Jaques
08.10.2002, 01:51 |
Hier ein Beitrag von B.Niquet (sieht doch garnicht so schlimm aus ;-)!! Thread gesperrt |
-->Wie eine wirkliche Krise aussieht
Von Dr. Bernd Niquet
Wenn es nicht so traurig waere, dann koennte man jetzt
direkt schmunzeln: Die selbe halbseidene Oeffentlichkeit aus der
Medien- und Analystenzunft, die uns noch vor drei Jahren weismachen
wollten, das Gravitationsprinzip waere abgeschafft und die Baeume
wuerden jetzt in den Himmel wachsen, erklaert uns nun im selben
vollen Ernst, dass wir gegenwaertig in eine herbe Krise hineinlaufen
und der richtige Crash der Aktien vielleicht noch vor uns liegt.
Natuerlich koennen die Aktien kurzfristig noch weiter fallen,
doch ich gebe an dieser Stelle zu Protokoll: Ich bin der Meinung,
jetzt reicht's. Das gegenwaertige Niveau der Aktien (Dax 2.750)
ist eine exzellente Kaufgelegenheit fuer die naechsten Jahre.
Ueber zwei Drittel Kursverlust vom Top ist mehr als die gegenwaertige
Wirtschaftskrise verlangt. Wir lahmen zwar noch,
doch ein Untergang der Welt ist nicht in Sicht.
Zum Vergleich moechte ich mich heute einmal ins Jahr
1932 begeben. Im April 1932 notierten die deutschen Aktien
nach dem Absturz von 1928 (Top) und 1929 (Crash) auf
ihrem tiefsten Punkt in der schrecklichen Baisse der Dreissiger Jahre,
hatten dabei aber mit unter 60 Prozent weniger gegenueber dem
Top verloren als heute. Die wirtschaftliche Situation hingegen
stellte sich voellig anders dar als heute: Der Welthandel schrumpfte
bereits das zweite Jahr in Folge um ueber ein Drittel (!), die
Arbeitslosenrate lag bei 44 Prozent (!), der Index der Lebenshaltungskosten
stand 20 Prozent (!) tiefer als noch vor wenigen Jahren und
von gut 37 Millionen abgegebenen Stimmen zur Reichskanzlerwahl
waehlten exakt 11.339.285 Menschen Adolf Hitler, obwohl jedermann
schon jetzt in der Presse lesen konnte, dass die Nationalsozialisten
sofort nach einem Wahlsieg die Demokratie beseitigen wuerden.
Und trotzdem hielten sich die Aktien vergleichsweise besser
als heute! Wie sich die damalige Jahrhundertkrise in den Maerkten
geaeussert und welche Parallelen beziehungsweise Nichtuebereinstimmungen
sich daraus mit der heutigen Zeit ergeben, kann man wohl
nirgendwo trefflicher erkunden als aus einem Aufsatz des damaligen
Reichsbankpraesidenten, Hans Luther, abgedruckt im
"Berliner Boersen-Courier" von Mittwoch, dem 6. April 1932:
"Fuer internationale Kooperation. Das einzige Heilmittel.
Was sich im Jahre 1931 abgespielt hat, ist weit mehr als eine
starke Summierung von Zusammenbruechen wirtschaftlicher
Unternehmen..., sondern nur ein aeusseres Symptom, das die
Absurditaet des Vorganges mit niederschmetternder Deutlichkeit
zum Bewusstsein bringt. Dieser Vorgang ist eine allmaehliche
Aufloesung des internationalen Kreditsystems...
Der Prozess der Kreditschrumpfung hat sich... wie eine
ansteckende Krankheit auch auf diejenigen Laender uebertragen,
von denen man annehmen konnte, dass ihre reiche Goldgrundlage
die Aufrechterhaltung eines ausgedehnten Kreditvolumens
sicherstellte... Weiter scheint es mir wichtig, dass man den
Beginn der Kreditkrisis richtig datiert. Ich glaube nicht, dass
man die seit Ende 1929 die ganze Welt ergreifende Krisis von
Anfang an als eine Kreditkrisis ansehen kann. Die Kreditkrisis
beginnt meiner Auffassung nach erst mit der anormalen
Entwicklung der Zinssaetze mitten in der Depression.
Gewoehnlich werden in der Depression die Geldmaerkte leicht,
die Zinssaetze niedrig und erleichtern dadurch den Aufschwung.
Die Geldmaerkte werden erst wieder fest und die Zinssaetze
steigen gewoehnlich erst dann, wenn der Aufschwung schon
eine Weile gedauert hat. In der gegenwaertigen Krisis war
der Verlauf bekanntlich anders. Mitten aus der Depression
heraus stiegen die Geldsaetze und verengten sich die Geldmaerkte...
Es scheint mir von fundamentaler Bedeutung zu sein, dass dieser
Zusammenhang richtig gesehen wird, dass man den Unterschied
gegenueber frueheren Krisen erkennt..."
Drum Vorsicht vor allzu grossem Pessimismus! Wir reden
gegenwaertig ueberall nur ueber den Rueckgang von Wachstumsraten,
nicht jedoch ueber erhebliche wirtschaftliche Schrumpfungsprozesse.
Daher, und weil ein abrupter Anstieg der Geldmarktsaetze
in der Rezession heute niemals passieren wird, wird es auch
keine vergleichbare Kreditkrise geben. Und trotzdem sind die
Aktien schon weit, weit mehr gefallen. Es ist wirklich erstaunlich,
zu welchen Extrempositionen Massenphaenomene in der Lage sind.
***********************************************
häää, es geht wieder aufwärts, oder hab ich da was falsch verstanden???
A guts Nächtle Jaques
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Jaques
08.10.2002, 01:57
@ Jaques
|
Wenn die Masse bearish wird, gehts aufwärts?!!?!!?!!? (owT) |
-->
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--- ELLI ---
08.10.2002, 09:55
@ Jaques
|
Re: Hier ein Beitrag von B.Niquet (sieht doch garnicht so schlimm aus ;-)!! |
-->>häää, es geht wieder aufwärts, oder hab ich da was falsch verstanden???
>A guts Nächtle Jaques
Ihm ist nicht zu helfen. Erst, wenn der Markt unten ist.
|
Dieter
08.10.2002, 10:23
@ --- ELLI ---
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wieso so sicher? |
-->Hallo Jürgen,
ich möchte nicht behaupten daß die Korrektur beendet ist, aber aus meinem pers. Blickwinkel fehlt im Supercycle immer noch eine 5. Welle up von ca. 5-8 Jahren Dauer. Wobei ich davon ausgehe, daß nach Kriegsende bis 2000 die Welle III lief, (55Jahre), jetzt die Welle IV als großer Zigzag (beim Dow als Flat oder Triangle) bis 2003 ggf. sogar bis 2005/8 (je nach Dauer der b-Welle).
Gruß Dieter
>>häää, es geht wieder aufwärts, oder hab ich da was falsch verstanden???
>>A guts Nächtle Jaques
>Ihm ist nicht zu helfen. Erst, wenn der Markt unten ist.
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Nachfrager
08.10.2002, 10:25
@ Jaques
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Ja. Immer zu sehen an der Put/Call Ratio. |
-->Hier liegt die Mehrheit der Marktteilnehmer in nachweisbarer Regelmäßigkeit stets daneben.
Gruß
Nachfrager
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--- ELLI ---
08.10.2002, 10:37
@ Dieter
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Re: wieso so sicher? |
-->>Hallo Jürgen,
>ich möchte nicht behaupten daß die Korrektur beendet ist, aber aus meinem pers. Blickwinkel fehlt im Supercycle immer noch eine 5. Welle up von ca. 5-8 Jahren Dauer. Wobei ich davon ausgehe, daß nach Kriegsende bis 2000 die Welle III lief, (55Jahre), jetzt die Welle IV als großer Zigzag (beim Dow als Flat oder Triangle) bis 2003 ggf. sogar bis 2005/8 (je nach Dauer der b-Welle).
>Gruß Dieter
Hallo Dieter,
wer ist schon sicher...
Aber ZIEMLICH sicher, dass es KEINE weitere 5 mehr geben wird. Eine Steigerung dessen, was wir in den letzten Jahren erlebt haben, passt einfach nicht dazu.
Und was wir täglich - nach unten - erleben, lässt sich m. E. nicht mehr aufhalten.
Ich habe nie an dem Ende des Supercycle gezweifelt und tue es auch jetzt nicht.
Man muss allerdins sehen, dass wir auf aller-oberster Wellenebene"nur" eine riesige 4 machen (dazu Text im"Wegweiser 2000", unter"Presse").
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dottore
08.10.2002, 12:30
@ Jaques
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Re: Die drei Kreditkrisen |
-->Hi,
nur darum geht es (O-Ton Luther):
"Was sich im Jahre 1931 abgespielt hat, ist weit mehr als eine
starke Summierung von Zusammenbruechen wirtschaftlicher
Unternehmen..., sondern nur ein aeusseres Symptom, das die
Absurditaet des Vorganges mit niederschmetternder Deutlichkeit
zum Bewusstsein bringt. Dieser Vorgang ist eine allmaehliche
Aufloesung des internationalen Kreditsystems...
Der Prozess der Kreditschrumpfung hat sich... wie eine
ansteckende Krankheit auch auf diejenigen Laender uebertragen,
von denen man annehmen konnte, dass ihre reiche Goldgrundlage
die Aufrechterhaltung eines ausgedehnten Kreditvolumens
sicherstellte... Weiter scheint es mir wichtig, dass man den
Beginn der Kreditkrisis richtig datiert. Ich glaube nicht, dass
man die seit Ende 1929 die ganze Welt ergreifende Krisis von
Anfang an als eine Kreditkrisis ansehen kann."
Das sieht er leider falsch. Die Kreditkrise setzte schon früh 1930 ein (USA) und kippte die ersten US-Banken im September 1930, Rest war dann ein Selbstgänger.
"Die Kreditkrisis
beginnt meiner Auffassung nach erst mit der anormalen
Entwicklung der Zinssaetze mitten in der Depression.
Gewoehnlich werden in der Depression die Geldmaerkte leicht,
die Zinssaetze niedrig und erleichtern dadurch den Aufschwung.
Die Geldmaerkte werden erst wieder fest und die Zinssaetze
steigen gewoehnlich erst dann, wenn der Aufschwung schon
eine Weile gedauert hat. In der gegenwaertigen Krisis war
der Verlauf bekanntlich anders. Mitten aus der Depression
heraus stiegen die Geldsaetze und verengten sich die Geldmaerkte...
Es scheint mir von fundamentaler Bedeutung zu sein, dass dieser
Zusammenhang richtig gesehen wird, dass man den Unterschied
gegenueber frueheren Krisen erkennt..."
In früheren Krisen gingen die Operateure eben pleite, und auf einem Geldmarkt, auf dem keiner mehr was nachfragt, weil er ja bereits pleite ist und ergo nichts mehr an Liquidität nachfragen muss, fällt dann der Geldmarktsatz.
Sobald man (wie damals) aber mit den üblichen Streckungen und Prolongationen arbeitet statt sauberen Schnitt zu machen, gehen die GM-Sätze natürlich rauf. Genau das war 1930 ff. der Fall.
Heute ist noch eine besonders perfide Variante im Spiel, nämlich die japanische:
Die ZB hält auch die GM-Sätze unten und lässt prolongieren usw. Das stretcht natürlich ungemein, führt aber dennoch nicht an der Kreditkrise vorbei, die jetzt kein der"alten" mehr ist (die immer weiter geschoben werden), sondern eine der"neuen" (new credits), die nicht mehr erscheinen können (Banken geben nichts, gute Firmen nehmen nichts, schlechte kriegen nichts usw.). Damit allmählich Stillstand und das BIP besteht zum Schluss nur noch aus vorwärts geschobenen Zinsen...
Also:
Kreditkrise A (traditionell, historisch): Zinsspitze, Massen-Pleiten, Ausbuchung, Zins runter, Neuanfang.
B (30er Jahre): Pleitenverhinderung (infallibler Schuldner Staat usw.), Prolongationen, Zinsspitze, Massen-Pleiten, Zins runter, Neuanfang.
C (Modell Japan und evtl. demnächst weltweit): Prolontationen, ZB hält Zinsen am GM unten, weiter Prolongationen, Kreditvergaben bzw. -nahmen stocken, Zins bleibt unten, New-Credit-Krise, Perma-Stagnation - evtl. dann doch Ausbuchung incl. Staats- und ZB-Bankrott.
So siehts wohl aus, cher Jaques!
Was Niquet schreibt:
"Drum Vorsicht vor allzu grossem Pessimismus! Wir reden
gegenwaertig ueberall nur ueber den Rueckgang von Wachstumsraten,
nicht jedoch ueber erhebliche wirtschaftliche Schrumpfungsprozesse.
Daher, und weil ein abrupter Anstieg der Geldmarktsaetze
in der Rezession heute niemals passieren wird, wird es auch
keine vergleichbare Kreditkrise geben. Und trotzdem sind die
Aktien schon weit, weit mehr gefallen. Es ist wirklich erstaunlich,
zu welchen Extrempositionen Massenphaenomene in der Lage sind."
Ist schön zu lesen, trifft aber nicht den Kern. Die Mega-Schrumpfung kommt doch erst noch. Hätten wir die GM-Sätze von der Leine gelassen (ich habe noch Zeiten erlebt, als die CoBank schon mal 33 % - recte! - für Tagesgeld gezahlt hat und beinahe schon jenseits war) hätten wir den Schrecken schon hinter uns.
Kreditkrise bzgl. alter Kredite verhindern heißt nichts anderes als neue Kredite verhindern (die ZBs vergeben keine Darlehen auf 10 Jahre oder Ähnliches!) - Folge: Dauerschrumpfung und entsprechende Fehlallokation aller Ressourcen ohne Ende - bis zum Ende.
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häää, es geht wieder aufwärts, oder hab ich da was falsch verstanden???
A guts Nächtle Jaques
Non, so geht's nimmermehr aufwärts, sondern seitwärts, abwärts, schließlich stürzend.
Gruß!
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Reikianer
08.10.2002, 12:50
@ dottore
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Re: Die drei Kreditkrisen |
-->Bin erst ein paar Tage dabei, aber ich kann nur nochmal wiederholen, was ich auch ELLI schon geschrieben habe: Dieses Board ist im Bereich Finanzen IMO das qualitativ hochwertigste und lehrreichste in Deutschland, danke an alle!
Wer noch nicht das Vergnügen hatte, sollte auch mal hier reinschauen:
http://www.elliott-charts.de/menu/dottore.htm
MfG
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