Wal Buchenberg
06.06.2002, 13:27 |
Nochmal: Inflation und Deflation Thread gesperrt |
„Selbst wissenschaftliche Arbeiten - sofern sie nicht die Begriffe Inflation und Deflation als Sondergegenstand untersuchen - gehen ohne nähere Prüfung davon aus, dass die Begriffsinhalte mit Preisbewegungen nach oben oder unten schlechthin identisch sind. Mit Bedauern wird meistens hinzugefügt, dass eine dieser Auffassung entsprechende Tatsachenfeststellung nicht oder nur in gröbster Annäherung möglich sei.
Bei diesem unbefriedigenden Bescheid braucht es jedoch nicht zu bleiben. Liegt doch beim Inflations- und Deflationsbegriff das Fragwürdige nicht nur in der statistischen Messung, sondern auch in der theoretischen Begründung. Hier muss man sich von der Vorstellung der Identität von Preisbewegung und Inflation und Deflation ganz loslösen. Zwar ist eine Preisbewegung meist Folge oder Symptom eines inflatorischen deflatorischen Antriebes; aber das Wesen der Inflation und der Deflation ist sie nicht. Wenig Sinn hätte es sonst, von einer Inflation bei gleichbleibenden Preisen (Amerika 1922 bis 1929) oder von einer preisgestoppten Inflation (Deutschland 1936 bis 1945).“ Otto Veit, Grundriss der Währungspolitik, 1961, 47f.
Anmerkung: Wenn es eine „unsichtbare Inflation“ gibt - also eine Inflation, wo steigende Preise (vorerst) nicht an die (eigenen) Konsumenten weitergegeben werden - und mit der jetzigen Dollarflaute versuchen die USA gerade ihre Inflation ans Ausland abzuladen -, dann wird es auch eine „unsichtbare Deflation“ geben, in der sinkende Preise nicht an die Konsumenten weitergegeben werden, sondern von Monopolen oder dem Staat „abgeschöpft“ werden. Natürlich liest man von solchen bösen Tricks nichts in den Wiso-Handbüchern!
Gruß Wal Buchenberg
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R.Deutsch
06.06.2002, 13:50
@ Wal Buchenberg
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Re: Otto Veit? |
Hallo Wal,
wie bist Du denn auf Otto Veit gekommen? Den kennt doch heute kaum noch jemand. Sein Buch?Reale Theorie des Geldes? ist meine Bibel. War mein Lehrer.
Gruß
R.Deutsch
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le chat
06.06.2002, 13:59
@ R.Deutsch
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Na denn mal los |
>Hallo Wal,
>wie bist Du denn auf Otto Veit gekommen? Den kennt doch heute kaum noch jemand. Sein Buch?Reale Theorie des Geldes? ist meine Bibel. War mein Lehrer.
>Gruß
>R.Deutsch
Hallo ihr beiden Spezialisten. Wenn da schon einer in Vergessenheit geraten ist,
dann tragt mal vor. Dottore ist nicht da. Ihr hab das Forum für Euch.
Ich freu mich drauf was neues Altes zu hören.
beste grüsse
le chat
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Toplevel
06.06.2002, 14:11
@ Wal Buchenberg
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Inflation und Deflation |
Eine Dollarflaute bewirkt in den USA einen Preisanstieg und nicht das Gegenteil. Im Rest der Welt wirkt eine Dollarflaute deflationär.
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Wal Buchenberg
06.06.2002, 14:35
@ R.Deutsch
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Re: Otto Veit? Antiquarisch. Ich lese, was mir in die Finger fällt. ;-) (owT) |
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Diogenes
06.06.2002, 14:37
@ Wal Buchenberg
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Re: Nochmal: Inflation und Deflation |
Hi Wal,
"Unsichtbare" Infaltion heißen umgangssprachlich Börsenblase, Immobilienboom oder Schuldenberg."Unsichtbare" Deflas dementsprechend Börsencrash, Immoblienkrach und Währungskrise. ;-)
Was die Dollar"inflation" (richtig: Warenpreisinflation) betrifft, so wird diese per starken Dollar exportiert. Der schwache Dollar exportiert Warenpreisdeflation. Immo & Börsenpreisinflation, blieben zu Hause ;-))
Macht man Infla/Defla an den Preisen fest, geht man in die Falle.
Gruß
Diogenes
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Wal Buchenberg
06.06.2002, 14:43
@ Toplevel
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Re: Alles so einfach? |
>Eine Dollarflaute bewirkt in den USA einen Preisanstieg und nicht das Gegenteil. Im Rest der Welt wirkt eine Dollarflaute deflationär.
Hallo Toplevel,
wenn für dich alles so einfach ist, dann erkläre doch mal, warum in Japan die Geldmenge ins Uferlose ausgeweitet wurde, ohne dass es zur deutlichen Inflation kam?
Meine Vermutung: Es wirken dort gleichzeitig inflatorische und deflatorische Kräfte, die sich gegenseitig mehr oder minder auslöschen.
Ich denke, dass in den USA gegenwärtig dasselbe abläuft.
Dass in den USA wie in Japan Deflation gibt, sieht man allenfalls daran, dass die Unternehmensprofite in den Keller gehen.
Gruß Wal
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R.Deutsch
06.06.2002, 15:33
@ Wal Buchenberg
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Re: Nochmal: Inflation und Deflation |
Inflation und Deflation hat mit Preisen nichts zu tun, sondern bedeutet schlicht Aufblähung und Abblähung der Geldmenge bzw. der Schulden. Je mehr Schulden (Inflation), desto mehr Geld ist da. Wo das Geld hinwandert ist eine ganz andere Frage.
Je weniger Schulden (durch Rückzahlung oder Konkurs) umso weniger Geld ist da. Das ist schon alles.
p.s. für Le chat: Otto Veit war Professor in Frankfurt und lange Zeit Chefvolkswirt der Bundesbank.
Gruß
RD
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le chat
06.06.2002, 15:44
@ R.Deutsch
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Es gab eine Zeit |
>p.s. für Le chat: Otto Veit war Professor in Frankfurt und lange Zeit Chefvolkswirt der Bundesbank.
>Gruß
>RD
da wurde unser Geld von fähigen Leuten gemanagt. Auch in der Wirtschaft
Bank und sonstige Finanz waren hochkarätige Spezialisten am Werk.
Meist ganz leise und im Hintergrund. Aber die Arbeit war gut.
Heute muss der Boss Showmaster sein. Der Rest ist wurscht. Die Bilanz bastelt
dann auch jemand zusammen. Und alles sonnt sich im Glanz der Zahlen.
Irgendjemand drückt dann irgendwann auch den Resetknopf. Neues Spiel, neues Glück.
beste Grüsse
le chat
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Wal Buchenberg
06.06.2002, 16:06
@ Diogenes
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Re:Dollarflaute = Inflationsexport |
>Hi Wal,
>"Unsichtbare" Infaltion heißen umgangssprachlich Börsenblase, Immobilienboom oder Schuldenberg."Unsichtbare" Deflas dementsprechend Börsencrash, Immoblienkrach und Währungskrise. ;-)
<font color=red>Zustimmung. Mit der Ergänzung: Deflation heißt auch sinkende Profitrate, sinkende Unternehmensgewinne.</font>
>Was die Dollar"inflation" (richtig: Warenpreisinflation) betrifft, so wird diese per starken Dollar exportiert. Der schwache Dollar exportiert Warenpreisdeflation. Immo & Börsenpreisinflation, blieben zu Hause
<font color=red>Hier machst du Deflation und Inflation doch wieder an den Preisen fest!
Was ich behaupte, ist: Durch die Dollarflaute reduzieren die USA ihre Überschuldung (=Inflationsdruck) auf Kosten der ausländischen Gläubiger. Also: Dollarflaute = Inflationsexport! </font>
Gruß Wal
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Diogenes
06.06.2002, 17:02
@ Wal Buchenberg
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Re:Dollarflaute = Inflationsexport |
Hi Wal,
>Hier machst du Deflation und Inflation doch wieder an den Preisen fest!
Inflation ist die Erhöhung der"Geld"menge. Man muß dabei unterscheiden zwischen Geldinflation und Kreditinflation - je nachdem wodurch die Erhöhung verursacht wird. Nachdem wir momentan nur Kreditgeld haben, ist Inflation immer eine Kreditinflation.
Im Gefolge von Inflation gibt es dann als Resultat Preissteigerungen. Findet diese bei den Warenpreisen statt, dann ist das die umgamgssprachliche"Inflation" (richtig eigentlich Warenpreisinflation, Warenpreissteigerung)
>Was ich behaupte, ist: Durch die Dollarflaute reduzieren die USA ihre Überschuldung (=Inflationsdruck) auf Kosten der ausländischen Gläubiger.
Die Gläubiger haben Wechselkursverluste, aber deswegen muß die Überschuldung der US-Unternehmen nicht kleiner werden. Die Schulden lauten auf Dollar. Reduzieren können die Unternehmen ihren Überschuldung nur, wenn sie die Preise in US Dollar erhöhen - und folglich die Kredite leichter zurückzahlen - können.
>Also: Dollarflaute = Inflationsexport!
Nein, der Preisdruck in den US nimmt ab, die US-Produzenten können ihre Preise leichter erhöhen. Umgekehrt schrumpft die Gewinnspanne durch den schlechteren Wechselkurs für die Exprteure nach den USA. Die umgamgssprachliche"Inflation" wird importiert, bzw. die"Deflation" exportiert (wie Japan es mit seinem schwachen Jen versucht).
>Gruß Wal
Gruß
Diogenes
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Tassie Devil
06.06.2002, 17:28
@ R.Deutsch
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Re: Nochmal: Inflation und Deflation |
>Inflation und Deflation hat mit Preisen nichts zu tun, sondern bedeutet >schlicht Aufblähung und Abblähung der Geldmenge bzw. der Schulden.
Einverstanden.
>Je mehr Schulden (Inflation), desto mehr Geld ist da.
Einverstanden.
>Wo das Geld hinwandert ist eine ganz andere Frage.
Voellig richtig. Dann, und nur dann, wenn eine zusaetzliche Geldmenge auf einen Markt - i.e. Konsumentenmarkt, Wertpapiermarkt, Immobilienmarkt etc. - trifft bzw."in einen Markt als Zahlungsmittel eingeht", nur dann gehen dort die Preise deswegen in die Hoehe, weil die Angebotsseite der Verkaeufer mengenmaessig nicht parallel synchron mit der gestiegenen Geldmenge waechst.
Im uebrigen und in Erweiterung Deines Statements fuege ich hinzu, dass auch die Wanderung in einen Markt NICHT zwingend ist, d.h. eine inflationierte Geldmenge als solche verbleibt ueber einen Zeitraum X in diesem Aggregatzustand zwecks
Management von Schulden unter den Eigentuemern von Geld UND Schulden.
>Je weniger Schulden (durch Rückzahlung oder Konkurs) umso weniger Geld ist da. >Das ist schon alles.
Genau.
Auch gibt es nicht Inflation, Konstanz oder Deflation gleichzeitig, denn entweder waechst die gesamte Geldmenge, das ist Inflation, oder die Geldmenge bleibt gleich, das ist Konstanz, oder die Geldmenge schrumpft, das ist Deflation.
Preiserhoehungen, Preiskonstanz oder Preisabsenkungen an Maerkten ist etwas ganz anderes. Selbst bei konstanter gesamter Geldmenge, i.e. die Geldmenge wird weder inflationiert noch deflanioniert, erzeugt das Swapping einer Geldmenge aus Markt X in Markt Y zunaechst eine allgemeine Preisabsenkung im Markt X und eine allgemeine Preiserhoehung im Markt Y mit allen ihren Konsequenzen und Folgen.
>p.s. für Le chat: Otto Veit war Professor in Frankfurt und lange Zeit >Chefvolkswirt der Bundesbank.
Zurecht wie ich meine, IMHO.
>Gruß
>RD
Gruss vom
Tassie Devil
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Wal Buchenberg
06.06.2002, 18:43
@ Diogenes
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US-Gläubiger haben Wechselkursverluste? Das ist kalte Enteignung. |
>>Was ich behaupte, ist: Durch die Dollarflaute reduzieren die USA ihre Überschuldung (=Inflationsdruck) auf Kosten der ausländischen Gläubiger.
>Die Gläubiger haben Wechselkursverluste, aber deswegen muß die Überschuldung der US-Unternehmen nicht kleiner werden. Die Schulden lauten auf Dollar.
<font color=red>Tut mir leid, versteh ich nicht.
Angenommen die US-Unternehmen haben im Ausland Anleihen für 1 Milliarde USD platziert. Dann fällt der Dollarkurs um 25%. Dann werden diese Anleihen für 1 Milliarde zurückgezahlt - in realer Kaufkraft sind das nur noch 750 Millionen.
Die US-Unternehmen haben dann de facto 25% ihrer Schuld auf die ausländischen Gläubiger abgewälzt. Da nennst das"Wechselkursverlust" ich nenne das"kalte Enteignung". Sag mir, wenn ich da falsch liege.</font>
Gruß Wal
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Diogenes
06.06.2002, 21:01
@ Wal Buchenberg
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Re: US-Gläubiger haben Wechselkursverluste? Das ist kalte Enteignung. |
Hi Wal,
Eines der Risiken des Gläubigers besteht darin, sein Geld nicht wiederzubekommen. Dafür kriegt er u.a. Zinsen. Trau schau wem. Wechelkursverluste sind ein anderes Risiko, mit dem Investoren und Gläubiger seit dem Ende der Goldanbindung leben müssen.
Enteignung würde ich das nicht nennen, immerhin weiß jeder vorher, was für Risiken er Tragen muß. Es wird ja niemand gezwungen zu verleihen bzw. zu investieren. Gewinn geht mir Risiko einher.
>>Die Gläubiger haben Wechselkursverluste, aber deswegen muß die Überschuldung der US-Unternehmen nicht kleiner werden. Die Schulden lauten auf Dollar.
><font color=red>Tut mir leid, versteh ich nicht.
>Angenommen die US-Unternehmen haben im Ausland Anleihen für 1 Milliarde USD platziert. Dann fällt der Dollarkurs um 25%. Dann werden diese Anleihen für 1 Milliarde zurückgezahlt - in realer Kaufkraft sind das nur noch 750 Millionen.
>Die US-Unternehmen haben dann de facto 25% ihrer Schuld auf die ausländischen Gläubiger abgewälzt. Da nennst das"Wechselkursverlust" ich nenne das"kalte Enteignung". Sag mir, wenn ich da falsch liege.</font>
Der Eu-Gläubiger macht 25 % Miese in Euro, ja.
Für das US-Unternehmen schaut es anderst aus: Um zurückzahlen zu können, müssen die erstmal Dollar einnehmen. Das heißt für das Unternehmen lautet die Frage: Wieviel Ware muß produziert und verkauft werden, um die Schulden zu begleichen?
~ Wenn das Unternehmen seine Produkte ins Ausland - sagen wir Europa - verkauft. Dann würden aufgrund der Wechselkursveränderung die Umsätze in USD entsprechend steigen (Realschuld sinkt).
Bleibt aber die Frage, ob die Preise im Ausland nicht sinken, weil die europäischen Firmen Wechselkursverluste ( = niedrigere Europreise für Waren die sie in die US verkaufen) hinnehmen müssten. Sie werden folglich versuchen mehr in Europa abzusetzen, was die Preise drückt. (schwacher Dollar exportiert Warenpreisdeflation)
~ Wenn das Unternehmen seine Produkte im Inland verkauft, dann hat es zunächst nichts davon (Realschuld bleibt gleich). Durch die schwächere Währung sinken aber die Margen der Konkurrenz aus dem Ausland (Kursverluste). Deswegen ist es möglich, die Preise zu erhöhen, weil die Ausländische Konkurrenz in USD teurer werden muß, damit sie Gewinn in Euro macht. (Warenpreisinfla wird importiert)
(Bleibt offen, ob die Leute höhere Preise zahlen können. Das Spiel läuft darauf hin, die Schulden der Unternehmen auf die Kunden umzubuchen und die Kunden haben selber schon Schulden bis zum Anschlag. Für die US sehe ich da sehr schwarz. Bleibt Umbuchen auf den Staat, geht aber auch nicht ewig.)
Beispiel: Sagen wir der Schuster hat 1000 Teuro Schulden. Kann er ein Paar Schuhe zu 40 Euro verkaufen, dann sind seine Schulden 25 Paar Schuhe. Kann er sie zu 50 Teuro verkaufen, dann sind sie 20 Paar Schuhe. Seine Schulden sind real gesunken.
Die reale Schuld eines Unternehmens kann nur sinken, wenn es die Preise erhöhen kann.
>Gruß Wal
Gruß
Diogenes
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JüKü
06.06.2002, 21:09
@ Diogenes
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Re: US-Gläubiger haben Wechselkursverluste? Das ist kalte Enteignung. |
>Enteignung würde ich das nicht nennen, immerhin weiß jeder vorher, was für Risiken er Tragen muß. Es wird ja niemand gezwungen zu verleihen bzw. zu investieren. Gewinn geht mir Risiko einher.
Und außerdem kann er Wärungsrisiken nach Belieben absichern. Wenn er es nicht tut, geht er das Risiko bewusst(!) ein. Aber das kapieren nicht viele Vorstände. Sie meinen"Wenn ich nichts mache, mache ich nichts falsch." Weites Thema, hat mich Jahre lang viel (letztlich nicht ganz erfolgreiche) Überzeugungsarbeit gekostet.
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