Hallo Silberadler
Ich finde den richtigen Thread nicht mehr! Deshalb so:
Also nochmals: Hallo!
Ich stimme Dir natürlich bei jedem Wort, das Du sagst zu! Und eine übereinstimmende Meinung aller wird man (auf der Basis intellektuelller Einsicht;"...aber Du bist doch sonst so intelligent, Du wirst doch einsehen, daß...") niemals erreichen; wäre auch gar nicht wünschenswert. Ich komme aus der Privatwirtschaft. Und ich kann Dir sagen, daß ich gut mit dem Grundsatz gefahren bin, Entscheidungen, bei denen niemand von meinen Führungskräften dagegen war und die von allen einstimmig befürwortet wurden, vorerst NICHT zu treffen! Ich habe die Erfahrung gemacht, daß wenn alle einer Meinung sind, noch nicht genug Zeit war, unterschiedliche Meinungen zu entwickeln. Eine eintimmig ohne abweichende Meinung gefällte Entscheidung war fast immer eine schlechte Entscheidung.
Dazu kommt noch ganz etwas anderes: Die Vernunft kann gegen den Glauben nichts ausrichten! Ich habe hier einmal vor langer Zeit für nereus einen"Schnellsiedekurs" in Marketing und Verkaufstechnik gepostet. Dort habe ich, glaube ich, auch einen Grundsatz dargelegt, der meine ganze Wirtschaftskarriere begleitet und mir stets gute Dienste erwiesen hat: Daß nämlich die Kaufentscheidung des Kunden zu 75% durch den Glauben und nur zu 25% durch Vernunftgründe geformt wird (Diese Erkenntnis hat natürlich enorme Auswirkungen auf die beim Verkauf notwendigerweise anzuwendenden Techniken!)
Im Falle der uns hier beschäftigenden Frage aber bedeutet das natürlich auch, daß - wie ich dargelegt habe - kein überzeugter Sozialist jemals durch Vernunftgründe allein von seiner Überzeugung abgebracht werden kann; sie perlen vielmehr an ihm ab wie Wassertropfen von einer Ã-lhaut.
Ich sehe hier ein ernstes sozialpsychologisches Problem der modernen Demokratie:"Sozialismus" ist zwar falsch, aber ein furchtbar einfach zu erklärendes und verständliches Weltbild. Jedes Kind versteht die Geschichte von Robin Hood, der den Reichen etwas wegnimmt und es den Armen gibt; und jedes Kind liebt Robin Hood dafür, hält ihn für einen Helden.
Dagegen ist die"Marktwirtschaft" zwar realitätskonform, aber sehr schwierig zu kommunizieren und zu verstehen. Es braucht schon recht viel Lebenserfahrung und Einsicht in verflochtene, kaum durchschaubare Zusammenhänge, um zu erkennen, daß Robin Hood nicht nur kein Held ist, sondern ein gesellschaftszerstörender Räuber und obendrein ein Dummkopf, der niemals sein Ziel erreichen kann, die Welt besser zu machen: Weil nämlich die Reichen bald einmal nicht mehr allein durch den Wald ziehen werden, sondern bewaffnet mit einer schlagkräftigen Armee, sprich mit Steuerberatern, Treuhändern und Winkeladvokaten, was weiß ich.... Und selbst wenn Robin Hood Erfolg hätte und allen Reichtum umverteilen würde, hätte er damit nichts erreicht. Einfach, weil es zu wenig Reichtum auf der Welt gibt, als daß mit dessen Umverteilung den vielen Armen geholfen wäre.
Aber versuch mal, diese Zusammenhänge einem Kind verständlich zu machen! Das geht einfach nicht! Sie sind zu kompliziert!
Und da unsere Politiker alle immer über den niedrigsten Zaun springen, versuchen sie es auch gar nicht! Sondern sie kommunizieren die viel leichter verständliche und unter die Haut gehende Geschichte vom angeblichen"Helden" Robin Hood; - nur jeweils unterschieden durch ganz leicht andere Farbnuancen! Die Konservativen ebenso, wie die (vorgeblich) Liberalen und die Linken; letztere sowieso!
So gibt es eigentlich überhaupt niemanden mehr, dessen Hirn nicht durch solche laufende Berieselung mit einer zwar intellektuell falschen, aber Pennälern, die nicht über den Rand ihres Schreibtisches hinaus sehen, sehr einleuchtenden Ideologie kontaminiert würden.
Und dadurch haben immer weniger Leute die Chance, rechtzeitig vor der notwendigerweise heraufziehenden Katastrophe, die die Verfolgung einer nicht der Lebenswirklichkeit entsprechenden Ideologie zwingend nach sich ziehen muß, zu erkennen, daß sie auf einen vollkommen falschen Weg sind.
Das ist meiner Meinung nach ein ernstes Dilemma unserer Zeit. Ein Freund, ein konservativer, sehr bekannter österreichischer Politiker, mit dem ich vor vielen Jahren über Liberalismus und Hayek diskutierte, schockte mich, das Gespräch abschließend, mit der Erklärung:"Schau! Welchen Sinn sollte es haben, eine Politik zu verfolgen, die niemand versteht...?"
Eben! Das ist das Problem. Und ich ahne, daß hier nicht nur meine Motivation liegt, warum ich recht viel Zeit investiere, meine Meinung in diesem Forum darzulegen und - so gut ich kann - zu begründen.
Gruß
G.
<center>
<HR>
</center> |
Hallo Galiani,
vorweg ein dickes Kompliment: Ich finde es echt stark, wie Du Dich hier reinhängst! Mir kommt vor, wir sind alle irgendwie unsicher, jeder weiss, dass er nicht allzu viel weiss - und vor allem weiss niemand, wie es mit uns und unserer Umgebung weitergeht.
Zur Annäherung von Zardoz und Taktiker:
Die beiden haben sich hier eine unglaublich heftige Auseinandersetzung geliefert, welche aber irgendwie immer weiterging, trotz aller taktischen Fouls... Hier möchte ich auch JüKü danken, dass er nicht strenger eingegriffen hat. Wahrscheinlich wegen der unerreichten Zardoz'schen Gelassenheit... ;-)
Jetzt haben sie offenbar erkannt, dass sie in ihren Zielen kaum oder unwesentlich auseinanderliegen; nur über den Weg dorthin sind sie wohl nach wie vor uneinig. Auch Du und ich haben da wohl verschiedene Ansätze... ;-)
Warum ich das hier voranstelle? Weil Du vollkommen Recht hast, wenn Du schreibst:
> Die Vernunft kann gegen den Glauben nichts ausrichten!
Es kommt zuerst einmal auf die"irrationale Ebene" an. Auf dieser haben Zardoz und Taktiker ihren Disput geführt; nur auf dieser konnten sie zusammenkommen. Und ERST DANN hat die Vernunft eine Chance, darauf aufzubauen, und den Graben zu überwinden - vielleicht. Letztlich müssen beide das Gefühl haben, zu"gewinnen".
Ich würde mich nicht allzusehr in diese - höchst interessante - persönliche Entwicklung dieser beiden Ausnahme-Individuen (sorry an die solcherart"Kategorisierten", Ihr werdet es aushalten! ;-)) eingreifen. Im Gegenteil: ich habe (nicht übermässige, aber immerhin) Hoffnung, dass die beiden auf diese Weise eine (wie André es ausdrückte) GESUNDE, intellektuell mächtige Position erreichen. Wie diese aussehen könnte und wieweit sie z.B. uns beide weiterbringen wird, davon hab ich natürlich keinen blassen Schimmer. Ich würde es einfach gerne erleben.
> Ich sehe hier ein ernstes sozialpsychologisches Problem der modernen Demokratie:"Sozialismus" ist zwar falsch, aber ein furchtbar einfach zu erklärendes und verständliches Weltbild.
Natürlich ist"Sozialismus" eine Illusion, ein typischer Kollektivismus eben, der ein paar Wenigen zur maximalen Macht gereicht, und alle anderen - mit deren eigenen Mitteln - unwissend und schwach hält. Ebenso wie der historische"Kapitalismus", der"Feudalismus", unser pervertierter"Demokratiebegriff" und alle anderen Rudel-Formen: Ungleichwertigkeit statt Gleichwertigkeit, welche die ständige Umverteilung von unten nach oben bis zum Exzess perpetuiert. Ich weigere mich allmählich, zwischen diesen"Systemen" überhaupt zu unterscheiden: Sie sind allesamt autoritär und anti-freiheitlich.
> Jedes Kind versteht die Geschichte von Robin Hood, der den Reichen etwas wegnimmt und es den Armen gibt; und jedes Kind liebt Robin Hood dafür, hält ihn für einen Helden.
Das ist natürlich vollkommen richtig, hab ja selbst lang genug in dieser Falle gesessen, und es war nicht leicht, da wieder heraus zu kommen. Man weigert sich halt lange dagegen, die"Teufel" plötzlich als"Engel" zu akzeptieren und zu erkennen... ;-)
Dennoch bin ich für die Zukunft ausgesprochen optimistisch: Denn die Freiheit, die Menschenrechte, sind noch viel leichter zu verstehen und zu kommunizieren. Eine darauf basierende Ordnung - so sie einmal etabliert ist - wird so stark sein, dass eine Abkehr davon schlicht undenkbar, und ausserdem uninteressant sein wird. Ich würde darin auch nicht den geringsten Widerspruch zum Ziel des Taktikers erkennen, eine Art"Kollektiv" zu schaffen, ohne dieses aufzuoktroyieren oder zu verordnen, wie er ja selbst bekannt hat.
> Dagegen ist die"Marktwirtschaft" zwar realitätskonform, aber sehr schwierig zu kommunizieren und zu verstehen.
Ich persönlich würde mittlerweile vom Begriff"Marktwirtschaft" (aber ich habe die"Gänsefüsschen" bei Dir schon registriert...:-)) ebenso abraten, wie ich es dem Taktiker abraten würde, für seine Ziele den Begriff"Sozialismus" zu verwenden. Es wurde einfach mit beiden schon zu viel massenhaftes und massives Schindluder getrieben.
> Es braucht schon recht viel Lebenserfahrung und Einsicht in verflochtene, kaum durchschaubare Zusammenhänge, um zu erkennen, daß Robin Hood nicht nur kein Held ist, sondern ein gesellschaftszerstörender Räuber und obendrein ein Dummkopf, der niemals sein Ziel erreichen kann, die Welt besser zu machen: Weil nämlich die Reichen bald einmal nicht mehr allein durch den Wald ziehen werden, sondern bewaffnet mit einer schlagkräftigen Armee, sprich mit Steuerberatern, Treuhändern und Winkeladvokaten, was weiß ich
100 % Zustimmung! Und auch bitte die politische Kaste nicht zu vernachlässigen, die durch Kooperation in ihrer feinsten Form mit"Reichen" oder sonst"Mächtigen" auch selbst immer mächtiger wird. Macht ist - im Gegensatz zur Prosperität - sehr wohl ein Nullsummenspiel.
> Und selbst wenn Robin Hood Erfolg hätte und allen Reichtum umverteilen würde, hätte er damit nichts erreicht. Einfach, weil es zu wenig Reichtum auf der Welt gibt, als daß mit dessen Umverteilung den vielen Armen geholfen wäre.
Ganz genau. Dabei gibt es noch eine ganze Latte von weiteren Argumenten gegen"Gerechtigkeit durch Sense und Giesskanne", die ich hier nicht anführen möchte."Umverteilungsvisionen" basieren alle auf einem derart autoritären, intellektuell schwachen und vor allem missbrauchsanfälligen Gedanken, dass dieses Monster möglichst schnell erlegt und begraben werden sollte, bevor es noch weiteres Unheil anrichtet. Es spricht der Universalität und Unveräusserlichkeit der Menschenrechte blanken Hohn.
> Die Konservativen ebenso, wie die (vorgeblich) Liberalen und die Linken; letztere sowieso!
Zu all diesen Menschen sage ich, wenn es um ihre Machtinteressen geht, ein herzliches NEIN. Dennoch halte ich mich gern in ihrer Nähe auf, und bin halt ein klein wenig diplomatischer als hier im Forum. Hie und da bleibt nämlich was Freiheitliches hängen, hab ich so das Gefühl... ;-)
> So gibt es eigentlich überhaupt niemanden mehr, dessen Hirn nicht durch solche laufende Berieselung mit einer zwar intellektuell falschen, aber Pennälern, die nicht über den Rand ihres Schreibtisches hinaus sehen, sehr einleuchtenden Ideologie kontaminiert würden.
Optimismus, lieber Galiani! In diesem Board sind wir beide nicht die einzigen, die das durchschaut haben.
> Und dadurch haben immer weniger Leute die Chance, rechtzeitig vor der notwendigerweise heraufziehenden Katastrophe, die die Verfolgung einer nicht der Lebenswirklichkeit entsprechenden Ideologie zwingend nach sich ziehen muß, zu erkennen, daß sie auf einen vollkommen falschen Weg sind.
Naja, die Allermeisten wollen halt lieber an schöne Versprechungen und kollektivistische, aber inhaltlose Ideen glauben. Dagegen"ankämpfen" ist völlig sinn- und hoffnungslos. Nicht zuletzt deshalb bin ich ein Verfechter der"inneren Kündigung", nach dem Motto:"Ich mache zwar mit bei Eurem verlogenen Sch..., aber wie ich darüber denke, die Freiheit lass ich mir nicht nehmen." Könnte ein richtiger Schlager werden, diese Einstellung, wenn das System mehr und mehr in sich selbst versinkt. Dann ist auch schnell wieder Grund zu echtem Optimismus.
> Das ist meiner Meinung nach ein ernstes Dilemma unserer Zeit.
War es aber wohl immer, nur dass es heute eben doch noch ein bisschen mehr zu verlieren gibt als früher. Mit jedem Tag.
> Ein Freund, ein konservativer, sehr bekannter österreichischer Politiker, mit dem ich vor vielen Jahren über Liberalismus und Hayek diskutierte, schockte mich, das Gespräch abschließend, mit der Erklärung:"Schau! Welchen Sinn sollte es haben, eine Politik zu verfolgen, die niemand versteht...?"
Busek?
> Eben! Das ist das Problem. Und ich ahne, daß hier nicht nur meine Motivation liegt, warum ich recht viel Zeit investiere, meine Meinung in diesem Forum darzulegen und - so gut ich kann - zu begründen.
Das ist doch ein schöner Ausblick. Auf Deinem Weg bin ich gerne dabei. Voll des Optimismus.
Gruß, silvereagle
<center>
<HR>
</center> |