Popeye
28.06.2002, 10:27 |
Dosenpfand - Eine unheilvolle Rechtsverordnung mit dratischen Konsequenzen Thread gesperrt |
Dosenpfand kommt vom 1. Januar
2003 an
Verfassungsbeschwerde abgelehnt / Handel verweigert
Investitionen
nf./jja. BERLIN/FRANKFURT, 27. Juni. Die Gegner des
Zwangspfandes auf Dosen sind vor dem
Bundesverfassungsgericht gescheitert. Trotzdem wird der
Handel kein Rücknahmesystem für Einwegverpackungen
vorbereiten, sondern erst den Ausgang weiterer Verfahren
abwarten."Solange es keine abschließende Rechtssicherheit
gibt, wird kein Unternehmen bereit sein, die hohen
Investitionen zu tätigen", sagte der Generalsekretär der
Bundesvereinigung Deutscher Handelsverbände (BDH), Holger
Wenzel, in Berlin.
Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor bekanntgegeben,
daß es die Beschwerden mehrerer Getränkeunternehmen und
Einzelhandelsgesellschaften gegen das Dosenpfand nicht zur
Entscheidung angenommen habe. Die Richter betonten, daß
dies vor allem"prozessuale Gründe" habe. Die Kläger hätten
nämlich"nicht alles ihnen mögliche getan", um dessen
Einführung zu verhindern. Sie hätten seit Januar 1999 bei den
vorrangig zuständigen Verwaltungsgerichten lediglich
einstweiligen Rechtsschutz beantragt, nicht aber -"entgegen
ihrer eigenen Ankündigung" - eine vorbeugende
Unterlassungsklage.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) forderte die
Unternehmen auf, die Rechtslage zu akzeptieren und die
nötigen Vorbereitungen zu treffen. Mit der Nichtannahme der
Klage stehe der Veröffentlichung der Mehrwegquote im
Bundesanzeiger Anfang kommender Woche nichts mehr im
Wege."Die Karlsruher Entscheidung bedeutet: Das Dosenpfand
kommt ab 1. Januar nächsten Jahres." Dadurch werde
Rechtssicherheit für die vielen Familienbetriebe der
mittelständischen Brauwirtschaft geschaffen. Diese
Unternehmen hätten im Vertrauen auf den gesetzlichen
Mehrwegschutz in Abfüllanlagen investiert und seien jetzt
"durch den ungebremsten Vormarsch von Einwegflaschen und
Dosen in ihrer Existenz bedroht". Rund 250 000 Arbeitsplätze
hingen vom Erhalt der Mehrwegsysteme ab. Das Pflichtpfand
werde nicht nur helfen, diese Stellen zu sichern, sondern auch
die zunehmende Verschmutzung städtischer Anlagen, Gärten
und Plätze mit Dosenmüll beenden.
Die Gegner des Pflichtpfands kündigten an, nach der
Veröffentlichung der Mehrwegquote eine Anfechtungsklage
beim Verwaltungsgericht Berlin einzureichen. Nach Angaben
von Verwaltungsrechtlern dürften allerdings mehrere Jahre bis
zu einer rechtskräftigen Entscheidung vergehen.
BDH-Generalsekretär Wenzel rief die Bundesregierung auf, die
Zeit bis zur Bundestagswahl zur Suche nach einer ökologisch
effektiven und mehrheitsfähigen Alternative zu nutzen. Die
SPD lehnte dies ab. Es wäre"ein Treppenwitz der Geschichte,
wenn diejenigen, die Anfang der neunziger Jahre mit aller Kraft
die Verpackungsverordnung durchgesetzt haben, nun auch
noch Recht bekämen, um ihr eigenes Werk zu verhindern",
erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Michael
Müller.
Nach dem Willen der Bundesregierung soll auf Getränkedosen
und Einwegflaschen mit bis zu 1,5 Litern Inhalt ein Pfand von
25 Cent erhoben werden; für Flaschen mit mehr als 1,5 Litern
Inhalt sind 50 Cent fällig. Das Pflichtpfand betrifft Bier,
Mineralwasser, Cola und Limonade. Für diese Getränke ist die
Mehrwegquote wiederholt unter 72 Prozent gesunken.
Geschieht dies, wird nach der vom früheren
Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) eingeführten
Verpackungsverordnung ein Zwangspfand auf
Einwegverpackungen fällig.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.06.2002, Nr. 147 / Seite 15
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Kasi
28.06.2002, 11:14
@ Popeye
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: Dosenpfand - Warum nicht? |
> Nach dem Willen der Bundesregierung soll auf Getränkedosen und Einwegflaschen mit bis zu 1,5 Litern Inhalt ein Pfand von 25 Cent erhoben werden; für Flaschen mit mehr als 1,5 Litern Inhalt sind 50 Cent fällig. Das Pflichtpfand betrifft Bier,Mineralwasser, Cola und Limonade.
... sollten da nicnt ursprünglich so seltsame Ausnahmen gemacht werden?? Wenn das so jetzt konsequent umgesetzt wird, was spricht dann im Sinne des Verursacherprinzips dagegen? Im Endeffekt wird doch eh der Verbraucher damit belastet. Diese Explosion der U.S. Style Riesen PET Flaschen ohne Pfand ging mir eh schon auf die Nerven bei den CocaCola Produkten.
Kasi
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stocksorcerer
28.06.2002, 11:37
@ Kasi
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Dann sollen die kommunalen Abfallentsorger den Grünen Punkt wieder abschaffen |
Ist doch Unfug.
Ich finde es unpraktisch, wenn ich die leeren Dosen wieder zu den Läden schleppen soll. Dann werden die Teile wieder transportiert....dann wieder gereinigt, recykelt...
Genau, wie das schon heute passiert..... das ist"doppelter Transport", weil es ja noch andere Plastik-, Blechverpackungen gibt... Schließlich geht die"grüne-Punkt-Abzock-Nummer" ja auch weiter.
Mit Sicherheit gibts da keuine Ermäßigung.
Also wird nur eine Art Vortrennung praktiziert.... und dann findet doppelter Transport von Recykling-Zeugs statt. Das hilft der Umwelt sicher nicht. Blödsinn, wer sich so was ausdenkt....
winkääää
stocksorcerer
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Popeye
28.06.2002, 12:02
@ Kasi
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Re: Dosenpfand - Warum nicht? |
Dosenpfand - warum nicht?
Gäbe es alleine das Umwelt-Argument wäre es kein Problem. Dann bliebe nur die Frage, ob der gewaltige Aufwand für dieses System nicht besser dringenderen Umweltthemen gewidmet werden sollte.
Leider aber verursacht die Rechtsverordnung einen Rattenschwanz an Detailproblemen, die (aus meiner Sicht) kontraproduktiv sind:
1. Die Schweden haben aus den gleichen Gründen ein beinahe identisches System und mußten erkennen, dass seit Einführung die Mehrwegquote unaufhaltsam sinkt (derzeit nur noch 9%).
2. Das Sytem hat schwerwiegende wettbewerbsverzerrende Wirkungen auf allen Handelsstufen. Der Handel wird sich aller Voraussicht nach für ein System entscheiden: Mehrweg oder Einweg. Beides zusammen kommt zu teuer. Aldi hat es bereits gemacht: 180 % Umsatzplus (Getränke) in PET (Einweg) im ersten Monat!
3. Konserven- und Flaschenglas wird derzeit zu über 80 Prozent recycled (spart Energie). Die Sammlung des Glases beim Handel (statt in den Glas-Containern am Straßenrand) führt zu Mischglas (Flaschen mit unterschiedlichen Farben). Diese Mischglasscherben sind fürs Recycling nicht mehr geeignet. Die Konsequenz: Glashersteller müssen wieder Quarzsand und Soda für die Glasherstellung einsetzen. 10 Prozent weniger Glasscherben beim Glasschmelzen verursacht 3-4 Prozent höheren Energieeinsatz! Glasscherbeneinsatz bei der Glasherstellung derzeit ca. 70 Prozent.
4. Die Rechtsunsicherheit (Klage der Getränke-Importeure bei der EU) und diverse andere rechtliche Verfahren wird aus meiner Sicht dazu führen, dass der Handel die Rechtsverordnung ignoriert. Lieber EU 50.000 Strafe zahlen, als zig-Millionen in den Sand zu setzen, falls die EU entscheidet, dass die Rechtsverordnung gegen geltendes EU-Recht verstößt.
5. Insider berichten bereits über Pläne aus Ost-Europa pfandträchtige Dosen/Flaschen im großen Stil zu importieren. Schließlich ist hier gutes Geld zu verdienen: 100 Bierflaschen kosten ab Werk 4-5 Euro - Pfandwert 25 Euro. Bei Dosen sind die Spannen noch besser!
Ich befürchte - so genau wolltest Du es gar nicht wissen.
Grüße Popeye
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beni
28.06.2002, 12:40
@ Popeye
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Re: Dosenpfand - Immerhin |
Hallo,
Das Dosenpfand könnte ein wichtiger Pfeiler der Altersicherung für schlechterverdienende Bevölkerungsschichten werden. 10 Dosen im Park
aufgesammelt oder aus Mülltonnen gezogen = 1 Döner und 1 Tag überlebt!
Trittin-Rente sozusagen. So asozial sind die Sozis also gar nicht.
Gruss, Beni
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Kasi
28.06.2002, 13:15
@ Popeye
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Re: Dosenpfand - Warum nicht? |
Hallo Popeye,
danke für die Infos. Natürlich interessiert mich das, denn ich kann mir meine Meinung auch nur aus dem machen, was ich gelesen/gehört habe.
Interressant ist, daß Skandinavien immer als Vorzeigeobjekt genutzt wurde. Davonm daß sie mit dem System ihre Mehrwegquote erhöht haben, habe ich noch nichts gewußt. Mehrweg wäre ja auch das Problem. Das dürfte es doch eigentlich garnicht mehr geben. Wer Mehrweg will, schmeißt den Pfand halt weg.
Du sprichst ja von ALDI als Beispiel für diesen PET-Mist, der zunehmend um sich greift. Wie sollen denn die beiden Systeme (Mehr- und Einweg) nebeneinander laufen und warum kann sich der Handel entscheiden? Wie werden die Kosten für die Entsorgung bei Einweg abgewälzt?
Kasi
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Popeye
28.06.2002, 14:06
@ Kasi
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Re: Dosenpfand - Warum nicht? |
>Hallo Popeye,
>danke für die Infos. Natürlich interessiert mich das, denn ich kann mir meine Meinung auch nur aus dem machen, was ich gelesen/gehört habe.
>Interressant ist, daß Skandinavien immer als Vorzeigeobjekt genutzt wurde. Davonm daß sie mit dem System ihre Mehrwegquote erhöht haben, habe ich noch nichts gewußt. Mehrweg wäre ja auch das Problem. Das dürfte es doch eigentlich garnicht mehr geben. Wer Mehrweg will, schmeißt den Pfand halt weg.
>Du sprichst ja von ALDI als Beispiel für diesen PET-Mist, der zunehmend um sich greift. Wie sollen denn die beiden Systeme (Mehr- und Einweg) nebeneinander laufen und warum kann sich der Handel entscheiden? Wie werden die Kosten für die Entsorgung bei Einweg abgewälzt?
>
>Kasi
Hallo Kasi,
Nochmal zurück, Kasi, Schweden hatte das gleiche Problem und wollte mit einem Pfand die Mehrwegquote erhöhen. Das ist aber mißlungen. Die Mehrwegquote von Schweden ist seit Einführung des Pfandes auf Einwegbehälter auf ca. 9 Prozent GESUNKEN.
Einweg - Mehrweg sind zwei verschiedene Rücknahme-Systeme, die beide viel Einzelhandelsfläche benötigen. (Im Handel wird in Umsatz/Quadratmeter gedacht!)
Für den Handel ist es zu teuer beide Systeme beizubehalten (Raumkosten, Personal und Rücknahmeautomaten x 2) Also wird er sich für ein System entscheiden. Vieles spricht dafür, dass sich der Handel für das Einweg-Konzept entscheidet, also gar keine Mehrwegprodukte (Mineralwasserkästen) mehr verkaufen wird (siehe Aldi). Der Handel stellt eben einfach keine (Mehrweg-)Wasserflaschen/kästen mehr in die Regale. Davon kann ihn kein Gesetzgeber abhalten. Wer dann im Supermarkt auch seine Getränke einkaufen will hat nur noch die Wahl zwischen großer PET Flasche oder kleiner PET Flasche.
Entsorgung: Kaufst Du heute eine (nichtbepfandete) Einwegflasche Bier/Dose wirfst Du sie, nachdem Du Deinen Durst gelöscht hast (als ordentlicher Mensch), entweder in den Sammelbehälter in Deiner Nachbarschaft oder in die gelbe Tonne. Von dort aus werden beide"recycelt". Kaufst Du (ab 1.1.2003??) bepfandete Einweg-Dosen/Flaschen bringst Du sie zurück zum Händler, um Dein Pfand zu kassieren. Nun gehört der Schrott wieder dem Händler. Der schmeißt das Zeug (bestenfalls) in einen großen Container in seinem Hof und"entsorgt" es. Bei den Dosen ist das eher unproblematisch und er wird Käufer dafür finden. Beim Glas, aus den geschilderten Gründen, gibts Probleme mit der Wiederverwendung. Die verschiedenen Glasfarben lassen sich mit der heutigen Technologie nicht wieder auseinandersortieren.
Gerade lese ich im Handelsblatt:
Einzelhandelsverband rechnet
nicht mit Dosenpfand
Der Einzelhandel erwartet, dass das
umstrittene Dosenpfand nach der
Bundestagswahl am 22. September vom
Tisch ist.
WiWo/ap MANNHEIM."Wir haben Signale
aus allen Parteien mit Ausnahme der
Grünen, dass die Pfand-Pläne nach der Wahl
wieder in der Schublade verschwinden",
sagte der Sprecher des Hauptverbandes des
Deutschen Einzelhandels (HDE), Hubertus
Pellengahr, dem"Mannheimer Morgen"
(Freitagausgabe).
Also ist vielleicht alle Aufregeung umsonst.
Grüße Popeye
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