Wal Buchenberg
23.06.2002, 11:45 |
*Staaten zahlen ihre Schulden nicht!* Thread gesperrt |
„Staaten zahlen ihre Schulden nicht!“
„Kritiker der Haushaltspolitik warnen traditionell vor den schrecklichen Konsequenzen einer zunehmenden öffentlichen Verschuldung und führen dabei an, daß sie (1) zum Staatsbankrott führe und (2) die zukünftigen Generationen unzumutbar belaste.
Refundierung vs. Rückzahlung
Die Frage, ob eine sich ständig vergrößernde Schuld jemals zurückgezahlt werden könne, ist falsch gestellt. Private Schulden müssen zwar früher oder später zurückgezahlt werden, da die Haushaltführung zeitlich begrenzt ist; die öffentliche Schuld muß dagegen nicht zurückgezahlt werden, da das Budget und die Wirtschaft auf Dauer angelegt sind. Wenn ein bestimmtes Papier fällig wird, so wird es eingelöst, die notwendigen Mittel dazu jedoch durch Ausgabe neuer Papiere beschafft. Die Schuld wird „refundiert“. Während früher Refundierungsoperationen sehr komplizierte Prozeduren darstellten, bei denen eine genaue Schätzung der Erträge, die der Markt verlangte, erforderlich war, haben die in den letzten Jahren entwickelten Techniken diese Angelegenheiten stark vereinfacht. Neue Papiere werden nunmehr über ein Auktionssystem ausgegeben, bei dem die Interessenten feste Gebote abgeben und gemäß dem Eingang ihrer Gebote bedient werden. Der zunehmende Rückgriff auf kurzfristige Papiere, die mit einem Diskont ausgegeben werden und keine Zinserträge erbringen, hat diese Entwicklung möglich gemacht. Kurz gesagt, Refundierungsoperationen sind ein Managementproblem und die Frage, ob die Schuld „zurückgezahlt“ werden kann, stellt sich nicht. Statt dessen ist zu fragen, wie der Zinsendienst die Wirtschaft berührt und wie die Außenstände in die Liquiditätsstruktur der Wirtschaft eingehen.“
Aus: R.A. Musgrave, P.B. Musgrave, L. Kullner: Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis 3; vierte überarb. Auflage 1992, UTB Wissenschaft 542, 140f.
<font color=red>Diese finanzwissenschaftliche Lehrweisheit stammt aus der deutschen Bearbeitung eines US-amerikanischen Lehrbuchs. Nehmen wir daraus zur Kenntnis:
1. Private Schuldner müssen ihre Schulden (mit Zins) zurückzahlen. Interessant ist, dass die finanzwissenschaftliche Lehrbuchweisheit meint, Staaten müssten ihre Schulden nicht zurückzahlen. Das ist ein ganz eigenartiger Schuldenbegriff, der wohl zurückgeht auf einen ganz eigenartigen Eigentumsbegriff. Offenbar geht diese Lehrbuchweisheit davon aus, dass Staaten höhere Rechte genießen als Privatmenschen. Es wundert dann nicht, dass diese Theorie aus den USA stammt, deren Regierungen glauben, dass sie und alle amerikanischen Bürger höhere Rechte genießen als der Rest der Welt.
2. Wenn ein Schuldner nicht willens ist, seine Schulden zu zahlen, dann wird er sein Ziel auch erreichen. Die herrschenden Klassen im Deutschland der Weimarer Zeit waren auch nicht willens, ihre finanziellen Verpflichtungen aus dem Versailler Vertrag zu erfüllen und haben ihr Ziel auch mehr oder minder erreicht. Wir sind also gut beraten, wenn wir als gültige (US-)Lehrmeinung annehmen: Staaten zahlen ihre Schulden nicht!
3. Was die Möglichkeit einer unendlichen „Refundierung“ der Staatsschulden angeht, so ist lächerlich, anzunehmen, eine Regierung, die in den Bankrott schlittert, würde immer neue Gläubiger finden. Auch andere Argumente, wie: ein Staat sei anders als Privatpersonen „auf Dauer angelegt“, zeugen weniger von Sachkenntnis als von krimineller Energie.
Resümee: Wir müssen uns also wohl oder übel darauf einrichten: Staaten wollen ihre Schulden nicht zurückzahlen, egal ob mit Refundierung (= hinausgeschobener und unfreiwilliger Bankrott) oder ohne Refundierung (= selbst vollzogener Bankrott).
Wal Buchenberg, 22.6.2002</font>
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Euklid
23.06.2002, 12:00
@ Wal Buchenberg
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Re: *Staaten zahlen ihre Schulden nicht!* |
>„Staaten zahlen ihre Schulden nicht!“
>„Kritiker der Haushaltspolitik warnen traditionell vor den schrecklichen Konsequenzen einer zunehmenden öffentlichen Verschuldung und führen dabei an, daß sie (1) zum Staatsbankrott führe und (2) die zukünftigen Generationen unzumutbar belaste.
>Refundierung vs. Rückzahlung
>Die Frage, ob eine sich ständig vergrößernde Schuld jemals zurückgezahlt werden könne, ist falsch gestellt. Private Schulden müssen zwar früher oder später zurückgezahlt werden, da die Haushaltführung zeitlich begrenzt ist; die öffentliche Schuld muß dagegen nicht zurückgezahlt werden, da das Budget und die Wirtschaft auf Dauer angelegt sind. Wenn ein bestimmtes Papier fällig wird, so wird es eingelöst, die notwendigen Mittel dazu jedoch durch Ausgabe neuer Papiere beschafft. Die Schuld wird „refundiert“. Während früher Refundierungsoperationen sehr komplizierte Prozeduren darstellten, bei denen eine genaue Schätzung der Erträge, die der Markt verlangte, erforderlich war, haben die in den letzten Jahren entwickelten Techniken diese Angelegenheiten stark vereinfacht. Neue Papiere werden nunmehr über ein Auktionssystem ausgegeben, bei dem die Interessenten feste Gebote abgeben und gemäß dem Eingang ihrer Gebote bedient werden. Der zunehmende Rückgriff auf kurzfristige Papiere, die mit einem Diskont ausgegeben werden und keine Zinserträge erbringen, hat diese Entwicklung möglich gemacht. Kurz gesagt, Refundierungsoperationen sind ein Managementproblem und die Frage, ob die Schuld „zurückgezahlt“ werden kann, stellt sich nicht. Statt dessen ist zu fragen, wie der Zinsendienst die Wirtschaft berührt und wie die Außenstände in die Liquiditätsstruktur der Wirtschaft eingehen.“
>Aus: R.A. Musgrave, P.B. Musgrave, L. Kullner: Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis 3; vierte überarb. Auflage 1992, UTB Wissenschaft 542, 140f.
><font color=red>Diese finanzwissenschaftliche Lehrweisheit stammt aus der deutschen Bearbeitung eines US-amerikanischen Lehrbuchs. Nehmen wir daraus zur Kenntnis:
>1. Private Schuldner müssen ihre Schulden (mit Zins) zurückzahlen. Interessant ist, dass die finanzwissenschaftliche Lehrbuchweisheit meint, Staaten müssten ihre Schulden nicht zurückzahlen. Das ist ein ganz eigenartiger Schuldenbegriff, der wohl zurückgeht auf einen ganz eigenartigen Eigentumsbegriff. Offenbar geht diese Lehrbuchweisheit davon aus, dass Staaten höhere Rechte genießen als Privatmenschen. Es wundert dann nicht, dass diese Theorie aus den USA stammt, deren Regierungen glauben, dass sie und alle amerikanischen Bürger höhere Rechte genießen als der Rest der Welt.
>2. Wenn ein Schuldner nicht willens ist, seine Schulden zu zahlen, dann wird er sein Ziel auch erreichen. Die herrschenden Klassen im Deutschland der Weimarer Zeit waren auch nicht willens, ihre finanziellen Verpflichtungen aus dem Versailler Vertrag zu erfüllen und haben ihr Ziel auch mehr oder minder erreicht. Wir sind also gut beraten, wenn wir als gültige (US-)Lehrmeinung annehmen: Staaten zahlen ihre Schulden nicht!
>3. Was die Möglichkeit einer unendlichen „Refundierung“ der Staatsschulden angeht, so ist lächerlich, anzunehmen, eine Regierung, die in den Bankrott schlittert, würde immer neue Gläubiger finden. Auch andere Argumente, wie: ein Staat sei anders als Privatpersonen „auf Dauer angelegt“, zeugen weniger von Sachkenntnis als von krimineller Energie.
>Resümee: Wir müssen uns also wohl oder übel darauf einrichten: Staaten wollen ihre Schulden nicht zurückzahlen, egal ob mit Refundierung (= hinausgeschobener und unfreiwilliger Bankrott) oder ohne Refundierung (= selbst vollzogener Bankrott).
>Wal Buchenberg, 22.6.2002</font>
Völlig richtig denn es ist inzwischen recht mühsam für unsere Politfuzzys noch Geld für ihre vielen Wünsche die nicht gleichzeitig Wünsche der Bürger sind auszugeben.
Je mehr sich der Schuldendienst in Prozenten dem Gesamtbudget nähert desto größer die Wahrscheinlichkeit daß sie bald zur Exekution schreiten.
Dann überlegen sie nur noch wie sie uns rasieren können ohne daß wir sie auf den Bäumen aufknüpfen.
Wie wäre wohl die friedliche Revolution in der ehemaligen DDR ausgegangen wenn die Staatsmacht sich geoutet hätte mit der Wahrheit daß die Kohle alle ist?
Unsere Fuzzys werden natürlich auf die vielen Belastungen verweisen und daß sie keine Schuld hätten.
Das nehmen wir ihnen aber nur ab wenn sie sich vorher nicht noch die Taschen vollstopfen was allerorten momentan der Fall ist.
Wenn Herr Hundt jetzt plötzlich sich über die hohen Managergehälter beschwert dann kann ich das nicht ganz nachvollziehen.
Sind das überhaupt noch Gehälter?
Nein das sind inzwischen Treueprämien um dem Eigner die Treue zu halten damit die noch arbeitenden Leute bei den Tarifverhandlungen rasiert werden.
Und gleichzeitig sind das Schweigeprämien für die Deals mit der Politik die zu Lasten der Steuerzahler geschlossen wurden.
Ja die Großeigner machen sich natürlich nicht die Finger schmutzig da müssen schon ein paar Brauschits her die den ganzen politischen Saftladen bestechen.
Siehe neuerdings die 3 Skatbrüder der SPD die mit Trienekens kungelten.
Ein Flick oder Krupp schmiert nicht denn er läßt schmieren und das kostet Geld Herr Hundt oder nicht?
Oder müssen sie das noch selbst tun?
Gruß EUKLID
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Diogenes
23.06.2002, 14:06
@ Wal Buchenberg
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Re: *Staaten zahlen ihre Schulden nicht!* |
Hallo Wal,
Schöne Ausgrabung, was du da gefunden hast. ;-)
>Refundierung vs. Rückzahlung
>Die Frage, ob eine sich ständig vergrößernde Schuld jemals zurückgezahlt werden könne, ist falsch gestellt.
Nein, sie ist goldrichtig gestellt.
>Private Schulden müssen zwar früher oder später zurückgezahlt werden, da die Haushaltführung zeitlich begrenzt ist;
Die Argumentation rührt mich zu Tränen. Gerade die zeitliche Begrenzung würde bedingen, daß private nicht leisten. After me the sin-flood - oder soll der Gläubiger den Sarg pfänden?
Es gibt hierzu ein wunderbares Buch:"Die broke, live well", Untertitel:"Your last cheque should bounce."
>die öffentliche Schuld muß dagegen nicht zurückgezahlt werden, da das Budget und die Wirtschaft auf Dauer angelegt sind.
Demnach müssten auch Kapitalgesellschaften ihre Schulden nicht zurückzahlen. Sind schließlich auch"auf Dauer" (was ist das??) angelegt.
>Wenn ein bestimmtes Papier fällig wird, so wird es eingelöst, die notwendigen Mittel dazu jedoch durch Ausgabe neuer Papiere beschafft.
Loch auf, Loch zu. Gläubiger nix mehr glauben an Loch, nix mehr Loch aufmachen könn, Deckel drauf und Loch auch zu, dann endgültig.
>Die Schuld wird „refundiert“.
Wunderbares Sprech.
>Während früher Refundierungsoperationen sehr komplizierte Prozeduren darstellten,...
Früher wollten die Leute halt ihr Geld zu Lebzeiten wieder haben. Und dummerweise mußte Gold/Silber geliefert werden. In der Tat"kompliziert", ja so war das.
>bei denen eine genaue Schätzung der Erträge, die der Markt verlangte, erforderlich war, haben die in den letzten Jahren entwickelten Techniken diese Angelegenheiten stark vereinfacht.
Preisfrage: Wie heißt diese neue Technik?.
Hinweis 1: So neu ist diese Technik eigentlich gar nicht.
Hinweis 2: Sie wurde von einem gewissen Gutenberg erfunden.
Neu hingegen ist, daß diese"neue" Technik mittlerweile besser vor dem Publikum versteckt wird, als in den primitiven Anfängen.
>Neue Papiere werden nunmehr über ein Auktionssystem ausgegeben, bei dem die Interessenten feste Gebote abgeben und gemäß dem Eingang ihrer Gebote bedient werden.
Und wenn die Interessenten ausbleiben und neue Gebote nicht einlangen, dann hat es sich aus"refundiert".
>Der zunehmende Rückgriff auf kurzfristige Papiere, die mit einem Diskont ausgegeben werden und keine Zinserträge erbringen, hat diese Entwicklung möglich gemacht.
Ein Diskont ist also kein Zins? Wenn immer kurzfristiger verschuldet wird, dann muß öfter refundiert werden. Wo ist da der Vorteil?
Merke: je kürzer die Fristigkeiten, desto nervöser die Gläubiger. Kurze Fristigkeiten sind ein letztes Alarmzeichen vor dem Ausbruch von Finanzkrisen.
>Kurz gesagt, Refundierungsoperationen sind ein Managementproblem und die Frage, ob die Schuld „zurückgezahlt“ werden kann, stellt sich nicht.
Exakt, die Frage stellt sich nicht. Es wurde nicht geleistet, es wird nicht geleistet und es wird auch nicht geleistet werden. So einfach ist das. Man muß es sich halt leisten können, nicht zu leisten. Um soweit zu kommen, haben Regierungen und Banken viel geleistet.
>Statt dessen ist zu fragen, wie der Zinsendienst die Wirtschaft berührt
Nun die Antwort: Solange man die Zinsen einfach zu den Schulden dazubucht und die Gläubiger damit nichts kaufen wollen, berührt der Staatschulden Zinsendienst die Wirtschaft gar nicht.
>...und wie die Außenstände in die Liquiditätsstruktur der Wirtschaft eingehen.“
Antwort: Es wird mehr von dem produziert was die Dummschwätzer wollen und weniger von dem was die Leute wollen.
Die Liquiditätsstruktur ist nur ein nettes Wort für Schuldengebirge. Echte Liquidität würde Gold voraussetzen.
>Aus: R.A. Musgrave, P.B. Musgrave, L. Kullner: Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis 3; vierte überarb. Auflage 1992, UTB Wissenschaft 542, 140f.
Also für den Schmarren ist der Nobelpreis für Wirtschafts"wissenschaft" das mindeste(übrigens nicht von Nobel selber gestiftet wurde) Wann wurde den Obrigen je derart elegant nach dem Mund geredet? Wer könnte ihnen besser in den Allerwertesten kriechen? Und das über mehrere Bände.
Ich geh mir morgen noch ein paar Unzen holen, ich glaub es einfach nicht, man reiche mir einen Schnaps!
Gruß
Diogenes
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