JüKü
21.05.2002, 10:22 |
Täglich neu betrogen / Artikel FTD Thread gesperrt |
ftd.de, Di, 21.5.2002, 2:00
Geldanlage: Täglich neu betrogen
Von Christoph Hus
Vermögensverwalter und Anlageberater schröpfen ihre Kunden: Durch häufiges Umschichten der Depots verdienen sie gleich mehrfach an den Provisionen.
Der Mann aus Baden-Württemberg war vertrauensselig. Immer wenn das Telefon klingelte und sein Vermögensverwalter ihm Vorschläge unterbreitete, wie er das Wertpapierdepot seines Kunden umschichten könne, gab der Mann sein Okay. Misstrauen schien unnötig, schließlich handelte es sich um einen Angestellten der renommierten US-Investmentbank Merrill Lynch.
Nach fünf Jahren erlebte der Mann ein böses Erwachen. Von den rund 600.000 DM, die er investiert hatte, waren nur noch Aktien im Wert von gut 16.000 DM übrig. Ein großer Teil des Geldes war nicht durch Kursverluste verloren gegangen, sondern als Provision an die Bank geflossen. An jeder Transaktion hatte der Vermögensverwalter mitverdient. Der Kunde zog vor Gericht, doch zurück hat er sein Geld bis heute nicht. Das Verfahren liegt jetzt beim Oberlandesgericht Frankfurt, das über Schadenersatz entscheiden soll.
Provisionsschinderei
Die Klage gegen eine Großbank wie Merrill Lynch ist in Deutschland noch eine Ausnahme. Provisionsschinderei, auch Churning genannt, galt lange als ein Phänomen des grauen Kapitalmarktes, auf dem halbseidene Unternehmen mit riskanten Geschäften Traumrenditen versprechen. Die wirklich dreisten Fälle sind selten geworden, seitdem die Wertpapieraufsicht die Finanzdienstleistungsunternehmen überwacht und eine Zulassung zur Pflicht geworden ist.
Experten warnen jedoch davor, dass inzwischen auch Vermögensverwalter und Anlageberater großer Banken Provisionsschinderei betreiben. Nachdem viele Kleinanleger ihr Sparbuch gekündigt haben und nun Aktien oder Fondsanteile kaufen, hat das Wertpapiergeschäft für die Banken an Bedeutung gewonnen. Für die Kreditinstitute ist es nur dann profitabel, wenn die Kunden möglichst häufig kaufen und verkaufen und damit Provisionen fällig werden."Der knallharte Vertriebsdruck bei den Banken verleitet die Mitarbeiter zur Provisionsschinderei", sagt Dietmar Vogelsang, Sachverständiger für Kapitalanlagen in Bad Homburg. Karriere macht in den Beratungsabteilungen der Kreditinstitute nur der Angestellte, bei dem der Umsatz stimmt. Zudem sind die Mitarbeiter fast immer direkt an den Provisionen für Wertpapiergeschäfte beteiligt.
Timing mit Trick
Für die Anlageberater und Vermögensverwalter ist es ein Leichtes, immer wieder Gründe für eine häufige Umschichtung der Depots zu finden. Ein beliebter Trick: Kurz vor Veröffentlichung der US-Wirtschaftszahlen kaufen sie Aktien, von denen sie wissen, dass die Kurse auf Konjunkturveränderungen reagieren werden. Egal ob die Zahlen dann positiv oder negativ ausfallen - immer gibt es einen Grund für weitere Transaktionen. Fällt der Kurs, kann der Berater sie gleich wieder verkaufen. Steigt der Kurs, ist das ein Grund, die Position weiter aufzustocken und vorher andere Papiere zu verkaufen.
Auch bei unabhängigen Vermögensverwaltern, die nicht Angestellte einer Bank sind, sollten die Anleger vorsichtig sein. Die Berater machten oftmals gemeinsame Sache mit einem Broker, warnt Sachverständiger Vogelsang. Neben den Gebühren für den Verwalter berechnet in diesem Fall auch der Händler überhöhte Provisionen, der die Geschäfte an der Börse abwickelt. Den Gewinn teilen sich dann der Broker und der Vermögensverwalter.
Verschleierungstaktik
Die Anleger bemerken die Verluste durch häufige Provisionszahlungen oftmals lange Zeit nicht. Vor allem in guten Börsenzeiten bleibt für den Kunden trotz Provisionsschinderei noch ein Gewinn übrig, wenn auch ein geschmälerter. Solange die Kurssteigerungen größer sind als die Provisionen für die Wertpapiergeschäfte von einem halben bis zwei Prozent des Umsatzes, bleibt das Portfolio im Plus. Anders bei mieser Stimmung an den Börsen. Dann reißen nicht nur die fallenden Kurse das Depot ins Minus, sondern auch die hohen Gebühren für die Bank. Allerdings ist der Verlust fast des ganzen angelegten Geldes bei etablierten Banken selten."Die Anlageberater sind in der Regel sehr geschickt, wenn es ums Verschleiern der Provisionszahlungen geht", sagt der Berliner Rechtsanwalt Dietmar Kälberer, dessen Kanzlei sich auf Kapitalanlagerecht spezialisiert hat.
Die Provisionsschinderei der Banken fliegt deshalb nur selten auf. Glück für die unehrlichen Banker, denn ihre betrügerische Praxis ist strafbar. Die Abzocke kann aber weder das Strafgesetzbuch noch das Wertpapierhandelsgesetz verhindern. Es verbietet den Beratern Empfehlungen, die nicht mit den Interessen der Kunden vereinbar sind. Solche eigennützigen Offerten zu beweisen, ist ohne die Hilfe eines Sachverständigen nahezu unmöglich.
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Emerald
21.05.2002, 10:53
@ JüKü
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Re: Täglich neu betrogen / Artikel FTD |
bei Verfehlen / Betrügereien und Kommissions-Schindereien muss der Arbeitgeber
in die HAFTUNG genommen werden. Merrill Lynch sollte von sich aus einen Weg
suchen und den geprellten Kunden abfinden. Wenn er nicht Hand dazu bittet in
die Presse gehen oder bissige US-Anwälte bestellen: Schaden-Summe werden diese
sofort hochkapitalisieren, und ihren Gewinn-Anteil (meistens 5o/5o) aufrechnen
lassen.
In Deutschland sind mittlerweile die Gesetze solchermassen angepasst, dass auch
ein Merrill Lynch besser tun wird, hier nicht den Blau-Aeugigen spielen zu wollen.
Die Prozess-Kosten sind noch das Wenigste was sich da dazurechnen lässt.
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Toby0909
21.05.2002, 11:04
@ JüKü
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und keiner glaubts und ich muss mich furchtbar aufregen |
Mahlzeit.
Fast ein guter Artikel - ausser daß der Journalist Kleinigkeiten durcheinander bringt. So ruft ein Vermögensverwalter nicht an und fragt nach Zustimmung. Er macht einfach. Aber das mal dahingestellt - trifft der Artikel den Nagel auf den Kopf. Allerding die Schuld hier den Beratern in die Schuhe zu schieben finde ich nicht so gut. Nehmen wir mal die Dresdner Bank. Hier wurde in den Jahren 96 - 00 enorme Geldsummen von Sparbüchern, Fonds usw. in das sogenannte VVI verschoben (Vermögensverwaltung mit Investmentfonds) - bei einigen Kunden - evtl. sogar bei vielen - mag das eine richtige Entscheidung gewesen sein - sie müssen halt jedes Jahr 1,75 % + Mwst bezahlen - egal ob das Depot steigt oder fällt. Dafür kein Ausgabeaufschlag und keine Depotgebühren. Eigentlich ein halbwegs fairer Deal (für eine Großbank). Der Ertrag wird teilweise der Geschäftsstelle zugeschrieben. So weit so gut. Aber jetzt wurde im Herbst bekommen sämtliche Gelder hier wieder rauszuziehen und in Dachfonds der Allianz umzuwandeln. Argument: Weniger papier, keine Spekulationsgewinne wenn man nicht verkauft, einfacher, übersichtlicher usw...... Aber anstatt dann dem Kunden was zu schenken, wenn es doch der Bank so viel besser geht danach, muss der Kunde einen neuen AGA bezahlen. --> Zufälligerweise bekommt die Stelle diesen wieder gutgeschrieben. Aber wer hat Schuld? Sicher nicht der Mitarbeiter. Diese tollen Aktionen und so weiter werden ALLEINE von der Vorstandsebene ausgedacht. Dann werden Ziele an die Niederlassungsleiter, Gebietsleiter und dann an die Geschäftsstellenleiter weitergegeben und die Jungs an den Stellen müssen diesen Salat dann ausfressen - und wehe sie sind schlechter als vorgegeben.
Absoluter Schwachsinn das ganze System - warum reichen denen 1,75 % nicht? Jetzt wir eine Verwaltungsgebühr für einen Dachfonds genommen, der eine Hisotrie von NULL hat, von dem keiner weiß, wer ihn denn managt und ob der das gut macht - zusätzlich zu den Verwaltungskosten der Fonds im Fonds und zusätzlicg zu Depotgebühreen und Ausgabeaufschlägen.
Da lobe ich mir doch die paar wenigen Vermögensverwalter, die seriös arbeiten (so wie sir) - und wenn wir noch so viel umschichten, wir verdienen daran keinen Cent - es kostet nämlich nichts - und wenn ein eGesellschaft mal eine Switch-Fee erhebt (wie z.B. Fidelity, DWS), dann müssen wir diese erst wieder rein verdienen, bevor unser erfolgshonorar fällig wird. UNd wenn der Kunde nichts verdient, dann verdienen wir auch nichts (abgesehen von der Bestandsprovision, die aber mehr als lächerlich ist).
Schönen Mittag!
Toby
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Emerald
21.05.2002, 11:49
@ Toby0909
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Re: und keiner glaubts und ich muss mich furchtbar aufregen |
es gibt immer Ausnahmen, von diesen spricht und schreibt kaum jemand, nur
die schwarzen Schafe verderben den Ruf und die Industrie als solches. Deshalb
finde ich muss durchgegriffen werden, auch wenn es sich diesmal um eine
prominente Adresse handelt. Diese glauben nämlich, auf Grund ihrer
Geschäfts-Bedingungen nicht angreifbar zu sein, beim Kleinen hingegen gibt
es klare Gesetze und Durchgriff bis auf's Geht - nicht - mehr.
Alles schon erlebt und deshalb sollten solche Artikel gar nicht erst in einer
Zeitung aufscheinen müssen. Der verlierende Kunde ist immer auf der schwächeren
Seite, und es ist doch kaum anzunehmen, dass dieser sich ein Vermögen von
600 Mille auf 16 Mille, unter Verrechnung von 10tausenden vom Kommissionen
mit Absicht und erst noch per Auftrag verwalten, d.h. verzocken liess.
Dieser Berater gehört vom Beruf entfernt, und die Bank hat ihre Aufsichts-Pflicht
überhaupt nicht wahrgenommen.
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