-->Amerikaner kaufen zunehmend Immobilien statt Aktien
Spekulationen über Spekulationsblase / Schuldenkrise bei Hypothekenbanken befürchtet
nks. NEW YORK. 14. August. Amerikanische Anleger haben vielfach das Vertrauen in Aktien verloren, setzen aber weiter Hoffnung in Immobilien. Während an der Wall Street die Aktienkurse fallen, steigen die Preise von privaten Immobilien kontinuierlich an. Nach sehr starkem Wachstum im vergangenen Jahr lagen die Hauspreise nach Angaben des amerikanischen Maklerverbandes im Juni 10,4 Prozent über denen des Vorjahrs. Manche Analysten sprechen von einer Spekulationsblase, die Konjunktur und Aktienkurse belasten könne, sobald sie platzt. Ein endgültiges Urteil steht noch aus. Viele Analysten halten aber zumindest einige Immobilienmärkte für überhitzt. Dazu gehören Boston oder San Francisco.
"Die Kräfte, die für steigende Preise sorgen, basieren auf soliden Fundamentaldaten", meint Celia Chen, Analystin beim Marktforscher Economy.com. Chen nennt geringes Angebot und die starke, von niedrigen Hypothekenzinsen getriebene Nachfrage als Gründe für den Preisanstieg. Von spekulativen Exzessen könne keine Rede sein:"Das ist wichtig. Das Platzen einer spekulativen Blase würde zu einem Preisverfall und möglicherweise nachlassenden Ausgaben der Privathaushalte führen."
Der durchschnittliche Zinssatz für eine 30jährige Hypothek betrug in der vergangenen Woche 6,31 Prozent und lag damit auf dem tiefsten Stand seit 32 Jahren. Eine Woche zuvor lag die Rate bei 6,43 Prozent, vor einem Jahr bei 7 Prozent. Die amerikanischen Verbraucher haben die niedrigen Hypothekenzinsen vielfach genutzt, um ihre Häuser zu refinanzieren. Das führt für die privaten Haushalte zu einem höheren frei verfügbaren Einkommen. Nach Angaben von Economy.com haben die privaten Haushalte in der ersten Hälfte des Jahres so durch Refinanzierung 100 Milliarden Dollar gewonnen. Das waren etwa 50 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.
Ein Rückgang der Verbraucherausgaben wäre ein Schlag für die Konjunktur. Die privaten Verbraucher sind für zwei Drittel des amerikanischen Wirtschaftswachstums verantwortlich. Dem Immobilienmarkt kommt angesichts der rückläufigen Investitionen von Unternehmen derzeit eine besonders wichtige Rolle zu. Sollte es sich um einen überbewerteten Markt handeln, würde sich eine Preiskorrektur und ein Rückgang der Verbraucherausgaben zweifellos auch auf die Kurse an der Wall Street auswirken. Dann hätten Unternehmen weniger Geld für Investitionen.
Volkswirt Jan Hatzius von der Investmentbank Goldman Sachs äußerte sich skeptisch zur Zukunft des Immobilienmarktes."Wir rechnen damit, daß die Kreditnachfrage im nächsten Jahr nachläßt, was wahrscheinlich die Ausgaben der Privathaushalte verringern wird", sagt Hatzius. Die Verschuldung, auf der die steigende Kaufkraft der Haushalte fuße, könne nicht endlos anhalten. Sobald sich die Hypothekenzinsen und die Immobilienpreise stabilisieren würden - womit Goldman rechnet - werde es zu einem Rückgang der Ausgaben der privaten Haushalte kommen. Das könnte die Konjunktur wegen der Schwächung der Nachfrage in eine Rezession drücken.
Eine Gefahr für den Immobilienmarkt und den Kapitalmarkt könnte möglicherweise auch von den beiden Institutionen ausgehen, die im Zentrum des Hypothekengeschäfts stehen - die Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac. Beide sind privatwirtschaftliche Unternehmen mit einem staatlichen Auftrag, sogenannte"government-sponsored enterprises" (GSE). Der Auftrag besteht darin, für Liquidität in den Hypothekenmärkten zu sorgen. Die GSE erfüllen diesen Auftrag, indem sie Hypotheken von Banken kaufen, diese bündeln und als festverzinsliche Wertpapiere (mortgage-backed securities) auf den Kapitalmarkt bringen. Diese Papiere machen etwa ein Drittel des amerikanischen Rentenmarktes aus.
Der Präsident der Zentralbank von St. Louis, William Poole, hält diese hohe Verschuldung für einen möglichen Risikofaktor für die Finanzmärkte."Die massive Verschuldung der GSE könnte für ein massives Problem an den Kapitalmärkten sorgen", sagte Poole. Als Teil ihres Vertrages haben die GSE Kreditlinien beim amerikanischen Finanzministerium; diese sind noch nie in Anspruch genommen worden. Die reine Existenz der Kreditlinien hat am Markt allerdings zur Ansicht geführt, daß die Regierung die GSE aus einer Schuldenkrise retten würde. Nach Angaben von Poole sind die Schulden der beiden Unternehmen zusammen 40 Prozent höher als die des amerikanischen Staates. Poole sieht zwar kein unmittelbares Risiko für eine Schuldenkrise, er wolle es für die Zukunft aber nicht ausschließen. Poole sagt:"Es gibt keinen Zweifel daran, daß ein hoher Verschuldungsgrad das Risiko finanzieller Instabilität erhöht."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.2002, Nr. 188 / Seite 19
Wo soll das alles noch hinführen?
<ul> ~ http://www.faz.net/IN/INtemplates/faznet/default.asp?tpl=faz/content.asp&rub={67893791-5A91-4ED3-B50D-B0F897F0BB51}&doc={AD666BBC-EFA8-4458-9F38-97DD7</ul>
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