Popeye
09.09.2002, 20:09 |
Ein Plädoyer für Jean-Baptiste Say (1767-1832) Thread gesperrt |
-->Zunächst verdient festgehalten zu werden, dass dieses ominöse"Gesetz" von Jean Baptiste Say (Say) in seiner ursprünglichen Fassung heute nur noch im Zusammenhang mit wirtschaftshistorischen Themen überhaupt im Lehrbetrieb Erwähnung findet.
Was sagt das Saysche Gesetz?
"Jedes Angebot schafft sich seine
Nachfrage." Dieser Satz, wie er in Lehrbüchern der Ã-konomie oft
wiedergegeben wird, will wörtlich und generell aufgefaßt werden,
gleichsam in unbedingter Totalität.
Er findet sich aber so nicht im Ursprung bei Say.
Schon Karl Marx zitierte den"berühmtesten Satz" von Say in
seiner ursprünglichen Gestalt"Man kann Produkte nur mit Produkten
kaufen", nicht ohne darauf hinzuweisen, daß dieser Satz sich schon
bei Le Trosne (Physiokrat) wie folgt findet:
"Erzeugnisse lassen sich nur mit Erzeugnissen bezahlen."/2/
Das Saysche Gesetz (Theorem) ist nach seiner inhaltlichen Genesis
eine theoretische Abbildung aus den Verhältnissen des naturalen
Güteraustausches. Hier ist die wechselseitige Bedürfnisbefriedigung
der Tauschpartner direkt davon abhängt, daß jeder genau dasjenige
Gut arbeitsteilig produziert, was ein erreichbarer anderer benötigt.
Damit decken sich Angebot und Nachfrage von Gütern total und
bedingen sich sachlich und zeitlich wechselseitig im Sinne von
Identität.
Nicht zufällig wird hierzu in der Ã-konomieforschung gelegentlich
eingelassen, daß im Grunde eine elementare Tautologie ausgesagt ist."
Say betrachtete diesen Produkttausch abstrahierend von seiner Zeit
der kapitalistische Warenwirtschaft. Dies war später ein Grund für
inhaltliche Modifikation des Theorems.
Doch Say brauchte seinen urspünglichen Satz als Argument für eine
mögliche unbegrenzte Ausdehnung der Produktion. Hier seine eigenen
Worte dazu:
"Wenn man Produkte mit Produkten kauft, so wird jedes Produkt um
so mehr Käufer finden, je mehr sich alle anderen Produkte verviel-
fältigen." /3/ Und:
"... wenn in der That alle Produkte eins durch das andere gekauft
werden können, wenn sie sogar nur auf diese Weise gekauft werden
können, so scheint man daraus die Möglichkeit abnehmen zu können,
daß sie alle Käufer finden, welches auch ihre Quantität sein mag."
Say's Kontext für sein zum"Gesetz" stilisiertes Theorem war die
Auffassung, daß es unbegrenzte Vermehrung der Produktion geben
müsse, also Überproduktionskrisen logisch völlig unmöglich seien:
ein Streitpunkt bereits zu seiner Zeit zwischen den Ã-konomen.
Zur Entkräftung von generellen Überproduktionskrisen - das Saysche
Theorem erwies sich als zweckdienlich." Quelle.
In der ersten Ausgabe seines 1803 erschienenen"Traité d'Èconomie Politique" <a href=http://cupid.ecom.unimelb.edu.au/het/say/treatise.pdf>Englische Version der 4. Auflage</a>
gibt es überhaupt nur sehr vage Andeutungen auf die oben dargestellten Zusammenhänge (S.152f). Erst in der zweiten Auflage, die - aus politischen Gründen - erst 1814 erschien, finden sich die Zusammenhänge deutlich herausgearbeitet. Hierher gehört jedoch die Anmerkung, dass sowohl <a href=http://cupid.ecom.unimelb.edu.au/het/smith/index.htm> Adam Smith</a> Ähnliches bereits 1776 (S. 321) aber auch James">http://cepa.newschool.edu/het/profiles/jamesmill.htm]James Mill Identisches schon 1808 (also deutlich vor dem Erscheinen der zweiten Auflage der ‚Traité' 1814) veröffentlicht hatte. Um das Bild abzurunden sei darauf verwiesen, dass sich die drei ökonomischen ‚Stars' dieser Zeit Say, Malthus und Ricardo über das Thema nicht verständigen konnten. Einen kleinen Einblick gibt der ">http://cupid.ecom.unimelb.edu.au/het/say/letter.html] Briefwechsel von Maltus. Say war sich seiner Sache auch keineswegs ganz sicher. In einem Briefwechsel mit Malthus (Euvres Diverses, 1848, S 477ff) gibt er seine Position nahezu vollständig auf.
Say erkannte auch"dass man die generelle Logik des Gesetzes dadurch angreifen konnte, daß, zumindest zu einer bestimmten Zeit, die Verkäufer Güter anbieten würden, um im Tausch eher Bargeld als andere Waren zu bekommen", (Baumol, William James, Jean-Baptiste Say und der"Traité", Düsseldorf, 1986). Aber es gab zu jener Zeit noch keine brauchbare Erklärung für den Prozeß, der eine überhöhte Geldnachfrage verhindert.. (ebenda).
Im formalen Sinn gelang die Lösung diese Problemes erst 42 Jahre nach dem Tod von Say. <a href=http://cepa.newschool.edu/het/profiles/walras.htm> Léon Walras</a> in seinem Bemühen eine allgemeine Gleichgewichtstheorie zu entwickeln (Éleméments d'Économie Politique Pure ou Theorie de la Politique Richesse Sociale, Paris 1874) führte eine eigenständige Nachfrage- und Angebotsfunktion für Geld in sein System simultaner Gleichungen ein, die dieses Phänomen erklären konnte. Zum_Nachlesen.">http://www.koopiworld.de/studium/do...3/vwl5.htm]Zum_Nachlesen[/link].
Das Gleichgewichtsmodell von Walras diente nachfolgenden Generationen von Ã-konomen als Basis für eine allgemeine Theorie des Gleichgewichts. Namen wie Pareto, Wicksell, Cassel, von Neumann, Hicks, Leontief und Nash haben sich nachfolgend mit diesem Thema herumgeschlagen.
Auch das von @dottore angesprochene Problem (wie werden Gewinne volkswirtschaftlich alimentiert) wurde von Lautenbach und Stützel u.a. einleuchtend behandelt:
"Die Gewinne der Unternehmen können immer nur steigen, wenn mindestens ein Sektor der
Volkswirtschaft -einschließlich der Unternehmen selbst- seine Verschuldung erhöht oder sein
Geldvermögen, seine Ersparnis, verringert. Wolfgang Stützel nannte diesen Zusammenhang
"Unternehmergewinngleichung".Quelle.">http://www.flassbeck.de/pdf/gesamtwi.pdf]Quelle[/link].
Schließen wir dieses Plädoyer für Say mit einem Zitat von Schumpeter:"(Say's Law) avers correctly that crises can never be causally explained solely by everybody's having produced to much. Finally, the law, at least by implication, amounts to a recognition of the general interdependence of economic quantities and of the equilibrating mechanism by which say determine one another, and therefore has a place - as have other contributions of Say's - in the history of the emergence of the concept of general equilibrium." (Schumpeter, History, 1963, S. 618).
Popeye
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dottore
09.09.2002, 20:41
@ Popeye
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Re:... ist ein Plädoyer für Stützel ("Verschuldung"), aber... |
-->>Auch das von @dottore angesprochene Problem (wie werden Gewinne volkswirtschaftlich alimentiert) wurde von Lautenbach und Stützel u.a. einleuchtend behandelt:
>"Die Gewinne der Unternehmen können immer nur steigen, wenn mindestens ein Sektor der
>Volkswirtschaft -einschließlich der Unternehmen selbst- seine Verschuldung erhöht oder sein
>Geldvermögen, seine Ersparnis, verringert. Wolfgang Stützel nannte diesen Zusammenhang
>"Unternehmergewinngleichung".Quelle.">http://www.flassbeck.de/pdf/gesamtwi.pdf]Quelle[/link].
Vielen Dank, bester Popeye!
Die angesprochene Verschuldung ist richtig erkannt, aber nicht als netto und zusätzlich definiert.
Die Gewinne können niemals (!) aus bereits existenten Forderungen alimentiert werden, da diese ihrerseits keine neue, zusätzliche Verschuldung darstellen, sondern eine Zession bereits vorhandener Titel (Forderungen), die sich logischerweise auf bereits vorhandene Verschuldungen richten.
Stützel versucht sich aus dem Problem zu winden, indem er sich in das Konstrukt"Sektor" flüchtet (wenigstens"einer" der Sektoren...).
"Gesamtwirtschaftliche Ersparnisse" gibt es nicht. Das einzelne Unternehmen kann nur seinerseits seine vorhandenen Forderungen (="Ersparnisse" bei Stützel) zedieren, was der selbe Dreher im Kreise wäre.
Es führt leider kein Weg an der Nettoneuverschuldung vorbei. Bereits existente Titel hin- und herschieben bringt nichts, da es weder Geld noch Ersparnisse netto gibt. Die"Volkswirtschaftliche Saldenmechanik" Stützels sieht zwar das "Loch", bleibt aber in statischer Betrachtung stecken.
Die Sache mit dem"general equilibrium" ist also genau, was sie ist:
Eine Chimäre. Der sind die Ã-konomen aufgesessen, weil sie den Unterschied zwischen Zession bereits bestehender Titel und der Schaffung neuen Kredits (ex nihilo!) zu begreifen außer Stande sind.
Der arme Heiner inklusive. Eigentlich hätte er als Oskars Schuldenpapst drauf kommen können.
Gruß!
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Bob
09.09.2002, 20:48
@ dottore
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Re:... ist ein Plädoyer für Stützel ("Verschuldung"), aber... |
-->
>Die Sache mit dem"general equilibrium" ist also genau, was sie ist:
>Eine Chimäre. Der sind die Ã-konomen aufgesessen, weil sie den Unterschied zwischen Zession bereits bestehender Titel und der Schaffung neuen Kredits (ex nihilo!) zu begreifen außer Stande sind.
>Der arme Heiner inklusive. Eigentlich hätte er als Oskars Schuldenpapst drauf kommen können.
>Gruß!
also dottore,
ich kenne mindestens einen Autor, der von Kreditschöpfung"aus dem nichts" spricht. Ich vermute mal, das entspricht Ihrer Formulierung"ex nihilo".
bob
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Popeye
09.09.2002, 21:18
@ dottore
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Re:... ist ein Plädoyer für Lautenbach... |
-->>>Auch das von @dottore angesprochene Problem (wie werden Gewinne volkswirtschaftlich alimentiert) wurde von Lautenbach und Stützel u.a. einleuchtend behandelt:
>>"Die Gewinne der Unternehmen können immer nur steigen, wenn mindestens ein Sektor der
>>Volkswirtschaft -einschließlich der Unternehmen selbst- seine Verschuldung erhöht oder sein
>>Geldvermögen, seine Ersparnis, verringert. Wolfgang Stützel nannte diesen Zusammenhang
>>"Unternehmergewinngleichung".Quelle.">http://www.flassbeck.de/pdf/gesamtwi.pdf]Quelle[/link].
Hallo @dottore, nicht ganz so schnell. Das Zitat spricht ausdrücklich von
"Verschuldung erhöht" also wohl nach allgemeinem Sprachgebrauch zusätzliche Verschuldung, oder eben die andere Alternative"Entsparen". Dem widerspricht nicht die Tatsache, das es gesamtwirtschaftlich keine Ersparnis geben kann.
Die nachstehenden Gleichungen verdeutlichen den Sachverhalt nochmals:
Lautenbach teilte das gesamte Einkommen (E) der Volkswirtschaft (auf der Angebotsseite
sozusagen) in Unternehmereinkommen (EU) auf der einen Seite und
Nichtunternehmereinkommen (EN) auf der anderen auf. Gleichzeitig kann das gesamte
Volkseinkommen (auf der Nachfrageseite) nur aus Konsum und Investition bestehen. Folglich
gilt immer:
EU + EN = E = I + V
Lautenbach folgerte daraus: „Da aber das Einkommen der Nichtunternehmer pari passu mit
der Produktion unmittelbar gegeben ist, eben durch die Höhe der Entschädigungen, die die
Unternehmen an die Nichtunternehmer zahlen, während das Unternehmereinkommen gerade
unbestimmt ist, erst auf dem Markt festgestellt wird, so hat es einen Sinn, diese Gleichung
nach EU aufzulösen. Wir erhalten dann:
EU = I + VU - SN
Also das Einkommen der Unternehmer ist gleich dem Wert der Investition zuzüglich Wert
des Verbrauchs der Unternehmer abzüglich Ersparnisse der Nichtunternehmer.“8
Grüße Popeye
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Liated mi Lefuet
09.09.2002, 21:29
@ Bob
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Re:... ist ein Plädoyer für Stützel ("Verschuldung"), aber... |
-->Sali zäme!
Interessantes Thema:
<ul><ul><font color=red>Dottore schrieb: Die Sache mit dem"general equilibrium" ist also genau, was sie ist: Eine Chimäre. Der sind die Ã-konomen aufgesessen, weil sie den Unterschied zwischen Zession bereits bestehender Titel und der Schaffung neuen Kredits (ex nihilo!) zu begreifen außer Stande sind.
Der arme Heiner inklusive. Eigentlich hätte er als Oskars Schuldenpapst drauf kommen können.</ul></font>
<font color=blue>Bob schrieb: Ich kenne mindestens einen Autor, der von Kreditschöpfung"aus dem nichts" spricht. Ich vermute mal, das entspricht Ihrer Formulierung"ex nihilo"</ul></font>
Es wären m.E. die Frage zu (er)klären:
a) Ich(=Sparer, also Gläubiger) erhalten von der Bank(Schulnder) Zins gutgeschrieben
oder
b) Ich(=Häuslebauer, also HypoSchuldner) erhalte von Bank (Gläubiger) Zins belastet
Ob a) und b) durch Zession b e s t e h e n d e r Schuldverhältnisse oder Kreation n e u e r Schuldverhältnisse ex nihilo 'erledigt' werden, davon habe ich nix gefunden in der VWL- und/oder Geldtheorie-Fachliteratur. Wer weiss näheres?
Grüsse in die Runde
Liated
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Bob
09.09.2002, 21:53
@ Liated mi Lefuet
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Die letzte Erklärung für alles. |
-->>Sali zäme!
>Interessantes Thema:
><ul><ul><font color=red>Dottore schrieb: Die Sache mit dem"general equilibrium" ist also genau, was sie ist: Eine Chimäre. Der sind die Ã-konomen aufgesessen, weil sie den Unterschied zwischen Zession bereits bestehender Titel und der Schaffung neuen Kredits (ex nihilo!) zu begreifen außer Stande sind.
>Der arme Heiner inklusive. Eigentlich hätte er als Oskars Schuldenpapst drauf kommen können.</ul></font>
><font color=blue>Bob schrieb: Ich kenne mindestens einen Autor, der von Kreditschöpfung"aus dem nichts" spricht. Ich vermute mal, das entspricht Ihrer Formulierung"ex nihilo"</ul></font>
>Es wären m.E. die Frage zu (er)klären:
>a) Ich(=Sparer, also Gläubiger) erhalten von der Bank(Schulnder) Zins gutgeschrieben
>oder
>b) Ich(=Häuslebauer, also HypoSchuldner) erhalte von Bank (Gläubiger) Zins belastet
>
>Ob a) und b) durch Zession b e s t e h e n d e r Schuldverhältnisse oder Kreation n e u e r Schuldverhältnisse ex nihilo 'erledigt' werden, davon habe ich nix gefunden in der VWL- und/oder Geldtheorie-Fachliteratur. Wer weiss näheres?
>
>Grüsse in die Runde
>Liated >
Hallo,
hier wird immer so viel rumgerätselt, ich seh' das ganz einfach:
man muß zwei Märkte hübsch auseinanderhalten:
1. Markt für Depositen
2. Markt für Geld
eine Bank kann Depositen in beliebiger Höhe schaffen, das ist wohl gemeint mit"aus dem nichts". Für den Inhaber des Deposits ist das ein Guthaben, über das er zu Zahlungszwecken verfügen kann. Die Zahlungen, die geleistet werden, sind entweder:
1. Umbuchungen im selben Institut
2. Übertragung des Deposits zu einem anderen Institut
3. Barabhebung
Fall 1 ist der einfachste.
Fall 3 ist genauso einfach, denn die Bank muß vollständig Geld in dieser Höhe vorhalten
Fall 2 ist komplexer:
2a. entweder die Bank übertragt das Deposit, indem sie Geld zu dem anderen Institut befördert, oder
2b. das andere Institut gewährt der Bank einen Kredit als Gegenposten zu dem neuen Deposit ihres Kunden.
man sieht also folgendes: Das Schaffen eines Deposits ist das einfachste überhaupt. Man geht zur Bank und fragt danach. Die Bank sagt"ja". Das Problem besteht für unsere Bank, denn sie muß den Vorrat an Geld so gestalten, daß sie jederzeit liquide bleibt.
technisch haben wir dann den Bankquotienten: Kasse / Depositen
Es erscheint klar, dass dieser Quotient im Prinzip unbestimmt ist (er schwankt zwischen 1, wenn alle Zahlungen immer nur in Geld geleistet werden und 0 im Fall unserer unten erwähnten Universalmonopolbank). Er ist abhängig von den Zahlungsgewohnheiten, sowie der Bonität der Kreditinstitute. Wenn ich wie gesagt, ein Deposit zu einer anderen Bank befördere, ohne das die andere Bank das Geld haben will, sondern mir in der Höhe Kredit gewährt, so geht dies offensichtlich nur, wenn diese Bank mir als Schuldner glaubt.
Wir haben also ein ganz komplexes Beziehungsgeflecht vor uns, wo viel mehr Depositen geschaffen und zu Zahlungszwecken verwendet werden können als es überhaupt Geld gibt. Der Geldmarkt ist etwas ganz anderes und prinzipiell unabhängig von der Schaffung von Depositen.
Übertragen Sie die Idee des Bankquotienten Kasse / Depositen auf die ganze Volkswirtschaft und Sie sehen, wie der Bestand an kaufkräftigen Depositen unabhängig ist von der tatsächlichen Geldmenge.
bob
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dottore
10.09.2002, 09:12
@ Popeye
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Re: Schon sehen wir Lautenbachs Loch |
-->>>>Auch das von @dottore angesprochene Problem (wie werden Gewinne volkswirtschaftlich alimentiert) wurde von Lautenbach und Stützel u.a. einleuchtend behandelt:
>>>"Die Gewinne der Unternehmen können immer nur steigen, wenn mindestens ein Sektor der
>>>Volkswirtschaft -einschließlich der Unternehmen selbst- seine Verschuldung erhöht oder sein
>>>Geldvermögen, seine Ersparnis, verringert. Wolfgang Stützel nannte diesen Zusammenhang
>>>"Unternehmergewinngleichung".Quelle.">http://www.flassbeck.de/pdf/gesamtwi.pdf]Quelle[/link].
>Hallo @dottore, nicht ganz so schnell. Das Zitat spricht ausdrücklich von
>"Verschuldung erhöht" also wohl nach allgemeinem Sprachgebrauch zusätzliche Verschuldung, oder eben die andere Alternative"Entsparen". Dem widerspricht nicht die Tatsache, das es gesamtwirtschaftlich keine Ersparnis geben kann.
Es ist die Rede von Sektoren, also: Der eine Sektor hat etwas netto, der andere kann es sich dort ausleihen.
>Die nachstehenden Gleichungen verdeutlichen den Sachverhalt nochmals:
>Lautenbach teilte das gesamte Einkommen (E) der Volkswirtschaft (auf der Angebotsseite
>sozusagen)
Ein Einkommen auf der Angebotsseite ist Nonsens. Was ich anbiete, kann nicht mein Einkommen sein, da ich es ja noch nicht realisiert habe, denn es liegt bei mir, da ich es sonst nicht anbieten könnte.
>in Unternehmereinkommen (EU) auf der einen Seite und
>Nichtunternehmereinkommen (EN) auf der anderen auf. Gleichzeitig kann das gesamte
>Volkseinkommen (auf der Nachfrageseite) nur aus Konsum und Investition bestehen.
Nachfrage ist kein Einkommen. Was hier vorgeführt wird ist das Volkseinkommen nach der Verwendungseite.
>Folglich
>gilt immer:
>EU + EN = E = I + V
>Lautenbach folgerte daraus: „Da aber das Einkommen der Nichtunternehmer pari passu mit
>der Produktion unmittelbar gegeben ist, eben durch die Höhe der Entschädigungen, die die
>Unternehmen an die Nichtunternehmer zahlen, während das Unternehmereinkommen gerade
>unbestimmt ist, erst auf dem Markt festgestellt wird, so hat es einen Sinn, diese Gleichung
>nach EU aufzulösen. Wir erhalten dann:
>EU = I + VU - SN
>Also das Einkommen der Unternehmer ist gleich dem Wert der Investition zuzüglich Wert
>des Verbrauchs der Unternehmer abzüglich Ersparnisse der Nichtunternehmer.“
Da genau liegt der Hund begraben. Der Unternehmer muss das Loch schließen, indem er selbst verbraucht. Wie kann er es, bevor er seine Produktion vermarktet hat? Dann müsste er seine eigene Produktion verbrauchen, was dann sein Gewinn (Unternehmereinkommen) wäre. Entsprechend müsste der Unternehmer dann in eigenen Produkten sparen.
Die Investition muss vorher bezahlt werden, und kostet Zins. Der fehlt schon mal in der Rechnung. Denn der Zins auf die Investition, der bezahlt werden muss (iI) muss auch noch irgendwo her kommen. Das ist Lautenbachs Loch.
Ganz abgesehen davon gibt es in der Ã-konomie, die mit Gleichungen arbeitet keine"Werte", sondern ausschließlich Summen.
Gruß!
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dottore
10.09.2002, 09:13
@ Bob
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Re: Ja, Danke! Wer ist der"mindestens eine"? (owT) |
-->
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dottore
10.09.2002, 09:14
@ Liated mi Lefuet
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Re: Danke! Genau das habe ich ebenfalls bisher nirgends gefunden (owT) |
-->
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dottore
10.09.2002, 09:29
@ Bob
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Re: Beispiel: UMTS-Kredite ex nihilo |
-->Hi Bob,
nehmen wir als Beispiel die UMTS-Auktion.
1. Schritt: Zuschlag.
2. Geld muss an Eichel überwiesen werden.
3. UMTSler müssen sich das Geld beschaffen.
4. Banken müssen es sich bei der ZB beschaffen (gegen Verpfändung bei ihnen liegender alter Titel mit Gegenbuchung unter 1 b Passivseite).
5. ZB-Geldsumme steigt (siehe Buba-Bericht für 2000, ausführlich hier gespostet).
6. ZB-Geld (Liquidität für Eichel) geht von Bank an UMTSler gegen GM-Satz.
7. Eichel erhält Gutschrift.
8. UMTSler müssen GM-Schulden ablösen, begeben Anleihen.
9. Publikum kauft Anlehen gegen liquide Titel (= Geld).
10. Geld von Publikum löst GM-Schuld gegenüber Banken ab.
11. Neue Titel jetzt im Umlauf. Könnten auch bei Banken bleiben (Emissions-Nostro) oder von ihnen gekauft werden.
12. Diese Titel können danach wieder, sofern ZB-fähig an ZB gehen, um nächste Operation zu starten (also aus bestehenden Titeln mit längerer Laufzeit bis zu deren Ablauf wieder kurzfristige Titel -"Geld" - zu machen).
Die UMTS-Kredite bzw. -Titel sind ex nihilo und zusätzlich entstanden.
Gruß!
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Bob
10.09.2002, 10:47
@ dottore
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Schumpeter, natürlich! (owT) |
-->
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Bob
10.09.2002, 11:22
@ dottore
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Re: Beispiel: UMTS-Kredite ex nihilo |
-->>Hi Bob,
>nehmen wir als Beispiel die UMTS-Auktion.
>1. Schritt: Zuschlag.
>2. Geld muss an Eichel überwiesen werden.
>3. UMTSler müssen sich das Geld beschaffen.
>4. Banken müssen es sich bei der ZB beschaffen (gegen Verpfändung bei ihnen liegender alter Titel mit Gegenbuchung unter 1 b Passivseite).
>5. ZB-Geldsumme steigt (siehe Buba-Bericht für 2000, ausführlich hier gespostet).
>6. ZB-Geld (Liquidität für Eichel) geht von Bank an UMTSler gegen GM-Satz.
>7. Eichel erhält Gutschrift.
>8. UMTSler müssen GM-Schulden ablösen, begeben Anleihen.
>9. Publikum kauft Anlehen gegen liquide Titel (= Geld).
>10. Geld von Publikum löst GM-Schuld gegenüber Banken ab.
>11. Neue Titel jetzt im Umlauf. Könnten auch bei Banken bleiben (Emissions-Nostro) oder von ihnen gekauft werden.
>12. Diese Titel können danach wieder, sofern ZB-fähig an ZB gehen, um nächste Operation zu starten (also aus bestehenden Titeln mit längerer Laufzeit bis zu deren Ablauf wieder kurzfristige Titel -"Geld" - zu machen).
>Die UMTS-Kredite bzw. -Titel sind ex nihilo und zusätzlich entstanden.
>Gruß!
habe den Vorgang nicht so im Detail verfolgt.
Ich würde es so beschreiben:
1. Zuschlag
2. Schaffung eines Deposits bei der Hausbank
3. Übertragung des Deposits an die Notenbank (vulgo: Überweisung)
Das ist die Grundstruktur des Vorganges: Einräumung und Übertragung des Deposits von der Hausbank der Firma an die Hausbank des Staates.
Dabei verändern sich die Bankquotienten (Depositen / Kasse) der beteiligten Institute. Sie weichen jetzt von den Zielvorstellungen ab und müssen wieder ausgeglichen werden, indem"Kasse" erhöht wird.
Die Frage, ob, wann und wieviel Geld man sich hinterher besorgt, ist prinzipiell unabhängig davon. Es ist eine reine Zweckmäßigkeitsüberlegung - Erfahrungswissen bzw. Übung im Verkehr unter Banken oder gesetzliche/ regulatorische Reservehaltungsvorschrift. Ebenso der Umstand, daß die Notenbank das Deposit nur gegen Verpfändung einräumt. Das ist"akzidentiell".
Ich hatte unten die Monopolbank als Gedankenexperiment angeregt, um das Wesentliche herauszuarbeiten:
Schaffung des Deposits - Übertragung des Deposits.
das verläuft unabhängig von der Geldsphäre.
bob
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Liated mi Lefuet
10.09.2002, 11:29
@ dottore
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Re:.Genau das habe ich bisher nirgends gefunden../ja ein Skandal |
-->Sali Dottore et al.
Es ist wirklich fast unglaublich, dass die VWL- und Geldtheorie m.W. nirgends erklärt, wie Banken die Zinsen handhaben.
Z.B.: In folgenden Fachbüchern wird unterschlagen, woher Banken die Zinsen für Sparer 'hernehmen' und/oder wie Banken zu z.B. Hypozinsen 'kommen':
-Gabbler-Banklexikon (1999)
-Obst/Hintner: Geld-, Bank- und Börsenwesen(2000)
-Albisetti et al.: Handbuch des Geld-, BAnk und Börsenwesen in der Schweiz(1996)
-Schmid et al.: Geld, Kredit und Banken(1997)
-Issing: Einführung in Geldtheorie (1995)
-Klein und Spremann: Telegeld, NZZ-Verlag (1998)
-van Suntum: Die unischtbare Hand(1999)
Dass obige hochkarätige Literatur, die Fragen bzgl. funktionaler Abläufe Banken und Zinsen ignoriert, gibt mir schon zu denken.
Nach langem Suchen bin ich fündig geworden:
Und zwar im Buch 'Bankbuchführung'(1996), Grill-Perczynski
Verlag Dr. Max Gehlen, Bad Homburg.
Dort wird erklärt und dargestellt woher Zinsen 'kommen'. (Stichwort: Zinsen von Bankaktiva bzw. -passiva sind erfolgswirksame ex-nihilo-Buchungen). Auch wie Netting von gegenläufigen Transfer unter Banken jenseits der ZBGM funktioniert und vieles mehr, das die Ã-konomen 'vergessen' haben.
Grüsse in die Runde
von einem nachdenklichen Liated
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dottore
10.09.2002, 22:54
@ Liated mi Lefuet
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Re: Perfekt! Herzlichen Dank, Liated! Das"ex nihilo" ist der Kern der Ã-konomie! (owT) |
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