Bob
09.09.2002, 17:18 |
Was wäre, wenn es nur noch eine Bank in einem Land gäbe? Thread gesperrt |
-->dann könnten nach belieben Zahlungsmittel durch Kredit geschaffen werden!
Da niemals Geld abfließt, stellen sich sämtliche Zahlungen lediglich als Umbuchungen auf den Konten dieser Bank dar. Illiquidität ist unmöglich.
Diese Bank könnte somit nach Belieben bestimmte Wirtschaftssubjekte fördern oder behindern, wäre ein totales Werkzeug der Politik.
Andererseits könnte eine solche Bank durch gezielte Kreditvergabe an unterausgelastete Firmen inflationsneutral arbeiten. Geldwertstabilität wäre so gut wie sichergestellt.
Der in jeder Krise fortschreitende Konzentrationsprozeß der Banken ist als Schritt auf diesen Endzustand hin anzusehen. Japan ist am weitesten fortgeschritten in diesem Prozeß und bietet daher, was die zukünftige Entwicklung angeht, die besten Chancen.
bob
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Campo
09.09.2002, 19:36
@ Bob
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Re: Was wäre, wenn es nur noch eine Bank in einem Land gäbe? |
-->Moin Bob,
>dann könnten nach belieben Zahlungsmittel durch Kredit geschaffen werden!
der Begriff"Zahlungsmittel" ist hier m.E. zumindest irreführend - besser wäre es von Schuld- und Guthabensalden zu sprechen. Quasi wie in einem Tauschring.
>Da niemals Geld abfließt, stellen sich sämtliche Zahlungen lediglich als Umbuchungen auf den Konten dieser Bank dar.
Ohne es direkt zu benennen, schaffst Du mit diesem Vorschlag das (Papier-)Bargeld ab. So wie die meisten Tauschringe eben auch organisiert sind. Jeder Kauf ist eine Transaktion von Konto zu Konto. Summe der Konten immer = 0.
>Illiquidität ist unmöglich.
Nunja - solange jedes Wirtschaftssubjekt unbegrenzt Kredit bekommt, stellt sich für diese die Frage der Illiquidität nicht. Aber wenn mit den investiven Krediten nicht effektiv genug umgegangen wird; bzw. damit nur konsumiert (und nicht genügend rückgezahlt) wird, hast Du schnell ein Inflationsproblem. Nicht einmal Tauschringe leisten sich unbegrenzte Kreditvergaben.
Für diese Bank selbst gäbe es das Problem der Illiquidität in der Tat nicht. Sie würden den Begriff noch nicht mal kennen. Auch wie in einem Tauschring. Bargeld braucht ja nie rausgerückt zu werden.
>Diese Bank könnte somit nach Belieben bestimmte Wirtschaftssubjekte fördern oder behindern, wäre ein totales Werkzeug der Politik.
In der Tat sind die sozialen Steuerungsmöglichkeiten einer solchen bargeldlosen Gesellschaft enorm: Jede ökonomische Interaktion hinterläßt ihre"Fußspuren" auf den Konten. Der Drogenmarkt trocknet aus; Banküberfälle sind Sachen von gestern; Eigentumsdelikte und Raubüberfälle gehen extrem zurück; es wird fast unmöglich zu hehlen - alles ist transparent. Das ist die hübsche Seite der bargeldlosen Gesellschaft und würde auch schön sein, wenn, ja wenn die Politik auch ein Werkzeug von Volkes Wille wäre.
>Andererseits könnte eine solche Bank durch gezielte Kreditvergabe an unterausgelastete Firmen inflationsneutral arbeiten. Geldwertstabilität wäre so gut wie sichergestellt.
Das mit"inflationsneutral" wird ein"Problemchen" bleiben. So einfach ist das nicht. Aber warum gezielte Kreditvergabe? Wozu? Zur Sicherung der Geldwertstabilität muß sich die Bank nur für eine bestimmte Kreditvergabemenge je Zeitraum entscheiden. Und dann bekommt der den Kredit, den am meisten Zins bietet (unter der Maßgabe, das die gesamte Kreditmenge auch vergeben wird!).
"Unterausgelastete Firmen" haben oftmals auch die dumme Eigenschaft gleichzeitig nicht effizient zu arbeiten. ;-)
Eine Kreditvergabe, die nach anderen Kriterien (als nach Zinshöhe) arbeitet, hat auch hier wieder in der Tat eine enorme Möglichkeit der sozialen Steuerung.
Z.B. könnte sich das Kreditvergabe-Gremium eher dafür entscheiden einen privat finanzierten Kinderhort mit sehr günstigen Rückzahlungs-Bedingungen zu kreieren als der Kreditnachfrage eines Investors zur Erstellung eines Schokoladenriegels nachzugeben, auch wenn dieser 10 % Zinsen bieten würde. Die Bank muß ja nicht gewinnmaximierend arbeiten.
Nur gäbe es ein gewaltiges"Hauen und Stechen" der Politiker, dieses Entscheidungsgremium zu besetzen. Es wäre das Schlüsselzentrum der Macht.
Es gäbe mit einer solchen Bank noch einen schönen Nebeneffekt: Die Bank braucht keine Zinsen für die Geldanleger zu bezahlen. Schließlich können die mit ihren Guthaben ja nicht weglaufen. Wie beim Tauschring: Man kann nur mitmachen oder nicht mitmachen.
>Der in jeder Krise fortschreitende Konzentrationsprozeß der Banken ist als Schritt auf diesen Endzustand hin anzusehen. Japan ist am weitesten fortgeschritten in diesem Prozeß und bietet daher, was die zukünftige Entwicklung angeht, die besten Chancen.
Wenn man der Macht trauen könnte, selbige nur zur Förderung des"Gemeinwohls" zu nutzen - dann, ja dann wär diese Eine-Bank-Macht eine hübsche Vision.
>bob
Gruß
Campo
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silvereagle
09.09.2002, 20:30
@ Campo
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Na, dann wird sie wohl bald kommen... |
-->Hallo Campo,
> Wenn man der Macht trauen könnte, selbige nur zur Förderung des"Gemeinwohls" zu nutzen - dann, ja dann wär diese Eine-Bank-Macht eine hübsche Vision.
Ich weiss gar nicht, wo Du da ein Problem siehst. Man lässt einfach in die Verfassung schreiben, dass der Staat"dem Gemeinwohl, dem Gemeinwohl und, nicht zu vergessen, dem Gemeinwohl" zu dienen habe. Punktum und aus.
Wie dieses"Gemeinwohl" dann auszulegen ist, wird ohnehin die Praxis sehr schnell zeigen. Dazu können wir uns allen eigentlich nur jede Menge Spass wünschen...
Gruß, silvereagle
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Bob
09.09.2002, 21:25
@ Campo
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Re: Was wäre, wenn es nur noch eine Bank in einem Land gäbe? |
-->Campo,
du schriebst:"Wenn man der Macht trauen könnte, selbige nur zur Förderung des"Gemeinwohls" zu nutzen - dann, ja dann wär diese Eine-Bank-Macht eine hübsche Vision"
ich spreche gar nicht von Vertrauen. Wenn diese Bank nicht funktioniert, dann bilden sich irgendwo andere Banken oder die Wirtschaft kreiert ihr eigenes Geld. Es gibt ja auch nur eine Polizei, ein Militär etc pp.
Wenn Geld wirklich auf Macht (Gewalt) beruht, dann wäre es doch folgerichtig, das Gewaltmonopol auch auf das Geldwesen auszudehnen.
Der Bürger hätte gegenüber so einer Bank nicht viel weniger Ansprüche als gegenüber den heutigen Banken, vielleicht sogar mehr, da die Kreditvergabepraxis dann verrechtlicht wäre und gerichtlich nachprüfbar.
bobby
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Campo
09.09.2002, 22:26
@ silvereagle
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Re: Na, dann wird sie wohl bald kommen... |
-->>Hallo Campo,
>> Wenn man der Macht trauen könnte, selbige nur zur Förderung des"Gemeinwohls" zu nutzen - dann, ja dann wär diese Eine-Bank-Macht eine hübsche Vision.
>Ich weiss gar nicht, wo Du da ein Problem siehst. Man lässt einfach in die Verfassung schreiben, dass der Staat"dem Gemeinwohl, dem Gemeinwohl und, nicht zu vergessen, dem Gemeinwohl" zu dienen habe. Punktum und aus.
>Wie dieses"Gemeinwohl" dann auszulegen ist, wird ohnehin die Praxis sehr schnell zeigen. Dazu können wir uns allen eigentlich nur jede Menge Spass wünschen...
Moin silvereagle,
auch ohne ;-) ist der ironische Unterton nicht zu überlesen - auch mein Text sollte ja auch nicht ganz ohne Ironie gesehen werden. Nun, dennoch:
das"Gemeinwohl" en detail näher auszuformulieren ist nicht das Problem, man muß es auch einhalten (wollen). So steht in unserer Verfassung ja auch, dass Deutschland an keinen Angriffskrieg teilnehmen darf. Tja, wenn aber andere hehre Ziele da übergeordnet werden, wars das dann.
Nun scheitert die Praxis der Durchsetzung von"sozial wirksamen" Gesetzen ja nicht in erster Linie am bösen Willen der Menschen, sondern eher an der Unfähigkeit, dies organisiert ( = finanziert) zu bekommen. Vergleiche: Recht eines jeden auf einen Kindergartenplatz. Oder die ganzen technischen Umweltgesetze und Verordnungen, ein Gewerbe zu führen: Würde deren Einhaltung strengstens überprüft, hätte die Wirtschaft ganz andere Probleme auf anderen Gebieten. Sachzwänge also, dass nicht so streng überprüft wird.
Um auf diese besagte Bank zurückzukommen, so stellt sich hier ein grundsätzliches Problem im Umgang: Individuum zu Institutionen (Staat).
Ist es sinnvoll seitens des Individuums, ein Instrument (oder Organistionsform) nur deswegen abzulehnen, weil es mißbraucht werden kann - auch wenn das Instrument selbst sehr nützlich anwendbar wäre?
Beispiele: Polizei kann Verbrecher verfolgen oder politisch Mißliebige.
Das"Organisationsinstrument" Polizei selbst halte ich schlichtweg für praktisch und auch"wertneutral"
Oder Problem Oppenheimer: kann ein Individuum es verantworten, der Macht ein solches Wissen (hier: Atomwissen) zur Verfügung zu stellen?
Oder nimm die Volkszählung (vor ca 12 Jahren) - auch nur ein Instrument. Die"Grünen" waren sogar anfänglich dafür - hätten nämlich gern ökologische Daten (Art der Heizung etc) mit erfasst - erst als ihre eigene Klientel wegen der möglichen Rasterfahndung nervös wurde, änderten sie ihre Meinung.
Und so ist es auch mit der Bank. Es gibt eigentlich gar kein Organisations-know-how, welches nicht auch als ein unterdrückendes Instrument eingesetzt werden kann. Aber heißt das, grundsätzlich gegen jedes neue Instrument zu sein? Ich selbst weiß da nicht so richtig die Antwort. Wußte ich bei der Volkszählung schon nicht - die Frage ist doch wen man da rastert, nicht dass man rastert...
Gruß
Campo
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silvereagle
09.09.2002, 23:58
@ Campo
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Re: Na, dann wird sie wohl bald kommen... |
-->Hallo Campo,
> das"Gemeinwohl" en detail näher auszuformulieren ist nicht das Problem, man muß es auch einhalten (wollen).
Wie Du Dir anhand meiner bisherigen Postings wohl ausmalen kannst, bin ich nicht gerade glücklich mit dem Begriff"Gemeinwohl". Dieser ist - von sich aus - sehr stark auslegungsbedürftig, und man kann in dieses Gefäss eine Menge reintun, was bei näherer Betrachtung mit dem, was dahinterstecken sollte, eigentlich nichts das Geringste zu tun hat.
Nun, was sollte denn - mE - dahinterstecken? Die utilitaristische Sichtweise lehne ich - welch Überraschung ;-) - natürlich ab. Die einzige, sinn-ergebende Annäherung ist wohl diejenige, wonach nichts dem"Gemeinwohl" dienlich sein kann, welches auch nur einen einzigen konkreten Menschen benachteiligt oder schlechter stellt gegenüber anderen Menschen. Denn das wäre ein Ungleichgewicht bzw. Ungerechtigkeit, welche letztlich den Zusammenhalt, das Zusammengehörigkeitsgefühl, nur schwächen kann. Was sich nicht gleichwertig fühlt, wird versuchen, dies auszugleichen. Und wie geht das? ;-).... Durch Streben nach neuen, anderen, Ungleichwertigkeiten, nur diesmal mit umgekehrtem Vorzeichen. Was natürlich wiederum neue Motivation bei anderen auslöst usw. usf. So lange, bis wir im Zustand von heute angekommen sind.
Ganz wichtig dabei ist mE, die Menschen nicht nach materiellen Kategorien zu beurteilen, wie dies ua im Marxismus, Kapitalismus usw der Fall ist, sondern eben als Menschen, als geistige Wesen. Auch, wenn dies schwer fällt...
Sicherlich ein schwieriges Thema. Eins noch:
> Nun scheitert die Praxis der Durchsetzung von"sozial wirksamen" Gesetzen ja nicht in erster Linie am bösen Willen der Menschen, sondern eher an der Unfähigkeit, dies organisiert ( = finanziert) zu bekommen.
Die Unfähigkeit liegt mE vielmehr darin, zu erkennen, dass auf"Staatsebene" immer wieder nichts anderes als das blanke Willkürs-Chaos entstehen kann. Und kraft der Illusion,"wir" hätten einen"Staat" oder seien eine"Gesellschaft", vernachlässigen viele zunehmend den Bereich, wo echte Gemeinschaft möglich ist: Im eigenen, privaten Umfeld. Vor allem in der Familie, die quasi nur noch ein Rumpf der alten Stammesgesellschaft ist. De facto haben wir ein System, welches der Gleichwertigkeit aller Menschen massiv Hohn spricht. Jedoch macht das in Wahrheit gar nichts. Die Gleichwertigkeit geht dadurch nicht verloren. Nur vergessen.
Gruß, silvereagle
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