraussetzung für Kapitalakkumulation und macht sinnvolle (!)Investitionen erst möglich. Aus dem Stand (wenn niemand spart, kann ich auch keinen Kredit nehmen-von wem denn?) kann man vielleicht Videotheken etc. aufmachen, aber keine Fabriken.
*Sparen einzelner senkt den Zins und macht dadurch mehr Investitionen rentabel.
*Wenn ich freiwillig spare, dann setze ich durch Unter-Konsumption Arbeitskräfte frei, die sonst dauend meinen Wünschen nachkommen müssten, wenn ich alles auf den Kopf hauen würde. Das klingt aktuell sehr zynisch, aber wenn alle eifrigst mit der Produktion bereits existierender Konsumgüter ausgelastet wären (weil alle ständig alles verkonsumieren, was sie haben), dann gäbe es keine verfügbaren Arbeitskräfte, um Neues anzufangen.
*Wenn ich erzwungenermassen spare, weil ich einen Kredit abzahle, dann geht mein Anteil an Waren, der eigentlich mir zustehen würde, an meinen Gläubiger: Ich verzichte, und er kann konsumieren.
Das ist nicht ungerecht, denn ich konnte ja durch Aufnahme des Kredits konsumieren, und mein Gläubiger musste verzichten.
* Die Gesellschaft kann in toto nicht sparen-sie kann aber ihr Realkapital mehren.
Sie kann vor allen Dingen das Spektrum des Realkapitals zwischen den Polen"sehr sinnvoll" und"völlig überflüssig" oder sogar"schädlich" hin und herschieben.
*Die nicht verifizierbaren Meinungen darüber, wie man mehr Realkapital auf die sinnvolle Seite bekommt, ist Politik.
Die Konservativen wollen es locken, die Linken wollen es dorthin knüppeln, und die Liberalen sagen, es geht von selbst dorthin, wenn Linke und Rechte es endlich in Ruhe lassen.
Viele Grüsse
Holmes
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Popeye
20.02.2002, 21:24
@ Holmes
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Re: Debitismus: Ich versteh's nicht! |
>>4. Wenden wir uns nun den Faktoreinkommen am Beispiel eine Arbeitnehmers zu. Könnte die zeitliche Nachfragelücke vielleicht entstehen, weil es nicht vollständig ausgegeben wird sondern zum Teil gespart wird und erst später wieder wirksame Nachfrage wird? Liegt hier des Pudels Kern? Ist der Debitismus eine besondere Spielart der Unterkonsum-Theorien? Schauen wir genauer hin. Ein Einzelner kann Teile seines Einkommens sparen. Das ist sicher unstrittig und (nicht so unstrittig) klug. Wird er trotzdem Kredit aufnehmen um sein volles Einkommen oder mehr verbraten um"das Angebot vom Markt zu nehmen". Klingt nicht sehr plausibel. Aber die Tatsache scheint zu stehen, wenn der Arbeitnehmer spart (Konsumverzicht) bleibt ein Teil der Produktion unseres Unternehmens unverkauft. (Ich höre die Freigeld-Theoretiker schon vor Begeisterung klatschen.) Aber die Sache hat einen Haken. So sinnvoll der Konsumverzicht (Sparen) für den Einzelnen sein mag, diesem Sparvorgang steht immer eine gleich hohe Verschuldung eines Anderen gegenüber. So paradox es klingen mag: Eine Volkswirtschaft kann nicht sparen. (Wer sich mit diesem Paradox näher befassen will: siehe mein Posting (#107675)"Sonntagslektüre" oder: http://www.flassbeck.de/gesamtwi.pdf). Wenn diese These stimmt, dass eine Volkswirtschaft nicht sparen kann, dann kann die zeitliche Nachfragelücke in toto auch nicht durch das Sparen verursacht sein.
>>Noch eins zum Abschluss. Ich bin ein empfindsamer Langsamdenker. Ich suche keinen Streit, sondern Erkenntnisse.
>>Popeye
>
>Hi,
>ich denke es mir so:
>*Sparen ist die Voraussetzung für Kapitalakkumulation und macht sinnvolle (!)Investitionen erst möglich. Aus dem Stand (wenn niemand spart, kann ich auch keinen Kredit nehmen-von wem denn?) kann man vielleicht Videotheken etc. aufmachen, aber keine Fabriken.
-EINVERSTANDEN das ist"STAND DER TECHNIK"
>*Sparen einzelner senkt den Zins und macht dadurch mehr Investitionen rentabel.
-NICHT EINVERSTANDEN. Sparen in diesem Beispiel ist ein einzelwirtschaftliches Phänomen. Der Zins ein gesamtwirtschaftliches und hat meines Wissens nur am Rande was mit sparen zu tun.
>*Wenn ich freiwillig spare, dann setze ich durch Unter-Konsumption Arbeitskräfte frei, die sonst dauend meinen Wünschen nachkommen müssten, wenn ich alles auf den Kopf hauen würde. Das klingt aktuell sehr zynisch, aber wenn alle eifrigst mit der Produktion bereits existierender Konsumgüter ausgelastet wären (weil alle ständig alles verkonsumieren, was sie haben), dann gäbe es keine verfügbaren Arbeitskräfte, um Neues anzufangen.
NICHT EINVERSTANDEN, weil Deiner freiwilligen Ersparnis die Verschuldung eines Anderen gegenübersteht.
>*Wenn ich erzwungenermassen spare, weil ich einen Kredit abzahle, dann geht mein Anteil an Waren, der eigentlich mir zustehen würde, an meinen Gläubiger: Ich verzichte, und er kann konsumieren.
>Das ist nicht ungerecht, denn ich konnte ja durch Aufnahme des Kredits konsumieren, und mein Gläubiger musste verzichten.
EINVERSTANDEN
>* Die Gesellschaft kann in toto nicht sparen-sie kann aber ihr Realkapital mehren.
>Sie kann vor allen Dingen das Spektrum des Realkapitals zwischen den Polen"sehr sinnvoll" und"völlig überflüssig" oder sogar"schädlich" hin und herschieben.
DAS VERSTEH ICH NICHT!
>*Die nicht verifizierbaren Meinungen darüber, wie man mehr Realkapital auf die sinnvolle Seite bekommt, ist Politik.
>Die Konservativen wollen es locken, die Linken wollen es dorthin knüppeln, und die Liberalen sagen, es geht von selbst dorthin, wenn Linke und Rechte es endlich in Ruhe lassen.
Der letzte Satz ist schön formuliert. Aber was ist in diesem Zusammenhang Realkapital?
>Viele Grüsse
>Holmes
Vielen Dank, Holmes, aber die entsehende Nachfragelücke im Debitismus versteh' ich trotz Deiner Mühe mit mir immer noch nicht!
Herzlich
Popeye
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Galiani
20.02.2002, 22:27
@ Popeye
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Hallo Popeye: Habe mir dieselben Fragen gestellt, schließlich aber aufgegeben! (owT) |
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Zardoz
20.02.2002, 22:27
@ Popeye
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Ich habe es so verstanden, daß... |
... der Unternehmer sich verschuldet für den Aufbau eines Unternehmens. Nach Auszahlung von Lieferanten und Arbeitern hat er Produkte statt des Geldes. Aus dem Verkauf der Produkte kann er seine Schulden zurückzahlen - allerdings fehlen noch Gewinn und Zinsen! Die können nur aus weiterer Verschuldung geleistet werden.
Nice night,
Zardoz
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Ecki1
20.02.2002, 22:46
@ Zardoz
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Re: Konvergenz |
[i]... der Unternehmer sich verschuldet für den Aufbau eines Unternehmens. Nach Auszahlung von Lieferanten und Arbeitern hat er Produkte statt des Geldes. Aus dem Verkauf der Produkte kann er seine Schulden zurückzahlen - allerdings fehlen noch Gewinn und Zinsen! Die können nur aus weiterer Verschuldung geleistet werden.[i]
Ja, wobei Gewinn und Zinsen viel niedriger sind als die Anfangsverschuldung des Unternehmers (z.B. 15 % der Anfangsverschuldung). Die erforderliche Neuverschuldung führt auch wieder zu Zinsen, die nochmals niedriger sind (z.B. 5 % der 15 %, also 2.25 % der Anfangsverschuldung). Über die Zeit hinweg lässt sich eine Reihe mit endlicher Summe entwickeln. Die erforderliche Neuverschuldung (bei ständiger Tilgung, Produktion und Leistung), die sich aus dieser einen Anfangsverschuldung ergibt, konvergiert gegen Null.
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JÜKÜ
20.02.2002, 23:04
@ Popeye
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Re: Debitismus: Ich versteh's nicht! / Kleiner Versuch |
‚Kernthese: Da die vorhandene Nachfrage (=Faktoreinkommen) nie ausreichen kann, um die in der Zeit, die vergeht zwischen Entstehung der Faktoreinkommen und ihrem Erscheinen am Markt als Nachfrage (=Vorstellung der herkömmlichen Nationalökonomie, und völlig falsch!), das Angebot vom Markt zu nehmen (Zeit kostet Zins = Geld), muss in der Höhe der permanent fehlenden Nachfrage immer eine zusätzliche Verschuldung stattfinden - oder die zeitlich vorangegangenen Schuldner gehen unter.'
ziemlich richtig. „Fehlende Nachfrage“ ersetzen durch „fehlendes Geld“.
Anders formuliert: Das jeweilige Faktoreinkommen [also alles was der Unternehmer bis zur Fertigstellung der Produktion bezahlt hat und somit (Faktor-)Einkommen geworden ist] reicht nicht aus das"Angebot vom Markt zu nehmen". Und zwar reicht es nicht aus, um die Zeit zu überbrücken, die zwischen Entstehung (Zahlung?) des Einkommens einerseits und dem Ausgeben des Einkommens (also"dem Erscheinen am Markt als Nachfrage") andererseits vergeht. Diese"permanent fehlende Nachfrage" zwischen Einnahme(zeitpunkt) und Ausgabe(zeitpunkt) muss durch"zusätzliche Verschuldung" gedeckt werden.
Zardoz hat es richtig formuliert „... der Unternehmer sich verschuldet für den Aufbau eines Unternehmens. Nach Auszahlung von Lieferanten und Arbeitern hat er Produkte statt des Geldes. Aus dem Verkauf der Produkte kann er seine Schulden zurückzahlen - allerdings fehlen noch Gewinn und Zinsen! Die können nur aus weiterer Verschuldung geleistet werden.“
Hinzufügen kann man: Die Tilgung und Zinsen MUSS er zahlen, sonst Konkurs; auf den Gewinn kann er (eine Weile lang) verzichten. Leben können muss er aber schon.
Auch bedenken (s. Ecki´s Posting): Der Unternehmer kauft nicht nur Rohstoffe, die sofort in die Produkte eingehen, sondern auch Maschinen etc., die über einen längeren Zeitraum verschuldet sind und abgeschrieben werden. Die Schulden für die Maschinen kommen natürlich nicht mit der ersten Produktion wieder rein.
Folgende Fragestellungen tauchen bei mir auf:
1. Unterstellt man eine stationäre (also nicht wachsende oder schrumpfende) Volkswirtschaft, kann es sich bei der Finanzierung der vermeintlichen zeitlichen Nachfragelücke
Nein, keine zeitliche Lücke, sondern der Höhe nach fehlt Geld. Wahrscheinlich ergeben ich dadurch weitere Missverständnisse.
nur um einen einmaligen Vorgang handeln, d.h. eine einmalige aber dauerhafte Verschuldung zur Deckung der erstmaligen Nachfragelücke.
Hier kann ich nicht folgen.
Denn am Ende der betrachteten Periode müsste sich ja ein Resteinkommen bleiben, (wenn man nicht unterstellt, dass die Einkommensbezieher ständig über ihre Verhältnisse leben). Dieses Resteinkommen macht eine Verschuldung in der nächsten Periode unnötig.
Nochmal an die Maschinen denken, die über viele Perioden erst amortisiert werden.
Die dauerhafte einmalige Verschuldung würde allerdings durch Zinseszins permanent wachsen.
???
2. Ist es überhaupt realistisch anzunehmen, dass eine zeitliche Nachfragelücke entsteht?
Wie gesagt, der Höhe nach, wegen Zinsen (und Gewinnanteil).
Betrachten wir ein Unternehmen in Gründung. Zunächst wird Anlagevermögen gekauft (und bezahlt), also Gebäude, Maschinen, Rohstoffe etc. also (Faktor-) Einkommen für andere Unternehmen bereitgestellt. Dann werden Arbeitnehmer eingestellt und ob produziert wird oder nicht, solange diese (Produktionsfaktoren) bezahlt werden entsteht Faktoreinkommen. Bevor unser Unternehmer also das erste Produkt in seine Lagerhalle fährt, hat er erhebliches (Faktor-) Einkommen geschaffen.
Und zwar mit Geld, dass er sich [/u]geliehen[/u] hat! Das muss er (mit Zinsen) zurück zahlen.
(Durchschnittliche Investitionen/Arbeitsplatz BRD ca. TEUR 140). Eine zeitliche Nachfragelücke kann in dieser Phase jedenfalls nicht entstehen. Im Gegenteil. Es ist kein Angebot auf dem Markt, aber Nachfrage. Ein Verschuldung zur Finanzierung der vermeintlichen zeitlichen Nachfragelücke ist jedenfalls nicht notwendig.
Kann nicht folgen.
3. Betrachten wir nun den laufenden Produktions- und Absatzprozess dieses Unternehmens. Täglich wird produziert, gekauft, verkauft, gezahlt und bezahlt. Kontinuierlich fließen die Produkte auf den Markt (das mag für ein einzelnes Produkt Monate dauern) aber ebenso kontinuierlich werden Faktoreinkommen bezahlt. Unterstellt man nicht den (für mich unrealistischen) Fall, dass unser Unternehmen nur verkauft, aber seine Rechnungen (und Löhne) nicht bezahlt, kann eine zeitliche Nachfragelücke nicht entstehen.
???
4. Wenden wir uns nun den Faktoreinkommen am Beispiel eine Arbeitnehmers zu. Könnte die zeitliche Nachfragelücke vielleicht entstehen, weil es nicht vollständig ausgegeben wird sondern zum Teil gespart wird und erst später wieder wirksame Nachfrage wird? Liegt hier des Pudels Kern? Ist der Debitismus eine besondere Spielart der Unterkonsum-Theorien? Schauen wir genauer hin. Ein Einzelner kann Teile seines Einkommens sparen. Das ist sicher unstrittig und (nicht so unstrittig) klug. Wird er trotzdem Kredit aufnehmen um sein volles Einkommen oder mehr verbraten um"das Angebot vom Markt zu nehmen". Klingt nicht sehr plausibel. Aber die Tatsache scheint zu stehen, wenn der Arbeitnehmer spart (Konsumverzicht) bleibt ein Teil der Produktion unseres Unternehmens unverkauft. (Ich höre die Freigeld-Theoretiker schon vor Begeisterung klatschen.) Aber die Sache hat einen Haken. So sinnvoll der Konsumverzicht (Sparen) für den Einzelnen sein mag, diesem Sparvorgang steht immer eine gleich hohe Verschuldung eines Anderen gegenüber. So paradox es klingen mag: Eine Volkswirtschaft kann nicht sparen. (Wer sich mit diesem Paradox näher befassen will: siehe mein Posting (#107675)"Sonntagslektüre" oder: http://www.flassbeck.de/gesamtwi.pdf). Wenn diese These stimmt, dass eine Volkswirtschaft nicht sparen kann, dann kann die zeitliche Nachfragelücke in toto auch nicht durch das Sparen verursacht sein.
Noch eins zum Abschluss. Ich bin ein empfindsamer Langsamdenker. Ich suche keinen Streit, sondern Erkenntnisse.
Popeye
Das zielt alles auf eine zeitliche Lücke ab, deshalb kann ich wieder nicht folgen.
Klar ist aber, wenn jemand einen Teil seines Faktoreinkommens spart und ein anderer das nicht (durch Verschuldung) ausgleicht, dann bleibt der Unternehmer auf einem Teil seiner Produkte sitzen.
So weit erst Mal, ich hoffe auf dottores Erklärungen ;-)
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subito
21.02.2002, 00:31
@ Ecki1
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Keine Konvergenz |
Hallo Ecki!
Du schreibts:
... Über die Zeit hinweg lässt sich eine Reihe mit endlicher Summe entwickeln. Die erforderliche Neuverschuldung (bei ständiger Tilgung, Produktion und Leistung), die sich aus dieser einen Anfangsverschuldung ergibt, konvergiert gegen Null.
Ich meine, die Neuverschuldung geht nicht in immer kleineren Schritten gegen Null. Der Unternehmer leiht sich 100,- und 10,- Zins fehlen ihm. Wenn er die 10,- stehen läßt wachsen sie ihm irgendwann über den Kopf. Alternative: Ein zweiter leiht sich 10,- und unser Unternehmer verdient sie sich, zahlt zurück und ist aus dem Schneider. Jetzt hat der zweite das Problem. Er kriegt weder die Tilgung (hat der erste zurückgezahlt) noch den Zins zusammen und die Angelegenheit wächst auch ihm über den Kopf. Ausweg? Ich sehe keinen - ausser Ausschüttungen der Bank.
Gruss
subito
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Zardoz
21.02.2002, 00:37
@ Ecki1
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Jein... |
>Ja, wobei Gewinn und Zinsen viel niedriger sind als die Anfangsverschuldung des Unternehmers (z.B. 15 % der Anfangsverschuldung).
... denn zu Gewinn und Zinsen kommen die notwendigen Mittel für die nächste Produktion. Sonst wäre nämlich kein Geld da, um die nächsten Produkte zu kaufen.
>Die erforderliche Neuverschuldung führt auch wieder zu Zinsen, die nochmals niedriger sind (z.B. 5 % der 15 %, also 2.25 % der Anfangsverschuldung). Über die Zeit hinweg lässt sich eine Reihe mit endlicher Summe entwickeln. Die erforderliche Neuverschuldung (bei ständiger Tilgung, Produktion und Leistung), die sich aus dieser einen Anfangsverschuldung ergibt, konvergiert gegen Null.
Das kann nicht sein. Beispiel:
Anfangskapital (FK oder EK) von 100 Euro wird investiert und gelangt über Einkauf und Gehalt als Nachfrage auf den Markt. Nachfrage also 100 Euro. Unternehmen muß aber 100 Euro + Gewinn + Zinsen einnehmen, also Neuverschuldung um diesen Betrag, let's say 10 Euro. In jeder weitere Runde müßen wiederum 100 Euro ausgegeben werden, wenn 100 Euro Nachfrage für die erzeugten Produkte verfügbar sein sollen. Plus wiederum jeweils Gewinn und Zinsen, allerdings steigen die Zinsaufwände mit der Neuverschuldung. Denn diese bleibt bestehen! Getilgt werden ja immer nur die 100 Euro für die jeweils laufende Produktionsrunde.
Nice night,
Zardoz
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Zardoz
21.02.2002, 00:47
@ subito
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Schon ganz richtig... und es geht weiter... |
>Ich meine, die Neuverschuldung geht nicht in immer kleineren Schritten gegen Null. Der Unternehmer leiht sich 100,- und 10,- Zins fehlen ihm. Wenn er die 10,- stehen läßt wachsen sie ihm irgendwann über den Kopf. Alternative: Ein zweiter leiht sich 10,- und unser Unternehmer verdient sie sich, zahlt zurück und ist aus dem Schneider. Jetzt hat der zweite das Problem. Er kriegt weder die Tilgung (hat der erste zurückgezahlt) noch den Zins zusammen und die Angelegenheit wächst auch ihm über den Kopf. Ausweg? Ich sehe keinen - ausser Ausschüttungen der Bank.
Die Neuverschuldung wird beständig um Gewinn und Zinsen zunehmen. Verteilt über alle Wirtschaftssubjekte. Wer"besser" wirtschaftet, kann immer weiter zahlen, wer"schlechter" wirtschaftet (und es MUß ja welche geben!) verliert irgendwann das, womit er seinen Kredit besichert hat, an den Kreditgeber.
Und was geschieht in diesem System, wenn der Staat einen Ausgleich leistet für die"schlechter" wirtschaftenden?
Nice night,
Zardoz
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Zardoz
21.02.2002, 00:50
@ Galiani
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Ach was Galiani, das schaffen wir schon... Gruß! (owT) |
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JüKü
21.02.2002, 00:51
@ Zardoz
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Re: Schon ganz richtig... und es geht weiter... |
>>Ich meine, die Neuverschuldung geht nicht in immer kleineren Schritten gegen Null. Der Unternehmer leiht sich 100,- und 10,- Zins fehlen ihm. Wenn er die 10,- stehen läßt wachsen sie ihm irgendwann über den Kopf. Alternative: Ein zweiter leiht sich 10,- und unser Unternehmer verdient sie sich, zahlt zurück und ist aus dem Schneider. Jetzt hat der zweite das Problem. Er kriegt weder die Tilgung (hat der erste zurückgezahlt) noch den Zins zusammen und die Angelegenheit wächst auch ihm über den Kopf. Ausweg? Ich sehe keinen - ausser Ausschüttungen der Bank.
>Die Neuverschuldung wird beständig um Gewinn und Zinsen zunehmen. Verteilt über alle Wirtschaftssubjekte. Wer"besser" wirtschaftet, kann immer weiter zahlen, wer"schlechter" wirtschaftet (und es MUß ja welche geben!) verliert irgendwann das, womit er seinen Kredit besichert hat, an den Kreditgeber.
>Und was geschieht in diesem System, wenn der Staat einen Ausgleich leistet für die"schlechter" wirtschaftenden?
>Nice night,
>Zardoz
Es kommt zur immer weiter steigenden Staatsverschuldung, Bereinigungen werden verhindert (die kleinen Deflationen), statt dessen Inflation, dazu moral hazard, weil die Schlechten ja aufgefangen werden, damit zu Fehlallokationen, Verhinderung von Effektivität etc. etc. pp.
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Zardoz
21.02.2002, 01:07
@ JüKü
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Daß Du das weißt, weiß ich doch... ;-) (owT) |
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XSurvivor
21.02.2002, 08:48
@ Popeye
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Denk Dir nichts... |
...da gibts auch nicht so viel zu verstehen. Alles was kompliziert ist, ist in der Regel falsch. Es ist ein naturgesetz, daß die Realität immer einfach ist. Deshalb kann man getrost davon ausgehen, daß wenn etwas kompliziert, verwirrend dargestellt wird, dies entweder falsch ist oder daß darin Halb- und Unwahrheiten versteckt werden.
Das Debitismus-Gebäude geht von vornherein von falschen Vorraussetzungen aus (Geld = Schuld) und verscuht dies durch allerlei Winkelzüge und Buchungstricks zu bestätigen.
>‚Kernthese: Da die vorhandene Nachfrage (=Faktoreinkommen) nie ausreichen kann, um die in der Zeit, die vergeht zwischen Entstehung der Faktoreinkommen und ihrem Erscheinen am Markt als Nachfrage (=Vorstellung der herkömmlichen Nationalökonomie, und völlig falsch!), das Angebot vom Markt zu nehmen (Zeit kostet Zins = Geld), muss in der Höhe der permanent fehlenden Nachfrage immer eine zusätzliche Verschuldung stattfinden - oder die zeitlich vorangegangenen Schuldner gehen unter.'
>Anders formuliert: Das jeweilige Faktoreinkommen [also alles was der Unternehmer bis zur Fertigstellung der Produktion bezahlt hat und somit (Faktor-)Einkommen geworden ist] reicht nicht aus das"Angebot vom Markt zu nehmen". Und zwar reicht es nicht aus, um die Zeit zu überbrücken, die zwischen Entstehung (Zahlung?) des Einkommens einerseits und dem Ausgeben des Einkommens (also"dem Erscheinen am Markt als Nachfrage") andererseits vergeht. Diese"permanent fehlende Nachfrage" zwischen Einnahme(zeitpunkt) und Ausgabe(zeitpunkt) muss durch"zusätzliche Verschuldung" gedeckt werden.
>Ich hoffe ich habe das richtig verstanden! Und bevor ich kommentiere, möchte ich um Nachsicht bitten, dass ich mich nicht durch alle Postings der vergangenen zwei Jahre zu diesem Thema durchgewühlt habe. Faulheit entschuldigt Unkenntnis.
Da hast Du schon mal den richtigen Denkansatz. Ein Unternehmer muß, bevor er überhaupt produzieren kann, erst einmal Kosten tragen und das mit Schulden finanzieren. Hier gilt es jedoch zu unterscheiden, für was die Schulden verwendet werden: Für Investitionen (Maschinen etc.)oder Löhne an Arbeiter - dafür bekommt der Unternehmer eine effektive Gegenleistung, das bringt den Betrieb und das Produkt voran.
Anders sieht es aus bei den Kapitalkosten - da bekommt der Unternehmer GAR KEINE Gegenleistung - es ist im Prinzip rausgeschmissenes Geld.
Volkswirtschaftlich betrachtet, gehen nun die Gelder für Maschinen/Löhne direkt in den Wirtschaftskreislauf - es wird also Kaufkraft damit erzeugt und die Wirtschaft belebt.
Anders sieht es bei den Zinsen aus: Diese gehen erst einaml an den Geldverleiher, der (wenn erschon reich genug ist) diese gleich wieder weiterverleiht. Es wird damit also KEINE kaufkraft am Markt geschaffen.
Resultat: Die Volkswirtschaft kann niemals ihre eigenen geschaffenen Produkte aufkaufen, da der Zinsanteil für die Kaufkraft fehlt. Deshalb MUSS es permanent neuverschuldung um den Zinsanteil geben, anderenfalls gibt es eine Dauer-Depression.
>Aber schließlich handelt es sich hier um eine Kernthese, die ich ernst nehme.
>Folgende Fragestellungen tauchen bei mir auf:
>1. Unterstellt man eine stationäre (also nicht wachsende oder schrumpfende) Volkswirtschaft, kann es sich bei der Finanzierung der vermeintlichen zeitlichen Nachfragelücke nur um einen einmaligen Vorgang handeln, d.h. eine einmalige aber dauerhafte Verschuldung zur Deckung der erstmaligen Nachfragelücke. Denn am Ende der betrachteten Periode müsste sich ja ein Resteinkommen bleiben, (wenn man nicht unterstellt, dass die Einkommensbezieher ständig über ihre Verhältnisse leben). Dieses Resteinkommen macht eine Verschuldung in der nächsten Periode unnötig. Die dauerhafte einmalige Verschuldung würde allerdings durch Zinseszins permanent wachsen.
Richtig erkannt, in der Folge erzwingt der Zinseszins eine ständig wachsende Verschuldung. Dies belegen auch alle Zahlen - und das in jedem Land der Welt.
>2. Ist es überhaupt realistisch anzunehmen, dass eine zeitliche Nachfragelücke entsteht? Betrachten wir ein Unternehmen in Gründung. Zunächst wird Anlagevermögen gekauft (und bezahlt), also Gebäude, Maschinen, Rohstoffe etc. also (Faktor-) Einkommen für andere Unternehmen bereitgestellt. Dann werden Arbeitnehmer eingestellt und ob produziert wird oder nicht, solange diese (Produktionsfaktoren) bezahlt werden entsteht Faktoreinkommen. Bevor unser Unternehmer also das erste Produkt in seine Lagerhalle fährt, hat er erhebliches (Faktor-) Einkommen geschaffen. (Durchschnittliche Investitionen/Arbeitsplatz BRD ca. TEUR 140). Eine zeitliche Nachfragelücke kann in dieser Phase jedenfalls nicht entstehen. Im Gegenteil. Es ist kein Angebot auf dem Markt, aber Nachfrage. Ein Verschuldung zur Finanzierung der vermeintlichen zeitlichen Nachfragelücke ist jedenfalls nicht notwendig.
Die Verschuldung an sich ist kein Problem, da sie ja später durch die hergestellten Produkte abbezahlt werden kann. Ein Problem wird erst daraus, wenn der Zins ins Spiel kommt und das System bis zum Platzen in die Überschuldung treibt.
>3. Betrachenden wir nun den laufenden Produktions- und Absatzprozess dieses Unternehmens. Täglich wird produziert, gekauft, verkauft, gezahlt und bezahlt. Kontinuierlich fließen die Produkte auf den Markt (das mag für ein einzelnes Produkt Monate dauern) aber ebenso kontinuierlich werden Faktoreinkommen bezahlt. Unterstellt man nicht den (für mich unrealistischen) Fall, dass unser Unternehmen nur verkauft, aber seine Rechnungen (und Löhne) nicht bezahlt, kann eine zeitliche Nachfragelücke nicht entstehen.
Die Probleme sind einmal am Anfang da - Erstverschuldung und damit verbundenen Zinslasten und später bei Neuinvestitionen. Die allermeisten Betrieben werden von den Schulden und Zinslasten ein leben lang verfolgt. Nicht nur das: Da das unternehmen ständig neu investieren muß, um sich auf dem härter werdenden Wettbewerb durchzusetzen, steigt auch die Schuldenquote und damit die Zinslast permanent an.
Kritisch wird es dann, wenn eine Rezessionsphase kommt und die Zinslasten plötzlich nicht mehr durch die Gewinne getragen werden können - früher oder später fressen die Zinsen das Unternehmen auf und es kommt zum Bankrott.
>4. Wenden wir uns nun den Faktoreinkommen am Beispiel eine Arbeitnehmers zu. Könnte die zeitliche Nachfragelücke vielleicht entstehen, weil es nicht vollständig ausgegeben wird sondern zum Teil gespart wird und erst später wieder wirksame Nachfrage wird? Liegt hier des Pudels Kern? Ist der Debitismus eine besondere Spielart der Unterkonsum-Theorien? Schauen wir genauer hin. Ein Einzelner kann Teile seines Einkommens sparen. Das ist sicher unstrittig und (nicht so unstrittig) klug. Wird er trotzdem Kredit aufnehmen um sein volles Einkommen oder mehr verbraten um"das Angebot vom Markt zu nehmen". Klingt nicht sehr plausibel. Aber die Tatsache scheint zu stehen, wenn der Arbeitnehmer spart (Konsumverzicht) bleibt ein Teil der Produktion unseres Unternehmens unverkauft. (Ich höre die Freigeld-Theoretiker schon vor Begeisterung klatschen.) Aber die Sache hat einen Haken. So sinnvoll der Konsumverzicht (Sparen) für den Einzelnen sein mag, diesem Sparvorgang steht immer eine gleich hohe Verschuldung eines Anderen gegenüber. So paradox es klingen mag: Eine Volkswirtschaft kann nicht sparen. (Wer sich mit diesem Paradox näher befassen will: siehe mein Posting (#107675)"Sonntagslektüre" oder: http://www.flassbeck.de/gesamtwi.pdf). Wenn diese These stimmt, dass eine Volkswirtschaft nicht sparen kann, dann kann die zeitliche Nachfragelücke in toto auch nicht durch das Sparen verursacht sein.
Es kommt darauf an, was unter"Sparen" verstanden wird. Wenn Sparen Geldhorten heißt, also unter der Matratze, dann wird tatsächlich kaufkraft dem markt vorenthalten. Wenn dies noch in großem Stil geschieht, dann kommt die Wirtschaft zum Erliegen.
heißt Sparen jedoch, Geldverleihen und dafür eine Bestätigunh (z.B. Sparbuch) bekommen, dann ist der Geldkreislauf geschlossen und es gibt keine Probleme. Die Probleme entstehen erst, wenn der Zinsgewinn eine gleichgroße Verschuldung erzwingt.
Verleihen ohne Zins (bei entsprechender Gestaltung des Geldes) heißt geschlossener Geldkreislauf, stabile Wirtschaft - keine Probleme.
>Noch eins zum Abschluss. Ich bin ein empfindsamer Langsamdenker. Ich suche keinen Streit, sondern Erkenntnisse.
[b]Da bist Du auf dem richtigen Weg. Immer bei den einfachen Grundlagen bleiben. Die Realität ist immer einfach!
Gruß
XS
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Ecki1
21.02.2002, 09:38
@ subito
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Re: Keine Konvergenz |
Hallo Subito!
Du erwiderst:
Ich meine, die Neuverschuldung geht nicht in immer kleineren Schritten gegen Null. Der Unternehmer leiht sich 100,- und 10,- Zins fehlen ihm. Wenn er die 10,- stehen läßt wachsen sie ihm irgendwann über den Kopf. Alternative: Ein zweiter leiht sich 10,- und unser Unternehmer verdient sie sich, zahlt zurück und ist aus dem Schneider. Jetzt hat der zweite das Problem. Er kriegt weder die Tilgung (hat der erste zurückgezahlt) noch den Zins zusammen und die Angelegenheit wächst auch ihm über den Kopf. Ausweg? Ich sehe keinen - ausser Ausschüttungen der Bank.
Den Fall, dass der Unternehmer die 10 stehen lässt, meinte ich nicht, denn dann haben wir Schuldenwachstum. Falls er sich die 10 verdient und ein anderer sich verschuldet, hat dieser zweite Teilnehmer ja Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmers erhalten. Im reinen Investitionsfall handelt es sich um Zulieferungen für die eigene Produktion, und so muss er eben 1 Einheit hinzuverdienen, die Neuverschuldung eines dritten Teilnehmers, falls er nicht selbst diese 1 Einheit stehen lassen will.
Oder was habe ich übersehen?
Gruss: Ecki
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dottore
21.02.2002, 11:30
@ Popeye
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Re: Debitismus: Erklärung Teil 1. |
Hi Popeye,
schönen Dank für die Fragen. Ich gehe sie Punkt für Punkt durch.
>‚Kernthese: Da die vorhandene Nachfrage (=Faktoreinkommen) nie ausreichen kann, um die in der Zeit, die vergeht zwischen Entstehung der Faktoreinkommen und ihrem Erscheinen am Markt als Nachfrage (=Vorstellung der herkömmlichen Nationalökonomie, und völlig falsch!), das Angebot vom Markt zu nehmen (Zeit kostet Zins = Geld), muss in der Höhe der permanent fehlenden Nachfrage immer eine zusätzliche Verschuldung stattfinden - oder die zeitlich vorangegangenen Schuldner gehen unter.'
>Anders formuliert: Das jeweilige Faktoreinkommen [also alles was der Unternehmer bis zur Fertigstellung der Produktion bezahlt hat und somit (Faktor-)Einkommen geworden ist] reicht nicht aus das"Angebot vom Markt zu nehmen". Und zwar reicht es nicht aus, um die Zeit zu überbrücken, die zwischen Entstehung (Zahlung?)
Ja Zahlung. Es geht immer nur um Zahlungen bzw. Zahlungsströme. Dabei kann letztlich immer nur in Kredit bezahlt werden, wie alles Geld (Banknoten usw.) ebenfalls nur in die Welt kommen kann, nachdem es bereits Kredit/Schulden gibt.
Am Anfang allen Wirtschaftens steht immer der Kredit, niemals das Geld. Dieser Kredit muss immer besichert sein, weshalb die alllerallerersten Kredite sich auf Eigentum als Besicherung beziehen. Platzt der Kredit kommt es zum Eigentümerwechsel.
Geld ist daher letztlich eine Forderung, die sich auf Eigentum richtet. (Dass das Ganze inzwischen pervertiert ist, da auch Staatsschulden als Banknoten"besicherung" dienen, die der Staat mangels entsprechenden Eigentums de facto nicht bedienen könnte, ist ein anderes Thema).
Siehe dazu bitte nochmals die Erklärung der Notenbank. Bank mit Titel (Pfand) - Pfand ins Pfandkonto - ZB-Geld dafür an Bank - ZB-Geld von Bank an ZB zurück - Pfand aus Pfandkonto zurück - Bank hält Titel wieder wie vorher.
Wo mit Gold oder anderem Edelmetall gearbeitet wird (ohne jeglichen Kredit, der sich dann auf Gold als Besicherung beziehen würde), haben wir eine Tauschwirtschaft: Gold als Ware und damit Tauschgegenstand wird mit anderen Waren getauscht.
>des Einkommens einerseits und dem Ausgeben des Einkommens (also"dem Erscheinen am Markt als Nachfrage") andererseits vergeht. Diese"permanent fehlende Nachfrage" zwischen Einnahme(zeitpunkt) und Ausgabe(zeitpunkt) muss durch"zusätzliche Verschuldung" gedeckt werden.
>Ich hoffe ich habe das richtig verstanden!
Richtig. Wobei es auf die Höhe (Summe) der fehlenden Nachfrage ankommt, siehe JüKüs Posting.
>Und bevor ich kommentiere, möchte ich um Nachsicht bitten, dass ich mich nicht durch alle Postings der vergangenen zwei Jahre zu diesem Thema durchgewühlt habe. Faulheit entschuldigt Unkenntnis.
>Aber schließlich handelt es sich hier um eine Kernthese, die ich ernst nehme.
>Folgende Fragestellungen tauchen bei mir auf:
>1. Unterstellt man eine stationäre (also nicht wachsende oder schrumpfende) Volkswirtschaft, kann es sich bei der Finanzierung der vermeintlichen zeitlichen Nachfragelücke nur um einen einmaligen Vorgang handeln, d.h. eine einmalige aber dauerhafte Verschuldung zur Deckung der erstmaligen Nachfragelücke.
Die stationäre Wirtschaft ist entweder Anfangspunkt der Entwicklung (es wurde überhaupt noch nicht kreditiert, also reine Tauschwirtschaft, und ergo setzt die"kapitalistische Dynamik" noch nicht ein).
Oder es ist der Endpunkt: Alle offenen Kreditkontrakte sind geschlossen, weil alle schließlich geleistet haben und die entsprechenden Verschuldungen in Form von - durch die jeweiligen Gläubiger akzeptierten - Leistungen (Waren und Dienste) abgearbeitet wurden. Danach haben wir wieder Tauschwirtschaft, deren"Wachstum" sich ausschließlich durch Mehrkonsum aller Beteiligten oder zusätzliche Bevölkerung ergibt.
"Investitionen" gibt es in einer Tauschwirtschaft nur, wenn einer der Tauschenden selbst intensiver oder schlauer arbeitet (Galianis Fischerbootbeispiel) und danach mehr Tauschgüter anbieten kann, aber dann müssen die anderen auch entsprechend vorgehen, weil sonst der eine der Dumme wäre: Er hat zwar mehr produziert, kann dieses Mehr aber nicht in mehr Güter der anderen tauschen, weil diese kein Mehr erstellt haben.
Tauschwirtschaften können zwar wachsen (ausschließlich Pro-Kopf-Konsum!), müssen aber nicht. Kreditwirtschaften aber müssen wachsen, da immer ein Mehr in Höhe des Zinses erwirtschaftet werden muss (siehe gleich).
Zwischendurch, also zwischen Kreditnahme und Kredittilgung (egal wie hoch, von wem) kann es keine stationäre Wirtschaft geben, in dem Sinne, dass der Zusatzverschuldungs- d.h. Mehrproduktserstellungsdruck wegfiele.
Die Zuwachsraten gehen bei fehlender zusätzlicher Verschuldung (nicht jener, die benötigt wird, um die Zinsen auf die alten Schulden peu à peu abzuarbeiten, was auch auf eine stetige, wenn auch abnehmende Neuverschuldung hinausläuft) laufend zurück, bis wieder die Tauschwirtschaft (Ware gegen Ware oder Dienst, Zug um Zug) erreicht ist.
Beispiel:
Hat nur einer Schulden von 100, Zinssatz 5 %. Dann zahlt er die 100 als Faktorkosten aus und erhält sie über den Kreislauf zurück, woraufhin er sie dort tilgt, woher er den Kredit bekommen hat = Schulden jetzt nur noch 5! Die kommen nur (!) durch zusätzliche Verschuldung wieder im Kreislauf (Auszahlung-Einzahlung) und verschwinden wieder, wie schon die 100 verschwunden sind.
Auch die 5 sind jetzt getilgt. Dann bleiben noch die 0,25 (5 % von 5) übrig, usw. - so läuft dann alles wieder aus. Endzustand null Kredite, null Schulden, null Zinsen. Es gibt den einen Schuldner nicht mehr und entsprechend keinen Gläubiger.
Aber:
Zu dem einen, der 100 Schulden hatte und die - wie beschrieben - abgearbeitet werden/wurden, kann natürlich jederzeit ein weiterer treten, der auch 100 Schulden macht, sagen wir einen Monat später. Dann streckt sich das Ganze entsprechend, bis wieder"stationär" (= Tauschwirtschaft) erreicht ist.
>Denn am Ende der betrachteten Periode müsste sich ja ein Resteinkommen bleiben, (wenn man nicht unterstellt, dass die Einkommensbezieher ständig über ihre Verhältnisse leben).
Nein. Das"Resteinkommen" (aus den beschriebenen Kreditierungen) nimmt stetig ab, bis es automatisch verschwindet - es sei denn ganz andere treten auf, die zusätzliche Schulden machen.
Dein"Resteinkommen" ist eine"Zusatzeinzahlung" (Zahlung ex neuem Kredit, um den Zins auf den alten Kredit zu bedienen!), die im Falle nur eines Schuldners wiederum automatisch gegen null geht.
>Dieses Resteinkommen macht eine Verschuldung in der nächsten Periode unnötig. Die dauerhafte einmalige Verschuldung würde allerdings durch Zinseszins permanent wachsen.
Nein, sorry. Nochmal Unternehmer: 100 als Kredit erhalten, 100 zurück gezahlt. Nur die 5, die er noch schuldig ist, sind nirgends als Kaufkraft vorhanden. Kredit 100 = Einzahlung beim Unternehmer 100 - Auszahlung (Löhne z.B.) 100 - Einzahlung (Warenkauf mit Hilfe der Löhne) 100 - Rückzahlung des Kredits = 100. Dem Unternehmer fehlen als Einzahlung jetzt noch die 5.
In der Höhe kann er sich selbst verschulden und Waren bei sich entnehmen, ist dann die 5 an seine Firma schuldig ("Unternehmerlohn" in Form von Warenentnahme aus eigener Produktion, womit sich nichts ändert, zudem der Unternehmer seinen"Lohn" vom Markt erwartet und nicht von sich selbst - linke Tasche, rechte Tasche).
Oder (Normalfall!) jemand außerhalb des Unternehmens, z.B. andere Unternehmer müssen sich in Höhe dieser 5 verschulden, die sie dann als Einzahlung 5 erhalten - und danach als 5 an den ersten Unternehmer auszahlen - der damit endgültig den alten Kredit getilgt hat (100 plus 5 Zinsen).
Was bleibt, sind die 5 Schulden der anderen Unternehmer, die wie beim ersten Unternehemer beschrieben abgearbeitet werden, immer 5 % von der jeweils für die Zinszahlung benötigten Restzahlung.
<font color="FF0000">Ein Zinseszinseffekt (also die 100 bleiben auf ewig stehen und werden hochgebucht) ist unmöglich, da ein zurückgezahlter Kredit nicht mehr verzinst werden kann. Im Gegenteil, der Zins (Summe! Als Auszahlung-Einzahlung-Rückzahlung) von der jeweils noch übrig bleibenden Schuld (von wem auch immer) wird stetig kleiner. </font>
Was als"Zinseszinseffekt" verkauft wird, ist eine Verwechslung. Die Zinsen steigen in einem Fall des einen Unternehmers niemals, weil getilgt wird. Hat er auch noch die 5 eingezahlt bekommen, kann er sie an den Kreditgeber zurückzahlen und ist absolut schuldenfrei. D.h. seine gesamten 105 sind komplett verschwunden.
Da aber immer neue Schulden via Kredit von immer anderen Unternehmen (auch Verbrauchern usw.) dazu kommen, steigt zweifellos die gesamte Schuldensumme und damit die gesamte Zinsverpflichtung, aber diese ergibt sich nicht aus dem"Stehenlassen" alter Kredite, sondern aus der Tatsache, dass immer neue, noch höhere Kredite genommen werden.
Also: Ein Unternehmer Schulden 100 und getilgt, wie beschrieben. Zinslast 5. Wird abgearbeitet wie beschrieben. Dann kommen 10 neue Unternehmer mit je 100 Schulden dazu (auch der alte könnte noch während sein Kredit läuft, weiteren Kredit nehmen) und die Zinslast ist jetzt 50.
Die 50 resultieren aber nicht aus dem ersten Kredit des ersten Schuldners, der"stehen geblieben" ist, sondern aus den weiteren Krediten.
Die jetzt 50 auf den ersten Kredit 100 zu beziehen und zu behaupten, die 50 ergäben sich aus der Hochbuchung der ersten Schuld von 100, ist der entscheidende Denkfehler, den die Zinseszins-Freaks immer machen. In ihrer Welt bleiben alle Schulden stehen und entsprechend die gleichhohen Guthaben, die nach immer neuer"Anlage drängen".
Man kann aber niemals Guthaben"anlegen"! Alles was der Guthabende mit seiner Forderung machen kann, ist ein Switchen in eine andere Forderung (oder in einen Sachwert, wobei dann der Sachwertabgeber die selbe Forderung in selber Höhe hält, was am Guthaben/Schulden-Stand in toto überhaupt nichts ändert).
<font color="FF0000">Forderungen (Guthaben) können immer nur abgetreten (zediert) werden und dies immer nur bis zur ihrer Endfälligkeit.
Forderungen (Guthaben) sind (!) immer bereits"angelegt"! Was so gern als"anlagebereites Kapital" bezeichnet wird, gibt es nicht in dem Sinne, dass da etwas"netto" herumschwirrt und irgendwo ein Plätzchen finden muss."Anlagebereit" kann immer nur heißen:
Zessionsbereit, also von einer täglich fälligen Forderung (inkl. Bargeld) in z.B. einen 10-Jahresbond umsteigen, usw.</font>
Tatsächlich haben Kredite immer Laufzeiten und werden laufend abgearbeitet und immer neue kommen dazu: Einmal die immer kleiner werdenden aus dem beschriebenen 100/5/0,25-Effekt und dann weitere Kredite, die mit diesem Vorgang überhaupt nichts zu tun haben, sondern die ex nihilo entstehen, weil z.B. neben dem und völlig unabhängig (!) vom Bäcker jetzt auch der Schuhverkäufer mit Kredit arbeitet.
Gruß
d.
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subito
21.02.2002, 11:38
@ Ecki1
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Re: Keine Konvergenz |
Hallo Ecki!
Vielen Dank für Deine Antwort - Du schreibts:
Den Fall, dass der Unternehmer die 10 stehen lässt, meinte ich nicht, denn dann haben wir Schuldenwachstum. Falls er sich die 10 verdient und ein anderer sich verschuldet, hat dieser zweite Teilnehmer ja Produkte oder Dienstleistungen des Unternehmers erhalten. Im reinen Investitionsfall handelt es sich um Zulieferungen für die eigene Produktion, und so muss er eben 1 Einheit hinzuverdienen, die Neuverschuldung eines dritten Teilnehmers, falls er nicht selbst diese 1 Einheit stehen lassen will.
Oder was habe ich übersehen?
Nachdem der erste Unternehmer 10,- an die Bank zurückgezahlt hat ist einfach kein Geld mehr unterwegs, dass der zweite Unternehmer für seine Produkte erhalten könnte, jedenfalls in diesem einfachen Model. Es sieht so aus, als ob sich das Problem doch immer auf den ersten Fall reduzieren lässt, in dem der erste Unternehmer die 10,- ewig stehen lassen muss. Ich habe zuerst auch lange - wie Du - gedacht, dass die neuen Kredite immer kleiner und harmloser werden.
Popeyes Nachfragelücke sollte man besser Zinslücke nennen. Die Lücke entsteht nicht aus der Produktion, sondern aus der besondern Art der Finanzierung (ob für Produktion oder für andere Zwecke ist egal), für die man sich in den modernen Zentralbanksystemem entschieden hat. Die Ausschüttungen der Zentralbank mildern das Problem oder beseitigen die Zinslücke möglicherweise ganz - kann ich nicht genauer sagen, es gibt aber Literatur dazu. Das ganze ist ein reines Rechenexempel.
Es hat bei mir eine lange Zeit gedauert, aber ich denke ich verstehe so langsam die Bedeutung der zentralen Aussage von dottores Debitismus, dass alle Produktion vorfinanziert werden muss. Das ist das Grundgesetz des Wirtschaftens und hat mit Freigeld, Goldstandard oder Fiat-Money zunächst überhaupt nichts zu tun. Man kann auch ganz ohne Geld finanzieren zum Beispiel mit losen Absprachen innerhalb eines festen aber kleinen Sozialgefüges - nur kommt man damit leider wohl nicht sehr weit.
Wahrscheinlich entsteht Geld meistens aus Vereinbarungen zur Finanzierung von Produktion. Das ist einfach die bei weitem klügste Vermutung, die aber natürlich durch historische Forschung belegt werden muss. Tauschmittelfunktion hat es wohl auch, aber die Finanzierungsfunktion ist viel, viel wichtiger.
Gruss
subito
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Popeye
21.02.2002, 12:49
@ JÜKÜ
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Re: Debitismus: Neue Fragen - nur für Geduldige |
Zunächst allen, die gestern Nacht mit freundlicher Stimme geholfen haben mein Verständnis über den Debitismus zu heben, ganz herzlichen Dank!!
JÜKÜ, Holmes, Zardoz, Eckil, subito alles interessante Denkvarianten, die ich erst einmal verdauen musste. Galiani danke ich für seinen Beistand im Zustand der Unkenntnis.
ZU ZADOZ:
Auf den Beitrag von Holmes war ich schon separat eingegangen. Dann schrieb Zardoz (#108020), dass sich der Unternehmer für den Aufbau des Unternehmens verschuldet. Das versteh ich. Was ich nicht verstehe liest sich wie folgt: AUS DEM VERKAUF DER PRODUKTE KANN ER SEIN SCHULDEN ZURÜCKZAHLEN - ALLERDINGS FEHLEN NOCH GEWINN UND ZINSEN! DIE KÃ-NNEN NUR AUS WEITERER VERSCHULDUNG GELEISTET WERDEN. Über diese beiden Sätze habe ich lange nachgedacht. Leider bin ich nicht der große Buchhaltungs-Spezialist, aber ich stelle es mir die Wirklichkeit so vor: Der Unternehmer kalkuliert sein Produkt (vor dem Verkauf) so, dass alle Faktorkosten bei einer vorab geschätzten Absatzmenge gedeckt sind. Also anteilige Löhne, Rohstoffe, Abschreibungen, Zinsen und Gewinn - alles fließt in die Kalkulation ein - nur die Schulden nicht. (Die Schulden sind Kapital das er brauchte, weil er z.B. die Anschaffung der Maschinen damit finanziert hat.) Nun verkauft der Unternehmer sein Produkt in der geplanten Menge. Wenn ihm dies zu dem vorkalkulierten Preis gelingt, müsste er alle Faktorkosten aus dem Erlös bezahlen können. Den Arbeitern werden ihre Löhne, der Bank die Zinsen, den Rohstoff-Lieferanten ihre Forderungen bezahlt. Nachdem der Unternehmer alles bezahlt hat, stellt er zu seiner Überraschung fest, dass da noch ein erheblicher Restbetrag in der Kasse ist, obwohl er alle Faktorkosten bezahlt hat. Er prüft, ob Rechnung noch unbezahlt sind. Nein. Er schaut noch mal in sein Kalkulation und erkennt, dass er ja die im Preis unseres Produktes kalkulierten Abschreibungen und den kalkulierten Gewinn noch nicht ausbezahlt hat. Nach einigem Nachdenken kommt unser Unternehmer zu folgendem Entschluss: Er nimmt den Betrag, den die kalkulierten Abschreibungen ausmachen, und zahlt damit einen Teil des Kredites, den er für die Maschinen aufgenommen hat, zurück. Er macht das, weil er ausgerechnet hat, dass der Kredit für die Maschinen (wenn er das jedes Jahr so macht) am Ende der Nutzungsdauer der Maschinen vollständig getilgt ist. Wenn er dann die alte Maschine durch eine neue Maschine ersetzen will, muss er evtl. eben einen neuen Kredit aufnehmen. Hinsichtlich des Gewinnes, der noch in der Kasse liegt hat unser Unternehmer folgende Alternativen (nachdem er seine Zwangsabgaben bezahlt hat): Er kann alles verprassen oder er lässt den Gewinn im Unternehmen. Lässt er den Gewinn im Unternehmen, kann er damit den Kredit für die Maschinen schneller tilgen oder er kann expandieren und neue Maschinen kaufen. So wie ich die Wirklichkeit erkennen kann, ist hier also kein Raum für Zardoz's These, dass Zinsen und Gewinn nur aus zusätzlicher Verschuldung geleistet werden können.
II. ZU ECKIL:
Eckil (# 108024) schrieb als Antwort auf Zardoz's Beitrag (s.o. unter I.):
"JA, WOBEI GEWINN UND ZINSEN VIEL NIEDRIGER SIND ALS DIE ANFANGSVERSCHULDUNG DES UNTERNEHMERS.......DIE ERFORDERLICHE NEUVERSCHULDUNG FÃœHRT AUCH WIEDER ZU ZINSEN, DIE NOCHMALS NIEDRIGER SIND...."
Zunächst scheint mir die Aussage richtig. Gewinn und Zinsen (EBIT) sind wahrscheinlich niedriger als die Ausgangsverschuldung unseres Unternehmers. Es ist unwahrscheinlich, das unser Unternehmer in einer Periode so viel verdient, dass er die Ausgangsverschuldung in einer einzigen Zahlung tilgen kann. Aber muss er das denn? Ein kluger Unternehmer wird doch keinen Kredit für eine Maschine aufnehmen den er sofort zurückzahlen muss. Er wird die Laufzeit des Kredites doch so einrichten, dass er den Kredit innerhalb der wirtschaftlichen Nutzungsdauer der Maschine in Raten aus verdienten Abschreibungen (und evtl. Gewinnen) tilgt (s.o. unter I.). Nur weil Zinsen und Gewinn in einer Periode nicht so hoch sind wie die Ausgangsverschuldung muss sich unser Unternehmer nicht zusätzlich verschulden - immer vorausgesetzt er hat eine entsprechend lange Laufzeit für den Maschinenkredit mit seinem Gläubiger verhandelt.
III. NUN ZU JÜKÜ's BEITRAG (# 108026)
Zunächst bestätigt Jükü Zardoz's Behauptung, dass unserem Unternehmer aus irgendwelchen - für mich nicht einsichtigen Gründen - am Ende der Betrachtungsperiode Zins und Gewinn fehlen. Diesbezüglich verweise ich auf meinen Kommentar zu Zardoz.
Aber dann gibt es eine neue Erkenntnis und JÜKÜ schreibt hinsichtlich meiner Formulierung"zeitliche Nachfragelücke":
"NEIN, KEINE ZEITLICHE LÜCKE, SONDERN DER HÃ-HE NACH FEHLT GELD." Also, wir erinnern uns: In der Kernthese hieß es:"...MUSS IN DER HÃ-HE DER PERMANENT FEHLENDEN NACHFRAGE IMMER EINE ZUSÄTZLICHE VERSCHULDUNG STATTFINDEN....". Diese"FEHLENDE NACHFRAGE", so die Kernthese, kommt zustande, weil"DIE VORHANDENE NACHFRAGE....NIE AUSREICHEN KANN, UM IN DER ZEIT, DIE VERGEHT...". Nun ist meine Verwirrung noch größer. Denn die Kernthese spricht eindeutig von Zeit; deshalb Widerspruch zu Jükü's Hinweis. Wohl habe ich verstanden, dass in"HÃ-HE DER PERMANENT FEHLENDE NACHFRAGE EINE ZUSÄTZLICHE VERSCHULDUNG" erforderlich dein soll. Die Zeit ist also ursächlich für die fehlende Nachfrage und diese muß wiederum finanziert werden. Lesen wir die Kernthese noch mal im Zusammenhang:
‚Kernthese: Da die vorhandene Nachfrage (=Faktoreinkommen) nie ausreichen kann, um die in der Zeit, die vergeht zwischen Entstehung der Faktoreinkommen und ihrem Erscheinen am Markt als Nachfrage (=Vorstellung der herkömmlichen Nationalökonomie, und völlig falsch!), das Angebot vom Markt zu nehmen (Zeit kostet Zins = Geld), muss in der Höhe der permanent fehlenden Nachfrage immer eine zusätzliche Verschuldung stattfinden - oder die zeitlich vorangegangenen Schuldner gehen unter.'
Dass Nachfrage einmalig der Höhe nach fehlen könnte hatte ich zugestanden (auch wenn ich persönlich dies für unwahrscheinlich erachte). Hier noch einmal meine Gedanken zu dem Problem der Nachfragelücke aus dem ersten Posting in # 107985:
Unterstellt man eine stationäre (also nicht wachsende oder schrumpfende) Volkswirtschaft, kann es sich bei der Finanzierung der vermeintlichen zeitlichen Nachfragelücke nur um einen einmaligen Vorgang handeln, d.h. eine einmalige aber dauerhafte Verschuldung zur Deckung der erstmaligen Nachfragelücke. Denn am Ende der betrachteten Periode müsste sich ja ein Resteinkommen ergeben, (wenn man nicht unterstellt, dass die Einkommensbezieher ständig über ihre Verhältnisse leben). Dieses Resteinkommen macht eine Verschuldung in der nächsten Periode unnötig. Die dauerhafte einmalige Verschuldung würde allerdings durch Zinseszins permanent wachsen.
JÜKÜ hatte in seinem Beitrag zu diesem Absatz - und anderen -Verständnisprobleme angemahnt. Hier der Versuch einer anderen Formulierung: Gehen wir davon aus, dass (aus zeitlichen Gründen) Nachfrage fehlt. Diese Nachfragelücke wird (der Höhe nach), entsprechend der Kernthese, durch Verschuldung geschlossen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird aber das Faktoreinkommen am Markt erscheinen, denn wir wollen ja nicht unterstellen, dass unser Unternehmer z.B. seine Arbeiter nicht bezahlt. Unser (z.B.) Arbeitnehmer hatte seine anfänglichen Ausgaben aber durch Kredit überbrückt bis sein Einkommen am Markt erscheinen konnte. Und wenn unser Arbeitnehmer nicht über seine Verhältnisse lebt, muss er mit dem Betrag, den er kreditfinanziert hat und dem Betrag der ihm später als Faktoreinkommen zufließt, genau bis zu dem Zeitpunkt auskommen an dem ihm wieder neues Faktoreinkommen zufließt. In der zweiten Betrachtungsperiode muss er also keinen neuen Kredit aufnehmen. Er muss nur die Zinsen für den Kredit aus der ersten Periode bezahlen. Eine ständig wachsende Verschuldung kann ich also aus diesem Vorgang deshalb nicht ableiten.
Ich weiß für alle Wissenden ist es mühsam in die Tiefen meines Unverständnisses hinabzusteigen. Aber manchmal ist es das auch für mich. SUBITO's Beitrag hab' ich überhaupt nicht verstanden. Ich sehe eben einfach nicht das Loch, das zwangsläufig zu ständiger Neuverschuldung führen muss.
Ich will deshalb konkret fragen:
1. Womit wird der Zeitunterschied zwischen Entstehung der Faktoreinkommen und deren Erscheinen auf dem Markt als Nachfrage begründet?
2. Warum führt dieser Zeitunterschied und das damit begründete Fehlen der Nachfrage zu einer laufend höheren Verschuldung?
Also bitte Geduld und kleine Denkschritte.
Danke!
Popeye
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Zardoz
21.02.2002, 13:06
@ Popeye
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Nächster kleiner Denkschritt... |
... und zunächst mal Dank zurück, weil Du mir Gelegenheit gibst, mein eigenes Verständnis in der Diskussion zu verbessern.
>ZU ZADOZ:
>Auf den Beitrag von Holmes war ich schon separat eingegangen. Dann schrieb Zardoz (#108020), dass sich der Unternehmer für den Aufbau des Unternehmens verschuldet. Das versteh ich. Was ich nicht verstehe liest sich wie folgt: AUS DEM VERKAUF DER PRODUKTE KANN ER SEIN SCHULDEN ZURÜCKZAHLEN - ALLERDINGS FEHLEN NOCH GEWINN UND ZINSEN! DIE KÃ-NNEN NUR AUS WEITERER VERSCHULDUNG GELEISTET WERDEN. Über diese beiden Sätze habe ich lange nachgedacht. Leider bin ich nicht der große Buchhaltungs-Spezialist, aber ich stelle es mir die Wirklichkeit so vor: Der Unternehmer kalkuliert sein Produkt (vor dem Verkauf) so, dass alle Faktorkosten bei einer vorab geschätzten Absatzmenge gedeckt sind. Also anteilige Löhne, Rohstoffe, Abschreibungen, Zinsen und Gewinn - alles fließt in die Kalkulation ein - nur die Schulden nicht. (Die Schulden sind Kapital das er brauchte, weil er z.B. die Anschaffung der Maschinen damit finanziert hat.) Nun verkauft der Unternehmer sein Produkt in der geplanten Menge. Wenn ihm dies zu dem vorkalkulierten Preis gelingt, müsste er alle Faktorkosten aus dem Erlös bezahlen können. Den Arbeitern werden ihre Löhne, der Bank die Zinsen, den Rohstoff-Lieferanten ihre Forderungen bezahlt. Nachdem der Unternehmer alles bezahlt hat, stellt er zu seiner Überraschung fest, dass da noch ein erheblicher Restbetrag in der Kasse ist, obwohl er alle Faktorkosten bezahlt hat. Er prüft, ob Rechnung noch unbezahlt sind. Nein. Er schaut noch mal in sein Kalkulation und erkennt, dass er ja die im Preis unseres Produktes kalkulierten Abschreibungen und den kalkulierten Gewinn noch nicht ausbezahlt hat.
Das hieße in meinem (zugegebenermaßen einfachen) Modell: Der Unternehmer weiß von vornherein, daß er bei 100 Euro Einsatz vielleicht 110 Euro erlösen muß Also zahlt er mit den 100 Euro alle Lieferanten und Mitarbeiter und schafft es tatsächlich, seine Produkte für 110 Euro zu verkaufen. Nach Tilgung seines Anfangskredits von 100 Euro freut er sich über die zusätzlichen 10 Euro und gibt sich all den von Dir so schön beschriebenen Gedanken hin.
Frage: Woher kommen die zusätzlichen 10 Euro? Es gab in dem ganzen Spiel nämlich lediglich die anfänglichen 100 Euro.
Nice day,
Zardoz
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dottore
21.02.2002, 13:27
@ Popeye
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Re: Debitismus: Teil 2. |
Hi Popeye,
der zweite Schwung:
>2. Ist es überhaupt realistisch anzunehmen, dass eine zeitliche Nachfragelücke entsteht? Betrachten wir ein Unternehmen in Gründung. Zunächst wird Anlagevermögen gekauft (und bezahlt),
Womit wird das Anlagevermögen gekauft? Dazu muss der Unternehmer erst mal eine Einzahlung haben, bevor er eine Auszahlung leisten kann. Dies ist entweder ein Switchen von bereits bestehenden Forderungen (siehe Teil 1) oder es ist ein Kredit, den die Bank neu und ex nihilo vergibt (Gründerdarlehen, falls ihr das Geschäftsmodell einleuchtet).
>also Gebäude, Maschinen, Rohstoffe etc. also (Faktor-) Einkommen für andere Unternehmen bereitgestellt. Dann werden Arbeitnehmer eingestellt und ob produziert wird oder nicht, solange diese (Produktionsfaktoren) bezahlt werden entsteht Faktoreinkommen.
Leider nein. Erst muss es zu einer Einzahlung an den Unternehmer kommen (siehe eben), bevor er die Auszahlungen an die Produktionsfaktoren leisten kann, die dann ihrerseits Einzahlungen haben (Du nennst es"Einkommen").
>Bevor unser Unternehmer also das erste Produkt in seine Lagerhalle fährt, hat er erhebliches (Faktor-) Einkommen geschaffen. (Durchschnittliche Investitionen/Arbeitsplatz BRD ca. TEUR 140).
Bevor der Unternehmer Auszahlungen leisten kann, muss er selbst Einzahlugnen haben. Diese kann er dann an die Faktoren auszahlen (Dein"Einkommen").
Schon die Höhe der Investition pro Arbeisplatz zeigt, dass dies ohne vorangegangene Kredite (= Guthaben/Schulden), die dann zediert wurden, nicht gehen kann bzw. (Normalfall bei Investitionen): Es werden in Höhe der Investitionen neue Kredite gewährt, siehe UMTS-Lizenz-Vorgang.
Dabei gings um so viel"Geld", dass dies sogar bis zur Notenbank durchschlug. Siehe Buba-GB:
"In den Sommermonaten Juli und August (2000) verstärkte sie (= Geldmengenexpansion) sich unter dem Einfluss der Versteigerung der deutschen UMTS-Lizenzen erneut."
>Eine zeitliche Nachfragelücke kann in dieser Phase jedenfalls nicht entstehen.
Richtig. Aber nur bei diesem einen Unternehmen. Das Unternehmen muss aber die aufgenommenen Kredite bereits verzinsen, wobei die Zinszahlungen - so wird es mit den Banken vereinbart, ohne Ausnahme - erst starten müssen, sobald die ersten Produkte am Markt erscheinen. Die fälligen Zinsen (= Auszahlungen an die Banken plus Kredittilgung pro rata temporis, ebenfalls als Auszahlungen) werden dann mit den laufenden Einzahlungen an das neue Unternehmen geleistet.
>Im Gegenteil. Es ist kein Angebot auf dem Markt, aber Nachfrage. Ein Verschuldung zur Finanzierung der vermeintlichen zeitlichen Nachfragelücke ist jedenfalls nicht notwendig.
Nicht dieser Unternehmer hat schon eine Nachfragelücke, die kommt erst noch (als Zahlungsproblem), sondern die anderen, die ja genauso gestartet sind, wie das hier beschriebene Unternehmen und die bereits in der Zahlungsproblematik stecken, wie in Teil 1 beschrieben.
Nehmen wir alle Unternehmen, egal in welchem Stadium sie sich befinden, dann können alle Auszahlungen dieser Unternehmen niemals ausreichen, um ihre Produktion komplett vom Markt zu nehmen. Was als Einzahlungen vom Markt fehlt, sind die kalkulierten, aber nicht in Form von Faktoreinkommen bereits im Kreislauf befindlichen Summen für Unternehmergewinn und Zinsen.
Um diese kalkulierten (!) Gewinne und Zinsen auch zu realisierten (!) Einzahlungen an alle Unternehmen werden zu lassen, muss in Höhe der kalkulierten (aber nicht ausgezahlten und ergo nicht vorhandenen) Differenz zusätzliche Nachfrage entstehen, was nur über zusätzliche Kredite geht. Verlauf dieser Kredite - siehe bitte Teil 1.
>3. Betrachenden wir nun den laufenden Produktions- und Absatzprozess dieses Unternehmens. Täglich wird produziert, gekauft, verkauft, gezahlt und bezahlt. Kontinuierlich fließen die Produkte auf den Markt (das mag für ein einzelnes Produkt Monate dauern) aber ebenso kontinuierlich werden Faktoreinkommen bezahlt. Unterstellt man nicht den (für mich unrealistischen) Fall, dass unser Unternehmen nur verkauft, aber seine Rechnungen (und Löhne) nicht bezahlt, kann eine zeitliche Nachfragelücke nicht entstehen.
Leider das gleiche Problem. Woher kommen die Einzahlungen an alle Unternehmen, wenn alle Unternehmen zwar summa 1000 als ausgezahlt haben ("Faktoreinkommen"), aber von den Faktoren summa 1100 als Einzahlung erwarten.
Die 100 sind ja noch nicht ausgezahlt, weil sich der Unternehmer nicht am Jahresanfang bereits aus seinem noch gar nicht realisierten Gewinn bedienen kann (Kriminelle lassen wir außen vor) und die Zinsen, die an die Bank zu zahlen sind, nicht am 1. Januar, sondern am 31. Dezember bezahlt werden müssen.
Erscheint zwischen Januar und Dezember diese zusätzliche Nachfrage in Höhe zusätzlicher Kredite nicht, gehen alle Unternehmer pleite, alle schön der Reihe nach, je nach Fälligkeit der den Banken im nachhinein zur Zahlung geschuldeten Zinsen, weil die Banken nicht per Zahlung bedient wurden - eben weil dem"Kreislauf" schlicht die"Mittel" fehlen, um die den von den Banken geforderten Zins (in Summe) zu bezahlen.
Dann können die Banken nur prolongieren oder müssen vollstrecken. Ersteres findet sein Ende in sich selbst. Letzteres häuft sich jetzt immer mehr, siehe Pleitenstatistiken.
Die gesamte Wirtschaft kann immer nur durch zusätzliche Verschuldung (neue Kredite ex nihilo)"gerettet" werden, niemals mit vorhandenem"Geld" oder existenten Guthaben, siehe Teil 1.
Deshalb auch, ich wiederhole das, die flehentliche Bitte Greenspans, doch"new credits" zu geben. Mit"old credits" oder deren"Streckung" und/oder deren Umbuchung auf andere Konten ("Staat") ist einer Wirtschaft niemals zu helfen, siehe Japan.
>4. Wenden wir uns nun den Faktoreinkommen am Beispiel eine Arbeitnehmers zu. Könnte die zeitliche Nachfragelücke vielleicht entstehen, weil es nicht vollständig ausgegeben wird sondern zum Teil gespart wird und erst später wieder wirksame Nachfrage wird?
Sparen ist heute immer eine Forderungszession. Und in Forderungen kann gesamtwirtschaftlich (!) niemals gespart werden, weil Forderungen (Guthaben) immer gleich hohen Schulden entsprechen. Genauso gut könnte man fragen: Warum wird nicht in Schulden gespart?
>Liegt hier des Pudels Kern? Ist der Debitismus eine besondere Spielart der Unterkonsum-Theorien?
Es handelt sich zunächst um eine <font color="FF0000">Unterverschuldungstheorie!</font>
Ich mag das Wort"Theorie" nicht, da dies keine Theorie ist, sondern die Beschreibung der konkret heute ablaufenden Wirtschaft. Dies ist auch kein Appell zum Schuldenmachen, sondern nur die Feststellung der Tatsache, dass es bei einmal gemachten Schulden nicht bleiben kann. Sie müssen zunächst zu einer Zusatzverschuldung führen, bevor sie dann peu à peu abgearbeitet werden können - siehe Teil 1.
Wobei sich die Frage des wie viel ist"unter" ausschließlich aus den bereits vorhandenen Schulden/Krediten und den drauf jeweils später fälligen Zinszahlungen bzw. Gewinnvorstellungen ergibt. Die Zinsen müssen bezahlt werden, die Bedienung der Eigentümer (Gewinn) muss nicht sein. Deshalb heute überall der verzweifelte Versuch"Fremdkapital" (Bank- oder Kapitalmarktschulden mit Erfüllungsdruck und Pleitegefahr) in"Eigenkapital" (Aktien) zu verwandeln.
Die Hypovereinsbank steht doch vor der Wahl, entweder Kirch pleite gehen zu lassen (er kann nicht bezahlen) oder die Forderungen, die sie (oder andere Banken) gegen Kirch haben, durch Switchen in Springeraktien erstmal zu entschärfen, was natürlich an der Summe der Forderungen überhaupt nichts ändert. Sie hat halt nur ein anderer.
Die Forderungen an Kirch (angeblich 13 Mrd €) würden nur verschwinden, wenn sich alle Banken mit ihren 3 Millionen Aktionären, bei denen Kirch letztlich in der Kreide steht, sich Kirchfilme anschauen und sagen: Danke, damit haben sie jetzt ihre Schulden bezahlt! Anschließend buchen die Banken ihre Kirch-Forderungen aus und zahlen zehn Jahre lang keine Dividenden mehr.
Und die Aktionäre sagen: Tolle Filme, der Dividendenverzicht hat sich gelohnt. Denn wir wollten uns sowieso schon immer für 13 Mrd € Kirch-Filme angucken.
Dann sind die 13 Mrd € Schulden/Guthaben für immer weg - was wiederum sehr schön zeigt, das Schulden nur durch Konsum verschwinden.
Das wäre der"Unterkonsum"-Teil der"Theorie". Wird nicht konsumiert (nicht zu verwechseln mit"gekauft"), können Schulden nicht verschwinden. Was auch logisch ist, da die Menschen ja nicht wirtschaften, um zu wirtschaften, sondern um zu konsumieren.
Alles was dazwischen liegt, sind nur Umwege (Maschinen usw.), deren Zweck, zusammen genommen, aber auch nur darauf hinausläuft, andere, neue oder bessere Konsumartikel herzustellen. Dass sich der Konsum dabei hinziehen kann (z.B. fahre ich mit einem neuen Auto nicht bloß einen Tag lang rum und verschrotte es anschließend), spielt keine Rolle.
>Schauen wir genauer hin. Ein Einzelner kann Teile seines Einkommens sparen. Das ist sicher unstrittig und (nicht so unstrittig) klug. Wird er trotzdem Kredit aufnehmen um sein volles Einkommen oder mehr verbraten um"das Angebot vom Markt zu nehmen". Klingt nicht sehr plausibel. Aber die Tatsache scheint zu stehen, wenn der Arbeitnehmer spart (Konsumverzicht) bleibt ein Teil der Produktion unseres Unternehmens unverkauft.
Ein Teil der Produktion wird ohne Zusatzverschuldung immer unverkauft bleiben. Wer produziert, riskiert.
Das Sparen des Arbeitnehmers ist eine Forderungszession. Ginge diese Forderungszession unendlich weiter, ohne dass es zum die Forderung auslöschenden Konsum kommt (siehe eben), muss entweder eine entsprechende immer größer werdende Zusatzverschuldung zu Konsumzwecken (siehe US-Verbraucher) Statt finden oder die gesamte Produktion auf der Endstufe, also wo sie konsumfertig ist, bleibt liegen.
Oder es wird hochgebucht: Kein Absatz, da letztlich kein Konsum, und die Schulden des Unternehmers wachsen entlang der Zinseszinskurve.
Irgendwann kommt's dann doch zum unausweichlichen Ausbuchen und da dann erst Recht (Vertrauensverlust!) keine neuen Kredite mehr vergeben werden (Bonität) und auch niemand mehr groß Lust hat, noch welche zu nehmen, kommt es zum Gesamtkollaps.
Danach wird es ganz neue,"direktere" Produktionsformen geben und alle fangen wieder von vorne an, zunächst mit dem Konsum von Lebensmitteln. Die ganze Produktions-"Palette", die wir heute noch kennen, wird sich vollständig verändern. Ich persönlich glaube, zum Positiven.
>(Ich höre die Freigeld-Theoretiker schon vor Begeisterung klatschen.) Aber die Sache hat einen Haken. So sinnvoll der Konsumverzicht (Sparen) für den Einzelnen sein mag, diesem Sparvorgang steht immer eine gleich hohe Verschuldung eines Anderen gegenüber.
Aber keine zusätzliche Verschuldung. Das ist ja das Problem. Ein Arbeitnehmer kann nur in Forderungen sparen, die an ihn zediert wurden (Lohnzahlung) und die er weiter zediert.
>So paradox es klingen mag: Eine Volkswirtschaft kann nicht sparen. (Wer sich mit diesem Paradox näher befassen will: siehe mein Posting (#107675)"Sonntagslektüre" oder: http://www.flassbeck.de/gesamtwi.pdf).
Völlig richtig. Wir hatten dies schon ausführlich diskutiert, ich glaube es gibt dazu auch einen Real-Enzyklopädie-Beitrag. Alles Gerede von"Geldvermögen" oder"Netto-Guthaben" ist - bezogen auf die gesamte Wirtschaft - Unsinn.
>Wenn diese These stimmt, dass eine Volkswirtschaft nicht sparen kann, dann kann die zeitliche Nachfragelücke in toto auch nicht durch das Sparen verursacht sein.
Richtig. Die Nachfragelücke entsteht zuerst und immer durch den in Teil 1 dargelegten Vorgang: Fehlende Nettoneuverschuldung. Diese Nachfragelücke (Differenz zwischen kalkulierten Preisen und denen, die sich mit der als Faktorkosten bereits vorhandenen Nachfrage zwangsläufig ergeben muss), kann zunächst (!) nur durch zusätzliche Kredite/Schulden geschlossen werden.
Ansonsten verschwinden Schulden in toto nur durch Konsum in toto.
>Noch eins zum Abschluss. Ich bin ein empfindsamer Langsamdenker. Ich suche keinen Streit, sondern Erkenntnisse.
Das freut mich ganz besonders. Ich hoffe, etwas zur Erkenntnis beigetragen zu haben.
Schönen Gruß und nochmals Danke!
d.
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Elliott-Waves
21.02.2002, 13:29
@ dottore
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Re: Debitismus: Erklärung Teil 1. / eRKA: Bitte in die dottore-Sammlung (owT) |
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Elliott-Waves
21.02.2002, 13:30
@ dottore
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Re: Debitismus: Teil 2. / eRKa: das auch (owT) |
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subito
21.02.2002, 13:52
@ dottore
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Re: Debitismus: Erklärung Teil 1 - Wirklich kein Zinseszins? |
Hallo dottore!
Sie schreiben:
Ein Zinseszinseffekt (also die 100 bleiben auf ewig stehen und werden hochgebucht) ist unmöglich, da ein zurückgezahlter Kredit nicht mehr verzinst werden kann. Im Gegenteil, der Zins (Summe! Als Auszahlung-Einzahlung-Rückzahlung) von der jeweils noch übrig bleibenden Schuld (von wem auch immer) wird stetig kleiner.
Was als"Zinseszinseffekt" verkauft wird, ist eine Verwechslung. Die Zinsen steigen in einem Fall des einen Unternehmers niemals, weil getilgt wird. Hat er auch noch die 5 eingezahlt bekommen, kann er sie an den Kreditgeber zurückzahlen und ist absolut schuldenfrei. D.h. seine gesamten 105 sind komplett verschwunden.
Der erste Unternehmer kann 105,- nur dann zurückzahlen, wenn ein zweiter 5,- aufnimmt und an den ersten zahlt. Der zweite kann seine Schuld nur begleichen wenn ein dritter 5,25 Kredit nimmt und an den zweiten zahlt. Beim vierten sind es 5,51, dann 5,79 usw. Ist da nicht doch ein Zinseszins-Effekt am Werk, zwar nicht auf die ursprünglichen 100,- aber doch auf die ersten 5,- Zinsen davon?
Gruss
subito
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JüKü
21.02.2002, 14:04
@ subito
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Re: Debitismus: Erklärung Teil 1 - Wirklich kein Zinseszins? |
>Hallo dottore!
>Sie schreiben:
>Ein Zinseszinseffekt (also die 100 bleiben auf ewig stehen und werden hochgebucht) ist unmöglich, da ein zurückgezahlter Kredit nicht mehr verzinst werden kann. Im Gegenteil, der Zins (Summe! Als Auszahlung-Einzahlung-Rückzahlung) von der jeweils noch übrig bleibenden Schuld (von wem auch immer) wird stetig kleiner.
>Was als"Zinseszinseffekt" verkauft wird, ist eine Verwechslung. Die Zinsen steigen in einem Fall des einen Unternehmers niemals, weil getilgt wird. Hat er auch noch die 5 eingezahlt bekommen, kann er sie an den Kreditgeber zurückzahlen und ist absolut schuldenfrei. D.h. seine gesamten 105 sind komplett verschwunden.
>Der erste Unternehmer kann 105,- nur dann zurückzahlen, wenn ein zweiter 5,- aufnimmt und an den ersten zahlt. Der zweite kann seine Schuld nur begleichen wenn ein dritter 5,25 Kredit nimmt und an den zweiten zahlt. Beim vierten sind es 5,51, dann 5,79 usw. Ist da nicht doch ein Zinseszins-Effekt am Werk, zwar nicht auf die ursprünglichen 100,- aber doch auf die ersten 5,- Zinsen davon?
>Gruss
>subito
Schon richtig, aber niemand (außer dem Staat) kann sich (fast) unendlich verschulden. Irgendwann fallen einige, die sich übernommen haben, hinten runter und gehen pleite. Das sind die"kleinen Deflationen" (Schuld = Guthaben = Geld verschwindet). Und solange es sich um relativ kleine, lokale Ausfälle handelt, bleibt alles im Gleichgewicht und die Gesamtschulden steigen nicht immer weiter. Ausnahme, wie gesagt, der Staat - bis es irgendwann auch da nicht tmehr geht, und dann tuts weh und ist keine"kleine Deflation" mehr, sondern eine große.
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Zardoz
21.02.2002, 14:08
@ subito
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Sehe ich ebenso. (owT) |
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Popeye
21.02.2002, 14:36
@ dottore
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Da steh' ich nun, ich armer Wicht... |
Hallo dottore
Ja, nun sitze ich brütend vor 10 Seiten von Ihnen (ganz herzlichen Dank!) und frage mich auf was ich mich da in meiner Neugier eingelassen habe. Beim ersten Durchlesen fällt mir auf, dass monetäre und reale, statische und dynamische Vorgänge hier in einer Form ineinander greifen, die es mir schwer machen das richtige Eingangtor zu dieser Gedankenwelt zu finden. Aber ich werde versuchen, mich durchzubeißen.....
Nochmals, danke für die Mühe, dottore!
Gruß
Popeye
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dottore
21.02.2002, 15:47
@ subito
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Re: Wirklich kein Zinseszins? Nein, bitte dazu: |
Hi subito,
>Der erste Unternehmer kann 105,- nur dann zurückzahlen, wenn ein zweiter 5,- aufnimmt und an den ersten zahlt.
Richtig. Dann sind die 100 weg. Die hatte er sich geliehen und die sind via Kreislauf an ihn zurückgekehrt. Und er kann den ursprünglichen Kredit tilgen. Was er noch nicht hat, sind die 5.
>Der zweite kann seine Schuld nur begleichen wenn ein dritter 5,25 Kredit nimmt und an den zweiten zahlt.
Nein. Der Zweite hat doch nur 5 Schulden, die er genau so zurückzahlt, wie der erste die 100.
Der Dritte muss nicht 5,25 Kredit nehmen, denn die 5 sind ja bereits - via Kreislauf - an den Zweiten zurückgekehrt. Er muss nur noch 0,25 nehmen, damit der Zweite außer den 5 auch noch die 0,25 bezahlen kann.
>Beim vierten sind es 5,51, dann 5,79 usw. Ist da nicht doch ein Zinseszins-Effekt am Werk, zwar nicht auf die ursprünglichen 100,- aber doch auf die ersten 5,- Zinsen davon?
Auch nein. Denn es geht so: 100 Schulden, 100 zurück. Bleiben 5 Schulden, die ein anderer machen muss, dann zurück. Bleiben 0,25 offen, gleicher Ablauf. Beim Vierten dann 0,0125 usw.
Jeder zeitlich spätere Schuldner hilft so dem zeitlich früheren Schuldner aus der Klemme, da jedesmal in gleicher Form kreditiert und zurückgezahlt wird (immer ohne den noch offenen, dabei immer kleiner werdenden Zinsanteil, bezogen auf den allerersten Kredit von 100 natürlich!).
So entstehen und verschwinden einmal gemachte Schulden automatisch.
Was ganz anderes sind jeweils neu hinzukommende Schulden. Vor 40 Jahren konnte kein einziger Verbraucher Ratenkredite nehmen oder sein Konto überziehen (= Kredit der Bank). Inzwischen werden doch schon Kinder zum Schuldenmachen verführt.
Aber diese neuen Schulden (völlig neue Verschuldungsarten) haben überhaupt nichts mit den Schulden zu tun, die VW vor 40 Jahren machen durfte, als nur Unternehmen (und Häuslebauer) sich verschulden durften, und gemacht (und selbstverständlich inzwischen getilgt hat).
Wer sich heute ein Haus baut und eine Hypothek usw. aufnimmt, ist nach 30 Jahren (oder 40 meinetwegen) schuldenfrei. Die Schulden hat nicht etwa dann ein anderer (oder die gleichhohen Guthaben ein anderer, das ist der allergrößte Unfug), sondern sie sind ganz einfach weg.
Genau so ins Nichts verschwunden wie sie aus dem Nichts gekommen sind. Denn der Hausbauer muss doch kein Haus bauen, sondern kann weiter zur Miete wohnen. Dann kann der Hypothekenkredit niemals erscheinen, ganz einfach, weil das Haus gar nicht gebaut wird.
Und genau so wie ein Haus aus dem Nichts erscheint, erscheint auch der Hypothekarkredit dann, wenn das Haus finanziert wird, aus dem Nichts.
Gruß
d.
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dottore
21.02.2002, 15:53
@ Zardoz
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Re:"Woher kommen die zusätzlichen 10 Euro?" - genau darum geht's! Danke (owT) |
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Zardoz
21.02.2002, 16:40
@ dottore
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Moment... |
>Nein. Der Zweite hat doch nur 5 Schulden, die er genau so zurückzahlt, wie der erste die 100.
... mal, so kann es nicht sein. Der Zweite hat die 5 Schulden, weil er dafür Produkte des Ersten kaufte. Um diese 5 + Zins = 5,25 zurückzahlen zu können, muß der Zyklus erst wieder durchlaufen werden mit folgendem Ergebnis:
Ein Kredit von der Einfachheit halber wiederum 100 wird investiert, die 100 werden ausgezahlt, mit 5,25 davon tilgt obiger Zweiter seine Schuld, bleiben 94,75 als Nachfrage nach wiederum einem Angebot von 105. Differenz und damit Neuverschuldung gegenüber dem ersten Zyklus: 10,25.
Und so etwa sollte es dann weitergehen. Oder wo ist mein Denkfehler?
Nice day,
Zardoz
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dottore
21.02.2002, 18:25
@ Zardoz
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Re: Völlig richtige Fragestellung (plus Antwort) |
>>Nein. Der Zweite hat doch nur 5 Schulden, die er genau so zurückzahlt, wie der erste die 100.
>... mal, so kann es nicht sein. Der Zweite hat die 5 Schulden, weil er dafür Produkte des Ersten kaufte.
Der Erste hat allerdings schon genau so gekauft, eben von dem, der schon davor die Ware hatte. Sozusagen vom"Vor-Ersten". Der"Erste" war hier nur eine Hilfskonstruktion, um überhaupt irgendwo zu starten.
Tatsächlich gibt es immer einen Vorschuldner vor dem Schuldner und nach dem Schuldner einen Nachschuldner.
Das Ganze ist eine Endloskette - vorwärts wie rückwärts.
>Um diese 5 + Zins = 5,25 zurückzahlen zu können, muß der Zyklus erst wieder durchlaufen werden mit folgendem Ergebnis:
>Ein Kredit von der Einfachheit halber wiederum 100 wird investiert, die 100 werden ausgezahlt, mit 5,25 davon tilgt obiger Zweiter seine Schuld, bleiben 94,75 als Nachfrage nach wiederum einem Angebot von 105. Differenz und damit Neuverschuldung gegenüber dem ersten Zyklus: 10,25.
Nein, nein! Der zweite, zeitlich spätere Kredit (5) wird genauso getilgt wie der erste (100). Der dritte noch spätere Kredit (0,25) ganz genau so. Wir müssen jeden Kredit erst mal einzeln sehen, wie er entsteht und wie er vergeht.
Kommt zu der Abwicklung dieses Kredits, der automatisch per Tilgung ausläuft ein neuer Kredit dazu (das Beispiel mit den"nochmal" 100), muss der genauso abgewickelt werden.
Der Nochmal-100-Kredit hat zunächst überhaupt nichts mit dem schon in Auflösung befindlichen Erst-100-Kredit zu tun.
Sich einfach vorstellen: Der erste Kredit läuft in Stadt A (als einziger Kredit/Schuldenvorgang), der zweite in Stadt B (weit weg).
Natürlich mixen sich die Kredite allmählich (Wirtschaft wächst"zusammen"), aber jeder Kredit muss für sich allein gesehen werden, auch wenn ein Teil davon (eben die 5) dem ersten Schuldner zur Abwicklung seines Kredits helfen können.
Wir haben dann:
Schuldner A = 100, Schuldner B = 5, Schuldner C = 0,25. Alle in zeitlicher Reihenfolge. Kredit A läuft aus.
Jetzt nimmt Schuldner B einen neuen Kredit nicht nur von 5, sondern von 100. Mit den 5 hilft er dem A. B ist jetzt 100 schuldig und muss 105 zurückzahlen. Die 5 hat er aber A nicht geschenkt, sondern sich entweder bei A etwas gekauft, was er wiederum genauso einsetzt, wie schon A vorher die 100 eingesetzt hatte.
Das Problem, das B jetzt hat, kommt nicht aus den 5, die an A gewandert sind, denn hätte er nur 5 Schulden gemacht statt den 100, die er gemacht hat, hätte er - bezogen jetzt auf den A-Kredit - nur das Problem seine 5 wieder zu kriegen, die er genau so wieder kriegen würde, wie A seine 100 wieder gekriegt hat (via Kreislauf) plus den C zu finden, der die 0,25 Schulden macht, usw.
Das Problem von B liegt jetzt darin, dass er überhaupt Schulden von mehr als 5 gemacht hat, die zeitlich später (!) liegen und die in der Folgezeit genauso abgearbeitet werden müssen wie schon A die Schulden abgearbeitet hat. B muss also die von A erhaltenen 5 (bei A = Zinszahlungsmöglichkeit) in der Form in der er sie erhalten hat, so einsetzen, dass seine - nach wie vor nur 100 Schulden (plus später fälligem Zins von 5) - zu ihm zurückkehren und sich wiederum ein noch zeitlich späterer Nachschuldner findet, der die 10,25 (völlig richtig gesehen!) als Kredit nimmt.
Dass es 10,25 statt der nur 5 sind, stammt nicht aus dem A-Kredit, sondern aus dem neuen B-Kredit, der höher ausgefallen ist als zur Bedienung des A-Kredits nötig gewesen wäre.
Zum Beispiel kann jetzt der inzwischen schuldenfreie A sich wieder einen Kredit nehmen oder ein D, usw. Die ganze Wirtschaft ist eine unendliche Schuldenkette, wobei die Schulden sub summa immer schwieriger abzuarbeiten sind, was aber nicht am Zins als solchem liegt, sondern an der explodierten Neuverschuldung insgesamt.
Die Menschen leben doch inzwischen so als gäbe es kein Morgen.
Jeder einzelne Kredit schmilzt im Normalfall immer weiter ab. Und jeder neue, zeitlich spätere (!) Kredit wird genau so abschmelzen, genauso mit Hilfe von zeitlich noch (!) späteren"Nachschuldnern", jeweils bezogen auf den jeweils zeitlich früheren Kredit.
Jetzt zum Extremfall:
Würden ab sofort keine"new credits" mehr gegeben oder genommen, fiele die Zeitüberbrückungs-Krücke Nachschuldner weg ("Extremfall": alles Geld wird für wertlos erklärt und entfällt als monetäres Surrogat für später zu erbringende Leistung und Neukreditierungen werden auch noch verboten).
Dann müssten die Schuldner alles (Schuld plus Zinssumme, je nachdem wie lange der Kredit gelaufen war) letztlich in realer Leistung erbringen, die von den Gläubigern als endgültig akzeptiert werden. Ihnen bliebe also nichts anderes übrig, als sich zu den Fälligkeitszeitpunkten mit den dann zur Verfügung stehenden Waren bzw. Diensten abzufinden bzw. zu vollstrecken.
Gläubiger zu sein ist nicht das Zuckerschlecken, von dem hier gelegentlich die Rede ist, sondern eine höchst riskante Sache. Und nur weil die Hochbuchungsnummer gebracht wurde (= letztlich Einbuchung ins Staatskonto) wähnt sich der Gläubiger in völliger Sicherheit. Davon kann aber keine Rede sein und so war es auch noch nie zuvor in der Geschichte.
Nach Leistung bzw. Vollstreckung sind auch im Extremfall alle Kredite verschwunden, da in der Form geleistet, um die es schlussendlich beim Wirtschaften geht, nämlich in Form von Waren oder Diensten bzw. durch Eigentum - Klartext: Eigentümerwechsel.
Die Schwierigkeit, dies zu durchschauen, besteht darin, sich von Tauschvorstellungen zu lösen, und alles, was wirtschaftlich geschieht, als Erfüllung von Kontrakten vorzustellen, die zwar"monetär" ausschauen, die aber letztlich immer Kontrakte sind, die etwas in Form von Waren oder Diensten zu Leistendes beinhalten.
Dass wir uns davon immer weiter entfernt haben (via Hochbuchung oder von Neu-Kreditnahmen, die von vorneherein nicht zu erfüllen sind - man stelle sich bloß vor, der Neue Markt hätte sich in den 90ern ausschließlich über Anleihen statt über Aktien finanziert!), ist eine andere Geschichte.
Besten Gruß
d.
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Oldy
21.02.2002, 20:13
@ Zardoz
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Re: Moment... |
>>Nein. Der Zweite hat doch nur 5 Schulden, die er genau so zurückzahlt, wie der erste die 100.
>... mal, so kann es nicht sein. Der Zweite hat die 5 Schulden, weil er dafür Produkte des Ersten kaufte. Um diese 5 + Zins = 5,25 zurückzahlen zu können, muß der Zyklus erst wieder durchlaufen werden mit folgendem Ergebnis:
>Ein Kredit von der Einfachheit halber wiederum 100 wird investiert, die 100 werden ausgezahlt, mit 5,25 davon tilgt obiger Zweiter seine Schuld, bleiben 94,75 als Nachfrage nach wiederum einem Angebot von 105. Differenz und damit Neuverschuldung gegenüber dem ersten Zyklus: 10,25.
>Und so etwa sollte es dann weitergehen. Oder wo ist mein Denkfehler?
>Nice day,
>Zardoz
$$$ Dein Denkfehler ist, daß Du den Gewinn nicht bedenkst, mit dem nicht nur
Die Rückzahlung des Kredites sondern auch die Zinsen bezahlt werden. Derselbe Gewinn, der auch es einem Kaufmann möglich macht ohne weitere Verschuldung mit Eigenmitteln zu wirtschaften. Den vergesse allen Debitisten weil sie überall nur Schulden sehen aber keine Guthaben. Die wollen sie ja im Interesse der großen Guthabenbesitzer unterschlagen.
Gruß Oldy
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Popeye
21.02.2002, 20:43
@ dottore
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Von Mäusen und Mausefallen. Fall I |
Verständnisversuch
FALL I
Annahmen:
Geschlossene Volkswirtschaft = Kein Geld- oder Warentransfer mit anderen Volkswirtschaften
Stationäre Volkswirtschaft = Angebot und Nachfrage der Volkswirtschaft ändern sich insgesamt nicht.
Tauschwirtschaft = Warengeld = Geldproduktion"kostet" Resourcen.
Frage: Wie funktioniert"Debitismus" unter diesen Annahmen?
Beginnen wir wieder bei unserem nun sattsam bekannten Unternehmer, der sich von einer Manufaktur für Mausefallen Gewinn verspricht, weil das Getreide des kleinen Landes durch eine Mäuseplage dezimiert wird. Er spart für dieses Ziel und schränkt sich ein, damit er später die erforderlichen Gerätschaften kaufen und Arbeiter einstellen kann. Während dieser Sparperiode beginnen einige der Gewerbetreibenden in seiner Umgebung zu klagen, dass die Geschäfte derzeit gar nicht so gut gingen. Aber trotz beginnender Zweifel hält unser Unternehmer an seinen Plänen fest. Es wird schon werden!
Eines Tages ist es so weit. Er beauftragt einige Handwerker der Umgebung, die erforderlichen Gerätschaften herzustellen und als diese zu seiner vollen Zufriedenheit geliefert werden bezahlt er die Handwerker mit einem Teil seiner Ersparnisse und stellt er sofort zwei Arbeiter ein, die er zunächst ebenfalls aus seinen Ersparnissen entlohnt und beginnt mit der Herstellung der Mausefallen. Es wird ein voller Erfolg. Die Mäusefallen werden ihm aus der Hand gerissen und er muss mehr Arbeiter einstellen, um die stürmische Nachfrage zu befriedigen. Die Mäuseplage geht drastisch zurück, es ist soviel Getreide auf dem Markt, dass dessen Preis sogar sinkt und die Landwirte, wegen des höheren Absatzes über den Preisverfall nicht einmal sonderlich klagen.
Was ist passiert: Während der Sparphase unseres Unternehmers ist die Gesamtnachfrage um den Betrag, den unser Unternehmer gespart hat zurückgegangen. Deswegen klagten einige der Gewerbetreibenden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob unser Unternehmer selbst spart, oder ob er sich von jemandem, der bereits vor ihm den fraglichen Betrag gespart hat, einen Kredit geben lässt. Für diesen Kredit hätte unser Unternehmer natürlich später Zinsen zahlen und Tilgungen leisten müssen. Wie ist das möglich?
Ebenso wie der Kreditgeber vor ihm, muss unser Unternehmer nun"sparen". Muss er sich deshalb einschränken und hungern? Das kommt darauf an.
Einerseits kaufen die Marktteilnehmer nun zusätzlich zu dem was sie früher benötigten Mäusefallen, müssen sich also bei anderen Ausgaben zurückhalten. Andererseits ist das Getreideaufkommen durch den Mord an den lieben kleinen Nagern deutlich gestiegen, so dass der Peis des Getreides gesunken ist und für den gleichen Betrag nun mehr Getreide gekauft werden kann ohne, dass die Landwirte einen Einnahmeverlust (Menge x Preis) hinnehmen mussten.
Für den Einzelnen, wie für unseren Unternehmer kommt es also darauf an, ob er soviel durch die geringeren Getreidepreise"spart", dass die zusätzlichen Ausgaben für Mausefallen durch die Ersparnisse beim Getreidekauf aufgewogen werden.
Ist das der Fall, sind der Einzelne besser dran als früher. Auch unser Unternehmer. Weil er deutlich geringere Ausgaben für seine Getreideverbrauch und nur geringfügige Mehrausgaben für selbstgenutzte Mausefallen hat, muss er sich nicht einschränken. Vielmehr kann er, wegen der geringeren Ausgaben für seinen Lebensunterhalt aus dieser"Ersparnis" die Zinsen bezahlen.
Aber auch für unsere kleine Volkswirtschaft insgesamt ist diese Betrachtung richtig. Solange die Mehrausgaben für die Mausefallen durch die Minderausgaben für Getreide mehr als aufgewogen werden, kann sich zusätzliche Nachfrage nach anderen Gütern entfalten, dass heißt der Versorgungsgrad unserer kleinen Volkswirtschaft (Lebensstandard) steigt.
Halten wir für diesen Fall I also fest: Bis auf die kurze Sparphase unseres Unternehmers kann alle Produktion verkauft werden. Zinsen für Kredite können in dem Umfang bezahlt werden wie der Versorgungsgrad unserer kleinen Volkswirtschaft steigt (Produktivitätszuwachs). Ich sehe für diesen Fall I keinen Ansatzpunkt für eine Nachfragelücke, die durch zusätzliche Verschuldung gedeckt werden müsste.
Ich bitte um freundliche Kritik - wo notwendig. Danke!
Fortsetzung folgt.
Gruß
Popeye
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dottore
21.02.2002, 22:06
@ Popeye
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Re: Von Mäusen und Mausefallen. Fall I |
>Verständnisversuch
>FALL I
>Annahmen:
>Geschlossene Volkswirtschaft = Kein Geld- oder Warentransfer mit anderen Volkswirtschaften
Okay.
>Stationäre Volkswirtschaft = Angebot und Nachfrage der Volkswirtschaft ändern sich insgesamt nicht.
Auch okay.
Aber schon dann kann die Nachfrage niemals (da aus Faktorkosten, als AUSZAHLUNGEN also entstanden) das Angebot vom Markt nehmen, da das Angebot aus Preisen besteht, die Zins, Gewinn und auch die Zeitüberbrückungskosten zwischen dem Erscheinen (Auszahlung) der Faktorkosten) und dem Zurückfließen dieser (als EINZAHLUNG an Unternehmer) enthalten müssen.
Gäbe es keine Kosten für Zeit, würde alles entweder gleichzeitig oder nie Statt finden.
>Tauschwirtschaft = Warengeld = Geldproduktion"kostet" Resourcen.
Bei Tauschwirtschaft müssen nur die jeweiligen Kosten der Waren auf beiden Seiten genau gleich hoch sein und dann - da in den Kosten ("Preisen") der Tauschgüter kalkuliert - kosten die Ressourcen auf beiden Seiten gleich viel:
10 Unzen Gold aus dem Fluss waschen = 1000 Sack Getreide sähen, ernten, dreschen usw. oder welches Verhältnis auch immer.
>Frage: Wie funktioniert"Debitismus" unter diesen Annahmen?
Ganz einfach: Es gibt ihn nicht. Da nirgends etwas vorfinanziert wurde, bzw. die Vorfinanzierungskosten (= vorübergehender Konsumverzicht) auf beiden Seiten der Tauschenden gleich sind, so dass ein"Finanzier" gar nicht erst auftreten kann.
>Beginnen wir wieder bei unserem nun sattsam bekannten Unternehmer, der sich von einer Manufaktur für Mausefallen Gewinn verspricht, weil das Getreide des kleinen Landes durch eine Mäuseplage dezimiert wird. Er spart für dieses Ziel
Was bzw. in was spart er? In (nicht ausgeübten) Forderungen kann er nicht sparen.
>und schränkt sich ein,
Konsumverzicht, siehe oben. Aber dann verzichtet er auf den Konsum von Gütern.
>damit er später die erforderlichen Gerätschaften kaufen und Arbeiter einstellen kann. Während dieser Sparperiode beginnen einige der Gewerbetreibenden in seiner Umgebung zu klagen, dass die Geschäfte derzeit gar nicht so gut gingen.
In einer Tauschwirtschaft, in der wir immer noch sind, kann niemals jemand klagen. Hat er mehr produziert als ihm andere für seine Güter (Waren) geben wollen, dann hat er letztlich für sich selbst produziert, bzw. muss sein Selbstprodukt selbst verkonsumieren. Oder er schmeißt es weg.
>Aber trotz beginnender Zweifel hält unser Unternehmer an seinen Plänen fest. Es wird schon werden!
Die Zweifel können in einer Tauschwirtschaft keinerlei Bestand haben. Wenn ich merke, dass ich meine Güter per Tausch nicht loswerde, egal wir, dann produziere ich sie nicht mehr.
>Eines Tages ist es so weit. Er beauftragt einige Handwerker der Umgebung, die erforderlichen Gerätschaften herzustellen und als diese zu seiner vollen Zufriedenheit geliefert werden bezahlt er die Handwerker mit einem Teil seiner Ersparnisse
Du denkst an Ersparnisse in Form von Waren. Dann muss er Waren herstellen, die haltbar sind, so dass sie irgendwann doch von anderen (hier Handwerker) genommen werden - im Austausch gegen ihre Arbeit.
>und stellt er sofort zwei Arbeiter ein, die er zunächst ebenfalls aus seinen Ersparnissen entlohnt
Er kann die Arbeiter nur in Waren entlohnen. Auch in der Ware Edelmetall.
>und beginnt mit der Herstellung der Mausefallen. Es wird ein voller Erfolg. Die Mäusefallen werden ihm aus der Hand gerissen und er muss mehr Arbeiter einstellen, um die stürmische Nachfrage zu befriedigen.
Er muss nicht. Er will. Aber um diesem Willen auch Fakten folgen zu lassen, muss er entsprechende Waren (oder Edelmetall) selbst schon auf Lager haben. Sein Risiko, das damit verbunden ist, geht zu seinen Gunsten auf.
>Die Mäuseplage geht drastisch zurück, es ist soviel Getreide auf dem Markt, dass dessen Preis sogar sinkt und die Landwirte, wegen des höheren Absatzes über den Preisverfall nicht einmal sonderlich klagen.
Der Preis des Getreides kann nur relativ zu dem anderer Waren fallen, nicht als solcher.
>Was ist passiert: Während der Sparphase unseres Unternehmers ist die Gesamtnachfrage um den Betrag, den unser Unternehmer gespart hat zurückgegangen.
Nein. Denn der Unternehmer hat in Form eigenen Konsumverzichts gespart. Mit etwas, worauf ich als Konsument verzichte, kann ich keine"Gesamtnachfrage" senken. Denn ICH habe verzichtet und das, worauf ICH verzichte, kann keinem ANDEREN fehlen, sondern nur mir allein (als Konsumverzicht eben).
>Deswegen klagten einige der Gewerbetreibenden.
Nein, ihnen kann nichts fehlen. Außer - siehe oben - sie haben mehr Tauschgüter erstellt als sie in der gewünschten Form und Menge von der Gegentauschseite erhalten.
>Dabei macht es keinen Unterschied, ob unser Unternehmer selbst spart, oder ob er sich von jemandem, der bereits vor ihm den fraglichen Betrag gespart hat, einen Kredit geben lässt.
Doch Unterschied. Der Konsumverzicht des Unternehmers = Produzenten selbst hat nichts mit einem Kredit zu tun, da dieser den Konsumverzicht eines anderen voraussetzt.
>Für diesen Kredit hätte unser Unternehmer natürlich später Zinsen zahlen und Tilgungen leisten müssen. Wie ist das möglich?
Nimmt ein Unternehmer Kredit, ist er Zinsen schuldig ("Mehr" muss er zurückzahlen bzw. -geben). Und die Rückzahlungen (in Tauschwirtschaft mit Zeitverzögerung beim Zug um Zug) korrekt: Rückgaben auch.
>Ebenso wie der Kreditgeber vor ihm, muss unser Unternehmer nun"sparen". Muss er sich deshalb einschränken und hungern? Das kommt darauf an.
Nicht"nun". Immer früher. Hat er nichts gespart (in Waren) muss er Kredit nehmen - über diese Waren.
>Einerseits kaufen die Marktteilnehmer nun zusätzlich
Sie kaufen nicht, sie tauschen. Zusätzlicher Tausch setzt zusätzlichen Tausch auf beiden Seiten voraus. Statt bisher 1 Mausefalle = 1 Sack Getreide jetzt 10 Mausefallen = 10 Sack Getreide. Oder die"Preise" verändern sich relativ, dann wird entweder auf andere Waren ausgewichen. Oder - falls nur diese beiden Waren produziert werden - eine der Seiten ist jetzt schlechter dran als vorher. Ganz normal. Manchmal braucht man halt mehr Getreide und manchmal mehr Mausefallen.
>zu dem was sie früher benötigten Mäusefallen, müssen sich also bei anderen Ausgaben zurückhalten. Andererseits ist das Getreideaufkommen durch den Mord an den lieben kleinen Nagern deutlich gestiegen, so dass der Peis des Getreides gesunken ist und für den gleichen Betrag
Welchen"Betrag"? Entweder wir tauschen Waren, dann gibt es keinen Betrag, sondern immer nur wechselnde Quantitäten in wechselnden Qualitäten.
>nun mehr Getreide gekauft werden kann ohne, dass die Landwirte einen Einnahmeverlust (Menge x Preis) hinnehmen mussten.
Kaufen kann ich nur mit Kredit. Das ist sehr wichtig. Alles andere ist Tausch. Der Kaufvertrag ist immer ein Lieferungs- bzw. Leistungsvertrag: Eine Seite ist verpflichtet Ware zu liefern, die andere Geld. Geld ist immer nur aus Kredit möglich. Sonst ist und bleibt es Ware (= Edelmetall).
>Für den Einzelnen, wie für unseren Unternehmer kommt es also darauf an, ob er soviel durch die geringeren Getreidepreise"spart", dass die zusätzlichen Ausgaben für Mausefallen durch die Ersparnisse beim Getreidekauf aufgewogen werden.
>Ist das der Fall, sind der Einzelne besser dran als früher. Auch unser Unternehmer. Weil er deutlich geringere Ausgaben für seine Getreideverbrauch und nur geringfügige Mehrausgaben für selbstgenutzte Mausefallen hat, muss er sich nicht einschränken. Vielmehr kann er, wegen der geringeren Ausgaben für seinen Lebensunterhalt aus dieser"Ersparnis" die Zinsen bezahlen.
Zinsen kann er nur mit Waren leisten, richtig. Es können aber nur Waren sein, auf deren Konsum er verzichtet hat oder verzichtet.
>Aber auch für unsere kleine Volkswirtschaft insgesamt ist diese Betrachtung richtig. Solange die Mehrausgaben für die Mausefallen durch die Minderausgaben für Getreide mehr als aufgewogen werden, kann sich zusätzliche Nachfrage nach anderen Gütern entfalten, dass heißt der Versorgungsgrad unserer kleinen Volkswirtschaft (Lebensstandard) steigt.
Nein. Die hier gemeinte zusätzliche Nachfrage kann immer nur aus zusätzlicher Kreditierung kommen. Es gibt keine zusätzliche Nachfrage aus früherer Ersparnis - es sei denn es handelt sich bei diesem Sparen um Konsumverzicht (= Waren blieben übrig).
>Halten wir für diesen Fall I also fest: Bis auf die kurze Sparphase unseres Unternehmers kann alle Produktion verkauft werden.
Die"kurze" Sparphase ist entscheidend. Entweder es war Konsumverzicht (= Waren wurden nicht verkonsumiert und können jetzt in andere Waren oder Dienste getauscht werden). Oder es sind Forderungen. Dann der übliche Kredit.
>Zinsen für Kredite können in dem Umfang bezahlt werden wie der Versorgungsgrad unserer kleinen Volkswirtschaft steigt (Produktivitätszuwachs).
Produktivitätszuwaqchs ist unbestritten. Dann aber bedeutet dieser"Zuwachs" letztlich und konkret immer die Produktion der gleichen Warenmenge in kürzerer Zeit. Und die Waren kann ich nur dann in mehr andere Waren tauschen, wenn dort ebenfalls produktiver gearbeitet wurde.
Dann arbeitet jeder von beiden zeitlich kürzer.
>Ich sehe für diesen Fall I keinen Ansatzpunkt für eine Nachfragelücke, die durch zusätzliche Verschuldung gedeckt werden müsste.
Die Nachfragelücke gibt es in der Tauschwirtschaft (Zug um Zug) nicht. Sobald Zins durch die Tür tritt (Kredit), haben wir den Zwang zur Mehrleistung.
Bsten Gruß
d.
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Popeye
21.02.2002, 22:31
@ dottore
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O.K., dottore, ich geb auf! |
Ich vertseh's einfach nicht und muß wohl damit leben. Das ist alles so schillernd, dass ich es nicht greifen kann. Sorry & danke für die Mühe!
Fortsetzung folgt nicht.
Gruß
Popeye
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Josef
21.02.2002, 22:54
@ Popeye
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@popeye: Warum gibst du auf? Droesele es dir noch mal Satz fuer Satz auf. |
Und achte darauf, ob du jedes Wort in diesem Satz und dann den Sinn dieses
Satzes verstanden hast. Wenn du das ganz genau machst, wirst du es anschliessend
bestimmt verstanden haben.
Freundliche Gruesse Josef
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Popeye
21.02.2002, 23:26
@ Josef
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Re: @popeye: Warum gibst du auf? Droesele es dir noch mal Satz fuer Satz auf. |
>Und achte darauf, ob du jedes Wort in diesem Satz und dann den Sinn dieses
>Satzes verstanden hast. Wenn du das ganz genau machst, wirst du es anschliessend
>bestimmt verstanden haben.
>Freundliche Gruesse Josef
Danke für den Zuspruch, Josef, aber (z.B.) für das folgende Zitat geht Dein Rat ins Leere. Ich bräuchte einen neuen Kopf! Trotzdem,danke! Gruß Popeye
>Stationäre Volkswirtschaft = Angebot und Nachfrage der Volkswirtschaft ändern sich insgesamt nicht.
Auch okay.
Aber schon dann kann die Nachfrage niemals (da aus Faktorkosten, als AUSZAHLUNGEN also entstanden)
das Angebot vom Markt nehmen, da das Angebot aus Preisen besteht, die Zins, Gewinn und auch die
Zeitüberbrückungskosten zwischen dem Erscheinen (Auszahlung) der Faktorkosten) und dem Zurückfließen
dieser (als EINZAHLUNG an Unternehmer) enthalten müssen<
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Zardoz
22.02.2002, 00:38
@ Oldy
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Re: Moment... |
Hallo Oldy,
>$$$ Dein Denkfehler ist, daß Du den Gewinn nicht bedenkst, mit dem nicht nur
>Die Rückzahlung des Kredites sondern auch die Zinsen bezahlt werden.
>Derselbe Gewinn, der auch es einem Kaufmann möglich macht ohne weitere Verschuldung mit Eigenmitteln zu wirtschaften. Den vergesse allen Debitisten weil sie überall nur Schulden sehen aber keine Guthaben. Die wollen sie ja im Interesse der großen Guthabenbesitzer unterschlagen.
>Gruß Oldy
jeder weitere Gewinn in meinem Modell vergrößert doch nur die notwendige Neuverschuldung. Mache ich 50 Euro Gewinn, müssen die irgendwo herkommen.
Woher?
Nice night,
Zardoz
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Zardoz
22.02.2002, 01:53
@ dottore
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Danke (plus Nachfrage) |
Lieber dottore,
vielleicht habe ich es noch immer nicht verstanden. Und wegen meiner Begriffstutzigkeit schon ein so einfaches Modell gewählt.
Ausgangslage war ja: A hat 100 Kredit über sein Unternehmen in Umlauf gebracht und 105 für seine Produkte erlöst, indem B sich um 5 verschuldet hat. Alle anderen haben bei A mittels der von ihm in Umlauf gebrachten 100 gekauft. A hat also inzwischen seinen Kredit inklusive Zinsen getilgt und B hat 5 Schulden.
>Nein, nein! Der zweite, zeitlich spätere Kredit (5) wird genauso getilgt wie der erste (100).
Der erste wurde getilgt, indem A die 100 in Umlauf brachte und als Erlöse zurückbekam. B kann keine 5 in Umlauf bringen, er hat doch dafür von A Produkte erworben. B kann seine Schuld von 5,25 erst tilgen, wenn er sie von wem immer bekommt. Der nächste, nennen wir ihn C, müsste also mindestens 5,25 Schulden machen und diese an B zahlen. B tilgt und ist schuldenfrei. Für die notwendige Nachfrage nach den Produkten C's steht nun nichts mehr zur Verfügung. Die 5,5125 zur Rückzahlung seines Kredits müssen komplett aus Neuverschuldung stammen. Und für mich sieht es so aus, daß sich das ab da so immer weiter fortsetzt. Selbst wenn ich denn ersten Kredit beliebig klein mache, habe ich dieses exponentielle Wachstum auf den ersten anfangs ebenfalls sehr kleinen Zins. Und der wird nie getilgt.
Alles andere ist mir klar. Aber die beliebig große Anzahl parallel aufgenommener und getilgter Kredite sowie die reale Komplexität der Wirtschaft waren auch nicht mein Anliegen. Sondern die Frage, ob in dem System prinzipiell so eine Art"wachsendes Schuldenloch" existieren muß.
Andererseits ist es die Bestätigung für mich, daß XS grundsätzlich Unrecht hat, da er ja nur den Zins sehr klein machen möchte. Dank exponentiellen Wachstums nützt das aber genau nichts. Das System und die Folgen bleiben gleich.
Vielen Dank für Deine Mühe,
Zardoz
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