der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
03.07.2002, 22:27 |
@ALL!!... mit dem Versprechen nach dieser Fragerunde damit aufzuhören... Thread gesperrt |
Also: meine derzeitige berufliche Situation dürfte ja nun dem einen oder anderen hinlänglich bekannt sein - für die, die es (noch) nicht wissen: Ich"versuche" mich als Finanz- und Versicherungsmakler und das halt seit nunmehr 2 Jahren mehr schlecht als recht... woran das liegt dürfte sich aus den hier im Board diskutierten Themen und den daraus eventuell zu erwartenden Entwicklungen ergeben.
Ich müsste um Geld zu verdienen Kapitalanlageprodukte verkaufen, von denen ich nicht weiss, ob ich damit den Kunden einen genau so schönen Lebensabend bereite, wie ihn jetzt die meisten Enron- und Worldcom-Pensionäre oder diverse 401k-Sparer haben.
Oder noch besser: Ich verdiene noch mehr mit überteuerten"Denkmalobjekten" in den neuen Bundesländern mit einem"gigantischen Steuervorteil"... und treibe damit den armen 3000€-brutto-Verdiener in den Ruin / Na ja eine VC-Beteiligung oder ein schöner Windpark-Fonds oder eine Schiffsbeteiligung könnten's ja auch sein...
Bei den von mir vermittelten Finanzierungen stelle ich mir immer wieder die Frage, ob ich nicht aus moralischen Gründen den Kunden ihre (Wahnsinns)Idee ausreden müsste, unter derzeitigen Bedingungen und den zu erwartenden Marktverwerfungen, ein Haus zu finanzieren (am besten noch über subventionierte Darlehn.. und in 10 Jahren stehen die mit über 90 % Restschuld da.. ach nein, bis dahin werden beide arbeitslos geworden sein und die Bank hat die Zwangsversteigunerung eingeleitet).
Auf der"versicherungstechnischen" Seite sage ich mir da schon eher, dass es sinnvoll ist, sich gegen existenzielle Risiken abzusichern.. aber was wird aus den Versicherern, wenn's den BigBang gibt...ergo: was ist mein Versicherungsschutz dann noch wert (besser doch einen etwas teureren Bigplayer für seine Gebäude- oder Haftpflichtversicherung suchen??)
Tja und mit den alternativen Anlageprodukten (aktiv gemanagte Portfolios auf Long/short-Basis) oder Edelmetallen??? Der Derivatemarkt ist gnadenlos überreizt. Vielleicht bekommen wir wieder ein Gold-Besitz-Verbot, aber diesmal ein globales.
Sehe ich alles zu schwarz? Hat sich der Aktienmarkt in 20 Jahren, wenn meine Kunden ihr Geld brauchen wieder erholt? Geht's überhaupt so weiter, wie WIR denken? Soll ich mir überhaupt so viel Gedanken machen, wo doch zigtausende"Versicherungsfuzzis" die Leute noch schlimmer über den Löffel ziehen? Wollen die Kunden gar beschissen werden?
Muss ich mir einen anderen Job suchen? Wenn ja welchen - wie finde ich den Job der zu mir passt?
Wenn der eine oder andere mir auch via email zu einem"Austausch" zur Verfügung stände, würde mich das sehr freuen. Einige habe ich ja mit diesen Problemen schon belästigt, aber zu einer Lösung oder Entscheidung bin ich halt immer noch nicht gekommen.
Ich freue mich auf Eure Beiträge! Danke!
Rico
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Lentas
03.07.2002, 22:36
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Hi Rico |
ich lese aus deinen Zeilen einen schweren Gewissenskonflikt. Also der, wie kann ich den Leuten etwas verkaufen, von dem ich nicht überzeugt bin. Mehr noch, in deinen Gedanken extrapolierst du, was ist mit denen wenn....
Auch wenn ich es jetzt leicht daherschreibe: Wenn du in deinem Job diese Gewissenskonflikte austragen mußt, ist es vielleicht besser du suchst ein anderes Betätigungsfeld. Damit nämlich DU mit dir ins Reine kommen kannst.
Wie auch immer deine Zukunft aussieht - ich wünsch dir Alles Gute und das von Herzen!
lg
Lentas
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netrader
03.07.2002, 23:02
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Re: @ALL!!... mit dem Versprechen nach dieser Fragerunde damit aufzuhören... |
Arbeiten Sie doch für die andere Seite, Fachkenntnis scheint genügend da zu sein.
Vielleicht stellen Sie sich einmal als nichtjuristischer Mitarbeiter bei einer auf Anlegerschutz spezialisierten Kanzlei vor, zB der Kanzlei Tilp/Kälberer, die dauernd im Effecten-Spiegel Werbung machen.
Die Branche boomt. Sie werden gebraucht.
Viel Erfolg
netrader
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Wasi
03.07.2002, 23:07
@ Lentas
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Abgesehen von moralischen Gründen solltest Du |
schon aus Sicherheitsgründen den Leuten nicht etwas
verkaufen, wenn Du befürchtest, sie dadurch zu
ruinieren...
Gruss
Wasi
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Ricoletto
03.07.2002, 23:18
@ Wasi
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Das sog. 'Schrotflinten-Syndrom'... hab' ich ich auch schon d'ran gedacht (owT) |
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JüKü
03.07.2002, 23:23
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Re: @ALL!!... mit dem Versprechen..... |
Hi Rico,
da du sich schon lange damit quälst, muss es ein ernstes Problem sein. Und die Finanzwelt hat auch ein solches. Ich glaube kaum, dass Aktien in 20 Jahren höher stehen als heute - und selbst wenn, wer überlebt - 90 % oder mehr? Dow und S&P sind ja bisher"harmlos".
Ein anderer Job würde deinem Gewissen gut tun. Also mach es, wenn möglich.
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Baldur der Ketzer
03.07.2002, 23:58
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Re: bleib ein anständiger Charakter! |
Hoi, Rico,
Deine Gedanken sind auch die Gedanken aller hier.
Mein Vater hatte den Spitznamen //Katastrophenwilly//, weil er immer schwarz sah, nein schwärzestens.
Ein typisches Infektionsopfer der sogenannten Vertraulichen Mitteilungen (Seite 1: heute nachmittag Weltuntergang, Seite 2, die rote Armee kommt morgen 14.00 bei Ihnen vorbei, Seite 4, Berlindarlehn, Büsingen, Schiffsbeteiligung, blahsülz.
Er hat zwar nie so einen empfohlenen Mist gekauft, aber der Hammer ist, hätte er es getan, hätte es zu seinen Lebzeiten noch funktioniert.
Er dachte immer, bis er in Rente käme, hätten wir alle längst die Einheitsrente (kannste ne Briefmarke kaufen und ne Currywurscht).
Überraschenderweise verging die Zeit so schnell, daß er Rentner war, und es war tatsächlich noch Umlagegeld für ihn im Rentenloch, ein paar Monate lang wenigstens.
Er lebte im Angesicht des Weltuntergangs, aber er hat ihn nicht erlebt, und wir werden das auch nicht, obwohl die nächsten, sagen wir mal, zehn Jahre, oder dreißig, sicher schwieriger werden als die vergangenen.
Also: die Zeit ist schnellebig, die Dinge beharrlich.
Keiner kann ausschließen, daß DOW 13.000 nicht doch noch stattfindet - niemand weiß es.
In der Lage ist das einzige, zu streuen. Ein paar Papieransprüche vielleicht, bloß nicht zu viel, aber auch genug physisches, wenn mal montags der Bankfritze seinen Laden nicht aufsperrt.
Dafür kenne ich keine veräußerbaren Wertpapiere, die man anbieten könnte.
Wenn Du ein anständiger Mensch bleiben möchtest, mußt Du wohl umsteigen auf Sachversicherungen, oder werthaltige Eigengebrauchsimmobilien, oder Immofinanzierungen, oder Du gehst ganz raus aus dem Allfinanzsektor.
Was anderes bleibt Dir nicht.
Wenns nicht so geschmacklos wäre, müßte man den Vergleich mit ungetesteten Blutkonserven nehmen, wenn man im Geschäft ist und das Risiko nicht mittragen kann (dank Gewissen), muß man raus, oder es kommt ein Rohrkrepierer, für den die paar Kröten Verdienst nicht als Seelenpflaster taugen.
Alternativ könntest Du private Geschäftsinvestitionen vermitteln, bzw. ganze Firmen makeln.
Warum sonst hätte ich mich auch schon mit dieser Privatkliniksache befaßt?
Ich traue keinem Enron-Buchhalter mehr, überm Teich, ich traue nur noch dem, was ich spontan um die Ecke als vorhanden überprüfen kann.
Das sind nu n mal die KMUs, und die kriegen wegen Basel II keine Bankkredite mehr - das ist ein riesiger Markt mit begrenztem Risiko, im Vergleich zur Aktienvariante.
Ehrliche Meinung: umsatteln. Und laß Dich nicht verbiegen, wenn ein Haderlump zu Grabe getragen wird und die Opfer und Gläubiger auf ihn fluchen, wird dieser nicht ewig traumlos schlafen, nein, wer wird es schon mitkriegen, und die Situation, in der er sich drüben wiederfindet, wird kaum mit den Vorteilen aus den Abzockereien korrespondieren.
Meint wenigstens der Baldur und grüßt bestens
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DowJames
04.07.2002, 00:12
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Lieber ein Ende mit Schrecken... |
..als ein Schrecken ohne Ende.
Kürzlich wollte mir so ein DVAG-Fuzzi erzählen, wie toll
man Geld machen kann..
Da ist er bei mir an den Richtigen geraten.
Ich habe ihn echt ausgezählt. Der wollte mich danach nicht wiedersehen..
Die alten Konzepte sind doch total überholt, wie Du schon richtig
erkannt hast. Heute irgend so ein Bankprodukt verkauft,
Bank morgen pleite, Kunde steht mit ner Schrotflinte bei
Dir vor der Tür, weil seine gesamte Altervorsorge den Bach runter ist..
Da würd ich an Deiner Stelle jetzt ganz schnell die Notbremse
ziehen. Richtig erfolgreich kannst Du sowieso nur werden,
wenn Du 100 %ig hinter Deinem Produkt stehst.
Warum die Leute nicht über die derzeitige Pulverfaßsituation
aufklären? Verkauf denen doch Gold- oder Silberanlagen.
Arbeite doch mit dem Weigel (heißt er glaube ich) zusammen,
Jükü kann Dir bestimmt einen Kontakt herstellen (vermute ich mal).
Der empfiehlt und verkauft den Leuten Silberanlagen, soweit ich informiert bin.
Gruß
DJ
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Tofir
04.07.2002, 01:11
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Beruf kommt von Berufung - entscheide mit deinem Herzen... (owT) |
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Taktiker
04.07.2002, 02:08
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Re: @ALL!!... mit dem Versprechen nach dieser Fragerunde damit aufzuhören... |
>Sehe ich alles zu schwarz?
Nö, denke ich nicht. Der Schneeball der Pleiten und Entlassungen rollt sich gerade erst fett. Es wird noch lustiger, wenn dann ein deutscher Arbeitswilliger im direkten Clinch mit einem philippinischen Pendant um eine 2monatige Beschäftigung ins Duell geht.
> Hat sich der Aktienmarkt in 20 Jahren, wenn meine Kunden ihr Geld brauchen wieder erholt?
Na sicher doch! Aktien sind viel zu billig und in 20 Jahren wird man sie korrekt bewerten. Dann wird man lachen über die 90er Jahre, als niemand was von Aktien wissen wollte. *Achtung Ir....*
> Geht's überhaupt so weiter, wie WIR denken?
Unsere Denke paßt sich schnell an. Sachen, die Du noch vor 2 Jahren für unmöglich gehalten hättest, sind heute fast schon normal. In 10 Jahren wird auch niemand was dabei finden, unliebsame Konkurrenten um den Arbeitsplatz auszupusten. Und dann wird ein richtiger Vollzeitarbeitsplatz ohne"leistungsabhängige" Komponente unvorstellbar sein. 20%fix, den Rest über Provision. Mal Dir mal aus, wie dann 'Ethik im Arbeitsleben' buchstabiert werden wird.
> Soll ich mir überhaupt so viel Gedanken machen, wo doch zigtausende"Versicherungsfuzzis" die Leute noch schlimmer über den Löffel ziehen?
Das klassische Ende jeder Grübelei. Hier könntest Du eigentlich abbrechen und Deinen Job fortsetzen. Soll ich ehrlich sein: Die Antwort auf Deine Frage lautet nach kapitalistisch-effizienter Logik: Nein.
> Wollen die Kunden gar beschissen werden?
Wenn man Leute den ganzen Tag lang über den Tisch ziehen muß (ist jetzt nicht persönlich gemeint), gelangt man irgendwann zu dieser Auffassung. Aber die Leute glauben, mit Experten zu reden und erwarten anstelle Beschiß die gleiche Akkuratesse, die Du von einem Piloten erwartest, der Dich durch die Luft von A nach B befördert.
>Muss ich mir einen anderen Job suchen?
Ist doch ganz einfach: Wenn sich ein anderer anbietet, dann wechsle, ansonsten mach das weiter wie bisher. Du verdienst Dein Brot nun mal damit. Wenn wir alle konsequent ethisch handeln müßten, dann würden 2/3 von uns allen ihren Job aufgeben müssen (Presse, IT, umweltzerstörende Industrien, Materialforschung für Rüstungsindustrie, entlassende Personalchefs, umstrukturierende Manager, Bankberater,...)
> Wenn ja welchen - wie finde ich den Job der zu mir passt?
Das nun mußt Du selbst rausfinden:-)
Die Optionen schränken sich immer weiter ein.
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Peter der Große
04.07.2002, 08:20
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Re: @ALL!!... mit dem Versprechen nach dieser Fragerunde damit aufzuhören... |
>Muss ich mir einen anderen Job suchen? Wenn ja welchen - wie finde ich den Job der zu mir passt?
Wenn, dann damit:
Richard Nelson Bolles:
"Durchstarten zum Traumjob"
Campus-Verlag
Absolut Empfehlenswert!
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stocksorcerer
04.07.2002, 09:49
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Heftig.... |
Hallo rico,
die Antwort auf Deine Frage kennst Du selbst am besten. Da mußt Du keine Bekannten in Boards fragen.
Du mußt Dir nur folgende Frage beantworten: Willst Du den inneren Schweinehund überwinden und Dir die Arbeit machen, irgendetwas Neues zu finden mit den ganzen Unwegbarkeiten und dem Risiko arbeitslos werden, oder willst Du weitermachen, wie bisher, obwohl sich die Rahmenbedingunen verschlechtert haben?
Es gibt ne Menge Menschen, die einfach ungerührt weitermachen würden und den bequemeren Weg wählen. Aber viele Leute sind auch skrupellos und kriegen das mit ihrem Charakter hin.
Du bist ganz offensichtlich keiner von denen, die bei gefährlichen Investitionen von Menschen in die Hände klatschen, nach dem Motte:"Prima, der Scheck ist in der Post, den hab ich schön verarscht."
Ich denke, dass Du Dich verbiegen müßtest und Dich später selbst nicht mehr im Spiegel anschauen magst. Dann lieber arbeitslos und vom Staat Knete kassieren, als Menschen vorsätzlich in die Bredoullie bringen, oder?
Aber das wußtest Du ja längst.
beste Wünsche und liebe Grüße.... ich halt´ Dir die Daumen
stocksorcerer
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PuppetMaster
04.07.2002, 10:49
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Re: @ALL!!... mit dem Versprechen nach dieser Fragerunde damit aufzuhören... |
ethik im berufsleben? ein luxus den sich nicht jeder leisten kann.
solange eine tätigkeit oder handlung legal ist, sehe ich wenig grund
sich zusätzliche steine in den weg zu legen.
wenn du gewissensbisse hat solltest du sicher den job wechseln,
was gibt es da noch zu fragen?!
aber wer weiss schon was die zukunft bringt? deine einschätzung
mag zutreffen oder nicht - dass du sie als sicher annimmst und
in der gegenwart daraus (emotionale) konsequenzen ziehst,
hat m.b.m.n einen hauch von selbstüberschätzung und anmassung.
gruss
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ingobert
04.07.2002, 11:03
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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wenns so weitergeht, kommt eher bald mal ein globales Gold-wegschmeiß-Verbot ;-) (owT) |
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Baldur der Ketzer
04.07.2002, 11:30
@ PuppetMaster
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Re: Selbstüberschätzung |
Hallo,
na, ich weiß nicht.
Ein paar gute Bekannte waren bei der Vereinsbank, und nacheinander hat man die besten Leute gesucht, gefördert, und dann angesetzt.
beste leute: die, die Einsatzwillen auch bei Widerständen zeigten, die sich durchbissen, nicht murrten, freundlich blieben
angesetzt: auf Filialleiterposten gehoben (prima), dann Vorgaben gemacht und immer weiter raufgeschraubt, Allfinanz durchdrücken, der Omma ne Lebensversicherung andr*ähem*, Finanzanlagen pushen usw.
Alle sind mittlerweile gegangen, keiner hielt diese Zweischneidigkeit mehr aus, die Leute gegen ihre Interessen beschwatzen zu sollen, um selber im Sessel zu bleiben.
Charaktersache. Noch gibt es welche mit dem aufrechten Gang, auch wenn Harald dies nicht mehr kann
beste Grüße vom Baldur
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Bär
04.07.2002, 12:08
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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Hi Rico! Es ist ganz einfach.... |
Ich war nämlich auch mal Versicherungsfuzzi. Da mußte ich auf ein Investment-Fonds-Seminar. Drei absolute Oberpflaumen von einer Tochter einer großen deutschen Geschäftsbank versuchten uns, den Kapitalismus nahe zu bringen....
Als ich dann auf das Problem der Deflation und Übertreibung (war 2000/Juli) zu sprechen kam, kam die Antwort, es gäbe keine Deflation mehr ausser in Japan und da wäre eh alles anders.
Dann kam ein Rundschreiben vom Vorstand meines Geschäftspartners, wir könnten nun endlich (!) Aktienkredite verkaufen (50% Beleihung, d. h. mehr Umsatz). Dadurch würde"das Eigenkapital verdoppelt". Als ich dann ziemlich sauer den Vorstand anrief, das wäre ja wohl unmöglich, da
1. eine 50%ige Erhöhung der Anlagesumme keine Verdopplung ist
2. es schon noch einen kleinen nicht ganz unwichtigen Unterschied zwischen Eigen- und Fremdkapital gibt
3. die Bank, die die Choose finanzieren sollte, nicht im Sicherungsverbund dt. Banken war,
wurde ich eine Woche später zu einem Termin beim Vorstand geladen.
Ich hab die neuesten Firmenbroschüren (wie gesagt, es war Juli 2000) auseinander genommen (z. B. mit Jüküs Analyse zum Paradigma"Aktien sind langfristig immer die beste Anlage") und daraufhin die Kündigung bekommen.
Die Bank ist übrigens mittlerweile pleite...
Die Firma kämpft ums Überleben.
Ich habe in dem Jahr, in dem sich dieser Spaß zugetragen hat, den besten Umsatz der Filiale gemacht und keinen meiner Kunden übers Ohr gehauen. Trotzdem (oder deswegen) habe ich nicht sehr viel verdient.
Ich bin soooooo froh, nichts mehr mit diesen Ar........ zu tun zu haben.
Gruß
Bär
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Koenigin
04.07.2002, 13:06
@ der tiefschwarzmalende und hilfesuchende Ricoletto
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eine Nachbemerkung zum besten Vorschlag - von" netdrader" |
Geschrieben von netrader am 03. Juli 2002 23:02:40:
Arbeiten Sie doch für die andere Seite, Fachkenntnis scheint genügend da zu sein.
Vielleicht stellen Sie sich einmal als nichtjuristischer Mitarbeiter bei einer auf Anlegerschutz spezialisierten Kanzlei vor, zB der Kanzlei Tilp/Kälberer, die dauernd im Effecten-Spiegel Werbung machen.
Die Branche boomt. Sie werden gebraucht.
Viel Erfolg
netrader
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hola rico, da möchte ich mal einhaken, wobei ich eigentlich nicht so anmassend sein möchte und mir auch nicht einbilde, Dir auch irgendeinen sinnvollen Rat geben zu können.
Da musst Du doch besser ein paar die nahestehende, liebe Menschen Deiner direkten Umgebung besser ansprechen....
aber sei´s drum. trotzdem, weil Du drum gebeten hast:
Das ist doch ein ernstzunehmender Vorschlag/Anregung, die von"NETRADER", da oben!!!!!!!!!!!!
Ich habe hier ja mal kund getant, was ich nun hier in Spanien mache: es hat auch eigentlich (fast) nichts mehr mit meinem erlernten Beruf zu tun.
Ich hatte eigentlich"über Nacht" mal die Unsinnigkeiten des"Geldhandels" (ich war zunächst als gelernter Banker Rentenhändler (Eigenhändler) einer ziemlich großen Bank. Als dann der Rentenhandel in Düsseldorf zum Erliegen kam,"durfte" ich ab dato - da eigentlich nicht ungeschickt- Aktien im Eigenhandel"bewegen".
Der berühmte Traumjob vieler Unbedarfter...
Aber ja tatsächlich vollkommen sinnlos - nur zur Arbitrage usw - Eigenhandel eben, zum Wohle der Bankbilanz.
Das hast Du abends meistens die Schnautze voll - das wird kein Routinejob - auch wenn dein eigener finanzieller Standing von deinem Geschick abhängt, und Dein Arbeitgeber ja mit dieser Triebfeder in Dir die die Wurst immer vor die Schnaute hält, wie einem räudigen Köter...
Eigentlich widerlich - ja sogar dümmlich.
Man muss es sich nur ins Bewußtsein rücken.
Und ist kein Traumjob. Für mich jedenfalls 3 Jahre lang nicht mehr - über Nacht hatte ich wie gesagt die Schnautze voll.
Mein Cousin übrigens, 4 Jahre jünger hatte übriegns gerade den 2. Infarkt.
Offensichtlich ungeeignet....
Und hatte richtiges Glück.(was ich sonst bei der Arbeit immer herbeigewünscht hatte...)
Da die Bank ohnehin gerade mal wieder (wegen Umzug der gesamten Handeslaktivitäten nach FFM Leute" über" hatte,und sie gleichzeitig in meinen Augen aberwitzige) Abfindungen anbot, habe ich die Brocken hingeschmissen.
Es war der Anlass - ansonsten hätte ich es der Perversität des"täglichen Job´s wegen gemacht. Auch ohne Abfindung. Da bin ich ziemlich sicher.
Nun"bewege" ich keine Milliarden mehr, verfalle aber auch nicht den Verlockungen meines Ex-Kollegen Nick Leason mehr und freue mich richtig des Lebens - mit wohltuender (wenn auch nicht sonderlich) hochgeistiger Arbeit.
Dass ich trotzdem versuche, auch weiter an der Börse möglichst wenig Geld zu verlieren, steht auf einem anderen Blatt. Da würde ja auch Dir niemand verbieten, wenn es nicht zur Spielsucht motiert ist
Durch meine"Warntätigkeiten" vor linken/ betrügerichen Immo-Händlern habe ich sozusagen bei meinem Zweitjob ja sogar auch"die Seiten gewechselt"...
...deswegen find ich die Idee von"netdrader" nicht so schlecht.
adios
y hast luego
Dieter König
p.s.
Mein Cousin übrigens, 4 Jahre älter und ebenfalls"Daytrader" bei einem Broker hatte übriegns gerade den 2. Infarkt.Und hat"fertig..."
Offensichtlich ungeeignet....
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stocksorcerer
04.07.2002, 13:09
@ PuppetMaster
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Es kommt halt immer drauf an, was einem selbst Ethik bedeutet |
Hallo zusammen, ;)
Ich bin nicht Aristoteles. Und wir leben auch nicht im antiken Griechenland. Ehre ist heute scheiß egal, Hauptsache das Portemonnaie ist voll. Wir erleben quasi gerade eine"deflationäre Abwärtsspirale", was gewisse Grundwerte angeht. (ich borge mir diese Vokabel mal aus, okay?)
Keiner wird sich heute wundern, wenn jemand unethisch handelt. Das ist in unserer Ellenbogen-Gesellschaft mitterweile tief verwurzelt. Steht vermutlich auch bald im Grundgesetz, wenn Schroeder noch länger stillhält und alles abnickt, was Bush ihm erzählt.
Es ist aber auch schade, dass kaum jemand auf seine innere Stimme hört und dass Ehrlichkeit und Anstand zu Ulknummern verkommen sind, wo diejenigen höchstens belächelt werden von modernen Sklaventreibern.
Leider kann ich zu den weingen Ausnahmen nicht sagen:"aber denen gehört das Himmelreich"... weil diejenigen, die den Spruch erfunden haben, zu dieser eben erwähnten Kategorie Scharlatan zählen.
Aber ich freue mich immer wieder, wenn ich Leute treffe, die noch Skrupel haben. Solange ist die Welt nämlich nicht total verdorben.
winkääää
stocksorcerer
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PuppetMaster
04.07.2002, 13:31
@ stocksorcerer
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Re: Es kommt halt immer drauf an, was einem selbst Ethik bedeutet |
>Keiner wird sich heute wundern, wenn jemand unethisch handelt. Das ist in unserer Ellenbogen-Gesellschaft mitterweile tief verwurzelt.
das glaube ich nicht - so schlimm stehts nicht.
die meisten wirklich unethischen handlungen sind
doch verboten, z.b. betrug.
betrügerisch kann der job von ricoletto nicht sein,
sonst müsste er sich konsequenterweise selbst anzeigen.
dass er glaubt der job sei betrügerisch, ist was anderes,
das hat mit seiner wahrnehmung zu tun. ich an seiner stelle
würde den kunden offen über die risikosituation aufklären -
schlussendlich muss ich ihm ja vor allem ermöglichen eine
kompetente selbstverantwortliche entscheidung zu treffen.
lügen, schwindeln und weglassen unangenehmer aspekte iss
nicht, da wird m.e. auch strafrechtlich die grenze zum
betrug überschritten.
wenn der kunde weiss was er tut, hat er auch keine
legitimation mit der schrotflinte aufzukreuzen.
gruss
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stocksorcerer
04.07.2002, 14:09
@ PuppetMaster
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Wenn der Kunde aber eine 'Expertenmeinung' will, weil er nicht bescheid weiß... |
...ist es unethisch, ihn in einem Deal zu bestärken, von dem er weiß, dass er nichts taugt!
Darüber hinaus ist es ja meist schlimmer. Als ich den letzten Fonds verkauft habe, hat mich der Banker fast bekniet mit seinem Besserwisserischen"Wieso wollen Sie jetzt verkaufen! Warten Sie doch!.... bla..bla..bla...werden steigen...bla..bla."
Es gibt unethische Jobs mittlerweile. Jawoll!
Banken, Medien, hat hier schon mal wer aufgezählt.... stimmt alles. Alles Instrumente der Hochfinanz, die dem arbeitenden Volk das Geld aus der Tasche ziehen. Wer sagt denn, der Feudalismus wäre abgeschafft? Heute glaubt man bloß von sich selber nicht, dass man ganz unten mit drin steckt. Und das gilt auch für Mittelständler und kleine Unternehmen....
Auch die Politik kriecht der Hochfinanz zu Kreuze. Und in Deutschland ist das noch nicht mal so arg schlimm, wie woanders....
winkääää
stocksorcerer
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