Trübe Aussicht für Chinas Wirtschaft
Staatsverschuldung steigt auf Rekordhöhe. Entlassungswelle rollt
Von Johnny Erling
Peking - Pekinger Wirtschaftspolitiker haben zum Auftakt des heute beginnenden zehntägigen Volkskongresses ein düsteres Bild von der Lage in der chinesischen Industrie gemalt. Sie sehen die maroden Staatsbetriebe nach fünf Jahren erst auf"halbem Weg" ihrer Sanierung angelangt und sagen neue Massenentlassungen und einen explosiven Anstieg der Staatsverschuldung voraus.
Tausende Unternehmen und Millionen Arbeitern aus wettbewerbsunfähigen Branchen droht nach Chinas WTO-Beitritt die Arbeitslosigkeit. Hinzu kommen die Auswirkungen der globalen Rezession, die sich erst in diesem Jahr auf die Exporte niederschlagen werden."Wir stehen vor einer internationalen Wirtschaftslage, die schlimmer als die Asienkrise ist" skizzierte Vizepremier Wu Bangguo die Befürchtungen der Führung in der Wirtschaftszeitung"Jingji Ribao". Wu gilt als einer der Anwärter auf die im nächsten März nach Ende der fünfjährigen Amtszeit Zhu Rongjis freiwerdende Position des Premiers.
Wu widersprach früheren Erfolgsmeldungen, wonach es in China in den vergangenen Jahren gelungen sei, die großen und mittleren Staatsunternehmen"im wesentlichen" erfolgreich zu transformieren und aus ihren Verlusten herauszuführen. Das Ziel sei"kaum zur Hälfte erreicht". Nach Berechnungen der chinesischen Wirtschaftskommission müssten in den nächsten Jahren weitere 2.900 Staatsunternehmen und Bergwerke in Konkurs gehen. Dafür würden 290 Mrd. Yuan benötigt, 5,7 Millionen Arbeiter würden dabei ihre Arbeit verlieren. Bei diesen"politisch gewollten Konkursen" seien die dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb künftig zum Opfer fallenden Unternehmen noch nicht mit gezählt.
Vor alle die Konkurrenz aus dem Westen macht Chinas Industrien nach dem WTO-Beitritt zu schaffen. Sie hinken unter anderem bei der Informationstechnologie ausländischen Wettbewerbern um 20 Jahre hinterher.
Der Vizepremier beklagt zugleich den Verlust makroökonomischer Kontrolle. Er verweist auf negative Folgen wie extremer Vergeudung von Staatsgeldern am Beispiel von planlos errichteten Fertigungsanlagen. Peking hatte bis 1999 Hunderte solcher unrentabler Anlagen wegen Überproduktion stillgelegt. Seither sind zu immensen Kosten aber schon wieder 39 unnötige Produktionsanlagen für Spezialglas oder 42 überdimensionierte Zementwerke gebaut worden.
China droht sich auch beim Haushalt zu übernehmen. Das scheinbar so robuste Wirtschaftswachstum des Landes von jährlich durchschnittlich mehr als sieben Prozent stützt sich zu mehr als der Hälfte auf staatliche Schuldenaufnahme. Peking will auch in diesem Jahr seine Verschuldung erhöhen, um den Rückgang des Wachstums, das im letzten Quartal 2001 auf nur noch 6,6 Prozent fiel, zu verhindern. Finanzminister Xiang Huaicheng wird dafür am Mittwoch zum fünften Mal in Folge das Parlament um Billigung einer Schuldenaufnahme von 150 Mrd. Yuan für Infrastrukturprojekte bitten. Zusammen mit den erhöhten Ausgaben für den Verteidigungsetat wird er zum erstenmal mit mehr als 300 Mrd. Yuan ein Rekord-Haushaltsdefizit ausweisen, das die kritische Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandprodukts übersteigt.
gruss mcmike
<ul> ~ http://www.welt.de/daten/2002/03/05/0305wi318371.htx</ul>
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