netrader
14.07.2002, 21:04 |
@dottore /Theoretiker: 2 und Mehrmächte, Legitimitätsurschuld, Metaphysisches Thread gesperrt |
Dottores neue Theorie geht immer von einer Macht aus, die über Abgabendruck Zinsen in die Welt setzt.
Was gilt, wenn sich zwei oder mehrere Mächte gleichrangig gegenüberstehen?
Für die Rechtsordnung des Völkerrechts ist der Fall klar, wie man an vorliegendem Exzerpt sieht:
„3. Allgemeine Rechtsgrundsätze
Unter den allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Kulturnationen versteht man die Grundsätze, die sich übereinstimmend aus dem innerstaatlichen Recht der Staaten entnehmen und auf internationale Sachverhalte übertragen lassen. Es handelt sich also nicht um Grundsätze des Völkerrechts, wie z. B. den Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten oder der Freiheit der Meere, sondern um Grundsätze, die im Wege der Rechtsvergleichung aus dem nationalen Recht der einzelnen Staaten der Völkergemeinschaft abgeleitet werden. Beispiele sind das Verbot des Rechtsmissbrauchs, der Grundsatz von Treu und Glauben, das Verbot der ungerechtfertigten Bereicherung oder die Verzinsungspflicht im Falle des Verzugs mit der Erfüllung einer Schadensersatzforderung. Die Beispiele zeigen, dass die allgemeinen Rechtsgrundsätze überwiegend dem Privatrecht und nicht dem öffentlichen Recht entstammen. Dies ist leicht zu erklären, denn das Privatrecht ist, wie das Völkerrecht, ein Koordinationsrecht, das auf der Gleichordnung der Rechtssubjekte beruht, während für das öffentliche Recht die Unterordnung des Bürgers unter die Hoheitsgewalt des Staates typisch ist. Bedeutung erlangen die allgemeinen Rechtsgrundsätze für die Schließung von Lücken, die im Vertrags- und im Gewohnheitsrecht bestehen. Sie sind also nur subsidiär anwendbar.
Quellenangabe:
http://www.fu-berlin.de/jura/fachbe...ws0102/bez/bez2001-11-01.html“
Es werden also zwischen Völkerrechtssubjekten Zinsen geschuldet, wobei ich diesen Rechtssatz als Ergebnis entsprechender historischer „Übung“ werte.
Wer hat nun diese Zinsen in die Welt gesetzt?
M.E. vertritt man hier
a)eine Art Supermachttheorie, wonach die wirtschaftlich dominierende Macht des Kulturkreises über ihren „Machtvorteil“ Abgaben anderer Mächte auslöst (Beteiligung an gemeinsamen Kriegskosten usw.) oder
b)man transzendiert die Macht, stellt sich als Macht also Urschuldphänomene vor, denen ein Machtausübender existenznotwendig unterliegt.
Da ich an Punkt a) bei oberflächlicher historischer Bewertung nicht ohne weiteres glauben kann, möchte ich diesen zunächst außer Betracht lassen.
Zu dem Punkt b) wären unsere Historiker angesprochen:
Es ist klar, dass jeder Machtausübende gewisse Grundkosten mit sich herumschleppt, zB
a)Militär und Polizei,
b)Geheimdienst, Spitzelwesen,
c) und, worum es im folgenden gehen soll, Legitimitätskosten gegenüber dem vorhandenen oder behaupteten (evtl sogar erfundenen) Souverän.
Ich behaupte,
x)dass die Kosten zu a) und b) historisch nicht generell vorhanden sind, jedenfalls nicht generell sehr hoch sind,
y) dass die Kosten zu c) immer vorhanden sind,
z) dass die Kosten zu c) stärker steigen als die Kosten a)b).
Zu den Kosten zu c)
Jeder Machtausübende muss seine Macht gegenüber dem Volk legimieren.
Monarchen haben damit so ihre eigenen Probleme (meist in Folgegenerationen: Wie erreiche ich, dass das Volk mir und meiner Dynastie folgt, obwohl unser Clan nicht besonders pfiffig ist, nicht besonders körperkräftig und auch nicht besonders gut aussieht, zT sogar (Pharaonen) degeneriert ist?).
Dass die Berufung auf Götzen, Götter, den christlichen Gott und andere Gottheiten als Quelle der Legitimation Kosten für den Herrscher auslöst, ist völlig klar (Prachtentfaltung, Finanzierung von Priestern/Schamanen, Tempelschätze, sakrale Bauten, Kirchenbaulast uvm).
Tritt an die Stelle solcher Gottheiten der weltlich-hedonistische Staat in Form von Republik und Demokratie, ist der Götze ein anderer, das Staatsvolk.
Das sakrale Opfer das Macht gegenüber ihrem Staatsvolk sehe ich darin, dass jede Partei mehr Geld für Wohltaten ausgibt, als sie es eigentlich dürfte, und dies selbstverständlich auch weiss. Da aber keine Partei gewählt wird, die nicht mindestens 3 % mehr ausgibt als wirtschaftlich vernünftig, setzt sich jede Partei über die Vernunft hinweg = Tribut an den Souverän (Staatsvolk).
Auch die Demokratie hat also ihre Götzen, nur heißen sie anders, vor allem Sozialstaat und Verbaucherschutz. Da es sich so schön reimt:
a) Der Hohe p r i e s t er heisst R i e s t e r,
b) die Kirchenbau l a s t heisst Kü n a s t.
Zu der vorstehenden Behauptung z) reicht wohl ein Blick auf die Etats Soziales und Verteidigung seit 1945.
Ob vorstehenden Überlegungen in dottores Machttheorie passen und historischen Prüfungen standhalten, würde mich natürlich interessieren.
Gruesse
netrader
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dottore
15.07.2002, 20:43
@ netrader
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Mega-Sorry, hatte es übersehen |
Hi Trader,
>Dottores neue Theorie geht immer von einer Macht aus, die über Abgabendruck Zinsen in die Welt setzt.
Jawoll.
>Was gilt, wenn sich zwei oder mehrere Mächte gleichrangig gegenüberstehen?
Über den"Rang" entscheidet das von der Macht gesetzte Recht, sonst nichts. Es gab im Hl.Röm.Reich.dt.Nation Barone, die mächtiger waren als Fürsten und Reichstädte (Franz von Sickingen gg. Worms z.B.). Gleicher"Rang" nur Formalie. Die"Pane" in Polen ("Freie","Herren") ritten mit dem Holzschwert in den Reichstag ein. Für Metall hatten sie kein Geld mehr.
>Für die Rechtsordnung des Völkerrechts ist der Fall klar, wie man an vorliegendem Exzerpt sieht:
>„3. Allgemeine Rechtsgrundsätze
>Unter den allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Kulturnationen versteht man die Grundsätze, die sich übereinstimmend aus dem innerstaatlichen Recht der Staaten entnehmen und auf internationale Sachverhalte übertragen lassen. Es handelt sich also nicht um Grundsätze des Völkerrechts, wie z. B. den Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten oder der Freiheit der Meere, sondern um Grundsätze, die im Wege der Rechtsvergleichung aus dem nationalen Recht der einzelnen Staaten der Völkergemeinschaft abgeleitet werden. Beispiele sind das Verbot des Rechtsmissbrauchs, der Grundsatz von Treu und Glauben, das Verbot der ungerechtfertigten Bereicherung oder die Verzinsungspflicht im Falle des Verzugs mit der Erfüllung einer Schadensersatzforderung. Die Beispiele zeigen, dass die allgemeinen Rechtsgrundsätze überwiegend dem Privatrecht und nicht dem öffentlichen Recht entstammen.
Mitnichten! Schadensersatz kann jeder Depp fordern, und überall"Recht" bekommen, aber vollstrecken kann er ihn nicht.
Das Völkerrecht ex Privatrecht, sozusagen als eine"Erhöhung" desselben ist definitiv falsch. Siehe Grundsatz:"Pacta sunt servanda" (Völkerrecht pur). Im Privatrecht führt ein nicht bedienter Kontrakt (pactum) zum Schadensersatz - wohin sollte das im Völkerrecht führen? Zum Krieg, als der"ultima ratio rerum"?
Es gibt im Völkerrecht zwar einen einklagbaren, aber niemals einen vollstreckbaren (!) Schadensersatz.
>Dies ist leicht zu erklären, denn das Privatrecht ist, wie das Völkerrecht, ein Koordinationsrecht, das auf der Gleichordnung der Rechtssubjekte beruht, während für das öffentliche Recht die Unterordnung des Bürgers unter die Hoheitsgewalt des Staates typisch ist.
Just daran scheitert jedes"Völkerrecht" seit Hugo Grotius."Souveräne" (Mächte) sind nicht unterwerfbar. Außer durch Krieg. Warte nur, bis der erste Amerikaner wg. einer Schweinerei per Völkerrecht zur Rechenschaft gezogen würde.
>Bedeutung erlangen die allgemeinen Rechtsgrundsätze für die Schließung von Lücken, die im Vertrags- und im Gewohnheitsrecht bestehen. Sie sind also nur subsidiär anwendbar.
>Quellenangabe:
>http://www.fu-berlin.de/jura/fachbereich/lehreundforschung/professoren/heintzen/ws0102/bez/bez2001-11-01.html“
>
>Es werden also zwischen Völkerrechtssubjekten Zinsen geschuldet, wobei ich diesen Rechtssatz als Ergebnis entsprechender historischer „Übung“ werte.
>
>Wer hat nun diese Zinsen in die Welt gesetzt?
Die Macht als Abgaben = Zinsen ("census").
>M.E. vertritt man hier
>a)eine Art Supermachttheorie, wonach die wirtschaftlich dominierende Macht des Kulturkreises über ihren „Machtvorteil“ Abgaben anderer Mächte auslöst (Beteiligung an gemeinsamen Kriegskosten usw.) oder
>b)man transzendiert die Macht, stellt sich als Macht also Urschuldphänomene vor, denen ein Machtausübender existenznotwendig unterliegt.
Macht ist ein Ur-Gläubiger-Phänomen. (Hatte es leider selbst viel zu lange übersehen).
>Da ich an Punkt a) bei oberflächlicher historischer Bewertung nicht ohne weiteres glauben kann, möchte ich diesen zunächst außer Betracht lassen.
>
>Zu dem Punkt b) wären unsere Historiker angesprochen:
>Es ist klar, dass jeder Machtausübende gewisse Grundkosten mit sich herumschleppt, zB
>a)Militär und Polizei,
Ja.
>b)Geheimdienst, Spitzelwesen,
Ja.
>c) und, worum es im folgenden gehen soll, Legitimitätskosten gegenüber dem vorhandenen oder behaupteten (evtl sogar erfundenen) Souverän.
>Ich behaupte,
>x)dass die Kosten zu a) und b) historisch nicht generell vorhanden sind, jedenfalls nicht generell sehr hoch sind,
Richtig. Der Charme der Macht besteht darin, dass sie selbst nichts kostet, aber ihre Ausübung. Das macht sie so verführerisch.
>y) dass die Kosten zu c) immer vorhanden sind,
>z) dass die Kosten zu c) stärker steigen als die Kosten a)b).
>Zu den Kosten zu c)
>Jeder Machtausübende muss seine Macht gegenüber dem Volk legimieren.
Ach was. Die Macht muss nur das wimpernlose Auge einer MPi zeigen und schon kriegt sie alles, was sie will.
>Monarchen haben damit so ihre eigenen Probleme (meist in Folgegenerationen: Wie erreiche ich, dass das Volk mir und meiner Dynastie folgt, obwohl unser Clan nicht besonders pfiffig ist, nicht besonders körperkräftig und auch nicht besonders gut aussieht, zT sogar (Pharaonen) degeneriert ist?).
Ja, Machterhalt ist ein großes Problem, zumal über Generationen hin. Ist noch nie gelungen. Das rätselhafte"Aussterben" der Dynastien erklärt sich schnell. Im Privatrecht erbt immer jemand, notfalls über den Ur-Ur-UR-Ur-Großvater hin. Bloß weil der nicht gefunden wurde, fällt dann alles Erbe an den Staat.
>Dass die Berufung auf Götzen, Götter, den christlichen Gott und andere Gottheiten als Quelle der Legitimation Kosten für den Herrscher auslöst, ist völlig klar (Prachtentfaltung, Finanzierung von Priestern/Schamanen, Tempelschätze, sakrale Bauten, Kirchenbaulast uvm).
Kosten aj, aber die Jungs konnten rechnen. Niemand baute eine Kathedrale auf"Risiko". Wer denn?
>Tritt an die Stelle solcher Gottheiten der weltlich-hedonistische Staat in Form von Republik und Demokratie, ist der Götze ein anderer, das Staatsvolk.
Das ist sehr gut!
>Das sakrale Opfer das Macht gegenüber ihrem Staatsvolk sehe ich darin, dass jede Partei mehr Geld für Wohltaten ausgibt, als sie es eigentlich dürfte, und dies selbstverständlich auch weiss. Da aber keine Partei gewählt wird, die nicht mindestens 3 % mehr ausgibt als wirtschaftlich vernünftig, setzt sich jede Partei über die Vernunft hinweg = Tribut an den Souverän (Staatsvolk).
Jaaaa.
>Auch die Demokratie hat also ihre Götzen, nur heißen sie anders, vor allem Sozialstaat und Verbaucherschutz. Da es sich so schön reimt:
>a) Der Hohe p r i e s t er heisst R i e s t e r,
>b) die Kirchenbau l a s t heisst Kü n a s t.
>Zu der vorstehenden Behauptung z) reicht wohl ein Blick auf die Etats Soziales und Verteidigung seit 1945.
>Ob vorstehenden Überlegungen in dottores Machttheorie passen und historischen Prüfungen standhalten, würde mich natürlich interessieren.
Halten Stand, auch ohne Wortspiele.
Gruß!
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netrader
15.07.2002, 22:06
@ dottore
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@dottore und Theoretiker: Legitimität II |
Hallo dottore und Diskutanten,
der Punkt mit der Legitimität der Macht scheint mir ein ganz entscheidender zu sein, weshalb ich nochmals darauf eingehen möchte.
Wie ich von einem der besten historisch-juristischen Lehrer unseres Landes (Prof. Paul Mikat) glaubhaft übernommen habe, versucht jeder Machthaber, der sich vom bloßen Räuberhauptmann/Seeräuberkapitän (der mit der besagten"MP" nicht nur 10%, sondern 90-100% für sich nimmt!) unterscheiden will (und nicht bei nächster Gelegenheit umgebracht werden will), sich die Unterstützung einer höheren Macht zu sichern, der er letztlich angeblich nur dienen will.
Das galt schon für die Pharaonen; es gilt für heutige"Gute" (die ersten Diener des Volkes) wie auch"Böse" ("Ich liebe Euch doch alle"-Mielke).
Als Macht, der man die Macht verdankt, spielen in den letzten beiden Jahrtausenden unseres Kulturkreises nur Gott und das Volk eine Rolle. Machtinhaber, die mit ihren Göttern/Götzen einen Krieg gegen christliche Herrscher verloren haben, haben sich meist sehr beeilt, den stärkeren christlichen Gott zu übernehmen, und sich taufen lassen.
Ist es so schwer, sich diesen letzten Urgrund der Macht (den wahren letzten Souverän) auch als Quelle des Zinses vorzustellen?
Die Deduktion wäre folgende:
Der wahre Souverän (ob der Machthaber wirklich oder nur angeblich an ihn glaubt ist egal) führt jedenfalls beim Machtinhaber zu Kosten (mindestens Legitimitätskosten).
Diese Kosten wälzt er im Rahmen seines Machtbereiches über Mediatoren (Banken/Münzausgeber etc.) auf das Volk über, aber erst dann, wenn die billigere Lösung der Machtausdehnung/Landnahme etc ökonomisch uninteressant wird). Kostenüberwälzung=Abgabendruck=Zinsphänomene setzen voraus, was der Staatsrechtler"Effektivität der Staatsgewalt nennt". Ein Staatsgebiet mit Eigentum (s. HS), noch früher/einfacher"Sesshaftwerden des Volkes", gehören auch dazu.
Effektivität der Staatsgewalt liegt in den zahlreichen Tauschfällen, die im Forum heftigst und interessant diskutiert werden, oft gar nicht oder nur auf dem Papier vor, zB in dem Fall der bolivianischen Karawane. Hat der Machthaber seine Macht im Tauschgebiet effektuiert, geht er mit dem Tausch m.E. so um wie der deutsche Steuergesetzgeber dies auch heute noch wie selbstverständlich tut; er verlangt seine Abgabe einfach für beide Leistungen, die Her- und die Hintauschleistung (Lieferung und Rücklieferung). Wer es nicht glaubt, sehe ins Umsatzsteuergesetz und ins Grunderwerbsteuergesetz.
Mein Eindruck: Wir kommen vorwärts, viele Gruesse
netrader
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