Hallo Board-Members,
nach der verheissungs- und erwartungsvollen Vorfreude ist nun Ernüchterung eingekehrt. Bin mal gespannt, ob es nun auch hier zu einer kleinen Verarbeitungsdiskussion kommt. Die Rede ist natürlich vom heutigen WM-Finale, dessen Ergebnis den Meisten hier nicht unbedingt zur überschwenglichen Freude gereichen wird - wiewohl es zweifellos Schlimmeres gibt (will gar nicht von einem fallenden Goldpreis reden... ;-))
Aber zurück zum Thema des Betreffs: Für den Silberadler ist heute eine beachtliche Serie zu Ende gegangen.
Seit ich mich für Fussball bzw. die Fussball-WM interessiere, hat bisher noch jedes Mal diejenige Mannschaft gewonnen, der ich im Finale die Daumen gedrückt habe.
Das Ganze beginnt immerhin schon 1982 bei der WM in Spanien. Remember? Das Finale hiess Italien gegen D, und ein gerade vom Fussball-Virus infizierter Jung-Adler war damals klar für Italien. Die Niederlage Ã-sterreichs gegen D im Schmach-Spiel dieser WM (war glaub ich in Gijon) hatte ich den Nachbarn aus dem Norden noch nicht verziehen... So war deren Niederlage gegen Rossi, Zoff, Conti und Tardelli eine höchst willkommene Genugtuung... ;-)
Weiter geht's 1986 in Mexico. Ã-sterreich gar nicht erst qualifiziert, was ich aber irgendwie gar nicht mal schlecht fand. Das liess immerhin weniger nervenaufreibenden Stress erwarten, dafür aber umso mehr Genuss aus der Distanz. Während des gesamten Turnierverlaufs war ich klar für Maradona und seine Kollegen vom Rio de la Plata (="Fluss aus SILBER"!!! ;-)), und Littbarski, Matthäus und Co. waren mir immer noch eher unsympathisch. Es wurde ein packendes, spannendes Match, vielleicht das beste WM-Finale der vergangenen 20 Jahre. Unvergessen auch meine Freude über Valdanos Siegestor zum 3:2.
Dann 1990 in Italien. Ã-si-Land wieder dabei, aber gleich in der Vorrunde raus. Irgendwie entwickelte ich dann - eigentlich völlig unerwartet - Sympathie für die Herren in Schwarz-Weiss mit dem überragenden Matthäus, Rudi Völler und Andreas Brehme. Demgegenüber war die Begeisterung für die selbsternannte"Hand Gottes" und seine Equipe allmählich im Schwinden begriffen; England wäre mein Favorit fürs Finale gewesen. So war der Elfmeter kurz vor Schluss eine Erlösung und Freude zugleich. Ich erinnere mich noch, wie verwundert die meisten meiner Freunde damals waren:"Wie kann man nur für die Piefkes sein?!" ;-)
1994 dann wiederum ein sehr positiv in Erinnerung gebliebenes Turnier, in den USA. Hatten in den Turnieren davor die Brasilianer keine nennenswerte Rolle gespielt, so liefen sie mit Romario und Bebeto diesmal zur Höchstform auf. Das Finale war zwar eher eine würgende, deflationäre Depression als das erhoffte Fussball-Feuerwerk, aber keine Frage, dass ich den römischen Glücksrittern um R.+ D. Baggio und Maldini niemals den Titel vergönnt hätte. So wurde es also der vierte Sieg"meiner" Mannschaft in einem WM-Finale in Folge und der vierte WM-Titel do Brasil. Einziger Wehrmutstropfen: Mein persönlicher Favorit, die viel gepriesene Truppe von Andi Möller, Thomas Hässler und Matthäus (seine wie auch"meine" vierte WM) war sang- und klanglos gegen Bulgarien ausgeschieden, nachdem der Sieg schon zum Greifen nahe gewesen war...
Nun der nächste Vier-Jahres-Sprung, nach Frankreich von 1998. Ã-sterreich wieder dabei (nach der Serie müssten"wir" 2006 eigentlich wieder dabei sein ;-)), aber wieder mal ohne ein einziges gutes Spiel von Italien und Chile in der Vorrunde gleich verabschiedet. Nacheinander flogen auch alle meine weiteren"Lieblinge" raus, zuerst D und Dänemark, dann Holland gegen Brasilien im Halbfinale. Mann, hab ich mich über dieses Spiel geärgert. Die Brasis hatten - aus meiner Sicht - wirklich unverdient gewonnen. Das brachte mich wiederum in eine ziemliche"Aussenseiter-Position" wie damals 1990: Kaum jemand war für Frankreich, alle für Brasilien. Die Brasilianer waren auch die erklärten Favoriten.
Ich hab mir das Finale dann in einem Studentenheim angesehen, der Raum war picke-packe voll, Verhältnis der Anhänger: Zehn zu eins für Brasilien. Dementsprechend gab es für die Allermeisten dann nicht allzu viel zu jubeln. Wenn ich bedenke, dass alleine Guivarche in der ersten Halbzeit drei"Hundertprozentige" in den Sand gesetzt hatte, so konnten die Brasilianer letztlich froh sein, keine Mega-Klatsche erlitten zu haben. 3:0 für Frankreich war dennoch klar und in höchstem Maße verdient.
Heute Mittag war ich dann wieder hoffnungslos in der Minderzahl ;-). Sieben Leute für die"3 Rs" und nur einer (ausser mir) für D. Es war kein schlechtes Spiel, man kann sich nicht beklagen. Die Jungs von Rudi Völler hatten ihre Chancen und jede Menge sehenswerte Aktionen (vor allem von Neuville und Schneider), aber Brasilien hatte die besseren Torchancen und letztlich dann auch das nötige und verdiente Glück auf seiner Seite. Kahn, welcher seine Mannschaft schon ein, zwei Mal vor einem Rückstand bewahrt hatte, kann man letztlich auch keinen Vorwurf machen. Fehlerlos ist eben keiner...
Traurig nur, dass somit eine wirklich imponierende Serie bei WM- (und übrigens ebenso EM-) Finals zu Ende gegangen ist: 20 Jahre hatte immer die Mannschaft gewonnen, welche die Sympathien des Silberadlers auf ihrer Seite hatte.
Aber jede Serie endet einmal.
Gruß, silvereagle
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