Galiani
08.08.2002, 22:11 |
@Ghandi: Es regnet....Deshalb nochmals meine Argumente bzgl. Geldentstehung! Thread gesperrt |
Hallo Ghandi
Keine Frage, sowohl der arbeitsteilig Tätige kann gezwungen sein, Kontrakte zu erfüllen, wie auch der nur seinen Eigenbedarf Deckende (Mammutfleisch als Gegenleistung für die Feuerleihe). Aber grundsätzlich und fundamental scheint mir, daß Arbeitsteiligkeit und Kontrakte nicht in einer logischen Beziehung zueinander stehen.
Und noch einmal: Ich bestreite auch in keiner Weise, daß sich die Krakenarme der Macht sofort um alle Verhältnisse in jeder Gesellschaft schlingen; - auch ums Geld. Aber natürlich auch um BMW und deren Arbeiter, wie Du richtig schreibst!
Was mir aber nicht einleuchtet, ist, daß die Macht das Geld auch primär geschaffen haben sollte. Ich kann da einfach die Logik nicht erkennen. Wieso sollte der Herrscher, so frage ich, dem Bürger etwas in Form von Abgaben abverlangen, was es noch gar nicht gibt; - nämlich Geld! Geld ist seinem Zweck nach zunächst einmal"Tauschvermittler"; und zwar auch für den Inhaber der Macht. Ist es nicht logisch anzunehmen, daß es auch in genau dieser Funktion, also als"Tauschvermittler", in die Welt getreten ist und erst danach vom Herrscher als zweckmäßig erkannt wurde. Aber wie gesagt, das ist normative Logik und durch Tatsachen oder Sätze der Aussagenlogik überhaupt nicht zu beweisen.
Dennoch sprechen meiner Meinung nach eine ganze Reihe von Argumenten gegen die Auffassung, daß die Macht das Geld erfunden habe:
Erstens ist"die Erfindung des Geldes" ein höchst kreativer Akt. Die Macht ist im allgemeinen aber nicht kreativ.
Zweitens gab sich die Macht bis in allerjüngste Zeit, bis ins 19. Jahrhundert, sehr häufig - und in gewissen Zeiten sogar überwiegend - mit Natural-Abgaben zufrieden (z. B. Zehent). Wenn das Geld wirklich von der Macht erfunden worden wäre, so hätte sich dieser Brauch der Natural-Abgaben meiner Ansicht nach nicht so lange halten können. Dann wären schon in der Frühzeit sämtliche Abgaben auch wirklich in Gold und Silber eingefordert worden. Das war aber nicht der Fall. Dies scheint mir gegen die These von dottore zu sprechen, daß zur Standardisierung der Abgaben das Geld erfunden wurde.
Ich glaube, wie schon mehrfach gesagt, vielmehr, daß das Geld schon vor der Abgabenpflicht da gewesen sein muß! Hierzu drittens, mein schon mehrfach vorgebrachtes Argument, auf das aber niemand wirklich eingeht: Erst, wenn die Menschen arbeitsteilig zu produzieren anfangen (d.h. wenn sie über ihren Eigenbedarf hinaus produzieren) und ihr Produkt auch verkaufen, entsteht ein besteuerbares Sozialprodukt, ein"Steuersubstrat", von dem überhaupt Abgaben erhoben werden können (davor mag die Macht erzwungen haben, daß sich jeder, der sich dem Herrscher nähert
15-mal auf den Boden werfen mußte; aber in Form von Abgaben abschöpfen ließ sich vor der arbeitsteiligen Produktionsweise nichts.
Viertens: Es erscheint mir also logisch, daß das arbeitsteilige Wirtschaften dem Abgabenzwang vorhergegangen sein muß. Wenn das zutrifft, dann hat es auch schon vor dem Abgabenzwang Geld gegeben. Denn die über den Eigenbedarf hinausgehend erzeugten Waren mußten ja nicht nur produziert, sondern auch verkauft werden, um ein ein Sozial-Produkt und damit ein"Steuersubstrat" überhaupt erst entstehen zu lassen, von dem Abgaben überhaupt abgeschöpft werden konnten. Und das geht nicht ohne Geld.
Fünftens schließlich fällt es mir schwer zu glauben, daß erst die Macht die Menschen dazu gebracht haben sollte, arbeitsteilig zu produzieren. Wie sollte sie das geschafft haben? Das wäre ja außerdem neuerlich ein höchst kreativer Akt. Und die Macht ist, wie gesagt, nie besonders kreativ. Außerdem gibt es, worauf ich ebenfalls schon hingewiesen habe, Produktionszweige, wie die Landwirtschaft, die sich im Grunde gar nicht anders betreiben lassen, als indem über den Eigenbedarf hinaus produziert wird, wobei das Ergebnis dann auch verteilt, also mithilfe des"Tauschvermittlers" Geld verkauft werden mußte. Ich kann nicht erkennen, wie die"Macht" die Menschen von der Eigenbedarfsdeckungswirtschaft zu Überschüsse (über den Eigenverbrauch) produzierenden Landwirten verwandelt haben sollte.
Ich kann es nicht beweisen, aber ich denke, daß es vor allem der Wunsch der Menschen war, ihre Lebensbedingungen zu verbessern, der sie dazu bewog, sich zu spezialisieren und die Produkte zu vermarkten, die sie über ihren Eigenbedarf hinaus erzeugten. Auch die Dokumente, die Popeye hier gepostet hat, scheinen darauf hinzudeuten, daß es sehr wohl sehr frühzeitig einen privaten Handel gab.
Der Mann aus dem Similaun-Eis,"Ã-tzi" genannt, hatte ein kunstvoll gearbeitetes kupfernes Randleistenbeil bei sich, das er sicherlich nicht selbst hergestellt hatte; ein vollkommen gleiches Beil wurde nämlich 300 Kilometer westlich, in der Schweiz, gefunden. Und"Ã-tzi" war auch gewiss kein Nobler, sondern ein Hirte; er verkörperte nicht die"Macht". Also hat er sein Beil von irgendeinem Handwerker gekauft, der sich auf die Herstellung von derartigen Beilen spezialisiert hatte. Und dazu mußte er über irgendeine Art von Geld, über ein Tauschmittel, verfügen. Wo bitte ergibt sich bei diesem Beispiel die Notwendigkeit, die"Macht" als Erfinder und Schöpfer des Geldes anzunehmen und ins Spiel zu bringen?
So scheint es mir gerechtfertigt, anzunehmen, daß sich das Geld - ziemlich gleichzeitig mit und auf gleiche Weise wie die arbeitsteilige Produktionsweise - sehr frühzeitig kultur-evolutorisch (möglicherweise aus dem"Schmuck") jedenfalls aber aus dem Motiv heraus entwickelt hat, besser zu leben, z. B. ein Werkzeug zu besitzen, das einem"Ã-tzi" das Leben leichter macht; und nicht anzunehmen, die Entstehung des Geldes sei durch die Macht erzwungen worden!
Noch etwas, als sechstes Argument: Die Erfahrung lehrt, daß Produktivität, Arbeitsteiligkeit,"Reichtum" und Steuersubstrat in dem Maße wachsen, in dem die Bürger in einem Land individuelle Freiheit genießen, also Freiheit von Zwang. Und die aufgezählten Kennzeichen schrumpfen und verschwinden, wenn die Bürger von der"Macht" mehr und mehr unterjocht werden (z.B. Nordkorea). Dies deutet meiner Meinung nach ebenfalls daraufhin, daß sich die Arbeitsteiligkeit als Voraussetzung der Abgabenpflicht entwickelt hat und daß die"Macht" ihre Fangarme erst danach um diese arbeitsteilige, produktive Wirtschaft legte, als diese und mit ihr das Geld schon existierte.
Ein letztes, ein siebentes Argument schließlich (das schon von ricardo im Board in ähnlicher Form in die Diskussion geworfen worden ist):
Die"Macht", die zwar alle gesellschaftlichen Verhältnisse durchdringt, ist ja selbst ein kultur-evolutorisch entstandenes und keineswegs destruktives, sondern - zumindest, solange sie nicht degeneriert, - ein für die Gesellschaft überaus nützliches Phänomen. Wenn die"Macht" auf kultur-evolutorischem Weg entstanden ist, weshalb dann nicht auch das Geld? Wieso bedarf es des (nützlichen) Phänomens"Macht", um ein anderes, gesellschaftlich überaus nützliches Phänomen hervorzubringen, nämlich das Geld? Liegt es nicht näher,"Geld" und"Macht" als zwei disjunkte, unabhängig voneinander entstandene Erscheinungen anzusehen?
Beweisen läßt sich das alles - aus den von mir dargelegten Gründen - nicht! Aber dottore kann auch das Gegenteil nicht beweisen; aus den nämlichen Gründen.
Gruß
G.
<center>
<HR>
</center> |
dottore
08.08.2002, 23:02
@ Galiani
|
Re: Beweislast liegt bei Ihnen - Bringschuld! |
>Hallo Ghandi
>Keine Frage, sowohl der arbeitsteilig Tätige kann gezwungen sein, Kontrakte zu erfüllen, wie auch der nur seinen Eigenbedarf Deckende (Mammutfleisch als Gegenleistung für die Feuerleihe). Aber grundsätzlich und fundamental scheint mir, daß Arbeitsteiligkeit und Kontrakte nicht in einer logischen Beziehung zueinander stehen.
Verehrter Galiani!
Hier wird, wie so oft, wieder einmal die Arbeitsteilung innerhalb von Stammes- und/oder Familienveränden mit der Arbeitsteilung in einer Geldwirtschaft verwechselt.
>Was mir aber nicht einleuchtet, ist, daß die Macht das Geld auch primär geschaffen haben sollte. Ich kann da einfach die Logik nicht erkennen. Wieso sollte der Herrscher, so frage ich, dem Bürger etwas in Form von Abgaben abverlangen, was es noch gar nicht gibt; - nämlich Geld!
Was er verlangt, wurde Geld.
>Geld ist seinem Zweck nach zunächst einmal"Tauschvermittler";
Das"zunächst" ist ohne jeden historischen Beleg.
>und zwar auch für den Inhaber der Macht.
Er wollte nur eins eintauschen: Machterhalt. Deshalb waren die ersten"Märkte" jene für Machtmittel (Waffen) und Truppen (Söldner).
>Ist es nicht logisch anzunehmen, daß es auch in genau dieser Funktion, also als"Tauschvermittler", in die Welt getreten ist und erst danach vom Herrscher als zweckmäßig erkannt wurde.
Der erste"Tausch", der über die Bühne ging, war der Tausch von Machterhaltung gegen Machterhaltungsmittel.
>Aber wie gesagt, das ist normative Logik und durch Tatsachen oder Sätze der Aussagenlogik überhaupt nicht zu beweisen.
Das ist keinerlei Logik, weil sie voraussetzt, was sie beweisen soll: Dass es vor der Macht privates Tauschen gegeben hätte.
>Dennoch sprechen meiner Meinung nach eine ganze Reihe von Argumenten gegen die Auffassung, daß die Macht das Geld erfunden habe:
>Erstens ist"die Erfindung des Geldes" ein höchst kreativer Akt. Die Macht ist im allgemeinen aber nicht kreativ.
Die Macht selbst nicht. Aber jene, die sie dann für gute Vorschläge belohnt. Die Macht war nie Architekt. Das haben jene bewerkstelligt, die dann dafür von der Macht belohnt wurden, z.B. noch Leonardo da Vinci als genialer Festungsbaumeister.
>Zweitens gab sich die Macht bis in allerjüngste Zeit, bis ins 19. Jahrhundert, sehr häufig - und in gewissen Zeiten sogar überwiegend - mit Natural-Abgaben zufrieden (z. B. Zehent). Wenn das Geld wirklich von der Macht erfunden worden wäre, so hätte sich dieser Brauch der Natural-Abgaben meiner Ansicht nach nicht so lange halten können. Dann wären schon in der Frühzeit sämtliche Abgaben auch wirklich in Gold und Silber eingefordert worden. Das war aber nicht der Fall.
Das war durchaus der Fall, schon in der Antike. Die Übergänge von Naturalabgaben zu Geldabgaben waren stets schmerzlich, siehe die Unruhen in D nach den 1470ern (Trommler von Niklashaussen).
>Dies scheint mir gegen die These von dottore zu sprechen, daß zur Standardisierung der Abgaben das Geld erfunden wurde.
Sie wurden standardisiert. Wie selbst eben dar gestellt.
>Ich glaube, wie schon mehrfach gesagt, vielmehr, daß das Geld schon vor der Abgabenpflicht da gewesen sein muß!
Welches"Geld"? Waren in frei schwankenden Preisen? Das Geheimnis der Macht liegt in der Standardisierung der Abgaben. Die Macht legt dazu Mengen fest - eine absolut Kostenpreis-resistente Nachfrage. Zwangsnachfrage eben.
>Hierzu drittens, mein schon mehrfach vorgebrachtes Argument, auf das aber niemand wirklich eingeht: Erst, wenn die Menschen arbeitsteilig zu produzieren anfangen (d.h. wenn sie über ihren Eigenbedarf hinaus produzieren)
Das tun sie erst, nachdem sie dazu gezwungen werden.
>und ihr Produkt auch verkaufen, entsteht ein besteuerbares Sozialprodukt,
Ganz falsch. Nicht das BIP wurde besteuert. Sondern die Erstellung von BIP war die Steuer! Von BIP, das sang- und klanglos abgeliefert werden musste.
>ein"Steuersubstrat", von dem überhaupt Abgaben erhoben werden können (davor mag die Macht erzwungen haben, daß sich jeder, der sich dem Herrscher nähert
>15-mal auf den Boden werfen mußte; aber in Form von Abgaben abschöpfen ließ sich vor der arbeitsteiligen Produktionsweise nichts.
Das BIP selbst ließ sich unschwer abschöpfen. Siehe die Soll-Ist-Rechnungen in Mesopotamien um 3000 / 4000 BC.
>Viertens: Es erscheint mir also logisch, daß das arbeitsteilige Wirtschaften dem Abgabenzwang vorhergegangen sein muß.
Dem Abgabenzwang folgte das arbeitsteilige Wirtschaften. Der Abgabenschuldner versuchte, sich zu wehren und begann produktiver zu arbeiten.
>Wenn das zutrifft, dann hat es auch schon vor dem Abgabenzwang Geld gegeben. Denn die über den Eigenbedarf hinausgehend erzeugten Waren mußten ja nicht nur produziert, sondern auch verkauft werden, um ein ein Sozial-Produkt und damit ein"Steuersubstrat" überhaupt erst entstehen zu lassen, von dem Abgaben überhaupt abgeschöpft werden konnten. Und das geht nicht ohne Geld.
Das Steuersubstrat ist ein Konstrukt. Die Abgaben mussten zusätzlich erzeugt werden. Der"Zins" ist (census!) die erste Abgabe. Ganz einfach.
>Fünftens schließlich fällt es mir schwer zu glauben, daß erst die Macht die Menschen dazu gebracht haben sollte, arbeitsteilig zu produzieren.
Die zur Abgabe Verpflichteten haben sich selbst dazu gebracht. Sie versuchten die Arbeit, die erforderlich war, um die Abgaben zu erstellen, zu minimieren. Was automatisch zur Produktivitätssteigerung via Arbeitsteilung führte.
>Wie sollte sie das geschafft haben? Das wäre ja außerdem neuerlich ein höchst kreativer Akt. Und die Macht ist, wie gesagt, nie besonders kreativ.
Die nicht. Aber die Abgabenschuldner waren immer sehr kreativ. Bis heute ("Steueroasen").
>Außerdem gibt es, worauf ich ebenfalls schon hingewiesen habe, Produktionszweige, wie die Landwirtschaft, die sich im Grunde gar nicht anders betreiben lassen, als indem über den Eigenbedarf hinaus produziert wird, wobei das Ergebnis dann auch verteilt, also mithilfe des"Tauschvermittlers" Geld verkauft werden mußte.
Es gibt in der Frühzeit nirgends (!) so etwas wie Kauf oder Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten. Alle frühen Kaufkontrakte lauten auf ertragbringendes Eigentum (Land, Vieh, Sklaven, Haus usw.).
>Ich kann nicht erkennen, wie die"Macht" die Menschen von der Eigenbedarfsdeckungswirtschaft zu Überschüsse (über den Eigenverbrauch) produzierenden Landwirten verwandelt haben sollte.
Wie? Durch Zwang. Das hat die Macht drauf, seit es sie gibt.
>Ich kann es nicht beweisen, aber ich denke, daß es vor allem der Wunsch der Menschen war, ihre Lebensbedingungen zu verbessern,
Die Lebensbedingung war die Abgabenverpflichtung. Die hatten die Menschen in der Tat verbessert.
>der sie dazu bewog, sich zu spezialisieren und die Produkte zu vermarkten, die sie über ihren Eigenbedarf hinaus erzeugten. Auch die Dokumente, die Popeye hier gepostet hat, scheinen darauf hinzudeuten, daß es sehr wohl sehr frühzeitig einen privaten Handel gab.
Das tun sie gerade nicht! Siehe Posting.
>Der Mann aus dem Similaun-Eis,"Ã-tzi" genannt, hatte ein kunstvoll gearbeitetes kupfernes Randleistenbeil bei sich, das er sicherlich nicht selbst hergestellt hatte; ein vollkommen gleiches Beil wurde nämlich 300 Kilometer westlich, in der Schweiz, gefunden. Und"Ã-tzi" war auch gewiss kein Nobler, sondern ein Hirte; er verkörperte nicht die"Macht". Also hat er sein Beil von irgendeinem Handwerker gekauft, der sich auf die Herstellung von derartigen Beilen spezialisiert hatte. Und dazu mußte er über irgendeine Art von Geld, über ein Tauschmittel, verfügen.
Wo trug er es, das Geld, bei sich? In welcher Form? Oder war er"zufällig" bei plusminus Null angekommen?
>Wo bitte ergibt sich bei diesem Beispiel die Notwendigkeit, die"Macht" als Erfinder und Schöpfer des Geldes anzunehmen und ins Spiel zu bringen? >
>So scheint es mir gerechtfertigt, anzunehmen, daß sich das Geld - ziemlich gleichzeitig mit und auf gleiche Weise wie die arbeitsteilige Produktionsweise - sehr frühzeitig kultur-evolutorisch (möglicherweise aus dem"Schmuck") jedenfalls aber aus dem Motiv heraus entwickelt hat, besser zu leben, z. B. ein Werkzeug zu besitzen, das einem"Ã-tzi" das Leben leichter macht; und nicht anzunehmen, die Entstehung des Geldes sei durch die Macht erzwungen worden!
Die Macht hat nicht die"Entstehung" von Geld (im Bereich der Privaten) erzwungen. Sondern hat das Abgabengut ("gült" = Geld = Abgabenschuld) in die Welt gesetzt.
>Noch etwas, als sechstes Argument: Die Erfahrung lehrt, daß Produktivität, Arbeitsteiligkeit,"Reichtum" und Steuersubstrat in dem Maße wachsen, in dem die Bürger in einem Land individuelle Freiheit genießen, also Freiheit von Zwang.
Das ist unbestritten. Führt aber leider nicht zum Kern.
>Und die aufgezählten Kennzeichen schrumpfen und verschwinden, wenn die Bürger von der"Macht" mehr und mehr unterjocht werden (z.B. Nordkorea).
In Korea gab es schon 2000 Jahre vor Kim il Sung eine klassische Abgabenwirtschaft: Herrscher, Herrscherkaste, Abgaben.
>Dies deutet meiner Meinung nach ebenfalls daraufhin, daß sich die Arbeitsteiligkeit als Voraussetzung der Abgabenpflicht entwickelt hat und daß die"Macht" ihre Fangarme erst danach um diese arbeitsteilige, produktive Wirtschaft legte, als diese und mit ihr das Geld schon existierte.
Welche Arbeitsteilung gab es im Persien des Dareios, das nirgends Märkte und keine Schulden kannte - aber Geld?
>Ein letztes, ein siebentes Argument schließlich (das schon von ricardo im Board in ähnlicher Form in die Diskussion geworfen worden ist):
>Die"Macht", die zwar alle gesellschaftlichen Verhältnisse durchdringt, ist ja selbst ein kultur-evolutorisch entstandenes und keineswegs destruktives, sondern - zumindest, solange sie nicht degeneriert, - ein für die Gesellschaft überaus nützliches Phänomen.
Die Macht allein kann privates Eigentum, Kontrakte, Zinsen usw. sichern bzw. vollstrecken. Insofern treibt sie diesen Prozess der Geldwirtschaft voran.
>Wenn die"Macht" auf kultur-evolutorischem Weg entstanden ist, weshalb dann nicht auch das Geld?
Die Macht ist kein Ergebnis einer Kultur, sondern der Anstoß zu kultureller Tätigkeit (siehe Kunstgeschichte rauf und runter).
>Wieso bedarf es des (nützlichen) Phänomens"Macht", um ein anderes, gesellschaftlich überaus nützliches Phänomen hervorzubringen, nämlich das Geld? Liegt es nicht näher,"Geld" und"Macht" als zwei disjunkte, unabhängig voneinander entstandene Erscheinungen anzusehen?
Nein. Macht vor Geld. Das allein ist der Zusammenhang: Vorher - nachher.
>Beweisen läßt sich das alles - aus den von mir dargelegten Gründen - nicht! Aber dottore kann auch das Gegenteil nicht beweisen; aus den nämlichen Gründen.
Wenn Sie etwas nicht beweisen können, wieso können Sie es dann behaupten? Die Beweislast für die"private Tauschwirtschaft" usw. liegt bei Ihnen, nicht bei mir.
Gruß!
<center>
<HR>
</center> |
Jacques
08.08.2002, 23:02
@ Galiani
|
Re: @Ghandi: Es regnet....Deshalb nochmals meine Argumente bzgl. Geldentstehung! |
Bei allem Respekt.
Zweierlei scheint mir wichtig zu sein:
Es ist unwiderlegbar so, dass bereits zu Roms Zeiten
und später auch im Deutschen Bund"Machtzonen" ihre eigene
Münzen prägten/hielten.
Ein Zusammenhang zwischen Geld und Macht scheint mir daher gegeben.
Zum anderen möchte ich auf die Bundesverfassung der Schweiz (1848)
verweisen. Post- und Münzwesen wurden ausdrucklich als hoheitliche und zuständige Aufgaben des Bundesstaates festgelegt.
Auch in der"Moderne" ist also der Zusammenhang"Geld-Macht" gegeben.
Ein neuer Gedankenanstoss zur ganzen Zinsdiskussion:
Erstens gilt festzuhalten, das im arabischen Raum Zinsgeschäfte verboten sind.
Die UBS hat unlängst in den vereinigten Arab. Emiraten eine spezielle"Bank" eröffnet. Muslimischer Einflussbereich: keine Zinsen
Interessant ist nun der Blick zu den Juden:
Zinsgeschäfte waren im alten und neuen Testament legitim.
Zweifelsohne ist der abendländische bzw. der westliche Kulturstaat
stark vom jüdischen bzw. christlichen Einflussen geprägt.
Also liegt der Schluss nahe, dass die Zinserhebung bzw. die Legitimation
zur Zinserhebung ausschliesslich willkürlich bzw. eine Glaubensfrage ist.
mit Gruss
<center>
<HR>
</center> |
Ivan
09.08.2002, 02:08
@ Jacques
|
Zinserhebung willkürlich bzw. eine Glaubensfrage? |
Hallo Jacques.
>Also liegt der Schluss nahe, dass die Zinserhebung bzw. die Legitimation
zur Zinserhebung ausschliesslich willkürlich bzw. eine Glaubensfrage ist.
[Ivan]
Der Zinssatz ergibt sich aus Kreditangebot und Kreditnachfrage (wenn keine ZB die Zinssätze festsetzt, um damit die Geldmenge zu steuern).
Wären Kreditangebot und Kreditnachfrage pari, würde der Zinssatz auf null fallen. Wenn der Zinssatz aber auf null fällt, verringert sich das Kreditangebot automatisch (die potentiellen Gläubiger sehen nur noch Nachteile und keine"Belohnung" für sich) und der Zinssatz steigt wieder über null.
Der Zinssatz kann so nicht auf null fallen und dort bleiben, sondern wird langfristig (unabhängig von"der Macht") immer über null sein (min. Liquiditätsprämie = 2-3%). Selbst wenn"die Macht" für die Entstehung des Geldes verantwortlich wäre, so kann man ihr die"Erfindung" der Zinsen nicht zuschreiben. Man könnte nur argumentieren, dass"die Macht" nach Erkennen der automatisch entstehenden Zinsen, diese für sich nutzte, statt sie zu bekämpfen (Zinsverbot, Freigeld o.ä).
Gruss - Ivan.
<center>
<HR>
</center> |
Galiani
09.08.2002, 09:47
@ dottore
|
Habe weiter oben geantwortet! (mL) |
Hier ist der Link
<center>
<HR>
</center> |
Galiani
09.08.2002, 11:18
@ Jacques
|
@Jacques: Ja natürlich gibt es einen 'Zusammenhang' zw. Geld und Macht |
Hallo
Du schreibst:
>Ein Zusammenhang zwischen Geld und Macht scheint mir... gegeben.
>Es ist [doch]unwiderlegbar so, dass bereits zu Roms Zeiten
>und später auch im Deutschen Bund"Machtzonen" ihre eigene
>Münzen prägten/hielten.
>Auch in der"Moderne" ist also der Zusammenhang"Geld-Macht" gegeben.
Keine Frage, das ist vollkommen richtig. Wie ich soeben an dottore gepostet habe:"Wenn Ivan schreibt: 'Man könnte... argumentieren, dass »die Macht« nach Erkennen der automatisch entstehenden Zinsen, diese für sich nutzte, statt sie zu bekämpfen', so gilt meiner Meinung nach dasselbe für's Geld, dass nämlich »die Macht« nachdem sie das aus sich selbst heraus, evolutorisch entstandene »Geld« zur Kenntnis genommen hatte, dieses für sich nutzte."
Natürlich besteht somit ein sehr enger Zusammenhang zwischen"Macht" und Geld. Einige überzeugende Beispiele hast Du ja selbst genannt.
Was ich jedoch bezweifle, weil es allem widerspricht, was die Sozialwissenschaft in den letzten 250 Jahren erkannt und gelehrt hat, ist, dass"die Macht", also der Herrscher, der Staat oder wer auch immer nicht nur die arbeitsteilige Produktionsweise, also die Erzeugung von Gütern im Wege der Spezialisierung über den Eigenbedarf hinaus, erfunden habe, sondern somit auch die notwendige Folge dieser Art der Produktion, das Geld.
Das halte ich aus einer Reihe von Gründen für extrem unwahrscheinlich.
Grüße
G.
<center>
<HR>
</center> |
André
09.08.2002, 12:35
@ Galiani
|
Re: Zusammenhang' zw. Geld und Macht - Mal poetisch geantwortet |
Hallo
>Du schreibst:
>>Ein Zusammenhang zwischen Geld und Macht scheint mir... gegeben.
>>Es ist [doch]unwiderlegbar so, dass bereits zu Roms Zeiten
>>und später auch im Deutschen Bund"Machtzonen" ihre eigene
>>Münzen prägten/hielten.
>>Auch in der"Moderne" ist also der Zusammenhang"Geld-Macht" gegeben.
>Keine Frage, das ist vollkommen richtig. Wie ich soeben an dottore gepostet habe:"Wenn Ivan schreibt: 'Man könnte... argumentieren, dass »die Macht« nach Erkennen der automatisch entstehenden Zinsen, diese für sich nutzte, statt sie zu bekämpfen', so gilt meiner Meinung nach dasselbe für's Geld, dass nämlich »die Macht« nachdem sie das aus sich selbst heraus, evolutorisch entstandene »Geld« zur Kenntnis genommen hatte, dieses für sich nutzte."
<
<
<
Dem ist nicht so:
<
Irrtum pflanzt von Geschlecht zu Geschlecht sich fort
Und was nicht sein soll, darf nicht sein!
Erkenntnis ist ne bittre Pille
Die jeder meidet, so er kann.
Wessen Weltbild ganz auf Harmonie getrimmt,
muß sehen, wie es ganz zerrinnt.
Liebe, Freiheit, heimscher Herd,
Bedingen in dieser Welt das Schwert!
<
<
>Natürlich besteht somit ein sehr enger Zusammenhang zwischen"Macht" und Geld. Einige überzeugende Beispiele hast Du ja selbst genannt.
>Was ich jedoch bezweifle, weil es allem widerspricht, was die Sozialwissenschaft in den letzten 250 Jahren erkannt und gelehrt hat, ist, dass"die Macht", also der Herrscher, der Staat oder wer auch immer nicht nur die arbeitsteilige Produktionsweise, also die Erzeugung von Gütern im Wege der Spezialisierung über den Eigenbedarf hinaus, erfunden habe, sondern somit auch die notwendige Folge dieser Art der Produktion, das Geld.
>Das halte ich aus einer Reihe von Gründen für extrem unwahrscheinlich.
>Grüße
>G.
[b] Was Geld ist bestimmt immer die Macht,
leider Galiani, macht nichts. Was dottore so sachverständig und detailliert ausarbeitet, sind nichts als Selbstverständlichkeiten, die zu sehen, Generationen von Wirtschaftswissenschaftlern die Sinne gebunden waren und noch immer sind. Unsere Augen davor zu verschließen wird nicht helfen.
In einer anderen Welt wird es totaliter aliter sein,
d.h. ES wird freiwillig gebunden sein.
Sonnenschein am Main
Gruß
A.
<center>
<HR>
</center> |