Popeye
22.09.2002, 09:06 |
Für @dottore und alle anderen, die sich für monetäre Fragen interessieren Thread gesperrt |
-->The capitalist production process is seen as transforming an initial amount of money, M, into
commodities, C, and then into a presumably greater 'value' of money, M'. It seems to me that many of the
issues at stake can be condensed into the question how this is supposed to happen. The simple answer
given by many of the credit-based endogenous money theories... is the monetary profits must be
generated by money creation over and above the initial costs of production. This is why, for example,
so much attention is paid to the role of government budget deficits in sustaining aggregate demand, and
why surpluses are conceived as a danger. One sector or another must be continuously willing to go into
deficit in order to generate monetary profits, and as a practical matter, the most likely candidate is the
public sector [pp. 10-11].
Quelle diese insgesamt lesenswerten Artikels:
<ul> ~ http://www.aros.net/~vlyon/tfme/5tfme08.htm</ul>
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R.Deutsch
22.09.2002, 10:32
@ Popeye
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Re: Dann sind Gewinne kein Problem mehr |
-->Der Gewinn ist nicht mehr Geld, sondern mehr Produkte, würde ich mal sagen. Wenn der Gewinn mehr Geld wäre, hätten wir keine Probleme mehr. Wir erzeugen einfach soviel Gewinn, wie wir haben wollen und jeder bekommt soviel Geld wie er braucht.
Fröhliches Gewinnen wünscht
RD
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Popeye
22.09.2002, 10:47
@ R.Deutsch
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Re: Dann sind Gewinne kein Problem mehr |
-->Dachte ich mir doch, dass diese Antwort von Dir kommt. Aber Du solltest schon den ganzen Aufsatz lesen (die beiden anderen aus unserer letzten Korrespondenz übrigens auch!)
Grüße Popeye
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Galiani
22.09.2002, 11:22
@ Popeye
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Re: Dann sind Gewinne kein Problem mehr |
-->>Dachte ich mir doch, dass diese Antwort von Dir kommt. Aber Du solltest schon den ganzen Aufsatz lesen (die beiden anderen aus unserer letzten Korrespondenz übrigens auch!)
>Grüße Popeye
Ich hab' den Aufsatz überflogen. Dass in einer Wirtschaft mit (fast) beliebiger Geldschöpfung der Gewinn für Unternehmen, die lobbying power besitzen, (zumindest auf kurze Sicht) kein Problem ist, wissen wir.
In der sog. realen Wirtschaft wird m.E. aber, wie ich schon öfters hier gepostet habe, das"Billig einkaufen - Werschöpfung hinzufügen - teurer verkaufen" durch Skalenerträge theoretisch möglich, ohne daß auf Verschuldungsprozesse rekurriert werden müßte. (Wiewohl - siehe Telefonie-Firmen - in praxi meistens doch Verschuldungsprozesse stattfinden; weil das einfacher ist als Werte zu erzeugen, wie wir beide wissen!)
Gruß
G.
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R.Deutsch
22.09.2002, 11:27
@ Galiani
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Re: Falschgeld funktioniert halt nur solange es keiner merkt |
-->Ja mache ich gern. Habs schon mal ausgedruckt, aber es kommt letztlich immer wieder auf denselben Kern.
Durch Geld erzeugen kann kein Gewinn und kein Wohlstand entstehen, sondern nur die Illusion von Mehrwert. Wenn das Argument der Chartalisten stimmen würde, könnten wir uns alle zur Ruhe setzen und die Zentralbank erzeugt die Gewinne und den Wohlstand für alle.
Wäre ja schön, wenn es so wäre, aber leider funktioniert Falschgeld nur solange, wie keiner merkt, dass es Falschgeld ist. Die aufregendste Entwicklung ist wohl die Erklärung der Bank von Japan, den Banken die überbewerteten Aktien abzukaufen und der damit verbundene Einbruch der Anleihen um 20%. Jetzt muss die BOJ nur noch die faulen Kredite der Banken von etwa 1000 Milliarden Dollar abkaufen.
Fröhliches Fälschen wünscht
RD
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dottore
22.09.2002, 11:47
@ Popeye
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Re: Warum keinen Future-Markt für Profits? |
-->Hi Popeye,
schönen Dank für den Artikel. Die Commodity-Money-Theorie beweist zunächst, dass es ein reines C-Money (nur Kassa, kein Termin) niemals gegeben haben kann. Es war dann eben kein Geld, das sich für wirtschaftliche Operationen, im Sinne einer Gewinnerzielung verwenden ließe, was das freie Wirtschaften letztlich ist, wenn es überhaupt Wirtschaften sein soll, da Gewinnerzielung ein Future-Geschäft ist.
Man kann ja auch einen Markt für Profits auf Termin ebenso einrichten wie einen x-beliebigen für x-beliebige Commodities. Im Aktienmarkt sind solche Elemente enthalten, aber es gibt noch keinen Handel in Dividends einer Firma auf Termin.
Das C-Money-System muss immer von Terminen begleitet sein, wenn es sich um Geld handeln soll. Nun zum Ansatz selbst:
Handeln wir Geld auf Termin, also etwas, das erst noch Erscheinen soll, aber noch nicht erschienen ist (wie irgendein Getreide), dann besteht die Gefahr eine"Missernte" in der Tat. d.h. das Geld erscheint auf Termin nicht, weil sich dann niemand findet, der es schafft (über den ZB-Mechanismus). Diesem kann durchaus der lender of last resort abhelfen, wie auch ausführlich beschrieben (die Gedanken von Minsky gehen in etwa in die selbe Richtung), der dann von sich aus"produktiv" tätig wird, indem er via OMP usw. jenes Geld"schafft", das"fehlt".
Fällt er aus, oder schauen wir in die Geschichte vor dem lender of last resort (Bagehot usw.), dann beginnt in der Tat dass, was im Commodity Market zu beobachten ist: die letzten Termine, die noch gehandelt werden, steigen ebenso stark im Preis wie die letzte noch vorhandene zum diesem Termin verfügbare Liquidität einen starken Kursaufschlag erhält, was sehr schön erklärt, warum es in Zahlungskrise früher die bekannten enormen Zinssteigerungen am Geldmarkt gegeben hat, die dann die bekannten Pleitewellen im Gefolge hatten.
Das ist nichts anderes als der bekannte"short squeeze", auf den in dem Paper auch abgehoben wird.
>The capitalist production process is seen as transforming an initial amount of money, M, into > commodities, C, and then into a presumably greater 'value' of money, M'.
Modell hier: Short Sqeeze, der"greater value" von M ergibt sich automatisch aus dem Defla-Effekt, der sich einstellt, wenn es kein M + x gibt. Dann ist das letzte M, das noch umläuft, bevor es in die ZB zurück muss, gnadenlos umkämpft. Für 1 Mio. Dollar werden Häuserblocks verramscht, nur um die Pleite zu vermeiden.
>It seems to me that many of the > issues at stake can be condensed into the question how this is supposed to happen. The simple answer > given by many of the credit-based endogenous money theories... is the monetary profits must be > generated by money creation over and above the initial costs of production.
Genau das.
>This is why, for example, > so much attention is paid to the role of government budget deficits in sustaining aggregate demand, and > why surpluses are conceived as a danger. One sector or another must be continuously willing to go into > deficit
Willing to go into additional debts...
>in order to generate monetary profits, and as a practical matter, the most likely candidate is the > public sector [pp. 10-11].
DAS genau ist, was vor uns liegt. Das System ist weitgehend ausgereizt, d.h. zusätzliche debts ("deficits") sind privatwirtschaftlich kaum noch generierbar (Verbraucherverschuldung USA als letzter Anker).
Der Abmarsch in die komplette Staatswirtschaft, hier schon des öfteren (André! u.a.) nur noch ein Frage der Zeit - es sei denn die Dinge entwickeln sich so rasant, dass weder Mätzchen wie"Staatsbürgeschaften" oder"Maastricht"-Cancelling nocht"rechtzeitig" kommen, um den Gesamt-Bankrott zu vermeiden.
Nochmals besten Dank für Link & Artikel.
Gruß!
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dottore
22.09.2002, 12:21
@ Galiani
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Re: Skalenerträge... |
-->... sind unbetritten, aber sie müssen realisiert werden.
Dieses ist nur monetär möglich.
Das entsprechende"Monetäre" muss ja nicht einfach bedrucktes Papier sein, auf dem steht"Geld", sondern es muss ein vollstreckbarer, besicherter Titel (Schuld!) sein, der zu weiterer Produktion entlang der economies of scales abhebt.
Ich kann nicht begreifen, warum diese Erklärung des Wirtschaftens nicht akzeptiert werden kann.
Wie sollten sich economies of scale fortsetzen, wenn nicht permanenter Druck dahinter steht, sie auch fortsetzen zu müssen.
Das Ganze wird vollends skurril, wenn wir an Warengeld denken, das auch produziert wird, und wir die economies of scale auf die Goldminenproduktion beschränken. Warum kostet Gold mind. 200 oz. in guten Minen und nicht einfach nur 2 oz.?
Oder konkret gefragt: Im puren GS mit 100 % Gold, ohne Titel darauf und ohne jegliche Kredite auf Gold lautend: Wir sähen dann die eos für die Goldproduktion aus?
Und wie würden sie auf die Welt der sonstigen Güterproduktion wirken?
Gruß!
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BillyGoatGruff
22.09.2002, 14:07
@ dottore
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Re: gar nicht, so scheint mir... |
-->>Oder konkret gefragt: Im puren GS mit 100 % Gold, ohne Titel darauf und ohne jegliche Kredite auf Gold lautend: Wir sähen dann die eos für die Goldproduktion aus?
>Und wie würden sie auf die Welt der sonstigen Güterproduktion wirken?
...denn es kann da gar keine Skalenerträge geben. Nur Fixkosten, im Beginn als reine Arbeitsleistung. Die Fixkosten sind eben beim heap-leaching viel geringer als beim Gewinnen von Waschgold aus dem Rhein, sie sind geringer, je höher der Goldgehalt des Erzes. Und die Fixkosten sind etwa proportional der geförderten Menge, also nix Skalenerträge.
Wie haben Sie das doch einmal vor langer Zeit formuliert?
[b]'no workey, no money!'<B/>
Arbeitleistung muss sein, sonst kein Geld, wie auch immer definiert. 'Arbeitslose Einkommen' sind immer letztendlich ein Betrug an denjenigen, die arbeiten.
Ich gehe jetzt wieder arbeiten! (es regnet)
Grüsse,
BillyGoat.
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R.Deutsch
22.09.2002, 14:23
@ dottore
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Re: Skalenerträge... |
-->Dottore schreibt:
Ich kann nicht begreifen, warum diese Erklärung des Wirtschaftens nicht akzeptiert werden kann.
Sie wird ja akzeptiert, aber nicht als einzige. Es ist halt nur die halbe Wahrheit. Licht ist auch Welle und Teilchen. Monokausalisten haben damit heute noch Schwierigkeiten.
Schwarz oder Weiß
Wünscht RD
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Diogenes
22.09.2002, 14:35
@ dottore
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Re: Warum keinen Future-Markt für Profits? |
-->
>Der Abmarsch in die komplette Staatswirtschaft, hier schon des öfteren (André! u.a.) nur noch ein Frage der Zeit - es sei denn die Dinge entwickeln sich so rasant, dass weder Mätzchen wie"Staatsbürgeschaften" oder"Maastricht"-Cancelling nocht"rechtzeitig" kommen, um den Gesamt-Bankrott zu vermeiden. [/b]
Hi dottore,
Deinen diesbezüglichen Optimismus kann ich nicht teilen. Der Bankrott wird nicht vermieden werden können, er kommt mit tödlicher Sicherheit. Staatswirtschaft kann es nur noch etwas hinauszögern, dafür kommt es danach umso heftiger. Gegen naturgebene Gesetzmäßigkeiten könnte selbst der schlimmste Polizeistaat nicht anstinken.
Will man das Gröbste vermeiden, dann braucht es Währungsreform (GS) und weniger Staat und Bürokratie. Alles andere ist der Versuch, Löcher in den leeren Raum zu schlagen.
Sagt den Zetteln leise Servus,...
Gruß
Diogenes
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Galiani
22.09.2002, 15:17
@ dottore
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Zu: Falschgeld, Goldgeld und Skalenerträgen |
-->>Oder konkret gefragt: Im puren GS mit 100 % Gold, ohne Titel darauf und ohne
>jegliche Kredite auf Gold lautend: Wir sähen dann die eos für die
>Goldproduktion aus?
Lieber dottore
Die Antwort auf Ihre Frage gibt halt doch das Gesetz von J.-B. Say:"Produkte werden nur mit Produkten gekauft!" (Hätte nie gedacht, daß ich einmal gezwungen sein würde, Say, der doch charakterlich ein ziemlicher Dreckskerl gewesen zu sein scheint, so vehement zu zitieren und zu verteidigen ;-))
Der Fischer, der sich - mittels economies of scale - zum Werftbesitzer gemausert hat, produziert und verkauft mehr und billigere Fischerboote. Der Landwirt, der sich - mittels economies of scale - zum Großanbieter von Brot und anderen landwirtschaftlichen Produkten gemausert hat, produziert mehr und billigereLebensmittel: Brot, Eier, Fleisch und Milch. Der Tüftler, der sich - mittels economies of scale - zum Maschinenbauer gemausert hat, produziert mehr und billigere Maschinen, wodurch er allen anderen ermöglicht, deren economies of scale noch weiter zu treiben; wobei auch der Goldminenbesitzer davon etwas hat: er produziert mit gleichem Aufwand wie zuvor immer mehr und immer kostengünstiger Goldmünzen.
Der Preis der Produkte, die auf diese Weise in höheren Quantitäten und deshalb für alle erschwinglicher erzeugt werden, wird auf dem Markt bestimmt (in Goldmünzen; wobei der Preis einer Goldmünze gleich ist einer Goldmünze, alle anderen Preise variieren. Adam Smith ist im"Wealth of Nations" lange vor Say diesem Phänomen in ausführlichen Tabellen nachgegangen!) Grundsätzlich kauft jeder, streng nach Say, die Produkte des anderen mit seinen eigenen Produkten! (Ja, ich weiß schon: Sie haben diese Aussage neulich in einem Posting als trivial bezeichnet! Aber die Trivialität der Aussage Says macht ja gerade deren zwingende Logik aus!)
Popeye hat mich freundlicherweise darauf hingewiesen, daß Say selbst in späteren Jahren Zweifel an seiner Theorie für den Fall gekommen seien, daß das"Geld" dazwischentritt. Aber diese Fragen zum Say'schen Theorem, beginnen natürlich erst mit dem Chartal-Geld.
Der Haupteinwand der Fachwelt gegen die Knapp'sche Theorie des Chartalgeldes war ja, daß diese Theorie den Begriff des ökonomischen Wertes aus allen Betrachtungen eliminiert und dadurch die Wirtschaft in genau jene Irre führt, die Sie, verehrter dottore, - lautstark und sehr überzeugend - geißeln!
Aber Reinhard Deutsch hat natürlich Recht: Eine Gesellschaft, die sich (ausschließlich) auf Chartalgeld stützt, kann alles und jedes manipulativ nach Gutdünken ändern! Bis zum bitteren Ende, das unweigerlich dann kommt, wenn alle Werte (durch permanente Fehlallokation) konsumiert wurden! Dennoch kann eine solche Gesellschaft - bis zum bitteren Ende! - eine scheinbar durchaus ordentliche Buchhaltung ausweisen.
Das war ja auch in der Sowjetunion so: Das Wirtschaftssystem marxistischer Prägung schlitterte - wenngleich ungewollt! - in genau diese Situation! Zwar wollte man ein Geld schaffen, das genau die relativen Werte der Produkte widerspiegelt, man hatte aber einen objektiv falschen Wertbegriff und strauchelte daher an der Wert-Zurechnung. So entwickelte sich das Geld im kommunistischen System mehr und mehr zur reinen Chartal-Währung; - und nahm genau das Ende, das Sie (aus im Grunde denselben Gründen) heute dem Westen prophezeien!
Noch eine abschließende Bemerkung: Die Ironie der Sache besteht darin, daß auch Knapp - wie aus den ersten Seiten seines berühmten Buches jeden Zweifel ausschließend hervorgeht - keineswegs"den Wert" aus der Wirtschaft endgültig verbannen wollte (wie das Cassel später tatsächlich versucht hat)! Was er im Grunde versuchte, war eine Gelddefinition die binnenwirtschaftlich (und nur binnenwirtschaftlich) ein abgabentaugliches Zahlungsmittel bereitstellt; die Wertzurechnung sollte "irgendwie anders" erfolgen; jedenfalls nicht übers Geld.
Das"internationale", das"Außengeld", aber sollte nach Knapp nach wie vor eine Goldwährung sein!
Genau denselben Entwurf hat übrigens - wenn auch aus anderen Motiven und mit einer anderen Zielsetzung - Karl Marx theoretisch vorgelegt. Er wollte die Wertrechnung in Geld, übersah aber, daß sie so, wie er sich das gedacht hatte, nicht möglich war!
Gruß
G.
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Galiani
22.09.2002, 15:51
@ BillyGoatGruff
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Re: Skalenerträge in der Goldproduktion (Es wird schon wieder anstrengend!) |
-->>...denn es kann da gar keine Skalenerträge geben. Nur Fixkosten, im Beginn als reine Arbeitsleistung. Die Fixkosten sind eben beim heap-leaching viel geringer als beim Gewinnen von Waschgold aus dem Rhein, sie sind geringer, je höher der Goldgehalt des Erzes. Und die Fixkosten sind etwa proportional der geförderten Menge, also nix Skalenerträge..
Hallo
Das heap-leaching ist natürlich nur einer von zahlreichen Schritten bei der Goldproduktion, darin an hervorragender Stelle auch die Prospektion.
Allein die Tatsache der unterschiedlichen Produktionskosten von Gold in der Größenordnung von eins zu zehn (d.h. der teuerste Produzent produziert mit etwa dem Zehnfachen der Kosten als der billigste) spricht gegen die Behauptung, daß bei der Goldproduktion keine Skalenerträge möglich wären.
Auch die starke säkulare Steigerung der Produktionsmengen deutet insgesamt auf sehr ausgeprägte economics of scale hin:
Um 1500 förderte man ca. 0.2 Tonnen Gold pro Jahr
Um 1600 förderte man knapp 0.4 Tonnen Gold pro Jahr
Um 1700 förderte man knapp 0.6 Tonnen Gold pro Jahr
Um 1800 förderte man über 1.3 Tonnen Gold pro Jahr
Um 1900 förderte man ca. 77.6 Tonnen Gold pro Jahr
Um 2000 förderte man knapp 1500.0 Tonnen Gold pro Jahr
Ich zögere somit, Ihre Behauptung, es gäbe keine eos, zum Nennwert zu nehmen.
Gruß
G.
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dottore
22.09.2002, 16:39
@ Galiani
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Re: Zu: Falschgeld, Goldgeld und Skalenerträgen |
-->>>Oder konkret gefragt: Im puren GS mit 100 % Gold, ohne Titel darauf und ohne
>>jegliche Kredite auf Gold lautend: Wir sähen dann die eos für die
>>Goldproduktion aus?
>Lieber dottore
>Die Antwort auf Ihre Frage gibt halt doch das Gesetz von J.-B. Say:"Produkte werden nur mit Produkten gekauft!" (Hätte nie gedacht, daß ich einmal gezwungen sein würde, Say, der doch charakterlich ein ziemlicher Dreckskerl gewesen zu sein scheint, so vehement zu zitieren und zu verteidigen ;-))
Lieber Galiani!
Ich kann nur nochmals wiederholen, dass ein Produkt kein Produkt kaufen kann. Wir haben beim Kaufen diverse Verträge: ein Mal den Kaufvertrag. Darin vereinbaren die Kontrahenten A gegen B zu liefern und vice versa. Dies ist ein schuldrechtlicher Vorgang, weshalb auch Tauschen unter Schuldrecht fällt.
Der nächste Vertrag ist der, das jeweilige A oder B auch physisch zu übertragen. Handelt es sich bei beiden um Sachen (Kuh / Goldstück), bleiben wir im Sachenrecht, handelt es sich bei B um Geld, also einem Titel, wird eine Sache übertragen und gleichzeitig eine Forderung zediert. Diese Forderung kann auf Rückgabe einer Sache lauten (goldgedeckte Banknote) oder eine weitere Forderung, die ihrerseits auf eine goldgedeckte Note zielt.
Die Verkürzung, dass Produkte Produkte kaufen, ist nicht zulässig, da dies entweder reines Tauschen wäre Produkt gegen Produkt wäre (immer zeitgleich) oder
Tausch Produkt gegen Gold, wobei nicht einzusehen ist, warum der Umweg über Gold gegangen wird - es sei denn zu Zeitüberbrückungsgründen, womit dann Gold zwar physisch eine Sache bliebe, aber rechtlich einen Titel darstellt, der zu zeitlich späterer Ausübung berechtigt.
Um aus Gold mehr als die Sache selbst zu machen, es also in einen Titel zu verwandeln, bedarf es mehr als bloßer Konvention oder Usance, da damit allen der vereinbarte Kaufpreis nicht zu halten ist (das Risiko des Preises für Gold, ausgedrückt wiederum in weiteren Waren oder Sachen) läge beim Verkäufer. Der würde es immer ausschließen wollen, indem er nicht gegen Gold, sondern gegen ein anderes Produkt tauscht ("kauft/verkauft"), das er just zu dem Augenblick erhalten will, da er für das Produkt Verwendung (normal: Konsum) hat, was beim Gold nur der Fall wäre, wenn er sofort selbst verwenden will, also z.B. als Juwelier mit Auftragsarbeit o.ä.
Um dieses Problem auszuschalten, konnte das Gold nur als Geld fungieren, nachdem es selbst chartiert wurde. Dehalb finden wir auch ausschließlich öffentlich-rechtliche Prägungen von Gold und den bekannten"legal tender" (= Gold) Passus in der US-Verfassung, was Chartalismus pur ist, usw.
>Der Fischer, der sich - mittels economies of scale - zum Werftbesitzer gemausert hat, produziert und verkauft mehr und billigere Fischerboote. Der Landwirt, der sich - mittels economies of scale - zum Großanbieter von Brot und anderen landwirtschaftlichen Produkten gemausert hat, produziert mehr und billigereLebensmittel: Brot, Eier, Fleisch und Milch. Der Tüftler, der sich - mittels economies of scale - zum Maschinenbauer gemausert hat, produziert mehr und billigere Maschinen, wodurch er allen anderen ermöglicht, deren economies of scale noch weiter zu treiben; wobei auch der Goldminenbesitzer davon etwas hat: er produziert mit gleichem Aufwand wie zuvor immer mehr und immer kostengünstiger Goldmünzen.
Dieses Modell teile ich, wie bekannt, nicht. Irgendjemand muss mit eos anfangen. Dann stellt er statt einer Einheit jetzt zwei her. Da der andere dies nicht zeitgleich tut bzw. der andere räumlich nicht sozusagen Nachbar des ersten ist, kann er seine zwei Einheiten nur gegen eine Einheit des anderen oder eines anderen wie bisher abgeben. Darin wird er keinerlei Sinn sehen.
Denken wir uns gar eos im Gleichschritt unter Einschluss auch noch der Goldproduktion, gewinnt keiner etwas, da immer Einheit in Einheit getauscht wird.
Was wir brauchen, um eos tatsächlich zur Wirkung zu bringen, ist also nicht ein trial & error-System, das sich nur in einem völlig unwahrscheinlichen Fall zeitgleich und über den kompletten Raum erstreckend ergeben würde, sondern einfachen und klar definierten Zwang.
Wer gezwungen ist, zwei statt einer Einheit zu produzieren, weil die zweite zur Abgabe bereit zu halten ist, wird sich mit eos sehr schnell befreunden und eos verbreitet sich rasch, was die eigentliche Ursache (auf der produktionstechnischen Seite) der enormen Wirtschaftsentwicklung wäre, die sich nach der Ausbreitung der großen nahöstlichen Tribut- und Abgabenreiche entwickelt haben.
>Der Preis der Produkte, die auf diese Weise in höheren Quantitäten und deshalb für alle erschwinglicher erzeugt werden, wird auf dem Markt bestimmt (in Goldmünzen; wobei der Preis einer Goldmünze gleich ist einer Goldmünze, alle anderen Preise variieren. Adam Smith ist im"Wealth of Nations" lange vor Say diesem Phänomen in ausführlichen Tabellen nachgegangen!) Grundsätzlich kauft jeder, streng nach Say, die Produkte des anderen mit seinen eigenen Produkten! (Ja, ich weiß schon: Sie haben diese Aussage neulich in einem Posting als trivial bezeichnet! Aber die Trivialität der Aussage Says macht ja gerade deren zwingende Logik aus!)
>Popeye hat mich freundlicherweise darauf hingewiesen, daß Say selbst in späteren Jahren Zweifel an seiner Theorie für den Fall gekommen seien, daß das"Geld" dazwischentritt. Aber diese Fragen zum Say'schen Theorem, beginnen natürlich erst mit dem Chartal-Geld.
Dazu - wie gesagt - mein Generaleinwand, dass wir es auch bei 100% Gold mit Chartalgeld zu tun haben, die Charta bestimmt es zur gesetzlichen Abgabe, und um diese zu stützen zu generellen legal tender. Was Gold bei all seinem Charme fehlt, ist eben der Kurs in sich, den nur eine Charta herstellen kann (die allgemeine in einem Rechtsgebiet verbindliche Gültigkeit).
>Der Haupteinwand der Fachwelt gegen die Knapp'sche Theorie des Chartalgeldes war ja, daß diese Theorie den Begriff des ökonomischen Wertes aus allen Betrachtungen eliminiert und dadurch die Wirtschaft in genau jene Irre führt, die Sie, verehrter dottore, - lautstark und sehr überzeugend - geißeln!
>Aber Reinhard Deutsch hat natürlich Recht: Eine Gesellschaft, die sich (ausschließlich) auf Chartalgeld stützt, kann alles und jedes manipulativ nach Gutdünken ändern! Bis zum bitteren Ende, das unweigerlich dann kommt, wenn alle Werte (durch permanente Fehlallokation) konsumiert wurden! Dennoch kann eine solche Gesellschaft - bis zum bitteren Ende! - eine scheinbar durchaus ordentliche Buchhaltung ausweisen.
Das Gold-Chartalgeld war immerhin das Beste. Seitdem in der Tat Tendenz abwärts.
>Das war ja auch in der Sowjetunion so: Das Wirtschaftssystem marxistischer Prägung schlitterte - wenngleich ungewollt! - in genau diese Situation! Zwar wollte man ein Geld schaffen, das genau die relativen Werte der Produkte widerspiegelt, man hatte aber einen objektiv falschen Wertbegriff und strauchelte daher an der Wert-Zurechnung. So entwickelte sich das Geld im kommunistischen System mehr und mehr zur reinen Chartal-Währung; - und nahm genau das Ende, das Sie (aus im Grunde denselben Gründen) heute dem Westen prophezeien!
>Noch eine abschließende Bemerkung: Die Ironie der Sache besteht darin, daß auch Knapp - wie aus den ersten Seiten seines berühmten Buches jeden Zweifel ausschließend hervorgeht - keineswegs"den Wert" aus der Wirtschaft endgültig verbannen wollte (wie das Cassel später tatsächlich versucht hat)! Was er im Grunde versuchte, war eine Gelddefinition die binnenwirtschaftlich (und nur binnenwirtschaftlich) ein abgabentaugliches Zahlungsmittel bereitstellt; die Wertzurechnung sollte "irgendwie anders" erfolgen; jedenfalls nicht übers Geld. >
>Das"internationale", das"Außengeld", aber sollte nach Knapp nach wie vor eine Goldwährung sein!
Knapp bezog sich auch auf die Binnengoldwährung, die es zu seiner Zeit noch als klassischem GS gab. Eben auch die Binnengoldwährung (nicht nur willkürlich fabriziertes Staatspapiergeld) war ein"Geschöpf der Rechtsordnung".
Gruß!
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Galiani
22.09.2002, 17:56
@ dottore
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Re: Zu: Falschgeld, Goldgeld und Skalenerträgen - REPLIK |
-->Hallo dottore
Hier kurz einige Einwände:
>warum der Umweg über Gold gegangen wird....
5 Eier und ein Laib Brot lassen sich halt schlecht gegen ein Fischerboot tauschen.
>Irgendjemand muss mit eos anfangen. Dann stellt er statt einer Einheit jetzt zwei her. Da der andere dies nicht zeitgleich tut...
Warum sollte er das nicht zeitgleich tun können oder wollen?
Der Bauer produziert (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) genügend Lebensmittel, daß er davon welche entbehren (sie also verkaufen) kann.
Der Goldgräber schürft nach Gold, indem er sich die dafür notwendige Zeit vom Mund abspart und zusätzliche Leistung erbringt. Er braucht sowieso gelegentlich was zu essen und kauft daher gegen sein Gold Nahrungsmittel.
Der Bootsbauer baut zuerst einmal ein Boot für sich selbst. Dann baut er ein zweites und wartet damit, bis ein Käufer kommt.
Der Fischer hat inzwischen (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) genügend Fische gegen Gold eingetauscht und kauft sich jetzt das zweite Boot des Bootsbauers, das ihm erlauben wird, noch mehr Fische zu fangen... und so weiter
Warum sollte das nicht funktionieren?
>Denken wir uns gar eos im Gleichschritt unter Einschluss auch noch der Goldproduktion, gewinnt keiner etwas, da immer Einheit in Einheit getauscht wird.
Wie kommen Sie darauf? Mein Modell sah das ja ausdrücklich vor:
Der Goldgräber hat (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) genügend Gold angesammelt, um sich dafür etwas kaufen zu können, was ihm der Bauer abgeben kann, weil dieser (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) genügend überschüssige Nahrungsmittel produziert hat.
Ich frage nochmals: Wo ist das Problem? Warum sollte das nicht funktionieren?
>Was wir brauchen, um eos tatsächlich zur Wirkung zu bringen, ist also nicht ein trial & error-System...
Wieso"trial & error-System"? Die (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) erzielte Überschußproduktion ist doch ein durchaus zielgerichteter Prozeß. Das treibende Motiv dabei kann alles mögliche sein: Der Stolz auf die eigene Leistung; der Zwang, Abgaben leisten zu müssen; der Wunsch, sich ein besseres Leben leisten zu können... Was auch immer!
>Wer gezwungen ist, zwei statt einer Einheit zu produzieren, weil die zweite zur Abgabe bereit zu halten ist, wird sich mit eos sehr schnell befreunden und eos verbreitet sich rasch, was die eigentliche Ursache (auf der produktionstechnischen Seite) der enormen Wirtschaftsentwicklung wäre, die sich nach der Ausbreitung der großen nahöstlichen Tribut- und Abgabenreiche entwickelt haben.
Einverstanden!
Allerdings würde ich statt des Wortes"gezwungen" formulieren wie folgt:
Wer <font color="FF0000">einmal erfahren hat, wie es ist,</font> zwei statt einer Einheit zu produzieren, weil die zweite zur Abgabe <font color="FF0000">oder zum Eintausch</font> bereit zu halten ist, wird sich mit eos sehr schnell befreunden und eos verbreitet sich rasch, was die eigentliche Ursache (auf der produktionstechnischen Seite) der enormen Wirtschaftsentwicklung wäre, die sich nach der Ausbreitung der großen nahöstlichen Tribut- und Abgabenreiche entwickelt haben.
So wird ein Schuh daraus! Und so lenken Sie auch die Aufmerksamkeit auf einen wirklich wichtigen Punkt! (cfr."gift economy")
>.mein Generaleinwand, dass wir es auch bei 100% Gold mit Chartalgeld zu tun haben...
Das ist doch nur dann zutreffend, wenn Sie eine Reihe von Bedingungen und Kautelen zusätzlich einführen (etwa Asynchronität), die beim eigentlichen Sachverhalt nicht zwingend vorausgesetzt werden müssen. Sofern Sie diesen m. E. unnötigen Ballast aus Ihrer Argumentation herausnehmen, ist Goldgeld absolut kein Chartalgeld, sondern das einzige Geld, dem eben kein Kredit-/Schuldner-Sachverhalt zu Grunde liegt.
Herzlichen Gruß
G.
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BillyGoatGruff
22.09.2002, 17:58
@ Galiani
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Re: Skalenerträge in der Goldproduktion (Es wird schon wieder anstrengend!) |
-->Lieber Galiani,
Ich fasste 'Skalenerträge' sehr eng, ohne nur etwa die Marktsättigung zu berücksichtigen. Ich bitte um Nachsicht, da ich in meinem ganzen curriculum nur mal etwa 10 Lektionen VWL 'geniessen' durfte, und da ging es um 'Entwicklungshilfe' ('nördlicher' Nationen an 'südliche').
Etwa so: es wird Mode, sich die Nasenspitze dauerhaft hellgrün zu tätowieren. Kaufe mir Instumentarium und Farbstoff, miete Lokal, mache Werbung etc. Kostet mich 1000 Einheiten Geld im Monat. Kommen 100 Kunden pro Monat, sind meine Fixkosten 10 Einheiten Geld pro Kunde, kommen 500, dann nur 2.
Ich verlange 20 Einheiten Geld pro Kunde. Mein Skalenertrag durch die Ausweitung meiner Kundenzahl von 100 auf 500 wäre dann 8000 Einheiten Geld.
Fixkosten sind gleich, ob 100 oder 500 Kunden.
Bergbau hingegen: Fixkosten sind praktisch proportional den verkauften Einheiten Produkt, je mehr gefördert wird, desto höher. (Und wenn die Mine die Produktion verwärts verkauft hat, kann sie nicht einmal von steigenden Marktpreisen profitieren).
Anders wäre es schon in der Affinerie: die Ausrüstung kostet gleich viel, ob mit 10 oder 90% der Kapazität gefahren wird, nur die Stromkosten für die Elektrolyse und die Schmelztiegel wären proportional der Menge Endprodukt.
Es ist sehr simplifiziert, gebe das unumwunden zu. (Die dicken Schmöcker der VWL zu wälzen, überlasse ich als gestandener Legastheniker gern andern ;-))
Apropos grüne Nasenspitze: Im Vorortszug starrt ein Rentner die ganze Zeit einen Punk mit karminroter Kammfrisur an. Bis der jenen anödet. Hör auf, mich dauernd anzustarren! Haste denn nie etwas Dummes gemacht in deiner Jugend? Darauf der Rentner: Oh doch, ich habe z.B. Hühner gef...Nun überlege ich dauernd, ob du mein Sohn sein könntest! Nix für ungut, das rutschte so rein...
MfG
BillyGoat
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dottore
22.09.2002, 21:12
@ Galiani
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Re: Zu: Falschgeld, Goldgeld und Skalenerträgen - REPLIK |
-->>Hallo dottore
>Hier kurz einige Einwände:
>>warum der Umweg über Gold gegangen wird....
Hallo Galiani,
>5 Eier und ein Laib Brot lassen sich halt schlecht gegen ein Fischerboot tauschen.
Das alte Problem: 1. Erste Münzen eundeutig Großmünzen, vgl. Dekadrachmen, Statere usw. 2. Eier und Brot definitiv nicht in Goldstücken darstellbar. Die kleinsten Goldstückchen überhaupt, die je gefunden wurden (ob überhaupt Münzen ist unklar) liegen bei ca. 0,3 g = 6 € (kleine lokale Funde in Lykien, habe selbst einige davon).
>
>>Irgendjemand muss mit eos anfangen. Dann stellt er statt einer Einheit jetzt zwei her. Da der andere dies nicht zeitgleich tut...
>Warum sollte er das nicht zeitgleich tun können oder wollen?
Warum tut er es? Er würde völlig ins Blaue hinein wirtschaften, was enorme Ressourcenverschwendung wäre.
>Der Bauer produziert (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) genügend Lebensmittel, daß er davon welche entbehren (sie also verkaufen) kann.
Er bildet Vorräte, das ist klar. Warum sollte er seine Vorräte angreifen? Wozu dieses Risiko eingehen?
Es ist ökonomisch viel einfacher, ihn zur Surplusproduktion zu zwingen, was das Los der Bauernschaft seit eh und je gewesen ist (Grundherrschaft = Abgabenherrschaft). Verkäufe bedingen Wege und Transportrisiken, Märkte, usw. Ich vermisse in der frühen Zeit die Verkaufsplätze (Marktplätze): die lassen sich nirgends nachweisen.
Abgesehen davon existierte der freie Bauer nur in wenigen Gebieten Mesopotamiens (ausführliche stratigrafischen Belege), bis er dann tributpflichtig wurde.
>Der Goldgräber schürft nach Gold, indem er sich die dafür notwendige Zeit vom Mund abspart und zusätzliche Leistung erbringt. Er braucht sowieso gelegentlich was zu essen und kauft daher gegen sein Gold Nahrungsmittel.
Dasselbe Problem: Märkte, usw.
>Der Bootsbauer baut zuerst einmal ein Boot für sich selbst. Dann baut er ein zweites und wartet damit, bis ein Käufer kommt.
Wozu das"Warten"-Risiko?
>Der Fischer hat inzwischen (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) genügend Fische gegen Gold eingetauscht und kauft sich jetzt das zweite Boot des Bootsbauers, das ihm erlauben wird, noch mehr Fische zu fangen... und so weiter
>Warum sollte das nicht funktionieren?
Wir sollten uns das nicht als bereits arbeitsteilig vorstellen, sondern wir haben es fraglos mit vor-arbeitsteiligen Wirtschaften zu tun. Ich will nicht bestreiten, dass technischer Fortschritt sich"mitteilt" - ein Jäger schaut dem anderen die Pfeilspitze ab. Aber damit gewinnen wir nur vertiefte und verbesserte Produktionen in den jeweiligen Wirtschaftsbereichen.
In meiner Jugend lebte ich bei Bauern auf dem Land. Die Bauern trieben keinerlei Handel oder Tausch untereinander. Erst als Migration dazu kam (Kriegsfolge) änderte sich die Lage.
>>Denken wir uns gar eos im Gleichschritt unter Einschluss auch noch der Goldproduktion, gewinnt keiner etwas, da immer Einheit in Einheit getauscht wird.
>Wie kommen Sie darauf? Mein Modell sah das ja ausdrücklich vor:
>Der Goldgräber hat (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) genügend Gold angesammelt, um sich dafür etwas kaufen zu können, was ihm der Bauer abgeben kann, weil dieser (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) genügend überschüssige Nahrungsmittel produziert hat.
Das setzt voraus, dass jemand außerhalb des Goldgräbers und seiner unmittelbaren Umgebung etwas von Gold weiß. Wie sollte er es erfahren? Dieses setzt eine Distribution voraus, die es schon in der Antike nicht gegeben hat (völlig unterschiedliche Präferenzstruktur für Gold), von den Erfahrungen des 15./16. Jh. zu schweigen.
Diese Erklär-Probleme sind sofort erledigt, wenn Gold"von oben" als für alle geltendes Abgabenmittel (damit gleiche Präferenz, wenn auch erzwungene, da chartal) deklariert wird - was jedenfalls für die Gebiete, in denen mit Gold zuerst als Tribut, dann als Münzen gearbeitet wurde (Naher Osten, von dort aus westwärts, die etruskisch-griechisch-römische Schiene, wobei in Griechenland stärker Silber zwischendurch (Laurion, Thassos), siehe auch die Kroisos-Probleme (Gold- und Silber-Statere nach gleichem Gewicht, was als Doppelwährung schief ging). Nach Osten dann der gleiche Ablauf nur mit Silber, angefangen mit Alexander. Die größten Silbergruben zeitlich vor Südamerika lagen in Afghanistan.
>Ich frage nochmals: Wo ist das Problem? Warum sollte das nicht funktionieren?
Weil dies eine völlig gleiche private Präferenzstrukturen räumlich und zeitlich für Edelmetall voraussetzt.
Das Ganze für ein Gebiet, das per Herrschaft leichter zu vereinheitlichen war als in einer endlosen Abfolge von privaten Konventionen.
Der berühmte Vertrag, der der Vor-Vertrag sein muss, in dem sich die Handel Treibenden erst über das"Geld" einigen müssten, und dies jedes Mal aufs Neue, was per Charta (herrschaftlichen Befehl) in einem Zug und sofort geschehen kann, indem das Edelmetall"von oben" zum Abgabengut und demnach zu gleicher Präferenz erklärt wird.
Gold hat als Privatgeld unendlich viele Kurse, für jeden einzelnen Kontrakt muss ein eigener Kurs vereinbart werden, bevor überhaupt ein Kaufkontrakt geschlossen werden kann. Dies ist bei Gold als Staatsgeld mit einem Schlag erledigt.
Ich kann nicht verstehen, wie die Einführung der Münze mit eindeutig hoheitlichem Münzbild (Wappen, Herrscher, Gottheit, also immer etwas"Allgemeinem") anders als chartal zu interpretieren ist.
Hätte es vorher Gold als Privatgeld gegeben, hätte es einen Kurs zum Chartalgeld haben müssen. Davon findet sich nirgends eine Spur oder gar Quelle.
Kurzum, ich halte das dem Chartalgeld (einschließlich natürlich des metallhaltigen) vorangehende"Privatgeld" für ein Konstrukt, für das ich keinerlei Belege finden kann.
Die Debatte um"Privatgeld" kam doch überhaupt erst auf, als der GS verlassen worden war und damit logischerweise die Sehnsucht nach etwas"Vernünftigem" im monetären Sektor aufkam, womit man sich von den bekannten Tricksereien der Staaten lösen wollte.
>>Was wir brauchen, um eos tatsächlich zur Wirkung zu bringen, ist also nicht ein trial & error-System...
>Wieso"trial & error-System"? Die (durch"Sparen" und zusätzliche Leistung) erzielte Überschußproduktion ist doch ein durchaus zielgerichteter Prozeß. Das treibende Motiv dabei kann alles mögliche sein: Der Stolz auf die eigene Leistung; der Zwang, Abgaben leisten zu müssen; der Wunsch, sich ein besseres Leben leisten zu können... Was auch immer!
Das Leben erleichtern ist zweifellos das wichtige Motiv. Daher meine These: Es lebt sich leichter, wenn man die Aufwendungen für die zu leistenden Abgaben minimiert. Wer produziert und es nur für sich selbst tut, kann wenig zusätzlich für sich tun, da er das Gut ja behalten darf. Muss er es abführen, wird er schneller versuchen, diesen Zustand abzustellen, also produktiver zu werden, so dass er wieder das für sich selbst hat, was er schon vorher für sich selbst hatte.
>>Wer gezwungen ist, zwei statt einer Einheit zu produzieren, weil die zweite zur Abgabe bereit zu halten ist, wird sich mit eos sehr schnell befreunden und eos verbreitet sich rasch, was die eigentliche Ursache (auf der produktionstechnischen Seite) der enormen Wirtschaftsentwicklung wäre, die sich nach der Ausbreitung der großen nahöstlichen Tribut- und Abgabenreiche entwickelt haben.
>Einverstanden!
>Allerdings würde ich statt des Wortes"gezwungen" formulieren wie folgt:
>Wer <font color="FF0000">einmal erfahren hat, wie es ist,</font> zwei statt einer Einheit zu produzieren, weil die zweite zur Abgabe <font color="FF0000">oder zum Eintausch</font> bereit zu halten ist, wird sich mit eos sehr schnell befreunden und eos verbreitet sich rasch, was die eigentliche Ursache (auf der produktionstechnischen Seite) der enormen Wirtschaftsentwicklung wäre, die sich nach der Ausbreitung der großen nahöstlichen Tribut- und Abgabenreiche entwickelt haben.
>So wird ein Schuh daraus! Und so lenken Sie auch die Aufmerksamkeit auf einen wirklich wichtigen Punkt! (cfr."gift economy")
>
>>.mein Generaleinwand, dass wir es auch bei 100% Gold mit Chartalgeld zu tun haben...
>Das ist doch nur dann zutreffend, wenn Sie eine Reihe von Bedingungen und Kautelen zusätzlich einführen (etwa Asynchronität), die beim eigentlichen Sachverhalt nicht zwingend vorausgesetzt werden müssen. Sofern Sie diesen m. E. unnötigen Ballast aus Ihrer Argumentation herausnehmen, ist Goldgeld absolut kein Chartalgeld, sondern das einzige Geld, dem eben kein Kredit-/Schuldner-Sachverhalt zu Grunde liegt.
Goldgeld ist genauso Chartalgeld wie alles andere auch. Das Goldgeld ist als Abgabe ebenso passiv gesegnet:
Aktiv: 1 Kilo Gold. Passiv: Abgabenleistung 1 Kilo Gold.
Wäre Gold niemals Abgabengut gewesen, wäre es niemals Geld gewesen oder geworden. Ich darf an die Platin-Vorgänge in Russland erinnern. Warum hat es Platin nicht geschafft, Geld zu werden?
>
>Herzlichen Gruß
>G.
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Galiani
22.09.2002, 21:41
@ dottore
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@dottore: Sie mögen Recht haben. Aber ich halte es doch mit Ferdinando Galiani: |
-->der nach einer langen Begründung meinte:
pag. 55:
"...onde si potrá concludere, che [i metalli] usansi per moneta, perchè vagliono, e non vagliono, perchè usansi per moneta."
[Meine Übersetzung S. 133:
"Daraus ergibt sich der logische Schluß, daß man die Edelmetalle für die Herstellung von Geld gebraucht, weil sie wertvoll sind, und nicht, daß sie wertvoll sind, weil sie als Geld dienen."]
Über die Sache ist jedenfalls schon gründlich nachgedacht worden. (Was, zugegeben!, nicht ausschließt, daß Sie vielleicht dennoch die bessere Begründung haben!)
Gruß
G.
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