-->Moin,
damit Lateinamerika nicht aus dem Blick gerät....
<font size="4">Lateinamerikas große Volkswirtschaften ohne Kraft</font>
Frankfurt (vwd) - Die Experten trauen Lateinamerika in konjunktureller Hinsicht gegenwärtig wenig zu. Zuletzt hat gleich eine ganze Reihe von Bankökonomen die Wachstumsprognosen für die gesamte Region gesenkt, sowohl für das laufende als auch für das kommende Jahr. Vor allem auf die"großen drei" - Brasilien, Mexiko und Argentinien - wird kritisch geblickt. Während in den Fällen Brasilien und Argentinien die aktuellen finanziellen, wirtschaftlichen und politischen Turbulenzen im Vordergrund stehen, macht Mexiko wegen seiner starken Abhängigkeit von US-Konjunktur Sorgen.
Das mittelamerikanische Land nimmt auf Grund seiner Mitgliedschaft in der nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) eine Sonderstellung ein. Die USA sind mit einem Anteil von rund 90 Prozent der mit Abstand wichtigste Abnehmer mexikanischer Produkte. Somit hängt das Wohl oder Wehe der mexikanischen Volkswirtschaft vor allem von der konjunkturellen Lage in den USA ab. Dies hat sich auch an den Wachstumszahlen in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres gezeigt. So lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal noch um zwei Prozent unter seinem Vorjahreswert, während im zweiten Quartal ein Zuwachs um 2,1 Prozent verzeichnet wurde.
Damit wurde mit einer Verzögerung von einem Quartal der US-Aufschwung nachvollzogen. Da die US-Wirtschaft jedoch im zweiten Quartal eine deutliche Wachstumsabkühlung verzeichnet hat und die weiteren Perspektiven dort eher auf ein moderates Wachstum hindeuten, werden auch die Aussichten für Mexiko mit einer gewissen Vorsicht betrachtet. Allenfalls zwei Prozent Wachstum werden für 2002 erwartet. Skeptiker weisen zudem auf strukturelle Hemmnisse hin, die das längerfristige Wachstum in dem Land begrenzen könnten. Kritisiert wird hier vor allem eine fehlende konstruktive Zusammenarbeit zwischen Regierung und Opposition.
Dennoch geht es Mexiko deutlich besser als den beiden von einer Schulden- und Finanzkrise geplagten Volkswirtschaften Brasiliens und Argentiniens. Brasilien ist dabei als größte Ã-konomie Lateinamerikas erst in den vergangenen Monaten in das Zentrum des Interesses gerückt. Vor dem Hintergrund der für Oktober geplanten Präsidentschaftswahlen und zweier Favoriten aus dem linken politischen Lager hatten internationale Investoren kalte Füße bekommen und in hohem Maße Kapital abgezogen, vor allem aus Sorge um ein drohendes Schuldenmoratorium. Immerhin machen die ausländischen Verbindlichkeiten Brasiliens rund 45 Prozent des BIP aus, die öffentliche Verschuldung beträgt zudem etwa 60 Prozent des BIP.
Als Reaktion wertete der Brasilianische Real kräftig ab und lag um rund 30 Prozent niedriger als zu Jahresbeginn, gleichzeitig fielen brasilianische Staatsanleihen zeitweilig auf 50 Prozent ihres Kurswertes; invers hierzu weiteten sich die Spreads auf US-Staatsanleihen dramatisch aus. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sah sich deshalb dazu gezwungen, einen Schutzwall gegen diesen Finanzmarktsturm zu errichten. Mit der Zusage für ein Finanzpaket über 30 Mrd USD - die höchste Summe, die der IWF jemals einem einzelnen Schuldner bewilligt hat - konnten die Akteure an den Finanzmärkten zunächst beruhigt werden.
Wenngleich viele Marktbeobachter weiterhin einen Schuldenausfall Brasiliens nicht ausschließen wollen und Banken ihren Kunden auch nach dem IWF-Kredit raten, Anleihen des Landes zu meiden, weisen viele Volkswirte auf die noch relativ guten Rahmendaten des Landes hin. Dennoch, die skeptische Haltung der Investoren in Verbindung mit den sehr hohen Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt dürften das Wachstum auf ein niedrigeres Niveau drücken, als zunächst erwartet worden war. So prognostizieren auch die meisten Volkswirte für 2002 mittlerweile nur noch einen BIP-Anstieg von gut einem Prozent, erst für 2003 wird ein Wachstumsschub erwartet.
Wenngleich die Situation in Brasilien zuletzt Argentinien aus den internationalen Schlagzeilen verdrängt hatte, präsentiert sich die Lage am Rio de la Plata aus ökonomischer Sicht am tragischsten. Die immense Finanzkrise in dem mit rund 140 Mrd USD verschuldetem Land, die im vergangenen Jahr zu einer weitgehenden Einstellung des Schuldendienstes und zur Aufgabe des Currency Board zum US-Dollar geführt haben, lähmt nach wie vor alle wirtschaftlichen Aktivitäten. So brach allein im ersten Quartal das BIP um real 16,3 Prozent verglichen mit dem Vorjahr ein. Gegenüber dem Vorquartal wurde ein BIP-Rückgang um 6,0 Prozent verzeichnet.
Eine Aufschlüsselung der BIP-Komponenten macht die trostlose Entwicklung noch deutlicher: Im ersten Quartal lagen die Investitionen um über 46 Prozent unter ihrem Vorjahresniveau, der Konsum wies ein Minus von knapp 21 Prozent auf. Dass es beim aggregierten BIP nicht schlimmer gekommen ist, lag am Außenbeitrag, und da vor allem an den stark gesunkenen Importen. Der Anstieg der Exporte um lediglich 5,4 Prozent auf Jahressicht wurde jedoch angesichts einer Peso-Abwertung seit Jahresbeginn um rund 70 Prozent als enttäuschend bezeichnet. Die Hoffnung, dass sich durch die Freigabe des Wechselkurses eine Wirtschaftsdynamik einstellt, ist nicht erfüllt worden.
Ã-konomen erwarten wegen der katastrophalen Ausgangslage, dass Argentiniens Wirtschaft in diesem Jahr zwischen zwölf und 18 Prozent schrumpfen wird. Für 2003 wollen einige Volkswirte dagegen das Einschwenken auf einen Wachstumspfad nicht ausschließen. Hilfreich für Argentinien wäre dabei eine Zusage des IWF, die Ende vergangenen Jahres eingefrorenen Finanzhilfen wieder freizugeben. Noch hat der IWF hierzu keine übermäßige Bereitschaft erkennen lassen, auch nicht, nachdem die argentinischen Regierung der internationalen Finanzfeuerwehr eine Absichtserkärung über das weitere wirtschaftspolitische Vorgehen vorgelegt hat.
Volkswirte sehen dabei für Argentinien nur einen Weg: Die Regierung muss einerseits den Haushalt konsolidieren und eine Lösung mit seinen nationalen und internationalen Gläubigern finden, das Bankensystem vollständig neuordnen und eine Konzeption für die Ausgestaltung der zukünftigen Geldpolitik entwickeln. Dabei dürfte sich als problematisch erweisen, dass im März 2003 Wahlen auf der Agenda stehen und neue Reformen damit kaum vor Mitte kommenden Jahres zu erwarten sind. Ob der IWF unter diesen Voraussetzungen zu einer Wiederaufnahmne der Finanzhilfen bereit sein wird, ist mehr als zweifelhaft.
vwd/2.9.2002/jej/ptr
2. September 2002, 09:00
Quelle: vwd
Gruss
Cosa
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