Boyplunger
20.09.2002, 13:38 |
Wilhelm Gerloff:Entstehung des Geldes Thread gesperrt |
-->
Hi!
Der hochverehrte Galiani hat vor kurzem obengenanntes Buch in die Debatte geworfen. Was der gute Mann mit diesem Buch beweisen oder widerlegen wollte, weis ich nicht mehr, aber das weis man bei dem gewöhnlich weit ausholenden und dabei jede Kernaussage vermeidenden Herrn nie so genau. Auf jeden Fall habe ich mir das Buch gekauft und jetzt ein wenig reingelesen.
Auf Seite 22 (zweite Auflage) steht folgendes
„Nun aber hat uns die Völkerkunde längst gelehrt, und Wirtschaftsgeschichte und Sozialökonomie haben diese Lehre annehmen und bestätigen können, daß es zwar undenklich lange Zeiträume gegeben hat, in denen der Mensch ohne Tausch gelebt hat, aber nicht ohne jeden Güterverkehr. Wo immer sich ein Güterverkehr entwickelt - Geschenk, Gabe, (eigene Anm. Gerloff spricht hier einmal von Geschenk und dann von Gabe. Diese Unterscheidung wäre überflüssig, wenn mit Gabe lediglich die Weitergabe eines Gutes an einen anderen gemeint wäre, denn das wäre ja ein Geschenk. Ich glaube mit Gabe hat Gerloff die Abgabe gemeint.) Buße, Opfer auf der einen, Bewirtung und Verteilung (eigene Anm. Wer verteilt an wen und warum!) auf der anderen Seite- da sind die Voraussetzungen für die Entstehung des Geldes gegeben, d. h. eines Gutes, das den Charakter eines allgemein geschätzten und beliebten Entgeltmittels gewinnt. (eigene Anm. man beachte die zeitliche Reihenfolge!)...Ein Gut wird Geld nicht durch die Bewertung eines einzelnen oder auch einzelner, sondern die gleichgerichtete Bewertung bestimmter Art durch die Gruppe, d.h. also eine gewisses Massenverhalten (eigene Anm. Wer ruft dieses Massenverhalten hervor?), macht dieses Gut zu Geld. Das psychologische Motiv dieses Massenverhaltens, das zu solchen Bewertungen führt und das damit zu einer sozialen Kraft ersten Ranges wird, ist das Bedürfnis nach Auszeichnung, Geltung, Anerkennung, Hervorhebung, Unterscheidung nach Rang und damit sozial bevorzugter Stellung und Macht.“
Das Galiani ausgerechnet dieses Buch zitiert und trotzdem bei seiner Grundthese: “Geld entstanden zur Erleichterung des Tausches“ bleibt, kann ich bei bestem Willen nicht mehr nachvollziehen.
Gruß b.
|
Galiani
20.09.2002, 22:45
@ Boyplunger
|
Re: Wilhelm Gerloff:Entstehung des Geldes |
-->Die (von Fachleuten und nicht von Dilettanten betriebene) Forschung geht davon aus, daß Geld nicht nur aus einer Quelle entstanden ist:
Der keineswegs neuen sog."gift economy"-Theorie steht die"market economy" Hypothese gegenüber und vernünftige Akademiker sind sich heute einig darüber, daß beide Theorien einiges für sich haben. Demnach dürfte"Geld" im Rahmen der Stammeshierarchie tatsächlich für Zwecke der Abgabenleistung (im weitesten Sinne; d.h. darin auch enthalten das religiöse Opfer) entstanden sein.
Andererseits hat es offenbar schon immer einen Fernhandel gegeben. Und für den benötigte man ebenfalls"Geld".
Gerloff stützt diese Auffassung und sie entspricht - wie gesagt - auch der, die heute in akademischen Kreisen als gesichert gilt: daß nämlich das"Geld" wahrscheinlich sowohl eine "Mutter" hatte, nämlich die Abgabe oder Opfergabe, wie auch einen "Vater", den Fernhandel.
Gruß
G.
>
>Hi!
>Der hochverehrte Galiani hat vor kurzem obengenanntes Buch in die Debatte geworfen. Was der gute Mann mit diesem Buch beweisen oder widerlegen wollte, weis ich nicht mehr, aber das weis man bei dem gewöhnlich weit ausholenden und dabei jede Kernaussage vermeidenden Herrn nie so genau. Auf jeden Fall habe ich mir das Buch gekauft und jetzt ein wenig reingelesen.
>Auf Seite 22 (zweite Auflage) steht folgendes
>„Nun aber hat uns die Völkerkunde längst gelehrt, und Wirtschaftsgeschichte und Sozialökonomie haben diese Lehre annehmen und bestätigen können, daß es zwar undenklich lange Zeiträume gegeben hat, in denen der Mensch ohne Tausch gelebt hat, aber nicht ohne jeden Güterverkehr. Wo immer sich ein Güterverkehr entwickelt - Geschenk, Gabe, (eigene Anm. Gerloff spricht hier einmal von Geschenk und dann von Gabe. Diese Unterscheidung wäre überflüssig, wenn mit Gabe lediglich die Weitergabe eines Gutes an einen anderen gemeint wäre, denn das wäre ja ein Geschenk. Ich glaube mit Gabe hat Gerloff die Abgabe gemeint.) Buße, Opfer auf der einen, Bewirtung und Verteilung (eigene Anm. Wer verteilt an wen und warum!) auf der anderen Seite- da sind die Voraussetzungen für die Entstehung des Geldes gegeben, d. h. eines Gutes, das den Charakter eines allgemein geschätzten und beliebten Entgeltmittels gewinnt. (eigene Anm. man beachte die zeitliche Reihenfolge!)...Ein Gut wird Geld nicht durch die Bewertung eines einzelnen oder auch einzelner, sondern die gleichgerichtete Bewertung bestimmter Art durch die Gruppe, d.h. also eine gewisses Massenverhalten (eigene Anm. Wer ruft dieses Massenverhalten hervor?), macht dieses Gut zu Geld. Das psychologische Motiv dieses Massenverhaltens, das zu solchen Bewertungen führt und das damit zu einer sozialen Kraft ersten Ranges wird, ist das Bedürfnis nach Auszeichnung, Geltung, Anerkennung, Hervorhebung, Unterscheidung nach Rang und damit sozial bevorzugter Stellung und Macht.“
>Das Galiani ausgerechnet dieses Buch zitiert und trotzdem bei seiner Grundthese: “Geld entstanden zur Erleichterung des Tausches“ bleibt, kann ich bei bestem Willen nicht mehr nachvollziehen.
>Gruß b.
|
Tassie Devil
21.09.2002, 20:02
@ Galiani
|
Re: Wilhelm Gerloff:Entstehung des Geldes |
-->>Die (von Fachleuten und nicht von Dilettanten betriebene) Forschung geht davon aus, daß Geld nicht nur aus einer Quelle entstanden ist:
>Der keineswegs neuen sog."gift economy"-Theorie steht die"market economy" Hypothese gegenüber und vernünftige Akademiker sind sich heute einig darüber, daß beide Theorien einiges für sich haben. Demnach dürfte"Geld" im Rahmen der Stammeshierarchie tatsächlich für Zwecke der Abgabenleistung (im weitesten Sinne; d.h. darin auch enthalten das religiöse Opfer) entstanden sein.
>Andererseits hat es offenbar schon immer einen Fernhandel gegeben. Und für den benötigte man ebenfalls"Geld".
>Gerloff stützt diese Auffassung und sie entspricht - wie gesagt - auch der, die heute in akademischen Kreisen als gesichert gilt: daß nämlich das"Geld" wahrscheinlich sowohl eine "Mutter" hatte, nämlich die Abgabe oder Opfergabe, wie auch einen "Vater", den Fernhandel.
>Gruß
>G.
Wenn es"offenbar" und"schon immer" einen Fernhandel gegeben hat, dann muss dieser auch von Stammesgesellschaften sehr frueh und parallel in/zu ihrer Entwicklung betrieben worden sein, soll die Mutter/Vater-Theorie stimmig sein.
Konkret heisst das, dass in Stammesgesellschaften Surplus sowohl fuer die internen Abgaben wie auch fuer den Fernhandel leistungsmaessig zu erbringen war, und zwar gleichzeitig ab einem Zeitpunkt X in einer fruehen Entwicklungspase einer Stammesgesellschaft.
Vor diesem Zeitpunkt X kann es lt. obiger These kein Geld gegeben haben.
Eine Revolution der Leistungserbringer einer Stammesgesellschaft gegen ihre Stammesmacht - wg. Arbeits-Sklaverei und Leistungs-Diebstahl - bereits kurz vor Zeitpunkt X wie auch in der weiteren Abfolge danach muss fuer einen laengeren Zeitraum ausgeschlossen werden, weil ansonsten die weitere Entwicklung der Stammesgesellschaft Schaeden bis zu deren Exitus erlitten haette.
Fuer mich ist es immer wieder erstaunlich zu sehen, mit welcher Krampfhaftigkeit die Geldentstehungsthese durch Handel und Tausch aufrecht zu halten versucht wird, und ich bin versucht, hierbei den Begriff Psychose in Ansatz zu bringen.
Lieber Galiani, was sind vernuenftige Akademiker?
fragend
Tassie Devil
|
Galiani
21.09.2002, 22:07
@ Tassie Devil
|
Re: Wilhelm Gerloff:Entstehung des Geldes |
-->>...dass in Stammesgesellschaften Surplus sowohl fuer die internen Abgaben wie
>auch fuer den Fernhandel leistungsmaessig zu erbringen war, und zwar
>gleichzeitig ab einem Zeitpunkt X in einer fruehen Entwicklungspase einer Stammesgesellschaft.
>Vor diesem Zeitpunkt X kann es lt. obiger These kein Geld gegeben haben.
Ich habe natürlich"Geld" im allerweitesten Sinne gemeint; d.h. auch Zahlungsmittel in Form von Naturalien.
Im übrigen gilt Ihr Argument genauso für die"gift economy", also für die Abgaben: Richtig ist, daß es in einer reinen Subsistenz-Ã-konomie, in einem System also, das nur das Lebensnotwendige zu erzeugen vermag, weder Fernhandel, noch Abgaben, noch Geld gegeben haben kann, darf, muß!
Wie das mythische Einhorn dürfte eine solche Gesellschaft allerdings dem Reich der Sage angehören. Es gibt keine Hinweise darauf, daß so etwas je existiert hat.
Die Entwicklung zur Surplus-Erzeugung (wie Sie es nennen,) erfolgte m.E. über Skalenerträge. Das wurde hier schon x-mal gepostet (und bildet übrigens den Kern der Debatte zwischen 1922 und 1933 im ECONOMIC JOURNAL, an der sich die größten Ã-konomen der damaligen Zeit beteiligt haben). Wir sollten hier das Rad nicht ganz von vorne erfinden wollen! Ich habe im übrigen bis heute (zwar manch gehässige Bemerkung von Ideologen, aber) kein Argument gehört, das meine Sicht der Dinge entkräftet hätte, daß nämlich endogenes"Wachstum" (eben durch Skalenerträge) theoretisch durchaus möglich ist.
Gruß
G.
|
Tassie Devil
22.09.2002, 03:50
@ Galiani
|
Re: Wilhelm Gerloff:Entstehung des Geldes |
-->>>...dass in Stammesgesellschaften Surplus sowohl fuer die internen Abgaben wie
>>auch fuer den Fernhandel leistungsmaessig zu erbringen war, und zwar
>>gleichzeitig ab einem Zeitpunkt X in einer fruehen Entwicklungspase einer Stammesgesellschaft.
>>Vor diesem Zeitpunkt X kann es lt. obiger These kein Geld gegeben haben.
>Ich habe natürlich"Geld" im allerweitesten Sinne gemeint; d.h. auch Zahlungsmittel in Form von Naturalien.
Tja, und genau da fangen dann die Problemchen an: werden Zahlungsmittel (Leistungsausgleichmittel) in Naturalienform als Geld bezeichnet, dann ist alles, was irgendwie zu einem Leistungsausgleich als Zahlungsmittel geeignet ist und auch als Zahlungsmittel akzeptiert wird, als Geld zu bezeichnen. Einmal abgesehen davon, dass eine derartige Anwendung des Begriffes Geld sogleich zu Extremen fuehrt, wie z.B. dass nicht nur Mumien oder Skelette sondern auch menschliche Arbeitsleistung deshalb Geld sind, weil alle diese"Naturalien" dann als Zahlungsmittel zwecks Leistungsausgleich dienen (koennen), ist die vorliegende Verwendung des Begriffes Geld attributiv.
Ich halte es mit dem Geldbegriff substantivisch: GELD ist eine GELTende Schuld (auf Leistung), GOLD als Zahlungsmittel hat auf die Schuld derartig eingewirkt, dass die Schuld (auf Leistung) geGOLTen hat, GOLD ist also eine vergangene GELTende Schuld, eben weil damit geleistet wurde. Gold ist auch kein Geld, zweifelsfrei jedoch ein Zahlungsmittel.
Geld war und ist haeufig ein Zahlungsmittel, aber nicht jedes Zahlungsmittel war und ist Geld.
>Im übrigen gilt Ihr Argument genauso für die"gift economy", also für die Abgaben: Richtig ist, daß es in einer reinen Subsistenz-Ã-konomie, in einem System also, das nur das Lebensnotwendige zu erzeugen vermag, weder Fernhandel, noch Abgaben, noch Geld gegeben haben kann, darf, muß!
Sie widersprechen jetzt ihrer im Posting zuvor vorgetragenen These, es habe"schon immer" Fernhandel gegeben, damit naehern sich unsere Standpunkte ein wenig.
Ihrem Statement zur Subsistenz-Oekonomie jedoch vermag ich wiederum nicht voellig zu folgen: Meine Zustimmung erhalten Sie, dass eine Stammesgesellschaft mit reiner Subsistenz-Oekonomie weder Geld noch Fernhandel kennen durfte noch kannte, aber Zahlungsmittel zum Leistungsausgleich und Abgaben mit dieser Art von Zahlungsmitteln an ihre Stammesmacht, das kannten Stammeswirtschaften sicherlich.
Aus der Wissenschaft der Stultologen ;-) wissen wir, dass menschliche Dummheit eine Naturkonstante ist. Folglich liess sich die Stammesmacht ihr weitsichtiges Dirigieren und ihr allgemein verfuegbares hilfreiches Know-How beim Subsistenz-Oekonomisieren mit verfuegbaren Zahlungsmitteln gut loehnen, bezahlt haben diese Abgaben natuerlich die Stammesdummen. Letztere bezahlten aber deshalb etwas mehr oder weniger freiwillig diese Abgaben, weil sie ohne Support ihrer Stammesmacht die Baeche runter gegangen waeren, sie haben es zumindest geahnt.
In manchen entwicklungstechnisch fortgeschrittenen Stammesgesellschaften wurden spaeter auch Metalle als Dauer-Zahlungsmittel deshalb eingefuehrt, weil deren Zerfallseigenschaften superb im Vergleich zu anderen Zahlungsmitteln war. Damit schuf sich die Stammesmacht die Moeglichkeit, Leistung aus ehemaligen Machtzeiten u.a. auch in ihr persoenliches Alter zu thesaurieren.
>Wie das mythische Einhorn dürfte eine solche Gesellschaft allerdings dem Reich der Sage angehören. Es gibt keine Hinweise darauf, daß so etwas je existiert hat.
Suchet so werdet ihr finden...
Mein obiges Modell einer Stammesgesellschaft mit Zahlungsmitteln zwecks Leistungsausgleich und Abgaben an die Stammesmacht, aber ohne Geld und Fernhandel, das hat es garantiert des oefteren gegeben, ihr Ueberlebenszyklus war jedoch oft von ziemlich kurzer Dauer. Die Abgaben an die Stammesmacht erfolgte ebenfalls im Sinne eines Leistungsausgleiches, zu der der Abgabenzahler in aller Regel staendig in der Lage war. Letzteres hatte eine staendig leichte Surplusproduktion in kleinem Rahmen fuer den Abgabenzahler zur Folge, was in aller Regel aber kein Problem fuer ihn war, profitierte er doch auch von der Leistung der Stammesmacht.
>Die Entwicklung zur Surplus-Erzeugung (wie Sie es nennen,) erfolgte m.E. über Skalenerträge. Das wurde hier schon x-mal gepostet (und bildet übrigens den Kern der Debatte zwischen 1922 und 1933 im ECONOMIC JOURNAL, an der sich die größten Ã-konomen der damaligen Zeit beteiligt haben). Wir sollten hier das Rad nicht ganz von vorne erfinden wollen! Ich habe im übrigen bis heute (zwar manch gehässige Bemerkung von Ideologen, aber) kein Argument gehört, das meine Sicht der Dinge entkräftet hätte, daß nämlich endogenes"Wachstum" (eben durch Skalenerträge) theoretisch durchaus möglich ist.
Inneres"Wachstum" in kleinem Rahmen bei einer Stammesgesellschaft nach obigem Modell ist m.E. durchaus moeglich (gewesen), deren Happyness bzgl. ihres way of life mag auch zwar relativ gross weil relativ relaxend gewesen sein, jedoch war ihre Leistungsfaehigkeit hoechstwahrscheinlich sehr begrenzt, und genau das war DIE Achillesferse bzgl. ihres Ueberlebens-Zeitzyklus.
Eine Stammesmacht, deren Interesse darin lag, andere Staemme und deren Maechte zu unterwerfen, um nicht deren Schicksal der Unterwerfung incl. Sklaverei zu erleiden, entkoppelte zunaechst de facto den Umfang der zu leistenden Abgaben der Stammesdummen zum Umfang der"Fuehrungsleistung" der Stammesmacht, indem sie die Abgaben und deren Mengen einerseits normierte, und andererseits die grundsaetzliche Abgabenpflicht einfuehrte. Das brachte das Geld und den richtigen Drive mit hohem Surplus in die Gemeinde, weil die Abgabenpflicht - wie seitens der Macht erwuenscht - gerade auch zu Leistungen und Produkten fuehrte, die man beim friedlichen Oekonomisieren keinesfalls braucht.
Kaempfe, Kriege, Grossmaechte und Fernhandel waren die Folgen.
Explizit zur Geburtsstunde des Geldes: die Einfuehrung der allgemeinen Abgabenpflicht und die Normierung der Abgaben und deren Mengen durch die Stammesmacht einer Stammesgesellschaft mit reiner Subsistenz-Oekonomie, ohne dass bei diesem Vorgang die (Gegen-)Leistung der Stammesmacht in Ansatz gebracht wird oder auch nur zur Debatte steht, genau dieser Vorgang ist die Einfuehrung oder"Erfindung" des Geldes durch die Macht, deren permanente Forderungen an die unmaechtigen Stammesmitglieder auf durch sie (die Macht) normierte Abgaben.
>
>Gruß
>G.
Gruss
TD
|
Galiani
22.09.2002, 11:29
@ Tassie Devil
|
Über alles läßt sich streiten; und, wenn nicht, ist es langweilig! Gruß (owT) |
-->
|
Boyplunger
22.09.2002, 13:23
@ Galiani
|
Re: Wilhelm Gerloff:Entstehung des Geldes |
-->Ich weiß ja nicht welchen Gerloff du gelesen hast, in meinem jedenfalls wird die These: “Geld entstanden zur Tauscherleichterung“ strikt abgelehnt.
Auf Seite 158 ist zu lesen:
„Es heißt der Gelderscheinung Gewalt antun, wenn man glaubt, das Wesen des Geldes erschöpfe sich in seinem Dienst als allgemeines Tauschmittel. Die ersten Verkehrsvorgänge, an welchen sich das Geld entwickelt, sind, wie ich glaube gezeigt zu haben, nicht als Tausch zu bezeichnen.
Das älteste Geld ist Hortgut; aber nicht jedes Hortgut ist Geld, sondern nur jenes, das Verkehrsdienste leistet oder leisten kann. Das Wort Verkehr besagt, dass es sich dabei um eine gewisse Regelmäßigkeit oder um eine Wiederholung handelt; denn ein einmaliger Vorgang bedeutet keinen Verkehr. Leisten-können aber besagt, dass nach herrschender Gepflogenheit ein bestimmtes Hortgut für gewisse Verkehrsakte verwendet werden kann. Es sind die oft genannten: Bußeleistungen, Frauenkauf, Tribute...Das ursprüngliche Geld ist also allgemeines Hortungsmittel, Wertträger und Zahlungsmittel. Hingegen ist, was die Entstehung des Geldes anbetrifft, die Vorstellung irrig, dass das Geld als Zwischengut angenommen wurde. Das Gegenteil ist für die Anfänge des Geldwesens festzustellen: Das Geldgut wird genommen um möglichst nicht (!) weitergegeben zu werden.“
Und auf Seite 170f:
„Der Güterverkehr in der Urgesellschaft vollzieht sich entweder nach dem Grundsatz der „Hingabe“ oder der „Hergabe“. Die Hingabe bedeutet freiwillige Leistung im Sinne gegenseitiger Hilfe und Fürsorge füreinander. Sie gründet sich auf das natürliche Gefühl der Verbundenheit in der Blutsgemeinschaft und dem kleinen sozialen Verband. Die Hergabe bedeutet erzwungene Leistung, gegründet auf Herrschaft und Unterwerfung. Die Hingabeleistungen kann man als „Dargaben“ bezeichnen; die Hergabeleistungen sind „Abgaben“ In der geschichteten Gesellschaft wird die Hingabe oder die Dargabe zur Abgabe. Die Dargabe geht der Abgabe also zeitlich voraus....Die ursprünglichen Dargaben sind kein Geld. Das widerspräche ihrem Zweck der unmittelbaren Fürsorge, wie sie die Nachbar-und Gemeinschaftshilfe verlangt und bieten will. Die geschilderte regelmäßige oder auch nur gelegentliche Beutehingabe zum Zweck der Verteilung, das ist die ursprüngliche Dargabe. Erst wenn die Dargabe zur Abgabe wird oder an ihre Stelle tritt, vermag aus der Reihe der Güter, die Gegenstand solcher Leistungen sind, das eine oder das andere den Charakter des Geldes zu gewinnen.“
Gruß
|
Tassie Devil
22.09.2002, 15:04
@ Boyplunger
|
Re: Wilhelm Gerloff:Entstehung des Geldes |
-->>Ich weiß ja nicht welchen Gerloff du gelesen hast, in meinem jedenfalls wird die These: “Geld entstanden zur Tauscherleichterung“ strikt abgelehnt.
>Auf Seite 158 ist zu lesen:
>„Es heißt der Gelderscheinung Gewalt antun, wenn man glaubt, das Wesen des Geldes erschöpfe sich in seinem Dienst als allgemeines Tauschmittel. Die ersten Verkehrsvorgänge, an welchen sich das Geld entwickelt, sind, wie ich glaube gezeigt zu haben, nicht als Tausch zu bezeichnen.
>Das älteste Geld ist Hortgut; aber nicht jedes Hortgut ist Geld, sondern nur jenes, das Verkehrsdienste leistet oder leisten kann. Das Wort Verkehr besagt, dass es sich dabei um eine gewisse Regelmäßigkeit oder um eine Wiederholung handelt; denn ein einmaliger Vorgang bedeutet keinen Verkehr. Leisten-können aber besagt, dass nach herrschender Gepflogenheit ein bestimmtes Hortgut für gewisse Verkehrsakte verwendet werden kann. Es sind die oft genannten: Bußeleistungen, Frauenkauf, Tribute...Das ursprüngliche Geld ist also allgemeines Hortungsmittel, Wertträger und Zahlungsmittel. Hingegen ist, was die Entstehung des Geldes anbetrifft, die Vorstellung irrig, dass das Geld als Zwischengut angenommen wurde. Das Gegenteil ist für die Anfänge des Geldwesens festzustellen: Das Geldgut wird genommen um möglichst nicht (!) weitergegeben zu werden.“
An vorigem Absatz habe ich nur einzuwenden:"Leisten-können aber besagt, dass nach herrschender Gepflogenheit ein bestimmtes Hortgut für gewisse Verkehrsakte verwendet werden kann ODER SOGAR VERWENDET WERDEN MUSS". Letzteres ist ggf. von der Macht erzwingbar. Haette Gerloff den Begriff"Verkehr" noch etwas ausreichender spezifiziert, dass er damit naemlich sowohl den Leistungsumgang mit der Macht (Buseleistungen, Tribute) wie auch den Leistungsumgang mit der"privaten" Nicht-Macht (Frauenkauf) meint, alles wuerde noch klarer.
>Und auf Seite 170f:
>„Der Güterverkehr in der Urgesellschaft vollzieht sich entweder nach dem Grundsatz der „Hingabe“ oder der „Hergabe“. Die Hingabe bedeutet freiwillige Leistung im Sinne gegenseitiger Hilfe und Fürsorge füreinander. Sie gründet sich auf das natürliche Gefühl der Verbundenheit in der Blutsgemeinschaft und dem kleinen sozialen Verband. Die Hergabe bedeutet erzwungene Leistung, gegründet auf Herrschaft und Unterwerfung. Die Hingabeleistungen kann man als „Dargaben“ bezeichnen; die Hergabeleistungen sind „Abgaben“ In der geschichteten Gesellschaft wird die Hingabe oder die Dargabe zur Abgabe. Die Dargabe geht der Abgabe also zeitlich voraus....Die ursprünglichen Dargaben sind kein Geld. Das widerspräche ihrem Zweck der unmittelbaren Fürsorge, wie sie die Nachbar-und Gemeinschaftshilfe verlangt und bieten will. Die geschilderte regelmäßige oder auch nur gelegentliche Beutehingabe zum Zweck der Verteilung, das ist die ursprüngliche Dargabe. Erst wenn die Dargabe zur Abgabe wird oder an ihre Stelle tritt, vermag aus der Reihe der Güter, die Gegenstand solcher Leistungen sind, das eine oder das andere den Charakter des Geldes zu gewinnen.“
>Gruß
Genau so sehe ich das auch, ich habe nix daran auszusetzen.
Klasse Beitraege, lieber Boyplunger, danke!
Gruss
TD
|
Tassie Devil
22.09.2002, 15:32
@ Galiani
|
Re: Über alles läßt sich streiten; und, wenn nicht, ist es langweilig! (mkT) |
-->Naja, lieber Galiani,
Ihrer Feststellung vermag ich leider wieder einmal mehr nicht so ganz folgen.
Sicher, Sie haben m.E. dort recht, wo eine Runde eine Diskussion oder einen Disput nur zwecks Erreichen eines common sense zulaesst, und wenn nur das kleinste gemeinsame Vielfache dabei erreichbar ist, darueber hinaus jedoch einen weiteren Austausch aus Desinteresse nicht zulaesst.
Gemeinsames brainstorming unter common sense, um einer Sichtweise noch mehr oder ggf. moeglichst viel Substanz mittels Argumentationsstaerke aufgrund von Fakten zu verleihen, ich empfinde diese Diskussionsvariante, frei von Streit, oftmals als das pure Gegenteil von langweilig.
Nichts fuer ungut.
Freundlichst
TD
|