30.7.02 Rezessionsangst ist noch nicht ausgestanden
Volkswirte schätzen US-Wirtschaftsdaten pessimistisch ein. BIP-Korrektur wird erwartet, eine nachhaltige Börsen-Wende ist nicht in Sicht
Von Anja Struve
Frankfurt/Main - Spekulationen über ein nahes Ende der Aktienmarktschwäche sorgten gestern für Kursgewinne an den Börsen. Der Kalender für die für die kommenden Tage verheißt allerdings nichts Gutes: Fast täglich werden in dieser Woche wichtige US-Konjunkturdaten veröffentlicht. Doch egal ob Verbrauchervertrauen oder Arbeitsmarktdaten, Industrieaktivität oder Einkaufsmanagerindex - die Konsensusschätzungen der Volkswirte weisen ausnahmslos nach unten.
Zugleich dürfte in dieser Woche deutlich werden, dass die US-Wirtschaft in den vergangenen Monaten deutlich langsamer gewachsen ist, als erhofft. Das gilt nicht nur für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal, bei dem die Ã-konomen mit einem deutlichen Rückgang gegenüber Jahresbeginn rechnen. Vielmehr werden am Mittwoch auch die revidierten BIP-Zahlen für das vergangene Jahr vorgelegt. Volkswirte rechnen dabei ebenfalls mit einer spürbaren Korrektur nach unten - und fürchten jetzt schon die Reaktion der Finanzmärkte. „In einer Zeit der Unsicherheit über die Bilanzierungspraxis in den USA könnten die Märkte erst recht sensibel auf die Korrektur von volkswirtschaftlichen Daten reagieren“, sagt Richard Zellmann von Helaba Trust.
Vor allem aber wächst mit jeder schlechten Nachricht über die Entwicklung der US-Wirtschaft die Angst, dass dies die Vorboten eines „Double Dip“ sein könnten - und die Konjunktur erneut in die Rezession abgleitet. „Die Gefahr eines Double Dip ist größer als die Möglichkeit, dass ein Aufschwung kurz bevor steht“, sagt Zellmann. Zur Begründung verweist der Experte auf die nach wie vor hohe Verschuldung von privaten Haushalten und Unternehmen, während sich gleichzeitig der Konsum weiterhin stabil entwickelt habe. „Solche Ungleichgewichte sind in vergangenen Rezessionsphasen stets abgebaut worden - diesmal nicht“, warnt der Experte.
Ausgerechnet um den bisher stabilen Konsum sorgen sich die Ã-konomen am meisten. Denn der anhaltende Verfall der Aktienkurse und der massive Vertrauensverlust nach den Bilanzierungsskandalen um Enron und Worldcom, könnte „Consumer Joe“, wie Otto-Normalverbraucher in den USA heißt, die Lust auf das Konsumieren verderben. Mit dramatischen Folgen: Schließlich tragen die Privathaushalte rund zwei Drittel zum gesamten US-BIP bei.
„Wir hatten vor einiger Zeit aufgezeigt, dass der US-Konsum deutlich leiden könnte, wenn die Aktienkurse stetig fallen und der S&P-Index Werte von etwa 800 Punkten erreicht“, warnen die Volkswirte von M.M. Warburg. „Damals hielten wir dieses Szenario so gut wie ausgeschlossen - inzwischen kann davon nicht mehr die Rede sein.“ Wie groß die Auswirkungen einer Aktienmarktschwäche auf die Realwirtschaft in den USA sind, ist umstritten. Nach einer Studie der US-Notenbank Fed könnte ein nachhaltiger Rückgang der Aktienkurse um 20 Prozent mittelfristig aber einen BIP-Rückgang von bis zu 0,8 Prozent bewirken.... (Welt, 30.7.02) Kommentar: Obwohl die Börsen eigentlich deutlich unter Druck stehen müßten, wurde gestern beim DAX der größte Gewinn aller Zeiten realisiert. Besser läßt sich die irreale Entwicklung und Zockermentalität gar nicht darstellen. Immer noch haben nur die wenigsten anscheinend begriffen, daß die Märkte hoffnungslos überbewertet sind. So hat der S+P 500 etwa ein KGV von 30 - im langfristigen Vergleich waren es nur 15. Die Kurse müssen also nochmals um mindestens 50% fallen, damit sie einigermaßen realistisch bewertet sind. Zudem sind viele Bilanzen geschönt und künstlich aufgeblasen - dies würde nochmals eine kräftige Abwertung rechtfertigen. Es ist beinehe Wahnsinn, jetzt Aktien zu kaufen.
<ul> ~ http://www.geldcrash.de/Aktuelles/Finanzmarkt/finanzmarkt.html</ul>
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