chiquito
24.08.2002, 21:31 |
@alle Geld- und Zinstheoretiker: Zum Verhältnis von Historischem und Logischem Thread gesperrt |
-->Hallo!
Vorab: Ich bin Historiker und Gesellschaftswissenschaftler, kein Ã-konom. Da es hier aber auch gerade um die Bedeutung des „Historischen“ geht, möchte ich doch ein paar Bemerkungen machen.
Wenn das gegenwärtige Wirtschaftssystem sich fortwährend selbst reproduziert und damit auch seine ihm eigenen Strukturen und Funktionszusammenhänge ständig wieder herstellt, dann hat dieses System mit diesen ihn kennzeichnenden Zusammenhängen so etwas wie eine eigene Logik. Das heißt: Kategorien wie „Geld“ oder „Zins“ müssen aus diesem inneren Zusammenhang erklärt werden und nicht aus der „Vorgeschichte“ des Systems.
In diesem Sinne verstehe ich auch Schumpeter: „Keine Geldtheorie kann durch den Nachweis der Falschheit irgendwelcher Behauptungen ihres Autors über die Urgeschichte des Geldes widerlegt, keine durch den Nachweis der Richtigkeit solcher Behauptungen des Autors als richtig erwiesen werden.“
Meines Erachtens ist damit keiner Willkür Tür und Tor geöffnet (wie dies offensichtlich Jochen meint). Eine Geld- und Zinstheorie kann sich nicht an der vergangenen Vorgeschichte des gegenwärtigen Wirtschaftssystems falsifizieren lassen, so interessant und erhellend auch die Vorgeschichte sein mag. Vielmehr muß eine Geld- und Zinstheorie beispielsweise in der Lage sein, gegenwärtige Verwerfungen und Krisen des Systems zu erklären und Lösungsmöglichkeiten zu entwerfen. Eine solche Theorie ist insofern falsifizierbar, als sie Prognosen geben kann, die sich als falsch erweisen können. Konkret: Nach hier im Forum vertretenen Auffassungen von „Geld“ führt die (vor Jahrzehnten erfolgte) Abkopplung des Dollar vom Gold langfristig notwendig zur Abwertung des Dollar und aller anderen auf Schulden aufgebauten Staatspapier-Währungen, wobei notwendig eine Aufwertung von Gold und Silber Hand in Hand mit der Dollar-Abwertung gehen wird. Das ist prinzipiell falsifizierbar und kein Hokuspokus, bei dem ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert wird.
Dass die Betrachtung der Vorgeschichte eines Systems in meinem Verständnis nicht die dem System eigenen Formen (Kategorien) in ihrem Funktionszusammenhang aufdecken und erklären kann, möchte ich an einem (fiktiven) Beispiel aus der Evolutionsgeschichte (auch die Natur hat eine Geschichte) darstellen:
Man stelle sich vor, der Entdecker des roten Blutkörperchens habe nach vielen Forschungen die These aufgestellt, dass die bei allen Tieren vorhandenen (wenn auch nicht immer roten) Blutköperchen entwicklungsgeschichtlich aus dem pflanzlichen Chlorophyll entstanden seien. Daraufhin entwickelte sich eine erhebliche Auseinandersetzung unter Biologen, ob diese These (mit den vorhandenen fossilen Funden) belegbar sei. Der Entdecker des roten Blutkörperchens verfocht harnäckig seine Theorie und vernachlässigte darüber die Erforschung der Funktion des roten Blutkörperchens im tierischen Organismus. Er vertrat die These, das Chlorophyll ermögliche dem Gesamtorganismus Pflanze, Sauerstoff an die Umgebung abzugeben. (Wir wissen, dass dies stimmt). Ihm erschien es ganz offensichtlich, dass damit die roten Blutkörperchen die gleiche Aufgabe haben müssten: dem Gesamtorganismus (Tier) zu ermöglichen, Sauerstoff an die Umgebung abzugeben. (Wir wissen, dass das Gegenteil der Fall ist).
Damit will ich sagen: Die Erforschung des Funktionszusammenhanges der Kategorien (Formen), aus denen ein System besteht, kann nicht ersetzt werden durch die Erforschung der Vorgeschichte dieser Kategorien. Das kann auch in die Irre führen.
Grüße
Ch.
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carbonarachianti
24.08.2002, 22:39
@ chiquito
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Re: @alle Geld- und Zinstheoretiker: Zum Verhältnis von Historischem und Logischem |
-->Mir scheint, daß man selbst unter Aufbietung schwerster Geschütze in gewissen Fragen kein Einvernehmen herstellen kann. Vielleicht wäre das eine Frage für Gehirnforscher.
chianti...
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Popeye
24.08.2002, 22:50
@ carbonarachianti
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Nachdem wir jeden von allem überzeugt haben herrscht die Stille des Nichts!:-) |
-->>Mir scheint, daß man selbst unter Aufbietung schwerster Geschütze in gewissen Fragen kein Einvernehmen herstellen kann. Vielleicht wäre das eine Frage für Gehirnforscher.
>chianti...
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chiquito
24.08.2002, 23:14
@ carbonarachianti
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Re: @alle Geld- und Zinstheoretiker: Zum Verhältnis von Historischem und Logischem |
-->>Mir scheint, daß man selbst unter Aufbietung schwerster Geschütze in gewissen Fragen kein Einvernehmen herstellen kann. Vielleicht wäre das eine Frage für Gehirnforscher.
>chianti...
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chiquito
24.08.2002, 23:21
@ carbonarachianti
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Re: Was hat die *Aufbietung schwerster Geschütze* mit einer rationalen... |
-->Hallo,
also: Was hat die"Aufbietung schwerster Geschütze" mit einer rationalen Auseinandersetzung zu tun?
Bisschen viel Chianti?
Wenn du wieder diskutierfähig bist, kannst du ja mal erläutern, was du meinst.
Winkäää, wie stocksorcerer immer sagt.
ch.
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carbonarachianti
24.08.2002, 23:24
@ chiquito
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Re: Was hat die *Aufbietung schwerster Geschütze* mit einer rationalen... |
-->>Hallo,
>also: Was hat die"Aufbietung schwerster Geschütze" mit einer rationalen Auseinandersetzung zu tun?
Ich habe getan, was ich konnte! Wie immer auf verlorenem Posten gekämpft!
Danke für die Unterstützung aus dem Hintergrund, demnächst bitte mitten ins Getümmel, wenn ich bitten darf!
>Bisschen viel Chianti?
>Wenn du wieder diskutierfähig bist, kannst du ja mal erläutern, was du meinst.
>Winkäää, wie stocksorcerer immer sagt.
>ch.
p.s. wir haben natürlich recht.
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carbonarachianti
24.08.2002, 23:27
@ chiquito
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In die Irre! In die Irre! In die Irre! (owT) |
-->
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Uwe
24.08.2002, 23:34
@ chiquito
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Es ist immer noch das gleiche 'Spiel'.. |
-->Hallo chiquito!
Danke für Deine Ausführungen, jedoch möchte ich Deiner Meinung, dass man sich auf das Heute konzentrieren sollte nur soweit zustimmen, wie es darum geht, die Lösungsmöglichkeiten für heute vorzustellen. Im übrigen möchte ich aufzeigen, warum ich der Meinung bin, dass es doch wichtig ist, sich mit der Entwicklunggeschichte auseinander zu setzen.
chiquito:[i] Meines Erachtens ist damit keiner Willkür Tür und Tor geöffnet (wie dies offensichtlich Jochen meint). Eine Geld- und Zinstheorie kann sich nicht an der vergangenen Vorgeschichte des gegenwärtigen Wirtschaftssystems falsifizieren lassen, so interessant und erhellend auch die Vorgeschichte sein mag.[/i]
Hier, an dieser Stelle, setzt Du m.E. voraus, dass es ein"abgeschlossenes Vorsystem" gegeben hat, was durch das gegenwärtige System"ersetzt" wurde und daher nicht vergleichbar ist.
Aber genau hier liegt m.E. die Spannung, wenn man"kühn" annimmt: Es gab keine Vorgeschichte, dei der Menschen erlebt hat. Es ist immer noch das gleiche"Spiel", nur dass irgendwann ein neuer Spielstein ins Spiel gebracht wurde, nämlich die Macht. So die Darstellung von dottore, wenn ich es richtig verstanden habe.
Im letzten Punkt bin ich allerdings auch nicht sicher, ob dieser"Spielstein" nicht bereits die gesamte Zeit im"Spiel" war.
Nach meiner Meinung haben wir es also über die gesamte Entwicklungsgeschichte der Menschheit hinweg mit den gleichen Prinzipien und Abhängigkeiten zu tun, die durch die Macht in allen Perioden kanalisiert wurde und heute noch wird.
Vielleicht ist das Spiel leicht zu durchschauen (u.a. materielle Angst, die bei der Grundversorgung beginnt und sich steigert und eben von nicht so ängstlichen zum eigenen Vorteil genutzt wird), doch wie kann es mit anderen Regeln weitergespielt werden?
chiquito:[i] Vielmehr muß eine Geld- und Zinstheorie beispielsweise in der Lage sein, gegenwärtige Verwerfungen und Krisen des Systems zu erklären und Lösungsmöglichkeiten zu entwerfen. Eine solche Theorie ist insofern falsifizierbar, als sie Prognosen geben kann, die sich als falsch erweisen können.[/i]
Gegenwärtige Verwerfungen und Krisen sind bestimmt nichts Neues. Man kann sie an geschichtlichen"Vorereignissen" studieren und findet dennoch keine Lösung für heute, da in diesen Situation bestenfalls eine Seite verliert, die nicht verlieren will. Insofern stimme ich voll zu, das die Lösungen der Vergangenheit, nicht die Lösungen von heute sein können, schon allein, da der zeitlich Versatz dies unmöglich werden lässt.
Allein die Funktion von Geld scheint klar definiert: Mittel, mit dem Schulden begleichen werden.
Fallen erst einmal Schulden an, dann wird Qualität und Quantität der Mittel in jedem Fall vom Mächtigeren bestimmt. Insofern beschreibt Dein Beispiel mit den Blutkörperchen m.E. nicht in die wesentlichen Diskussionspunkte, die sich hier im Forum seit einem, von den Beteiligten überschaubaren Zeitraum entwickelt hat, die aber schon über Jahrtausende andauern (hier mit Namen aus den Epochen schon des Ã-fteren angeführt)
Beispiele:
~ Opfergaben an die"Götter" (kein einziger Gott, so meine feste Überzeugung, wird das Menschenopfer verlangt haben, dennoch wurde es erbracht; eindeutig Machtgesetz). Hat man nicht genug zum Opfern gebracht, wurde dies von den"Göttern" bestraft. Die Abgabe/das Opfer musste"entbehrlich" sein und dennoch erwirtschaftet werden. Eingesetzt werden diese Opfer zum Wohle des Opfergebers vom Opfernehmer, so versichert dieser. Wo ist der Unterschied zum Abgabesystem, was auf Steuern basiert, provokativ gefragt?
~ Geld, als gesetzlich festgelegter Maßstab, wobei Gläubiger auch hinnehmen müssen, dass der Schuldner mit"schlechterem" Geld die Schuldentilgung vollzieht; alles nur Gesetz.
Schulden und Zinsen sind somit durch die Macht in den Griff zu bekommen, wenn sie es den"will". Doch was ist, wenn die Macht von den Erträgen aus Schulden"lebt"? Dass dieses System kein System ist, was erst heute Verwerfungen und Krisen verursacht, könnte folgendes Zitat belegen:
[i]«Kann die Feststellung der zerstörerischen Wirkung der absurden Machenschaften und verfehlten Kreditverwaltung, die zu Geldspielen und Wahnsinn statt zu Fleiß führen, ein berechtigter Vorwurf gegen eine staatliche Bank sein?»
Bischof George Berkeley, Südirland, *1685 +1753, in seinem Frage/Antwortkatalog: Querist 1735-37, die Bank of England existierte bereits 40 Jahre und die"South Sea Bubble" lag etwa 17 Jahre zurück.[/i]
Wir scheinen also immer noch in der gleichen Spielrunde"gefangen" zu sein.
Gruß,
Uwe
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Galiani
25.08.2002, 02:49
@ chiquito
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Schön formuliert. So hatte ich das (bei allen Vorbehalten) auch gesehen! Gruß (owT) |
-->
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Galiani
25.08.2002, 03:09
@ Popeye
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@Popeye |
-->Hallo Popey
Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse, daß ich mich gegenüber dottore ein bißchen als Ihr selbsternannter Advokat aufgespielt habe. Aber mir gehen sein Gelaber zu allem und jedem und insbesondere seine lächerlichen Angriffe auf Hayek ein wenig auf die Nerven: Hier im Board sind, wie ich glaube, die meisten ja doch ziemlich junge Leute. Ich finde, daß wir ältere Semester (und dazu gehört dottore auch) eine gewisse Verantwortung für das haben, was wir hier von uns geben. Indem dottore nur, um seine ach so große eigene Gelahrtheit ins rechte Licht zu rücken, ständig dem Nobelpreisträger v. Hayek, den er weder gelesen und schon gar nicht verstanden hat, ans Bein pinkelt, handelt er im wahrsten Wortsinn "unverantwortlich". Das erklärt meinen Zorn.
Aber, was ich Ihnen eigentlich mitteilen wollte:
War es nicht der große Vorwurf der jüngeren theoretischen Ã-konomen an die"historische Schule" im zweiten Drittel des letzten Jahrhunderts, daß es jene trotz intensiver Beschäftigung mit der Geschichte im Grunde nie zu einer wirklichen Theorie gebracht habe. Und zeigt nicht gerade das, was dottore so laufend von sich gibt, daß darin mehr als nur ein Körnchen Wahrheit steckt und zu welch verheerenden Folgen es führt, wenn man sich statt mit Theoriebildung in der Ã-konomie nur mit der Geschichte beschäftigt?!
Es grüßt Sie herzlich
G.
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Tassie Devil
25.08.2002, 06:44
@ Galiani
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Re: Mein lieber Schwan |
-->>War es nicht der große Vorwurf der jüngeren theoretischen Ã-konomen an die"historische Schule" im zweiten Drittel des letzten Jahrhunderts, daß es jene trotz intensiver Beschäftigung mit der Geschichte im Grunde nie zu einer wirklichen Theorie gebracht habe. Und zeigt nicht gerade das, was dottore so laufend von sich gibt, daß darin mehr als nur ein Körnchen Wahrheit steckt und zu welch verheerenden Folgen es führt, wenn man sich statt mit Theoriebildung in der Ã-konomie nur mit der Geschichte beschäftigt?!
Bingo!
In etwas anderen duerren Worten: Wir, die oekonomischen Grossmeister unserer Zunft, den WirtschaftsWISSENschaften, wissen, dass wir von der real ablaufenden Oekonomie eigentlich nix wissen und somit nix viel davon verstehen, vor allem deshalb, weil uns die dahinterstehenden Grundlagen einer wirklichen und verifizierbaren Theorie bis dato deshalb fehlen, weil wir aufgrund verheerender Folgen bisher nicht zu liefern in der Lage waren.
Nichtsdestotrotz sind wir die Wirtschaftswissenschaftsexperten und somit genau die Fachleute, die auch Machthaber beraten, wir haben das schon immer gemacht...
Mein lieber Schwan, mein lieber Herr Gesangsverein, ich glaub mein Schwein pfeift! Wir schreiben das Jahr 2002.
Unter diesen gegebenen Umstaenden dottore der Verantwortungslosigkeit zu bezichtigen, wenn dieser - nicht erst seit gestern - in die schwaerend klaffenden Wunden der langjaehrig voellig ignorant ueberheblichen Oekonomiegrossmeister reingreift (die Zeiten der Ignoranz sind aber ein fuer alle mal vorbei) und sich bei diesem sehr engagierten Tun ganz offensichtlich nicht von reinen Destruktionsinstinkten leiten laesst, sondern konstruktiv Licht in diese oekonomischen Finsternisse bringt, letzteres mit einer bewunderungswuerdigen Energie zumindest versucht, hierbei Verantwortungslosigkeit bei dottore zu diagnostizieren, lieber Galiani, das ist schlichtergreifend ein ganz dicker Hund.
Ich entsage jetzt einer detaillierten Bewertung der oekonomischen Meisterzuenfte, aber der Anwurf der Verantwortungslosigkeit ist bei vorliegendem Sachverhalt eine voellig unfaire Beleidigung fuer diesen Begriff.
Inselgruss vom
Tassie Devil
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carbonarachianti
25.08.2002, 10:19
@ Uwe
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Re: Es ist immer noch das gleiche 'Spiel'.. - eben nicht |
-->>Hallo chiquito!
>Danke für Deine Ausführungen, jedoch möchte ich Deiner Meinung, dass man sich auf das Heute konzentrieren sollte nur soweit zustimmen, wie es darum geht, die Lösungsmöglichkeiten für heute vorzustellen. Im übrigen möchte ich aufzeigen, warum ich der Meinung bin, dass es doch wichtig ist, sich mit der Entwicklunggeschichte auseinander zu setzen.
>chiquito:[i] Meines Erachtens ist damit keiner Willkür Tür und Tor geöffnet (wie dies offensichtlich Jochen meint). Eine Geld- und Zinstheorie kann sich nicht an der vergangenen Vorgeschichte des gegenwärtigen Wirtschaftssystems falsifizieren lassen, so interessant und erhellend auch die Vorgeschichte sein mag.[/i]
>Hier, an dieser Stelle, setzt Du m.E. voraus, dass es ein"abgeschlossenes Vorsystem" gegeben hat, was durch das gegenwärtige System"ersetzt" wurde und daher nicht vergleichbar ist.
>Aber genau hier liegt m.E. die Spannung, wenn man"kühn" annimmt: Es gab keine Vorgeschichte, dei der Menschen erlebt hat. Es ist immer noch das gleiche"Spiel", nur dass irgendwann ein neuer Spielstein ins Spiel gebracht wurde, nämlich die Macht. So die Darstellung von dottore, wenn ich es richtig verstanden habe.
>Im letzten Punkt bin ich allerdings auch nicht sicher, ob dieser"Spielstein" nicht bereits die gesamte Zeit im"Spiel" war.
>Nach meiner Meinung haben wir es also über die gesamte Entwicklungsgeschichte der Menschheit hinweg mit den gleichen Prinzipien und Abhängigkeiten zu tun, die durch die Macht in allen Perioden kanalisiert wurde und heute noch wird.
>Vielleicht ist das Spiel leicht zu durchschauen (u.a. materielle Angst, die bei der Grundversorgung beginnt und sich steigert und eben von nicht so ängstlichen zum eigenen Vorteil genutzt wird), doch wie kann es mit anderen Regeln weitergespielt werden?
>chiquito:[i] Vielmehr muß eine Geld- und Zinstheorie beispielsweise in der Lage sein, gegenwärtige Verwerfungen und Krisen des Systems zu erklären und Lösungsmöglichkeiten zu entwerfen. Eine solche Theorie ist insofern falsifizierbar, als sie Prognosen geben kann, die sich als falsch erweisen können.[/i]
>Gegenwärtige Verwerfungen und Krisen sind bestimmt nichts Neues. Man kann sie an geschichtlichen"Vorereignissen" studieren und findet dennoch keine Lösung für heute, da in diesen Situation bestenfalls eine Seite verliert, die nicht verlieren will. Insofern stimme ich voll zu, das die Lösungen der Vergangenheit, nicht die Lösungen von heute sein können, schon allein, da der zeitlich Versatz dies unmöglich werden lässt.
>Allein die Funktion von Geld scheint klar definiert: Mittel, mit dem Schulden begleichen werden.
>Fallen erst einmal Schulden an, dann wird Qualität und Quantität der Mittel in jedem Fall vom Mächtigeren bestimmt. Insofern beschreibt Dein Beispiel mit den Blutkörperchen m.E. nicht in die wesentlichen Diskussionspunkte, die sich hier im Forum seit einem, von den Beteiligten überschaubaren Zeitraum entwickelt hat, die aber schon über Jahrtausende andauern (hier mit Namen aus den Epochen schon des Ã-fteren angeführt)
>Beispiele: > ~ Opfergaben an die"Götter" (kein einziger Gott, so meine feste Überzeugung, wird das Menschenopfer verlangt haben, dennoch wurde es erbracht; eindeutig Machtgesetz). Hat man nicht genug zum Opfern gebracht, wurde dies von den"Göttern" bestraft. Die Abgabe/das Opfer musste"entbehrlich" sein und dennoch erwirtschaftet werden. Eingesetzt werden diese Opfer zum Wohle des Opfergebers vom Opfernehmer, so versichert dieser. Wo ist der Unterschied zum Abgabesystem, was auf Steuern basiert, provokativ gefragt? > ~ Geld, als gesetzlich festgelegter Maßstab, wobei Gläubiger auch hinnehmen müssen, dass der Schuldner mit"schlechterem" Geld die Schuldentilgung vollzieht; alles nur Gesetz.
>Schulden und Zinsen sind somit durch die Macht in den Griff zu bekommen, wenn sie es den"will". Doch was ist, wenn die Macht von den Erträgen aus Schulden"lebt"? Dass dieses System kein System ist, was erst heute Verwerfungen und Krisen verursacht, könnte folgendes Zitat belegen:
>[i]«Kann die Feststellung der zerstörerischen Wirkung der absurden Machenschaften und verfehlten Kreditverwaltung, die zu Geldspielen und Wahnsinn statt zu Fleiß führen, ein berechtigter Vorwurf gegen eine staatliche Bank sein?»
>Bischof George Berkeley, Südirland, *1685 +1753, in seinem Frage/Antwortkatalog: Querist 1735-37, die Bank of England existierte bereits 40 Jahre und die"South Sea Bubble" lag etwa 17 Jahre zurück.[/i]
>Wir scheinen also immer noch in der gleichen Spielrunde"gefangen" zu sein.
>Gruß,
>Uwe
Uwe,
alles richtig, es gibt da nur ein kleines Problem: Zeigt die Geschichte die Verhältnisse klarer auf, als die Gegenwart oder ist es nicht vielmehr das genaue Gegenteil?
Wenn man begriffen und akzeptiert hat, daß die moderne Geschichte ein Prozeß der fortschreitenden Arbeitsteilung ist, so kann man nur schlußfolgern:
Die heutigen Verhältnisse zeigen das Wesen der Sache mit viel größerer Klarheit an, als irgendwelche Betrachtungen der Vergangenheit das jemals könnten.
Beispiel"Unternehmer"
Was ist ein Unternehmer. Wenn wir in die vergangenheit zurückgehen (auf der zeitachse), so werden wir inrgendwann einen Zustand sehen, in dem wir keine Unternehmer mehr finden. Dennoch ist natürlich die Funktion"Unternehmertum" irgendwo vorhanden, bspw. im Feldherren, im Richter, Im König etc...
Das heißt, wenn wir versuchen den Unternehmer besser zu verstehen, indem wir in die geschichte zurückblicken, so werden wir feststellen, daß unser bild nicht genauer sondern ungenauer wird. das hilft nicht!
carbonara
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Popeye
25.08.2002, 12:21
@ Galiani
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Re: @Popeye |
-->Hallo, @Galliani, Sind wir nun wieder per ‚Sie'? O.k..
Habe ich irgendwo behauptet ich wäre ein Verfechter ‚historischer' Analysemethoden? Nach allem was ich von Ihnen gelesen habe kann ich mir nicht vorstellen, dass wir hier einen Dissens haben.
Im Eilschritt: Jeder ist frei sein Modellprämissen so zu wählen, wie der Untersuchungsgegenstand es nahelegt. Ist das Modell logisch richtig kommt es zu einem richtigen Ergebnis im formalen Sinn. Prognosekraft für die Erklärung der Wirklichkeit hat das Modell jedoch nur, wenn die Prämissen wirklichkeitsnah sind. In @dottores Fall spielt die Prämisse ‚Staat/Macht' eine dominante Rolle für die Erklärung von Geld und Zins. Eine Falsifizierung des Modells hat somit zwei Ansatzpunkte: Den logischen (z.B.: Wie werden die überraschenden zusätzlichen Zwangs-Abgaben gesamtwirtschaftlich rael alimentiert?), und den historischen (z.B. es gab Geld in einer Evolutionsstufe in der Staat/Macht nicht relevant waren.
Ein Letztes zum Methoden-Streit: Wie allen großen Geister unseres Faches ist es auch Schumpeter nicht gelungen eine konsistente Argumentationslogik durch alle Arbeitsgebiete beizubehalten. Aber es war vor allem Schumpeter, der eine Synthese zwischen historischer und ökonomischer Schule versucht hat (nachzulesen bei unserem gemeinsamen Freund Schefold- siehe Link). Und deshalb wird das von @carbonara gepostete Zitat - aus meiner Sicht - hier mißbraucht.
Last not least: Keynes hat einmal das schöne Bonmot geprägt:"Words ought to be a little wild for they are the assaults of thought on the unthinking." D.h. die Provokation ist ein methodisches Instrument,das allerdings die Sache und nicht der Person treffen sollte! @dottores Diskussionstil nervt gelegentlich. Seine Hartnäckigkeit nervt. Und trotzdem ist es gerade diese Hartnäckigkeit, die neue Angriffe und neue Denk-Ergebnisse provoziert, häufig abstrus, gelegentlich aber wertvoll (offenbar sieht @dimi das ähnlich). Case in point: Aus meiner Sicht (schon gepostet) überstrapaziert @dottore einen richtigen Gedanken für den es bisher noch keine vollständige ‚Landkarte' in unserem Fach gibt. Warum sollen wir zur Prüfung dieser Ideen nicht an den Gitterstäben des Gefängnisses unserer Gedankengebäude heftig rütteln? Vielleicht gibt es am Ende eine neue Erkenntnis??
Dass die Streitkultur im Forum häufig ins Persönliche abgleitet ist bedauerlich. Das Phänomen hat in der der Rechts- und Wahrheitsfindung allerdings eine lange Geschichte. Wir werden die Geschichte diese Phänomens im Forum wohl nicht neu schreiben, weil es offenbar für viele zu schwierig ist (unser Neuzugang @carbonara als Beispiel), eine ‚ander Meinung und Wahrheit auszuhalten' und nicht der Versuchung zu unterliegen taktlos zu werden.
Die zivilisatorische Entwicklung hat uns deshalb Konventionen wie Takt und Etikette beschert, die anzumahmen und zu beachten wir nicht müde werden sollten.
Diesen salbungvollen Epilog statt eines Kirchganges -
Sonntagsgrüße
Popeye
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Galiani
25.08.2002, 13:24
@ Popeye
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@Popeye |
-->Hallo
>Hallo, @Galliani, Sind wir nun wieder per ‚Sie'? O.k.
Das"Sie" war nur ein Zeichen unsicher tastenden Respektes, weil ich mich - wie gesagt: ungerufen - als Dein Anwalt aufgespielt habe.
Natürlich freut es mich und ehrt es mich, wenn wir weiter per Du sind.
Über Deinen Gedanken der Synthese"historische" vs."theoretische" Analyse der Wirtschaft muß ich noch ein bißchen nachdenken.
Selbstverständlich hat Dimi mit seiner Bemerkung nicht ganz unrecht. Und Keynes ist zwar tot (und Hazlitt hat Keynes wirklich als"schwulen Gockel" dargestellt - natürlich ohne das ausdrücklich zu sagen!) Aber ich hätte das vielleicht auch nicht so schreiben sollen! Obzwar man zumindest das schwul bei Keynes historisch beweisen kann (während er nach außen hin bekanntlich mit einer Primaballerina verheiratet war); nur das"Gockel" kann man nicht beweisen. Es war eine Invektive post mortem. Hätte ich nicht schreiben sollen.
Gruß
G.
|
carbonarachianti
25.08.2002, 13:24
@ Popeye
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Re: @Popeye |
-->Also nochmal ganz langsam:
Wenn du in der Geschichte suchst, wann und wo das Geld zuerst entstanden ist, so musst du vorher dir schon die frage beantwortet haben, was geld denn eigentlich ist!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Diesen einfachen sachverhalt zu widerlegen, dürfte selbst einem spinatessenden popeye nicht ganz leicht fallen.
wenn du dann eine idee vom geld hast, suchst du dir das entsprechende ereignis der geschichte nach deiner theorie aus.
wenn ich sage, geld beruht auf sakraler abgabe, so werde ich in der geschichte soweit zurückgehen, bis ich den punkt gefunden habe, wo das zuerst passierte.
Ich werde dann sagen"puh, im jahre 9200 vor Christus hat der Ortsgeistliche von oberkeulenhause das geld erfunden, indem er von seinen gläubigen zwei kieselsteine für gutes wetter erbeten hatte."
wenn ich sage geld war ursprünglich ware, so werde ich in der geschichte den fleck suchen, wo zuerst eine ware zu geld gemacht wurde.
wenn ich sage, geld=steuern, so werde ich in der geschichjte den punkt suchen, wo zuerst ein machthaber steuern in einem zahlungsmittel verlangt hat.
ist das denn so schwer zu verstehen???????????????
carbonatrachianti, ich selbst halbblau noch ein wenig heller als Du!
|
schnitzelundbier aka Firmian
25.08.2002, 13:49
@ carbonarachianti
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Deine!-Taste und?-Taste klemmen (owT) |
-->
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---- ELLI ----
25.08.2002, 13:54
@ schnitzelundbier aka Firmian
|
Re: Deine!-Taste und?-Taste klemmen |
-->53 Ausrufezeichen oder GROSSBUICHSTABEN sind gleichbedeutend mit SCHREIEN.
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carbonarachianti
25.08.2002, 14:03
@ ---- ELLI ----
|
Re: Deine!-Taste und?-Taste klemmen |
-->>53 Ausrufezeichen oder GROSSBUICHSTABEN sind gleichbedeutend mit SCHREIEN.
wie darf man denn große aufregung ausdrücken, bitte?
|
---- ELLI ----
25.08.2002, 14:13
@ carbonarachianti
|
Re: Deine!-Taste und?-Taste klemmen |
-->>>53 Ausrufezeichen oder GROSSBUICHSTABEN sind gleichbedeutend mit SCHREIEN.
>wie darf man denn große aufregung ausdrücken, bitte?
Genau so. Aber dabei fällt mir immer der Spruch ein"Wer schreit, hat Unrecht".
|
Uwe
25.08.2002, 14:36
@ carbonarachianti
|
Die Funktionen der Wurzel sind immer noch die gleichen... |
-->Guten Tag, carbonarachianti!
carbonarachianti:[i] Uwe, alles richtig,...[/i]
Da soweit demnach Übeinstimmung in der Darstellung historischer Sachverhalte besteht, kann ich mich auf den strittigen Punkt konzentrieren.
Deine Frage: «... Zeigt die Geschichte die Verhältnisse klarer auf, als die Gegenwart oder ist es nicht vielmehr das genaue Gegenteil?», kann aber nur anhand konkreter Problemstellung von mir mit"Ja" oder"Nein" oder"Weiß nicht" beantwortet werden, denn es ist durchaus möglich, das Strukturen heute durch"Nebengeäst" derart zergliedert sind, dass man in der Tat nur an die Wurzel kommt, wenn man das Gestrüpp mit heutigen Mitteln beseitigt.
Häufig wird man dann vermnutlich feststellen, dass die Funktion der Wurzeln die gleich geblieben sind. Nichts anderes wollte ich zum Ausdruck bringen, als ich vom gleichem Spiel sprach.
Wenn Du jedoch dann am Beispiel des Unternehmers etwas zeigen willst, was ich gar nicht behauptet habe, so erinnert es mich sehr stark an Galianis"Einakter" vom"Traumichnicht&dottore":
U:"aber die Schulden sind doch nicht ein konstrukt unser Zeit"
C:"Kann ich das Verhalten eines heutigen Unternehmers irgendwo in der Geschichte studieren?"
U:"ja, aber wir sprechen doch nicht..."
C:"Na, also! Die Geschichte verrät garnichts über die Unternehmenspolitik"
Mit Verlaub, das ist m.E. genauso sinnvoll zur Betrachtung des Themas, wie es hilfreich ist, die Unternehmerfunktion mit den"Berufbildern" von Feldherren, Richtern und Königen in der Historie zu vergleichen.
Ehe würde ich die Erarbeitung von Vergleichen mit den Finanziers der Feldherrn und der Könige als das erfolgsversprechende Unterfangen betrachten. Es sei den, Du siehst Unternehmsaufgaben u.a. darin, dass mit"Menschenmaterial" zu operieren ist und dieses in der"Schlacht um Märkte", mit all den bekannten Denkschemen eines Feldherrn, einzusetzen ist.
Eine Unternehmerfunktion mit einem Richter zu vergleichen dürfte auch wenig Erkenntnis liefern, da ein praktizierender Richter eben sich an geschriebenen Worte zu halten hat (alle Richter mögen die vereinfachte Beschreibung verzeihen, doch von einem gewissenhaften Umgang mit ihrer Aufgabe gehe wie selbstverständlich aus).
Doch das Thema Macht, Schulden und Zinsen sind keine Konstrukte unserer Zeit. Sie darauf zu reduzieren, würde m.E. bedeuten, Erkenntnisse bewußt oder unbeweußt zu verschütten, oder schlimmer noch, das Geschehen so zu"kapseln", das vermeintlich nicht nur eine"Wissendisziplin" dafür zuständig sei, sondern auch nur ein Zeitabschnitt.
Ich glaube dass bei dieser Art der Herangehensweise zuviel unbeachtet bleibt, was schon längst woanders beschreiben wurde. Das kann nicht das Ziel sein oder es ist das Ziel Interessierter, so finde ich.
Gruß,
Uwe
|
carbonarachianti
25.08.2002, 15:00
@ Uwe
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Re: Die Funktionen der Wurzel sind immer noch die gleichen... |
-->> denn es ist durchaus möglich, das Strukturen heute durch"Nebengeäst" derart zergliedert sind, dass man in der Tat nur an die Wurzel kommt, wenn man das Gestrüpp mit heutigen Mitteln beseitigt.
Das Gestrüpp ist in der Vergangenheit anzutreffen! Die Zergliederung ist der gang der Dinge, wenn sie auf dem Ast näher Richtung Stamm zurückgehen, so vermischen sich die Dinge und werden unklar. hinter haben Sie nur noch den Stamm (die"Urhorde") und sehen gar nichts mehr, außer Kampf!
>Häufig wird man dann vermnutlich feststellen, dass die Funktion der Wurzeln die gleich geblieben sind. Nichts anderes wollte ich zum Ausdruck bringen, als ich vom gleichem Spiel sprach.
>Wenn Du jedoch dann am Beispiel des Unternehmers etwas zeigen willst, was ich gar nicht behauptet habe, so erinnert es mich sehr stark an Galianis"Einakter" vom"Traumichnicht&dottore":
>U:"aber die Schulden sind doch nicht ein konstrukt unser Zeit"
>C:"Kann ich das Verhalten eines heutigen Unternehmers irgendwo in der Geschichte studieren?"
>U:"ja, aber wir sprechen doch nicht..."
>C:"Na, also! Die Geschichte verrät garnichts über die Unternehmenspolitik"
>Mit Verlaub, das ist m.E. genauso sinnvoll zur Betrachtung des Themas, wie es hilfreich ist, die Unternehmerfunktion mit den"Berufbildern" von Feldherren, Richtern und Königen in der Historie zu vergleichen.
Das mit dem Unternehmer war eine Analogie.
>Ehe würde ich die Erarbeitung von Vergleichen mit den Finanziers der Feldherrn und der Könige als das erfolgsversprechende Unterfangen betrachten. Es sei den, Du siehst Unternehmsaufgaben u.a. darin, dass mit"Menschenmaterial" zu operieren ist und dieses in der"Schlacht um Märkte", mit all den bekannten Denkschemen eines Feldherrn, einzusetzen ist.
>Eine Unternehmerfunktion mit einem Richter zu vergleichen dürfte auch wenig Erkenntnis liefern, da ein praktizierender Richter eben sich an geschriebenen Worte zu halten hat (alle Richter mögen die vereinfachte Beschreibung verzeihen, doch von einem gewissenhaften Umgang mit ihrer Aufgabe gehe wie selbstverständlich aus).
Genau richtig erkannt, als es noch kein Unternehmertum als Beruf gab, mußte diese Funktion z.B. auch von Richtern ausgeübt werden. Deswegen werden Sie das Richteramt viel weniger verstehen, wenn Sie in die Geschichte zurückblicken als wenn Sie sich einen Richter von heute ansehehn.
>Doch das Thema Macht, Schulden und Zinsen sind keine Konstrukte unserer Zeit.
Sie darauf zu reduzieren, würde m.E. bedeuten, Erkenntnisse bewußt oder unbeweußt zu verschütten, oder schlimmer noch, das Geschehen so zu"kapseln", das vermeintlich nicht nur eine"Wissendisziplin" dafür zuständig sei, sondern auch nur ein Zeitabschnitt.
Sie kommen nicht darum herum, daß Sie über die Geschichte noch viel weniger wissen als über die Gegenwart.
>Ich glaube dass bei dieser Art der Herangehensweise zuviel unbeachtet bleibt, was schon längst woanders beschreiben wurde. Das kann nicht das Ziel sein oder es ist das Ziel Interessierter, so finde ich.
>Gruß,
>Uwe
Dass man aus der geschichte wertvolle Einsichten gewinnen kann, habe ich nie bestritten, aber eben nur geschichtliche Erkenntnis, niemals aber könne Sie ausder Geschichte Dinge ablesen, die Sie nicht auch aus der Gegenwart erkennen können, und zwar sicherer, genauer, schärfer!
Gruß
carbonara
|
Uwe
25.08.2002, 19:17
@ carbonarachianti
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Re: Die Funktionen der Wurzel sind immer noch die gleichen... |
--> carbonarachianti :[i] Das Gestrüpp ist in der Vergangenheit anzutreffen! Die Zergliederung ist der gang der Dinge, wenn sie auf dem Ast näher Richtung Stamm zurückgehen, so vermischen sich die Dinge und werden unklar. hinter haben Sie nur noch den Stamm (die"Urhorde") und sehen gar nichts mehr, außer Kampf![/i]
... den Kampf, der bis heute geführt wird, nur mit immer wieder den unterschiedlichensten Waffen?
Bei angepriesenen"innovativen" Produkten, die im Rahmen sich verändernter Zeiten und Rechtsvorschriften angeboten werden, scheint mir eben dieses Vorgehensweise, die des Rückführens auf die Wurzeln des Produktes, immer wieder auf gleiche Kernelemente zu führen: Profiterzielung. Daher mein Gedanken, bei dem natürlich Berücksichtigung findet, dass ich mit den heutigen Mitteln hantieren muss. Dies habe ich aber auch zum Ausdruck gebracht.
Nehme ich Ihren Satz: «Sie kommen nicht darum herum, daß Sie über die Geschichte noch viel weniger wissen als über die Gegenwart.» als allgemeine Äußerung, so sehe ich die Sache so, dass auch hier wieder der Einzelfall entscheidet, zumal wenn man bedenkt, dass es möglich ist, ungewollt oder gezielt mit Desinformationen zu arbeiten, die erst nach Feststellung ihrer Auswirkung und nach Kenntnis eines Gesamteindruckes korrigiert werden, unabhängig von Geheimhaltungsfristen, die sich der Staat geschaffen hat. Die endgütigen Auswirkungen monetärer Richtungsentscheidungen sind hingegen zumeist erst über und aus der Geschichte zu erfassen und zu belegen.
Nehme ich diesen Satz: «Sie kommen nicht darum herum, daß Sie über die Geschichte noch viel weniger wissen als über die Gegenwart.» jedoch als persönliche Aufforderung, mein Geschichts- und Gegenwartswissen zu erweitern, so hoffe ich auch auf Ihre Unterstützung.
Ein Unverständnis bleibt bei mir in Bezug auf die Vergleichbarkeit des"Berufs Unternehmertum(?)" und des"Richteramtes in der Geschichte". Soll ich diesen Vergleich so verstehen, dass ich einen IT-Spezialisten nicht mit einem Buchdrucker vergleichen soll? Gab es diesbezüglich überhaupt ein Diskussionspunkt. Jedoch so wie Sie den Vergleich zum Verständnis des Richteramt von damals gegenüber heute aufbauen, bin ich doch der meinung, dass die Wurzeln zum Verständnis der Tätigkeiten gleich gebliebenen sind, doch dies scheint mir nicht unbedingt der geeignete Ausgangspunkt zur Darstellung zu sein.
Es stehen jedoch mehr als nur die letzten 300 Jahre an"Geldgeschichte" zur Verfügung, in der die hier vertretenen Hauptsichten genauso kontrovers diskutiert wurden und die verschiedensten Modelle umgestzt wurden.
Somit sind die Wirkungen von Prozessen"Rund ums Geld" bekannt und brauchen nicht allein aus dem Heute abgeleitet zu werden.
Sehrwohl kann ich Ursachen heutiger Verschuldungen mit den Ursachen der Verschuldungen in der Geschichte versuchen zu vergleichen, so meine Meinung.
Sehr wohl glaube ich, dass Profiterzielungsmechanismen von heute mit der Profiterzielungsmechanismen von damals vergliechen werden können.
Sehr wohl kann ich Interessen von Kartellen/Unternehmungen von heute mit den Interessen der Kartelle/Unternehmeungen aus der Geschichte vergleichen, ohne dass ich glaube, dass ich auf sehr viel andere Unterschiede stoße werde, als sie durch die veränderte Technologie bedingt sind.
Wenn Sie also abschließend bemerken, dass ich niemals aus der Geschichte Dinge ablesen kann, was ich nicht in der Gegenwart erkennen könne, so haben Sie in Hinblick auf die vermeintlichen"1:1-übertragbare" Lösungsansätze recht, zumal diese Übertragbarkeit auch nicht von mir behauptet wurde. Jedoch hat die Geschichte den Vorteil, dass sie zu einem Zeitpunkt in die"vollendete Zukunft" blicken kann und so eingetretene Szenarien darstellt.
Wie dem nun auch sei, die Vorschläge, wie man die heutige Situationen meistern soll, dürften weitaus interessanter sein, als meine Betrachtungen, zumal diese Vorschläge eben erfordern, die globalen Gegebenheiten zu berücksichtigen und somit wohl kaum Einzellösungen aus Teilgebieten ermöglichen.
Gruß,
Uwe
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Jochen
25.08.2002, 20:36
@ chiquito
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Re: @alle Geld- und Zinstheoretiker: Zum Verhältnis von Historischem und Logischem |
-->>Wenn das gegenwärtige Wirtschaftssystem sich fortwährend selbst reproduziert und damit auch seine ihm eigenen Strukturen und Funktionszusammenhänge ständig wieder herstellt, dann hat dieses System mit diesen ihn kennzeichnenden Zusammenhängen so etwas wie eine eigene Logik.
Was heißt"so etwas wie eine eigene Logik"? Hat es oder hat es nicht? Außerdem hat es keine Logik, sondern eine Funktionsweise.
>Das heißt: Kategorien wie „Geld“ oder „Zins“ müssen aus diesem inneren Zusammenhang erklärt werden und nicht aus der „Vorgeschichte“ des Systems.
Was unterscheidet dieses kapitalistische System von anderen, seien sie nun später oder gleichzeitig? Die Mode?
Wenn es ein"vorher" gab, dann gibts halt auch ein"jetzt", logisch. Die Frage ist, wie kam es vom vorher zum jetzt?
>In diesem Sinne verstehe ich auch Schumpeter: „Keine Geldtheorie kann durch den Nachweis der Falschheit irgendwelcher Behauptungen ihres Autors über die Urgeschichte des Geldes widerlegt, keine durch den Nachweis der Richtigkeit solcher Behauptungen des Autors als richtig erwiesen werden.“
>Meines Erachtens ist damit keiner Willkür Tür und Tor geöffnet. Eine Geld- und Zinstheorie kann sich nicht an der vergangenen Vorgeschichte des gegenwärtigen Wirtschaftssystems falsifizieren lassen, so interessant und erhellend auch die Vorgeschichte sein mag.
Was ist mit Vorgeschichte gemeint? Daß vorher ein anderes System war, oder daß vorher das gleiche System war, aber halt einfach"vorher"? War vorher ein anderes System, so ist zu erklären, warum jetzt ein anderes ist. War vorher das gleiche, dann ist natürlich jede Analogie zulässig.
> Vielmehr muß eine Geld- und Zinstheorie beispielsweise in der Lage sein, gegenwärtige Verwerfungen und Krisen des Systems zu erklären und Lösungsmöglichkeiten zu entwerfen. Eine solche Theorie ist insofern falsifizierbar, als sie Prognosen geben kann, die sich als falsch erweisen können. Konkret: Nach hier im Forum vertretenen Auffassungen von „Geld“ führt die (vor Jahrzehnten erfolgte) Abkopplung des Dollar vom Gold langfristig notwendig zur Abwertung des Dollar und aller anderen auf Schulden aufgebauten Staatspapier-Währungen, wobei notwendig eine Aufwertung von Gold und Silber Hand in Hand mit der Dollar-Abwertung gehen wird. Das ist prinzipiell falsifizierbar und kein Hokuspokus, bei dem ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert wird.
Das ist mit Dottores Machttheorie ebenfalls möglich. Man muß ja keine historische Betrachtung anstellen.
>Dass die Betrachtung der Vorgeschichte eines Systems in meinem Verständnis nicht die dem System eigenen Formen (Kategorien) in ihrem Funktionszusammenhang aufdecken und erklären kann, möchte ich an einem (fiktiven) Beispiel aus der Evolutionsgeschichte (auch die Natur hat eine Geschichte) darstellen:
>Man stelle sich vor, der Entdecker des roten Blutkörperchens habe nach vielen Forschungen die These aufgestellt, dass die bei allen Tieren vorhandenen (wenn auch nicht immer roten) Blutköperchen entwicklungsgeschichtlich aus dem pflanzlichen Chlorophyll entstanden seien. Daraufhin entwickelte sich eine erhebliche Auseinandersetzung unter Biologen, ob diese These (mit den vorhandenen fossilen Funden) belegbar sei. Der Entdecker des roten Blutkörperchens verfocht harnäckig seine Theorie und vernachlässigte darüber die Erforschung der Funktion des roten Blutkörperchens im tierischen Organismus. Er vertrat die These, das Chlorophyll ermögliche dem Gesamtorganismus Pflanze, Sauerstoff an die Umgebung abzugeben. (Wir wissen, dass dies stimmt). Ihm erschien es ganz offensichtlich, dass damit die roten Blutkörperchen die gleiche Aufgabe haben müssten: dem Gesamtorganismus (Tier) zu ermöglichen, Sauerstoff an die Umgebung abzugeben. (Wir wissen, dass das Gegenteil der Fall ist).
>Damit will ich sagen: Die Erforschung des Funktionszusammenhanges der Kategorien (Formen), aus denen ein System besteht, kann nicht ersetzt werden durch die Erforschung der Vorgeschichte dieser Kategorien. Das kann auch in die Irre führen.
Dieses Beispiel ist meines Erachtens denkbar schlecht gewählt: gerade auf der Evolutionstheorie (und mehr ist es nicht) werden Schlüsse auf das heutige Verhalten noch und nöcher gezogen (am primitivsten in der"psychologischen Ratgeberliteratur, aber die ganze Biologie baut auf dem"Vorher" auf; versuch mal, eine Diplomarbeit zur"kataklystischen Evolution" nach De Grazia zu schreiben...)
Genauso bauen auch die ökonomischen Theorien auf historischen Voraussetzungen auf, und gerade die Schule, die meint, das nicht zu tun, arbeitet mit unbelegten Annahmen.
Gruß
Jochen
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