dottore
15.10.2002, 10:37 |
Eigentum - Staat - Steuern: Sehr (!) guter Beitrag Thread gesperrt |
-->Hi,
das Folgende aus der WELT von heute.
Die beiden Amerikaner beginnen es auch zu schnallen, was Wirtschaften sub rubrum Staat eigentlich ist.
Passt bestens in"meine" Theorie und zeigt, dass wir das Heil in der Erklärung ökonomischer Abläufe nicht von der Ã-konomie, sondern von den Juristen erwarten müssen (Eigentum als Titel usw.).
Ich habe die wichtigsten Stellen angemerkt und kurz kommentiert:
Ohne Steuern gibt es kein Einkommen
Ist genau mein Punkt
Niemand kann von einem Eigentumsrecht auf sein volles Brutto-Einkommen ausgehen - Debatte
Von Liam Murphy und Thomas Nagel
Seit den Tagen von Ronald Reagan und Margaret Thatcher ist die Senkung von Steuern das Glaubensbekenntnis der freien Marktwirtschaft. Heute stimmen andere, sogar die schwedischen Sozialisten, in den Chor derer ein, die niedrigere Steuersätze fordern. Das Hauptargument zur Rechtfertigung von Steuersenkungen ist eine größere wirtschaftliche Effizienz, aber verworrene Ansprüche auf"Steuergerechtigkeit" haben auch schon immer eine Rolle gespielt. Überraschenderweise sind die Verfechter von Steuersenkungen ebenso in
dieser Verworrenheit befangen wie ihre Gegner.
Steuern sind das wichtigste Instrument einer Gesellschaft, ihre allgemeine Vorstellung von Gerechtigkeit umzusetzen. Aber die meisten Debatten über
Steuergerechtigkeit beschränken sich auf die Formulierung widersprüchlicher Forderungen in Bezug auf die gerechteste Verteilung der Steuerlast unter die
verschiedenen Einkommensklassen.
Dieser Ansatz ist hoffnungslos kurzsichtig, weil es unmöglich ist, die Gerechtigkeit einer Lastverteilung nach Einkommen festzulegen, wenn diese Verteilung getrennt von den Werten betrachtet wird, die eine Gesellschaft schätzt und bewahren will.
Nehmen wir als Beispiel die Kontroverse darüber, ob gestaffelte Einkommensteuern durch eine einheitliche Pauschalrate ersetzt werden soll. Russland hat im vergangenen Jahr einen Einheitssteuersatz von 13 Prozent eingeführt, der von den Republikanern in den USA, einschließlich Präsident Bush, sehr gelobt wurde und der sich im amerikanischen Kongress einer nicht unerheblichen Anhängerschaft erfreut.
Während die Einführung einer Einheitsrate in Russland offiziell hauptsächlich mit der wirtschaftlichen Effizienz begründet wurde, betonen die Verfechter der
Einheitsrate in den USA die Gerechtigkeit, die darin liegt, dass jeder denselben Steuersatz bezahlt. Für viele ist eine pauschale oder einheitliche Besteuerung
ihrem Wesen nach gerecht.
Für andere ist ein Einheitssteuersatz im Wesentlichen ungerecht. In einigen Ländern wie Deutschland, Italien oder Spanien ist das Prinzip der
"Zahlungsfähigkeit" sogar in der Verfassung verankert. Es ist allerdings ein hoffnungsloses Unterfangen, aus diesen gegensätzlichen Standpunkten das"einzig
richtige" Prinzip herauszufiltern, weil die Voraussetzungen an sich - also die Suche nach einem Gerechtigkeitsstandard bei der Verteilung von Steuerlasten -
auf einem grundsätzlichen Fehler beruhen.
So und jetzt zum Kern:
Jeder Anspruch auf eine faire Verteilung der Steuerlast muss sich auf eine Bemessungsgrundlage stützen - einen Referenzwert, auf Grund dessen die
Steuerlast jedes Steuerzahlers berechnet wird. Diese Bemessungsgrundlage ist fast ausnahmslos das Bruttoeinkommen. Auf den ersten Blick erscheint das
durchaus angemessen. Die Steuerzahler erhalten einen Lohn oder ein Einkommen, und dann nimmt der Staat etwas davon als Steuern wieder weg. Es stellt sich dann lediglich die Frage, wie hoch der staatliche Anteil sein muss, damit er gerecht bleibt. Es ist aber ein Fehler, davon auszugehen, dass die Verteilung der Bruttoeinkommen ein moralisch sicherer Ausgangspunkt ist, um die Gerechtigkeit der Steuerbelastung festzulegen.
Tatsächlich ist die Verteilung der Bruttoeinkommen als moralischer Ausgangspunkt ganz und gar ungeeignet, woraus folgt, dass die Verteilung von Steuerlasten auf dieser Grundlage auch keinen moralischen Wert besitzen und also auch nicht gerecht sein können. <font color="FF0000">Es wäre schlicht unmöglich, ein Eigentumsrecht auf unser gesamtes Bruttoeinkommen zu erhalten. Wir verdienen unser Einkommen in einer Welt, in der die staatliche Verwaltung und damit auch die Steuererhebung bereits existiert.</font>
Ohne die gesetzlichen und wirtschaftlichen Institutionen, die von Steuergeldern getragen werden, und die eine Marktwirtschaft überhaupt erst möglich machen, besäßen wir nichts - oder jedenfalls nichts, das dem, was wir jetzt besitzen auch nur im Entferntesten ähneln würde. Unser Einkommen vor Steuern ist das Ergebnis unserer Tätigkeit vor dem Hintergrund staatlicher Maßnahmen und Institutionen, einschließlich der Zahlung von Steuern.
Der entscheidende Punkt!
Das Bruttoeinkommen kann kein unabhängiger moralischer Ausgangspunkt für Besteuerungsgerechtigkeit sein, weil es nicht sinnvoll ist, Steuern von einem Ausgangspunkt herzuleiten, <font color="FF0000">den die Steuern selbst mitgeschaffen haben.</font>
Bei mir würde da stehen:"... den die Steuern selbst GESCHAFFEN haben.
Der Rest ist dann eine Deduktion des Vorangegangenen:
Die fadenscheinige Debatte über die Fairness der Steuerlastverteilung abzulehnen heißt allerdings nicht, die moralische Bedeutung von Steuerfragen zu
leugnen. Aber die wirklichen Fragen der Gerechtigkeit und der Steuern lauten anders. Anstatt die Steuern als staatliche Eingriffe auf bereits bestehende
Eigentumsrechte zu sehen, sollten wir Steuern als Teil einer gesetzlichen und wirtschaftlichen Struktur sehen, die erforderlich ist, um ein
Eigentumsrechtssystem zu schaffen und zu gestalten.
Besteuerungsgerechtigkeit ist Teil der Ziele und Umsetzungen der allgemeinen Wirtschaftspolitik einer Regierung, einschließlich der Steuerpolitik. Ob wir
glauben, diese Ziele seien gerecht, hängt letztlich davon ab, inwieweit sie unsere innere Verpflichtung gegenüber Werten wie Wohlfahrt, Freiheit, Gleichheit
und der Verantwortung des Einzelnen widerspiegeln - oder gegenüber anderen Werten, die unserer Meinung nach von der Gesellschaft vertreten werden
müssen.
Das sollte der Inhalt politischer Argumente zur Steuerpolitik sein - und nicht, ob die Reichen mehr Steuern bezahlen sollten als die Armen. Die traditionellen
Debatten über Steuergerechtigkeit behandeln ein illusorisches Thema und lenken die Aufmerksamkeit von der wirklich moralischen Bedeutung ab: dass die
Steuergerechtigkeit untrennbar mit der Gerechtigkeit der wirtschaftlichen und sozialen Gesamtstruktur verbunden ist, deren Existenz Steuern erst möglich
machen.
Liam Murphy und Tom Nagel sind Professoren für Rechtswissenschaften und Philosophie an der Universität von New York © Project Syndicate
Aus dem Englischen von Eva Breust
Genau am Punkt!
Gruß!
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Diogenes
15.10.2002, 11:22
@ dottore
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Nur Schönrederei |
-->Hi dottore,
>das Folgende aus der WELT von heute.
>Die beiden Amerikaner beginnen es auch zu schnallen, was Wirtschaften sub
>Ohne Steuern gibt es kein Einkommen
Also: Zuerst Steuern, dann Einkommen/Wirtschaft.
>Steuergerechtigkeit untrennbar mit der Gerechtigkeit der wirtschaftlichen und sozialen Gesamtstruktur verbunden ist, deren Existenz Steuern erst möglich
>machen.
Und hier: zuerst Wirtschaft/Gesellschaft, dann Steuern.
Wenn du mich fragst, sind hier nur wieder die hohen Priester am Werk, die dem Volke die hohen Abgaben - und ständig höher werdenden Abgaben - an den Herrscher schönreden sollen. Nicht verwunderlich, da die Schulden drücken, die Populi nach Brot und Spielen dürsten und der Krieg vor der Tür steht.
Hier wird nur versucht, den Leuten die Knechtschaft zu versüßen:"Sehet her, wenn ihr nicht brav den Obolus entrichtet, dann hättet ihr gar keinen, den ihr entrichten könntet." Das ist doch Schmuß.
Mir ist klar, daß staatliche Institutionen finanziert werden müssen. Die grundsätzliche Fragen sind: Wieviel Staat brauchen wir und wozu? Was soll er leisten? Was kann er überhaupt leisten?
Gruß
Diogenes
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André
15.10.2002, 11:49
@ dottore
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Re: Eigentum - Staat - Steuern: Sehr richtig, jedoch die Folgerungen: |
-->Damit kann doch nur die Argumentation ein Stütze finden,
dass - da alle vom Rechtssystem profitieren - eine
gewisse Kopfsteuer angemessen sei, bzw. lineare Steuersätze die angemessenere Erhebungsform seien.
De facto spielen jedoch die ESt in den entwickelten Volkswirtschaften eine immer untergeordnete Rolle und werden durch die indirekten Steuern verdrängt und diese zahlen bekanntlich alle, prozentual entsprechend ihrem Verbrauch.
Die fiskalische Motivation des Staates ist jedoch nicht"Anspornen zum Werte schaffen" sondern bleibt: herrschen, umverteilen, begünstigen der Klientele,
bereichern der Machthaber, Machterhalt des Systems und ihrer Träger.
Und da galt in der Vergangenheit stets: je mehr Masse, desto besser.
Nur hat der Staat / Administration den für ihn optimalen Punkt (bzw. Zone) geschweige denn für das Wachstum des Gemeinwesens optimale Besteuerungsstruktur noch immer nicht ermittelt und wird sie - jede Wette - auch in Zukunft nicht finden. Ein Zuviel würgt ab (Ausweichprozesse der Wirtschaftssubjekte) bis zum Kollaps. Eher haben wir Wissenslücken/Unsicherheit über das erforderliche Minimum.MfG
A.
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dottore
15.10.2002, 12:19
@ Diogenes
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Re: Nur Schönrederei - das gerade NICHT! |
-->>Hi dottore,
>>das Folgende aus der WELT von heute.
>>Die beiden Amerikaner beginnen es auch zu schnallen, was Wirtschaften sub
>>Ohne Steuern gibt es kein Einkommen
>Also: Zuerst Steuern, dann Einkommen/Wirtschaft.
Lieber Diogenes,
lang und breit hatte ich versucht, die"Fiskaltheorie" (besserer Vorschlag von nereus statt"Machttheorie") der Wirtschaft auszubreiten.
Ihre Essentials:
1. Ohne Abgaben kein Zwang, Surplus (über die Vorratshaltung hinaus) zu erstellen ---> Kickstart für Mehrproduktion.
2. Ohne durch per Abgaben sich finanzierende Macht keine Institution, die die Grundlage allen Wirtschaftens, nämlich das betitel- und beleihbare Eigentum sichern könnte, das benötigt wird, um arbeitsteilig wirtschaften zu können ---> Geld und Zins. Mit den uns heute vertrauten ökonomischen Folgen ("Wachstum" usw.).
3. Ohne abgabenfinanzierte Macht keine Möglichkeit, in Eigentum zu vollstrecken, also Verträge überhaupt als vollziehbar anzusehen ---> Verteilung, Differenzierung,"Lohn für Leistung" usw.
Deshalb ist die geradezu sensationelle Headline <font color="FF000">"Ohne Steuern gibt es kein Einkommen",</font> wie heute auf S. 9 der WELT zu lesen m.E. unbestreitbar richtig.
Ich weiß, dass es starke Gegenmeinungen gibt (erst wurde"gewirtschaftet" und als alles dann immer"mehr" und auch"komplizierter" und unübersichtlicher wurde, habe man sich dann auf den"Staat" als Resultat eines"Gesellschaftsvertrages" geeinigt). Für diese Ansichten finde ich - zumal verglichen mit meiner - zu wenige, wenn überhaupt, historische Belege.
Umso erfreuter bin ich nun, dass ich Schützenhilfe, nicht von der mainstream-Ã-konomie, denn von dort ist nichts zu erwarten, sondern von zwei Juristen und (offenbar Rechts-)Philosophen finde, die mir bisher nicht bekannt waren. Ich hatte noch keine Zeit, mich näher mit den Autoren zu beschäftigen.
Ein Wirtschaften (oder Start des Wirtschaftens) ohne judikativen Unterbau, der logischerweise immer auf Entscheidung zielt (Erfüllung, Termin, Titel usw.) kann ich mir nie und nimmer vorstellen - selbst in einer subsummierten"Tauschwirtschaft" gilt zwangsläufig Schuldrecht, da auch der Tausch einen Tauschkontrakt voraussetzt, er sonst nicht zustande käme.
"Konkludentes Handeln" heißt ja nicht, dass zwei Partner gleichzeitig handeln, sondern, dass sie durch ihr Handeln Angebot zum Abschluss und den Abschluss selbst zu einem Vorgang machen. Die"conclusio" ist doch, dass Handeln und Absicht zusammenfallen bzw., dass aus dem Handeln auf die Absicht geschlossen werden darf, kann und muss. (Sonst wäre doch alles Handeln im Nachhinein als"nicht beabsichtigt" bestreitbar).
>>Steuergerechtigkeit untrennbar mit der Gerechtigkeit der wirtschaftlichen und sozialen Gesamtstruktur verbunden ist, deren Existenz Steuern erst möglich
>>machen.
>Und hier: zuerst Wirtschaft/Gesellschaft, dann Steuern.
Mit Verlaub: Das ist der Passus der Autoren, der kritisiert. Zu lesen ist: Die soziale Gesamtstruktur ist erst durch die und nach der Existenz von Steuern möglich. Und danach erst könnte also in Richtung"Gerechtigkeit" gedacht werden, was von den Autoren zu Recht als logischer Unsinn enttarnt wird, da behauptet wird, was vorausgesetzt ist.
Die Funktion von Steuern ("um ein Eigentumsrechtssystem zu schaffen") ist es eben, überhaupt erst die Schaffung von Einkommen zu ermöglichen. Also können die Steuern niemals als etwas betrachtet werden, was man"gerechter" (z.B."progressiver") gestalten könnte, wie es in den meisten Staaten und von deren politischen Wirrköpfen praktiziert wird.
Endlich haben offenbar renommierte Wissenschaftler diesen fundamentalen Denkfehler aufgedeckt und mich - freu! - mit meinem Ansatz zur Erklärung des Phänomens"Wirtschaften" bestätigt.
>Wenn du mich fragst, sind hier nur wieder die hohen Priester am Werk, die dem Volke die hohen Abgaben - und ständig höher werdenden Abgaben - an den Herrscher schönreden sollen. Nicht verwunderlich, da die Schulden drücken, die Populi nach Brot und Spielen dürsten und der Krieg vor der Tür steht.
Das glaube ich gerade nicht. Es wird doch gerade die Progression, die automatisch zu höheren (!) Abgaben führen muss, als Denkfehler enttarnt.
>Hier wird nur versucht, den Leuten die Knechtschaft zu versüßen:"Sehet her, wenn ihr nicht brav den Obolus entrichtet, dann hättet ihr gar keinen, den ihr entrichten könntet." Das ist doch Schmuß.
Hier geht es nicht um"Knechtschaft", sondern zunächst um nichts anderes als die notwendige und hinreichende Begründung von Wirtschaften überhaupt.
>Mir ist klar, daß staatliche Institutionen finanziert werden müssen. Die grundsätzliche Fragen sind: Wieviel Staat brauchen wir und wozu? Was soll er leisten? Was kann er überhaupt leisten?
Das Minimum, um den Wirtschaftsprozess, nachdem er nun mal in der Welt ist, weiter zu erhalten (Alternative: Rückkehr zur Vor-Abgabenwirtschaft = Eigen-, Familien- oder Stammesproduktion).
Klartext also: Der bekannte"Nachtwächterstaat", dessen einzige Aufgabe darin besteht, den ökonomischen Prozess selbst am Laufen zu halten (Sicherheit der ökonomisch einsetzbaren Basis, sprich Eigentum, und Vollstreckung der Kontrakte).
Ich bitte, den Beitrag noch ein Mal zu lesen. Vielen Dank.
Gruß!
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dottore
15.10.2002, 12:35
@ André
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Re: Eigentum - Staat - Steuern: Sehr richtig, jedoch die Folgerungen: |
-->>Damit kann doch nur die Argumentation ein Stütze finden,
>dass - da alle vom Rechtssystem profitieren - eine
>gewisse Kopfsteuer angemessen sei, bzw. lineare Steuersätze die angemessenere Erhebungsform seien.
Ja, etwas in der Richtung.
>De facto spielen jedoch die ESt in den entwickelten Volkswirtschaften eine immer untergeordnete Rolle und werden durch die indirekten Steuern verdrängt und diese zahlen bekanntlich alle, prozentual entsprechend ihrem Verbrauch.
Genau das ist es doch. Die indirekten Steuern müssen aus dem Einkommen bezahlt werden. Die speziellen Verbrauchsteuern sind nicht der Punkt, sondern die allgemeine (MWSt.): Die ist nicht systemkompatibel konstruiert, weil sie vom"Verbraucher" selbst nicht angerechnet werden kann. Warum darf der Konsument, die zur Erhaltung seiner Funktion als"Faktor" (Arbeit) im ökonomischen Prozess die MWSt. nicht genauso weiter reichen, wie der Unternehmer in seiner Funktion als"Faktor" (Kapital)?
Die ganzen Umsatzsteuern sind nichts als Unfug, zumal sie als Preisbildungsfaktoren per excellence anzusehen sind und sofort auf die Lohnforderungen und Lohnbildung durchschlagen und von dort wieder in Richtung Progression bei der ESt. wirken - eine üble Falle, die der Staat da aufgestellt hat:
Je höher die MWSt., desto höher die Preise, dann die Löhne und dann die lohnhöhenabhängigen Einkommensteuern!
Der"moderne" Staat macht also, was er will.
>Die fiskalische Motivation des Staates ist jedoch nicht"Anspornen zum Werte schaffen" sondern bleibt: herrschen, umverteilen, begünstigen der Klientele,
>bereichern der Machthaber, Machterhalt des Systems und ihrer Träger.
Heute ja. Das ganze System ist vollständig pervertiert.
>Und da galt in der Vergangenheit stets: je mehr Masse, desto besser.
>Nur hat der Staat / Administration den für ihn optimalen Punkt (bzw. Zone) geschweige denn für das Wachstum des Gemeinwesens optimale Besteuerungsstruktur noch immer nicht ermittelt und wird sie - jede Wette - auch in Zukunft nicht finden. Ein Zuviel würgt ab (Ausweichprozesse der Wirtschaftssubjekte) bis zum Kollaps. Eher haben wir Wissenslücken/Unsicherheit über das erforderliche Minimum.
Absolut d'accord. Wir haben das Minimum längst aus den Augen verloren und starren nur noch in die Richtung aus der immer neue Maxima erscheinen, siehe Berlin aktuell.
Besten Gruß!
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Popeye
15.10.2002, 12:56
@ dottore
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Eigentum - Staat - Steuern - zu früh gefreut? |
-->Hallo, @dottore,
In Deinem zweiten Beitrag schreibst Du:
>"Hier geht es nicht um"Knechtschaft", sondern zunächst um nichts anderes als die notwendige und hinreichende Begründung von Wirtschaften überhaupt."
Im Text heißt es aber:
"Tatsächlich ist die Verteilung der Bruttoeinkommen als moralischer Ausgangspunkt ganz und gar
ungeeignet, woraus folgt, dass die Verteilung von Steuerlasten auf dieser Grundlage auch keinen
moralischen Wert besitzen und also auch nicht gerecht sein können. Es wäre schlicht unmöglich, ein
Eigentumsrecht auf unser gesamtes Bruttoeinkommen zu erhalten. Wir verdienen unser Einkommen in
einer Welt, in der die staatliche Verwaltung und damit auch die Steuererhebung bereits existiert.
Ohne die gesetzlichen und wirtschaftlichen Institutionen, die von Steuergeldern getragen werden, und die eine
Marktwirtschaft überhaupt erst möglich machen, besäßen wir nichts - oder jedenfalls nichts, das dem, was wir
jetzt besitzen auch nur im Entferntesten ähneln würde. Unser Einkommen vor Steuern ist das Ergebnis unserer
Tätigkeit vor dem Hintergrund staatlicher Maßnahmen und Institutionen, einschließlich der Zahlung von Steuern."
Und dann weiter:
>(Der entscheidende Punkt!)
"Das Bruttoeinkommen kann kein unabhängiger moralischer Ausgangspunkt für Besteuerungsgerechtigkeit sein, weil
es nicht sinnvoll ist, Steuern von einem Ausgangspunkt herzuleiten, den die Steuern selbst mitgeschaffen
haben."
>(Bei mir würde da stehen:"... den die Steuern selbst GESCHAFFEN haben.)
Diese Formulierungen lassen durchaus die Frage der Priorität von ‚Huhn oder Ei' - (Wirtschaften oder Zwang) offen. Dass der ‚status quo' damit richtig beschrieben wird bezweifelt ja (wohl) keiner.
Grüße
Popeye
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Baldur der Ketzer
15.10.2002, 13:09
@ dottore
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Re: Nur Schönrederei - das gerade NICHT! Doch! |
-->Hallo, dottore,
unser Gemeinunwesen führt doch vor, daß diese Staatsaufgabe, Eigentum zu sichern, nicht zufriedenstellend funktioniert.
1) direkter Schutz: frage Anwohner der östlichen grünen Grenzen nach ihren Erfahrungen, wie famos der Staat ihr Eigentum schützt ;-(, gilt mindestens ebenso bei der Frage Bagatellisierung des Ladendiebstahls.
Meiner Ansicht nach ist dem Staat völlig egal, was mit dem Eigentum des Bürgers passiert, solange genug überbleibt, um davon zu schröpfen.
Der Schutzgedanke des Staates ist wieder so ein einschläferndes Konstrukt, ähnlich der Religionsgemeinschaften, daß man ohne sie keine Seligkeit erlangen könne und daher sie brauche. Samt Rechnung im diesseits dafür.
2) indirekt über Gesetzesvollzug
Nehme die Effizienz im Inkassowesen, als Gläubiger siehst Du einem Affen gleich, wenn der Schuldner vorhat, nicht zahlen zu wollen.
Bei einem Bösgläubigen, und um solche geht es in Deiner Theorie, geht der Staatsmechanismus ins Leere, er stochert in einem übelriechendem Haufen, den dieser Sozialstaat selber geschaffen hat, indem er diese Verweigerungsgründe selber erzeugt hat.
Ein Kaufmann hat genügend Möglichkeiten, auf zahlungsunwillige anderweitig einzuwirken. Die sind nur zugunsten des unwirksamen Staatsmonopols verboten worden.
- Selbsthilfe, schick jemanden dort vorbei, der für Regulierung sorgt, durch faktische Überredung hin zur Einsicht
- Boykott, Kaufleute können auch zusammenhalten, den Schuldner isolieren
- sozialer Druck, schick jemanden, der dem Schwein, äh, dem Schuldner hinterläuft, ständig, ihn sozial ächtet
- öffentliche Anprangerung
usw.
Das ist heute wegen blahblah Schutz der armen Persönlichkeit nicht mehr gestattet.
Aber das Argument, Wirtschaften ginge ohne Staat nicht, entkräftet sich selbst durch ein Gespräch mit dem nächsten Gerichtsvollzieher oder Gläubiger.
Theoretisch ist das alles schön - aber die Wirklichkeit ist unerbittlich.
Der Staat ist ein Störfaktor, wo immer er auftaucht, sofern wir unser Staat mehr verstehen als eine bürgerliche Selbstverwaltung auf Konsensbasis (waren nicht die Kammern und die Hanse etc. nichtstaatliche Eirichtungen, die mindestens das ebenbürtige geleistet haben, als es ja keinen übergreifenden Zentralstaat und keine Rechtshilfe gab?
entsprechend Deinem Argument hätte es niemals historischen internationalen Handel geben dürfen, mangels internationaler Durchsetzbarkeit von Ansprüchen - oder irre ich mich?
Beste Grüße vom Baldur
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dottore
15.10.2002, 13:12
@ Popeye
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Re: Nein, das nehmen die Cato-Instituts- usw.-Fritzen gern an, siehe Text: |
-->In Their Own Words
The Myth of Ownership reveals the Left’s true colors.
The New York Times reported favorably Sunday on a bizarre new book that suggests that Americans should
stop whining so much about taxes and instead be happy with the money that the government, in its
benevolence, allows us to keep. According to this new book, entitled very appropriately, The Myth of
Ownership, by two New York University professors, Liam Murphy and Thomas Nagel, there really is no such
thing as private ownership, because nothing would be earned and no wealth would be created without
government.
This book is a great contribution to the debate about taxes, because it reveals how many on
the Left really feel about private ownership... but won't come out and say so in public.
Murphy and Nagel, thankfully, are not as constrained by this etiquette. They actually make
the argument that it is a"compelling fantasy that we earn our income and the government
takes some of it away from us." They are the first academics to my knowledge who actually
come out and say: The government owns the fruits of your labor, and your real income is
what Uncle Sam permits you to keep.
The basis for the Murphy and Nagel argument is that there is no such thing as"pre-tax
income." There would be no income at all without government because without laws that
protect property rights and so on, there would be only chaos. We are purchasing social
justice with our taxes, they continue, and we should be pleased with the results and the
small price we pay. Taxes can only be judged on the basis of what they pay for. Murphy
and Nagel apparently believe that they are getting a good deal from all the good
government we get with our taxes.
I tend to agree with Milton Friedman, who once said,"Thank God we don't get all the
government we pay for." But let's go ahead and take on the communitarian argument
imbedded in the Murphy-Nagel thesis on taxes.
Very few people — even radical libertarians — would argue that we should have no
government, or that our taxes don't provide some value. Yes, we need police, and courts,
and protection of property rights, and a military, and roads, and schools. But most of the
taxes we now pay are not for the basic services that government's traditionally render.
Nowadays, government is simply an income transfer machine: robbing Peter, who is generally productive, to pay
Paul, who is generally unproductive.
Today, about two-thirds of the federal budget is for income transfers from one group to another. Most
Americans have come to the conclusion that these programs don't even do a good job of promoting"social
justice," whatever that means. For example, most Americans came to view the great welfare state as an abysmal
failure that was creating multiple generations of unproductive citizens. And the evidence confirms that they were
right.
This is where Nagel and Murphy are so fundamentally wrong-headed. They argue essentially that Americans
should stop fretting about taxes, because we get our money's worth in all the services government provides.
Millions of Americans have just the opposite attitude."Hell no," we say,"we're not getting anything near our
money's worth out of government."
Government at all levels is now spending about $28,000 a year per household. That's twice what government
was spending per household after adjusting for inflation in the mid 1960s. Are government services better? Are
the schools, for example, better? Few people other than Nagel and Murphy say yes.
This is where the Left simply fails to connect with everyday voters. People like Nagel and Murphy assert that
middle-class workers have been virtually hypnotized into believing that government is a bad deal due to the
infected culture of"everyday libertarianism." Actually, government is a lousy deal.
Here's just one little example: In Washington, D.C., the private schools provide a superior education at less than
half the cost of the public schools. And so it goes with almost every"service" government provides. I always
wonder whether those who argue that government is as productive as the private sector have lately been to the
Department of Motor Vehicles.
But at what point, one wonders, does the government's share get too large? One hundred years ago the
government took less than $0.10 on the dollar. Now it takes around $0.40. In many European nations politicians
take $0.60 on the dollar. In socialist countries, it was $0.80 to $0.90, and those economies eventually collapsed.
In the 1960s Britain had a 95% top tax rate. This prompted the Beatles to write the song"Taxman," in which
George Harrison says:"If 5% appears too small, be thankful I don't take it all." Harrison was kidding. Murphy
and Nagel aren't.
It says a lot about the politics of the New York Times, the paper of record, that this silly and flawed book
received a fairly flattering review. Reporter David Cay Johnston writes that the book"offers ideas that would
improve the national debate about how we should tax ourselves, even if their views never gain popular
acceptance." Why would that be, one wonders? Johnston ends his review by writing:"What is more likely,
unhappily, is that reasoned suggestions — from many sources — will be drowned out in the din of mindless
antitax soundbites."
Hey, wait a minute. Will someone please tell these writers that our nation was founded by patriots armed with
mindless anti-tax soundbites.
— Mr. Moore is a senior fellow at the Cato Institute.
Kommentar:
Hier geht's nicht um die Linke, die jetzt ihre wirklichen rot-roten Farben rausholt, sondern um etwas ganz Anderes, Grundlegendes:
Kein Einkommen ohne Steuern.
Warum man dann gleich die alten libertäre Leiern schlagen muss, von wegen Government ist Bockmist, versteh ich nicht.
Ich kann beeiden, dass ich wirtschafts"politisch" rechts von allen Libertären, von Ayn Rand, beiden Friedmans, den Ordofritzen sowieso, von Dschinghis Khan himself stehe.
Aber wir müssen uns mit dem Problem auseinander setzen!
Und das bedeutet:
1. Erkennen, dass Wirtschaften und Einkommen ex Abgaben starten.
2. Dass wir für das"danach" (siehe André) keinerlei praktikable oder gar logisch deduzierte Optimierungsvorstellung haben.
Bis dahin kann die Devise nur Minimierung heißen, denn was bei der Maximiserung (schließlich Vollsozialismus) rauskommt, wissen wir doch bestens.
Gruß!
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Popeye
15.10.2002, 13:35
@ dottore
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Erkennen, dass Wirtschaften und Einkommen ex Abgaben starten |
-->Hallo, @dottore, ich habe verstanden, aber es gilt die Aussage der Überschrift zu beweisen, und - aus meiner Sicht - beschreibt Dein schöner Beitrag den status quo - nicht aber den Anfang der Dinge (was immer man auch mit dieser Erkenntnis beweisen will).
Grüße Popeye
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André
15.10.2002, 14:07
@ dottore
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Re: Eigentum - Staat - Steuern: Sehr richtig, jedoch die Folgerungen: |
-->Bin absolut einverstanden.
Hatte nur die MWSt mit den echten Verbrauchsteuern zusammen gesehen,
denn die MWSt ist ja an Gütererwerb geknüpft.
Im übrigen ergibt sich auf dem Gebiet der MWSt noch ein enormer wieterer Gestaltungsspielraum. Man denke nur daran ca. 20 -30% des Konsums ist noch von der MWSt befreit!!!
Also künftig auch MWSt auf Mieten. Zunächst natürlich nur halber Steuersatz
und die Eigenheimbewohner auf fiktive Mietersparnis (Mietspiegel der Kommunen) der besseren Gerechtigkeit halber.
Man sieht, auch ich habe noch Ideen..:-((.
Oder war´s nur ein Blick in die Zukunft?
MfG
A.
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Diogenes
15.10.2002, 14:09
@ dottore
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Re: Nur Schönrederei - das gerade NICHT! |
-->Hi dottore,
>lang und breit hatte ich versucht, die"Fiskaltheorie" (besserer Vorschlag von nereus statt"Machttheorie") der Wirtschaft auszubreiten.
Das hast du in der Tat. Bloß ich kapier es nicht.
Wenn Staat/Steuern die Voraussetzung für wirtschaften sind, wie kommt der Staat zustande? Er kann doch nicht ex nihilo entstehen, nur dadurch, daß jemand sagt:"Es werde Steuer."
Um Macht ausüben zu können muß bereits ein Surplus vorhanden sein (Waffen, Verpflegung,...). Ergo muß bereits vorher gewirtschaftet worden sein. Im Widerspruch zur Annahme.
Gruß
Diogenes
P.S. Daß dieser Artikel gerade nach der Rot-Grünen Steuererhöhung in der Zeitung steht... Böses dem, der Böses denkt. ;-)
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Aldibroker
15.10.2002, 14:19
@ dottore
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Rechtssichere Einkommen und effiziente Steuer-und Abgabenpolitik |
-->Dottore,
folgt hieraus nicht auch die rechtsichere Ansicht/Vereinbarung (juristisch Titel), das der Staat mit seinen Steuern nicht das Grundübel allen Wirtschaftens, sondern der Quell des Wirtschaften ist?
Erst auf dem rechtstaatlichen Fundament eines zur Durchsetzung auch befähigten Staates gibt es rechtssichere Einkommen, die nach Abzug der gesetzlichen Steuern und Abgaben unstrittig freies Eigentum bilden können.
Nach dem realwirtschaftlichen Zerfall der kommunistischen Doktrin wetteifern nur noch marktwirtschaftliche Gesellschaftsmodelle um das Prädikat „best of / for all“. Grob unterscheiden wir die freie Marktwirtschaft nach dem amerikanischen/britischen Muster, wo Konservative wie Reagan und Thatcher eine Steuersenkungsstrategie / geringe Staatsquoten / abgespeckte Sozialsysteme... forderten und durchsetzten. Auf der anderen Seite stehen Christ-/Sozialdemokraten und Sozialisten mit der sozialen Marktwirtschaft nach skandinavischen Erfolgsmuster wo hohe wirtschaftliche Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit / hohe Steuern und Abgaben / hohe Staatsquoten / geringe Armut / hohe Beschäftigung / hoher Sozialstandard... keine größeren Widersprüche und Verwerfungen hervorrufen, als in der freien Version.
Das Hauptargument der Rechtfertigung von Steuersenkungen soll die größere wirtschaftliche Effizienz sein. Dafür benötigen wir einen ökonomischen Zollstock, einen sozialen Messbecher, eine juristische Waage...denn nur wenn wir messen, zählen, wiegen, wissen wir wie weit diese Effizienz tatsächlich reicht.
Gesellschaftliche Kenngrößen für Effizienz
In der Ã-konomie hat sich die Entwicklung der Erwerbstätigkeit auch in Abweichung zur Vollbeschäftigung, die Abweichungen vom durchschnittlichen Stunden-, Monats- oder Jahresverdienst, also die Einkommensstruktur, der Erreichungsgrad existenzsichernder Lebensgrundlagen in Prozent der Gesamtbevölkerung, die Stabilität des Preis- und Lohngefüges, die Wachstumserfolge im In- und Ausland und die Handelsergebnisse und Rechtssicherheit in der Außenbeziehung zu anderen Staaten herausgebildet. Weitere Kennziffern können das Bild abrunden. Die Höhe der Steuersätze und Abgabenquoten ist dabei zunächst kein Wert an sich, sondern soll Ausgangspunkt für die Beurteilung des Gesellschaftsmodells werden. Es reicht daher niemals aus, nur die Senkung von Steuern und Abgaben zu fordern, sondern es muss schon der stichhaltige Beweis angetreten werden, das dies auch sozioökonomisch zu besseren Lebensbedingungen in der Gesellschaft führt.
Steuern und Abgaben sind das wichtigste Instrument einer Gesellschaft, ihre allgemeine Vorstellung von Gerechtigkeit und Schutz der Existenzgrundlagen umzusetzen. Bei persönlicher egoistischer Betrachtung jedes Wirtschaftssubjektes überwiegt zunächst der klare Wille, jede Steuer oder Abgabe so weit rechtlich möglich zu vermeiden. Darüber hinaus findet im immer stärkeren Maße den Bruch von Rechtnormen statt. Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit, ungerechtfertigte Bereicherung, Sozialbetrug... sind Phänomene, die wir in jedem Gesellschaftsentwurf finden. Eine klare Korrelation nach der Höhe der Belastungen ist nicht nachzuweisen. In Russland, wo der Satz linear bei 13% liegt, ist die Moral, sich auch für den Staat einzusetzen deutlich geringer, als in Dänemark oder Schweden. Es findet sich eher eine Korrelation zur Weltanschauung. Dort wo die verworrene Steuersenkung und der Aufruf zum Staatsboykott und Widerstand gepredigt wird, ist die Neigung zur Vermeidung mit allen (auch rechtswidrigen) Mitteln am höchsten.
Eine Beschränkung der Diskussion auf Verteilungsgesichtspunkte greift sicher genauso zu kurz, wie die isolierte Diskussion von Senkungsmöglichkeiten. Rechtsnormen, die darauf angelegt sind, die Einkommensunterschiede vollständig zu nivellieren, senken zielsicher Leistungsanreize und verleiten zur sozialen Hängematte. Rechtsnormen, die darauf angelegt sind, marktwirtschaftliche Einkommensunterschiede komplett zu erhalten, führen zu einem freien Bürgertum, aber verelenden Massen. Beides ist geschichtlich bewiesen, so das es nur um ein Ringen zwischen diesen beiden Geistesströmungen gehen kann. Beide setzen aber einen Staat voraus, der diese Normen erlässt, überwacht und Abweichungen sanktioniert.
Die Weltanschauung der Staat sollte sich aus vielen Dingen heraushalten, um freie Kräfte ungebremst laufen zu lassen kollidiert also mit der Weltanschauung, der Staat müsse angesichts negativer Folgen einen funktionierenden Reparaturbetrieb für diesen ungebremsten Manchesterkapitalismus bilden und ein hohes Maß an staatlich ergänzender Beschäftigung und Sicherung von existenznotwendigen Einkommen über Umverteilung sicherstellen.
Für Verfechter einer sozialen Marktwirtschaft ist das bösartige Gesicht des share-holder-value-Prinzips US-amerikanischer Prägung ist längst enttarnt. Bereicherung über Manager - Optionspläne, dicke Abfindungen nach Erfolglosigkeit, vagabundierende schwarze Koffer, die von einer Steueroase zur nächsten ziehen und im liberalen Kapitalverkehr unentdeckt bleiben wollen, stehen im Kontrast zum zunehmenden Elend nicht nur schwarzer Gettos. Man spricht zwar vom Jobwunder, aber auch vom working poor. Immer mehr Arbeitnehmer, werden auch durch eine 40 Stundenwoche nicht mehr von der Armut befreit. Einige Forschungsinstitute warnen schon vor dem Verschwinden der Mittelschicht in den USA. Dieser Raubritterkapitalismus ist in der Durchsetzung seiner Ziele nicht so zimperlich, wie skandinavische Modelle, denn wenn es um Ã-linteressen geht, wird schon mal ein Angriffskrieg in Erwägung gezogen und geheime Verschwörungen auf den Weg dahin unternommen. Man ist sich nicht einmal zu fein, selbst die Waffen zu liefern, die man später bekämpfen will. Selbst die Verbreitung der Ideologie Auge und Auge... passt in dieses Bild.
Für Verfechter der freien Marktwirtschaft führen zu hohe Steuern und Ausgaben zu individueller Lähmung von Leistungsträgern und zu hohe Staatsquoten zu geringerer Effizienz. Was genau zu hoch ist, lässt sich nicht exakt festmachen, denn jeder Anhänger dieser Theorie hat andere Vorstellungen und in der Praxis gibt es auch keine klaren nachweisbaren Korrelationen zwischen Staatsquote /Beschäftigung oder Staatsquote / Wachstum....
Nur die Werte, die eine Gesellschaft bewahren will, bestimmen das Maß an Steuern und Abgaben. Diese müssen theoretisch einen Level erreichen, der nahe an den Zielkorridor heranreicht. Da es immer mehrere Ziele sein werden, muss man sich zunächst diesen Korridor über gesellschaftliche Rahmenbedingungen bauen. Der Staat wird juristisch zum Garant für diese Normen, die natürlich niemals einstimmig gefasst werden können, sondern immer nur über unterschiedlichste Wahlverfahren. Soweit gesellschaftliche Minderheiten sich diese Macht mit totalitären Mitteln aneignen und freie und geheime Wahlen unterbinden, fallen Staat, Volk und Gesellschaftsnormen am sichersten auseinander. Meinungen führen zu Werten und diese zu Wahlverhalten. Sollten sich einzelne nicht mehr richtig vertreten fühlen, ist es nur konsequent, wenn sie dieser Gemeinschaft / Gesellschaft den Rücken kehren und ein Gesellschaftsmodell wählen, dass ihren Vorstellungen näher kommt. Auswahlstaaten gibt es genug. Häufig kann man den Wert dessen, was man schon in den Händen / Konten trägt nicht so gut einschätzen, wie die Hoffnung, dass es woanders bestimmt besser sein wird. Der Mensch lebt in rastlosen Jahren von der Veränderung und will später alt uns weise nicht mehr verpflanzt werden.
So wird es auch mit dottores späte Erkenntnis sein, das wir ohne die gesetzlichen und wirtschaftlichen Institutionen, die von Steuergeldern getragen werden, und die eine Marktwirtschaft überhaupt erst möglich machen, nichts besäßen - oder jedenfalls nichts, das dem, was wir jetzt besitzen auch nur im Entferntesten ähneln würde.
Auch wenn das Bruttoeinkommen kein unabhängiger moralischer Ausgangspunkt für Besteuerungsgerechtigkeit sein kann, bildet er doch in allen Steuersystemen die wichtigste Grundlage der Besteuerung, den von nichts kommt nichts und Einkommen komm auch von staatlichen Normen und nicht nur aus persönlichen Fleiß. Letzterer ist kein Garant für ein Einkommen oberhalb des Existenzminimums.
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nereus
15.10.2002, 14:40
@ Diogenes
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Re: Nur Schönrederei - das gerade NICHT! - klopf, klopf ans Faß ;-) |
-->Hallo Diogenes!
Dieser Spruch ist wirklich gut! "Es werde Steuer."
Um Macht ausüben zu können muß bereits ein Surplus vorhanden sein (Waffen, Verpflegung,...). Ergo muß bereits vorher gewirtschaftet worden sein. Im Widerspruch zur Annahme.
Auch wenn ich wegen der Macht-Staats-Wirtschafts-Theorie so meine Probleme habe, muß das jedoch noch kein Widerspruch sein.
Es war (in der Sippengemeinschaft) schon etwas da, z.B. Vorräte für den Winter.
Die wurden kriegerisch geraubt und dann wurde der Mehrertrag erzwungen per Waffengewalt. André hatte das, glaube ich jedenfalls, schon mal so erwähnt.
Eine quasi-Schutzgelderpressung der Frühzeit.
mfG
nereus
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LenzHannover
15.10.2002, 14:47
@ André
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Bin ich nun der Steuerhinterziehung schuldig? |
-->1.) ich bin ziemlicher Konsumverweigerer,
0 Lagerhaltung wie z.B. Frauen mit Schuhen
(z.B. gestern Notkauf einer Hose, weil nix geeignetes mehr passte )
Somit: Verweigerer von Umsatzsteuer
2.) Ich bin"faul", ich könnte als Freiberufler locker 100% mehr arbeiten (und
hätte keine Zeit mehr, bei Elli was zu lesen )
Somit: Verweigerer von Einkommensteuerzahlungen?
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Herbi, dem Bremser
15.10.2002, 15:17
@ LenzHannover
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Re: Bin ich nun der Steuerhinterziehung.. ** Einkommen - Auskommen |
-->Moin LeHan,
wenn du kein Einkommen hast, so hast du doch bestimmt ein Auskommen.
Das sollten dir die Maschseefiskalisten schnellstens belegen mit der - Auskommensteuer.
Gruß
Herbi
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dottore
15.10.2002, 15:42
@ Aldibroker
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Re: Rechtssichere Einkommen und effiziente Steuer-und Abgabenpolitik |
-->>Dottore,
>folgt hieraus nicht auch die rechtsichere Ansicht/Vereinbarung (juristisch Titel), das der Staat mit seinen Steuern nicht das Grundübel allen Wirtschaftens, sondern der Quell des Wirtschaften ist?
Ja, genau mein Reden. So gings los, aber dabei ist es leider nicht geblieben. Und darum haben wir die Probleme.
Es konnte nicht dabei bleiben, weil es nicht bloß einen Staat, sondern Macht-Konkurrenz,"national" und"supranational", gegeben hat ---> Machtsicherungszwang, Parteienkonkurrenz über Füllhornpolitik, Expansionszwang bis hin zur Kriegsneurotik, usw.
So wurde die Pflanze"Wirtschaft" immer wieder zertrampelt.
>Erst auf dem rechtstaatlichen Fundament eines zur Durchsetzung auch befähigten Staates gibt es rechtssichere Einkommen, die nach Abzug der gesetzlichen Steuern und Abgaben unstrittig freies Eigentum bilden können.
Ja. Aber die Staatsheorie, die wohl auch von Dir vertreten wird, ist idealisiert worden ("guter" Staat), wobei übersehen wurde, dass der Staat als"Obereigentümer" schließlich nicht nur ins Einkommen (und dies mit festen Minimalsätzen), sondern auch ins Eigentum gegriffen wurde (bis hin zu ---> Sozialismus).
>Nach dem realwirtschaftlichen Zerfall der kommunistischen Doktrin wetteifern nur noch marktwirtschaftliche Gesellschaftsmodelle um das Prädikat „best of / for all“. Grob unterscheiden wir die freie Marktwirtschaft nach dem amerikanischen/britischen Muster, wo Konservative wie Reagan und Thatcher eine Steuersenkungsstrategie / geringe Staatsquoten / abgespeckte Sozialsysteme... forderten und durchsetzten. Auf der anderen Seite stehen Christ-/Sozialdemokraten und Sozialisten mit der sozialen Marktwirtschaft nach skandinavischen Erfolgsmuster wo hohe wirtschaftliche Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit / hohe Steuern und Abgaben / hohe Staatsquoten / geringe Armut / hohe Beschäftigung / hoher Sozialstandard... keine größeren Widersprüche und Verwerfungen hervorrufen, als in der freien Version.
Die hohen Steuern sind es nicht direkt, da sie beim Staat nur Durchlaufposten sind (siehe Föhl'sches Paradox), was aber a) zu Ressourcendisallokationen führt und b) zu Zeitverzögerung (Privat-Staat-Privat statt Privat-Privat) und c) dann eben zur Staatsverschuldung.
>Das Hauptargument der Rechtfertigung von Steuersenkungen soll die größere wirtschaftliche Effizienz sein. Dafür benötigen wir einen ökonomischen Zollstock, einen sozialen Messbecher, eine juristische Waage...denn nur wenn wir messen, zählen, wiegen, wissen wir wie weit diese Effizienz tatsächlich reicht.
a), b) und c) in Wegfall zu bringen, sollte fürs erste reichen.
>Gesellschaftliche Kenngrößen für Effizienz
>In der Ã-konomie hat sich die Entwicklung der Erwerbstätigkeit auch in Abweichung zur Vollbeschäftigung, die Abweichungen vom durchschnittlichen Stunden-, Monats- oder Jahresverdienst, also die Einkommensstruktur, der Erreichungsgrad existenzsichernder Lebensgrundlagen in Prozent der Gesamtbevölkerung, die Stabilität des Preis- und Lohngefüges, die Wachstumserfolge im In- und Ausland und die Handelsergebnisse und Rechtssicherheit in der Außenbeziehung zu anderen Staaten herausgebildet. Weitere Kennziffern können das Bild abrunden. Die Höhe der Steuersätze und Abgabenquoten
Zur Abgabenquote ist unbedingt die Verschuldungsquote zu rechnen, sie tarnt nämlich nur eine (noch nicht sichtbare) Abgabenquote.
>ist dabei zunächst kein Wert an sich, sondern soll Ausgangspunkt für die Beurteilung des Gesellschaftsmodells werden. Es reicht daher niemals aus, nur die Senkung von Steuern und Abgaben zu fordern, sondern es muss schon der stichhaltige Beweis angetreten werden, das dies auch sozioökonomisch zu besseren Lebensbedingungen in der Gesellschaft führt.
Führt es in Staatsverschuldungsgesellschaften nicht. In diesen hat jene Generation am meisten bessere Lebensbedingungen, in der die relativ meisten Schulden gemacht werden. Das ist völlig klar.
Nur: Was ist mit den Folge-Generationen? Irgendwann muss der Fuchs aus dem Bau!
>Steuern und Abgaben sind das wichtigste Instrument einer Gesellschaft, ihre allgemeine Vorstellung von Gerechtigkeit und Schutz der Existenzgrundlagen umzusetzen. Bei persönlicher egoistischer Betrachtung jedes Wirtschaftssubjektes überwiegt zunächst der klare Wille, jede Steuer oder Abgabe so weit rechtlich möglich zu vermeiden.
Ja. Dieser Utilitarismus ist absolut okay. Nur muss das Tor verschlossen bleiben, das die Staatsverschuldung öffnet. Bestes Beispiel: Wiedervereinigung. Wäre, falls mit zeitgleicher Besteuerung und nicht Schuldenmacherei finanziert, unschwer abzuwickeln gewesen. Bis heute ist noch nicht Mal die Erstaustattung mit D-Mark an die neuen Bundesbürger bezahlt, sondern nach wie vor offen!
>Darüber hinaus findet im immer stärkeren Maße den Bruch von Rechtnormen statt. Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit, ungerechtfertigte Bereicherung, Sozialbetrug... sind Phänomene, die wir in jedem Gesellschaftsentwurf finden.
Klare Korrelation zu steigenden Steuersätzen nachweisbar. Siehe schon die Studien von Jakob van Klaveren:"Merkantilismus, Fiskalismus und Korruption."
>Eine klare Korrelation nach der Höhe der Belastungen ist nicht nachzuweisen. In Russland, wo der Satz linear bei 13% liegt, ist die Moral, sich auch für den Staat einzusetzen deutlich geringer, als in Dänemark oder Schweden.
Sich"für den Staat einzusetzen" ist Kennedy'scher Unsinn ("Fragt nicht, was der Staat für euch tun kann..."). Klar durch Milton Friedman widerlegt (habe sein Buch"Kapitalismus und Freiheit" selbst übersetzt).
>Es findet sich eher eine Korrelation zur Weltanschauung. Dort wo die verworrene Steuersenkung und der Aufruf zum Staatsboykott und Widerstand gepredigt wird, ist die Neigung zur Vermeidung mit allen (auch rechtswidrigen) Mitteln am höchsten.
Diese Predigen werden zu einem immer lauteren Chor aller anschwellen, verlass' Dich drauf!
>
>Eine Beschränkung der Diskussion auf Verteilungsgesichtspunkte greift sicher genauso zu kurz, wie die isolierte Diskussion von Senkungsmöglichkeiten. Rechtsnormen, die darauf angelegt sind, die Einkommensunterschiede vollständig zu nivellieren, senken zielsicher Leistungsanreize und verleiten zur sozialen Hängematte. Rechtsnormen, die darauf angelegt sind, marktwirtschaftliche Einkommensunterschiede komplett zu erhalten, führen zu einem freien Bürgertum, aber verelenden Massen.
Nein! Dieses klar von F.A. von Hayek bereits widerlegt. Was immer übersehen wird, ist der Unterschied zwischen Einkommens- und Eigentumsunterschieden. Bei letzteren muss angesetzt werden, erster entfallen als Problem dann automatisch.
Was hätte Marx wohl zu dem Vorschlag gesagt, kapitalistische Unternehmen durch Belegschaftsaktien zu finanzieren?
>Beides ist geschichtlich bewiesen, so das es nur um ein Ringen zwischen diesen beiden Geistesströmungen gehen kann. Beide setzen aber einen Staat voraus, der diese Normen erlässt, überwacht und Abweichungen sanktioniert.
Geschichtlicher Beweis fehlt, Rest ist klar.
>Die Weltanschauung der Staat sollte sich aus vielen Dingen heraushalten, um freie Kräfte ungebremst laufen zu lassen kollidiert also mit der Weltanschauung, der Staat müsse angesichts negativer Folgen einen funktionierenden Reparaturbetrieb für diesen ungebremsten Manchesterkapitalismus bilden und ein hohes Maß an staatlich ergänzender Beschäftigung und Sicherung von existenznotwendigen Einkommen über Umverteilung sicherstellen.
Es geht nicht ums Einkommen und seine Verteilung, sondern ums Vermögen (Eigentum, Kapital) und seine Verteilung.
Einkommensunterschiede resultieren letztlich aus schuldrechtlichen Vorgängen (jeder Arbeitsvertrag basiert auf Schuldrecht). Eigentumsunterschiede aber sind pures Sachenrecht und dort muss angesetzt werden: Entweder Eigentum breiter aufbauen (plus Anreize dazu, z.B. kompletter Schuldzinsenabzug beim zu versteuernden Einkommen, sofern dies zur Eigentumsbildung verwendet wird - je mehr Menschen mietfrei wohnen oder aus Dividenden leben, desto besser - und nicht umgekehrt, wie gerade wieder von Berlin durch exerziert) oder Umverteilung (siehe Beispiele noch und noch in der Geschichte, Säkularisationen, Bauernbefreiungen usw.).
>Für Verfechter einer sozialen Marktwirtschaft ist das bösartige Gesicht des share-holder-value-Prinzips US-amerikanischer Prägung ist längst enttarnt. Bereicherung über Manager - Optionspläne, dicke Abfindungen nach Erfolglosigkeit, vagabundierende schwarze Koffer, die von einer Steueroase zur nächsten ziehen und im liberalen Kapitalverkehr unentdeckt bleiben wollen, stehen im Kontrast zum zunehmenden Elend nicht nur schwarzer Gettos. Man spricht zwar vom Jobwunder, aber auch vom working poor. Immer mehr Arbeitnehmer, werden auch durch eine 40 Stundenwoche nicht mehr von der Armut befreit. Einige Forschungsinstitute warnen schon vor dem Verschwinden der Mittelschicht in den USA.
Alles logische Folge aus den vorgetragenen Problemen, die nicht aus sich heraus entstehen, sondern aus dem aus dem Ruder gelaufenen Interventionsstaat plus seiner Verschuldung.
So etwas, wie eine"per se nicht funktionierende Wirtschaft" (die also immer nur per Staat zu retten wäre) gibt es nicht.
>Dieser Raubritterkapitalismus ist in der Durchsetzung seiner Ziele nicht so zimperlich, wie skandinavische Modelle, denn wenn es um Ã-linteressen geht, wird schon mal ein Angriffskrieg in Erwägung gezogen und geheime Verschwörungen auf den Weg dahin unternommen. Man ist sich nicht einmal zu fein, selbst die Waffen zu liefern, die man später bekämpfen will. Selbst die Verbreitung der Ideologie Auge und Auge... passt in dieses Bild.
Siehe oben: Macht in Konkurrenzmodell.
>Für Verfechter der freien Marktwirtschaft führen zu hohe Steuern und Ausgaben zu individueller Lähmung von Leistungsträgern und zu hohe Staatsquoten zu geringerer Effizienz. Was genau zu hoch ist, lässt sich nicht exakt festmachen, denn jeder Anhänger dieser Theorie hat andere Vorstellungen und in der Praxis gibt es auch keine klaren nachweisbaren Korrelationen zwischen Staatsquote /Beschäftigung oder Staatsquote / Wachstum....
Bei der Staatsquote wird die Verschuldungsquote übersehen! Wird sie berücksichtigt, ist die Korrelation verblüffend.
>Nur die Werte, die eine Gesellschaft bewahren will, bestimmen das Maß an Steuern und Abgaben. Diese müssen theoretisch einen Level erreichen, der nahe an den Zielkorridor heranreicht. Da es immer mehrere Ziele sein werden, muss man sich zunächst diesen Korridor über gesellschaftliche Rahmenbedingungen bauen. Der Staat wird juristisch zum Garant für diese Normen, die natürlich niemals einstimmig gefasst werden können, sondern immer nur über unterschiedlichste Wahlverfahren. Soweit gesellschaftliche Minderheiten sich diese Macht mit totalitären Mitteln aneignen und freie und geheime Wahlen unterbinden, fallen Staat, Volk und Gesellschaftsnormen am sichersten auseinander. Meinungen führen zu Werten und diese zu Wahlverhalten. Sollten sich einzelne nicht mehr richtig vertreten fühlen, ist es nur konsequent, wenn sie dieser Gemeinschaft / Gesellschaft den Rücken kehren und ein Gesellschaftsmodell wählen, dass ihren Vorstellungen näher kommt. Auswahlstaaten gibt es genug. Häufig kann man den Wert dessen, was man schon in den Händen / Konten trägt nicht so gut einschätzen, wie die Hoffnung, dass es woanders bestimmt besser sein wird. Der Mensch lebt in rastlosen Jahren von der Veränderung und will später alt uns weise nicht mehr verpflanzt werden.
Ja, gottlob gibt es noch Freizügigkeit. Würden morgen alle Staaten alle Grenzen öffnen - was würde passieren? Wohin würden die meisten ziehen?
Der Staat monopolisiert doch seine"Einkommensmärkte", weil er seine Machtbasis monopolisieren will. Kämen 20 Millionen zusätzliche Arbeitskräfte ins Land, angezogen von den höheren Einkommen, würden diese schlagartig nach unten gehen (im Durchschnitt) und das Lohn- und Einkommensteuerniveau wäre bei Null.
>So wird es auch mit dottores späte Erkenntnis sein, das wir ohne die gesetzlichen und wirtschaftlichen Institutionen, die von Steuergeldern getragen werden, und die eine Marktwirtschaft überhaupt erst möglich machen, nichts besäßen - oder jedenfalls nichts, das dem, was wir jetzt besitzen auch nur im Entferntesten ähneln würde.
Ach, was soll das?"Späte" Erkenntnis - die vorgetragene hatte ich schon als 20jähriger.
>Auch wenn das Bruttoeinkommen kein unabhängiger moralischer Ausgangspunkt für Besteuerungsgerechtigkeit sein kann, bildet er doch in allen Steuersystemen die wichtigste Grundlage der Besteuerung, den von nichts kommt nichts und Einkommen komm auch von staatlichen Normen und nicht nur aus persönlichen Fleiß. Letzterer ist kein Garant für ein Einkommen oberhalb des Existenzminimums.
Das"Existenzminimum" ist purer brainwash, mit Verlaub. Es ist ein riesiger Unterschied zwischen"Normen" (= Basislegung für Wirtschaften überhaupt) und Umverteilung, die niemals eine Norm ist, sondern logischerweise beim"gleichen Einkommen für alle" landen muss - woraufhin dann alle rätselhafterweise am"Existenzminimum" leben, wo auch sonst?
Gruß!
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dottore
15.10.2002, 15:53
@ Diogenes
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Re: Nur Schönrederei - das gerade NICHT! |
-->>Hi dottore,
>>lang und breit hatte ich versucht, die"Fiskaltheorie" (besserer Vorschlag von nereus statt"Machttheorie") der Wirtschaft auszubreiten.
>Das hast du in der Tat. Bloß ich kapier es nicht.
>Wenn Staat/Steuern die Voraussetzung für wirtschaften sind, wie kommt der Staat zustande? Er kann doch nicht ex nihilo entstehen, nur dadurch, daß jemand sagt:"Es werde Steuer."
Der"Staat" ist später. Es fängt ganz einfach mit einem Machtausüber an (Grundherr, Oikosherr, Tyrann, König, usw.).
>Um Macht ausüben zu können muß bereits ein Surplus vorhanden sein (Waffen, Verpflegung,...).
Das ist richtig. Der Surplus war die Verwendung von Jagdwaffen zu Zwangs- und Gewaltwaffen bzw. deren entsprechende Umwidmung (Metallgeschichte ist oft genug belegt worden).
>Ergo muß bereits vorher gewirtschaftet worden sein. Im Widerspruch zur Annahme.
Dies war kein Wirtschaften, sondern Produzieren. So als ob ich selber meinen Garten umgrabe (Wirtschaften = Gärtner beschäftigen).
>Gruß
>Diogenes
>P.S. Daß dieser Artikel gerade nach der Rot-Grünen Steuererhöhung in der Zeitung steht... Böses dem, der Böses denkt. ;-)
Da ist die WELT recht unverdächtig. Der Ansatz wird doch als"links" gebrandmarkt.
Gruß!
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dottore
15.10.2002, 16:02
@ Baldur der Ketzer
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Re: Nur Schönrederei - das gerade NICHT! Doch! |
-->>Hallo, dottore,
>unser Gemeinunwesen führt doch vor, daß diese Staatsaufgabe, Eigentum zu sichern, nicht zufriedenstellend funktioniert.
Ja.
>1) direkter Schutz: frage Anwohner der östlichen grünen Grenzen nach ihren Erfahrungen, wie famos der Staat ihr Eigentum schützt ;-(, gilt mindestens ebenso bei der Frage Bagatellisierung des Ladendiebstahls.
>Meiner Ansicht nach ist dem Staat völlig egal, was mit dem Eigentum des Bürgers passiert, solange genug überbleibt, um davon zu schröpfen.
Damit vernichtet er genau das, wovon er schließlich auch selber existiert.
>Der Schutzgedanke des Staates ist wieder so ein einschläferndes Konstrukt, ähnlich der Religionsgemeinschaften, daß man ohne sie keine Seligkeit erlangen könne und daher sie brauche. Samt Rechnung im diesseits dafür.
Es geht in der Tat um Schutz - a) des Eigentums b) der Kontrakte.
Alles darüber hinaus führt ins Elend.
>2) indirekt über Gesetzesvollzug
>Nehme die Effizienz im Inkassowesen, als Gläubiger siehst Du einem Affen gleich, wenn der Schuldner vorhat, nicht zahlen zu wollen.
Richtig. Wenn das Inkasso nicht mehr funktioniert - game over!
>Bei einem Bösgläubigen, und um solche geht es in Deiner Theorie, geht der Staatsmechanismus ins Leere, er stochert in einem übelriechendem Haufen, den dieser Sozialstaat selber geschaffen hat, indem er diese Verweigerungsgründe selber erzeugt hat.
>Ein Kaufmann hat genügend Möglichkeiten, auf zahlungsunwillige anderweitig einzuwirken. Die sind nur zugunsten des unwirksamen Staatsmonopols verboten worden.
>- Selbsthilfe, schick jemanden dort vorbei, der für Regulierung sorgt, durch faktische Überredung hin zur Einsicht
>- Boykott, Kaufleute können auch zusammenhalten, den Schuldner isolieren
>- sozialer Druck, schick jemanden, der dem Schwein, äh, dem Schuldner hinterläuft, ständig, ihn sozial ächtet
>- öffentliche Anprangerung
>usw.
>Das ist heute wegen blahblah Schutz der armen Persönlichkeit nicht mehr gestattet.
Ja. Kann aber auch in toto nicht funktionieren, zu viele Beteiligten. Stellen alle morgen alle Zahlungen ein - so viele Inkasso-Mafiosi gibt's doch gar nicht.
>Aber das Argument, Wirtschaften ginge ohne Staat nicht, entkräftet sich selbst durch ein Gespräch mit dem nächsten Gerichtsvollzieher oder Gläubiger.
Ja, schon erörtert: Staat versagt jetzt sogar bei der simpelsten"Aufgabe", die er hat, die Sicherung von Kontrakten.
>Theoretisch ist das alles schön - aber die Wirklichkeit ist unerbittlich.
>Der Staat ist ein Störfaktor, wo immer er auftaucht, sofern wir unser Staat mehr verstehen als eine bürgerliche Selbstverwaltung auf Konsensbasis (waren nicht die Kammern und die Hanse etc. nichtstaatliche Eirichtungen, die mindestens das ebenbürtige geleistet haben, als es ja keinen übergreifenden Zentralstaat und keine Rechtshilfe gab?
Diese"Konsensbasis" gab es doch erst, nachdem überhaupt Termin und Titel existierten.
>entsprechend Deinem Argument hätte es niemals historischen internationalen Handel geben dürfen, mangels internationaler Durchsetzbarkeit von Ansprüchen - oder irre ich mich?
Nein. Den gab's auch deshalb sehr viel später als immer wieder behauptet. Auch in grauer Zeit war zunächst"all business local".
>Beste Grüße vom Baldur
Allerbeste zurück, lieber Baldur!
|
Popeye
15.10.2002, 16:43
@ dottore
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Eigentum - Staat - Steuern: Staat als Enteigner oder Freiheitsgarant (FAZ) |
-->
Staat als Enteigner oder
Freiheitsgarant
Wissenschaftler ringen um Zukunft des liberalen
Denkens
orn. LONDON, 14. Oktober. Hat der Liberalismus heute
noch eine Chance? Oder haben sich die Menschen nach dem
Zusammenbruch des Sozialismus in den verbleibenden
Wohlfahrtsstaaten auf Dauer eingerichtet? Auf dem Londoner
General Meeting der Mont Pèlerin Society, eines
Zusammenschlusses von mehr als 500 liberalen
Wissenschaftlern und Praktikern aus aller Welt, rangen die
Teilnehmer mit der Frage des praktischen Erfolgs liberalen
Denkens. Angelo Petroni von der Universität Bologna verwies
darauf, daß es nicht ausreiche, Freiheit im materiellen oder
positiven Sinne als Summe der tatsächlichen
Handlungsmöglichkeiten der Menschen zu verstehen:"Niemand
ist deshalb freier, weil er genug Geld hat, um statt zwischen
drei zwischen fünf Ferienzielen zu wählen." Die individuelle
Freiheit sei negativ definiert; sie hänge davon ab, daß der Staat
keinen Zwang auf die Bürger ausübe.
Zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht sei hier in den
vergangenen Jahren ein Fortschritt zu verbuchen. Der
Freiheitsindex des kanadischen Fraser-Instituts habe im Jahr
2002 einen Durchschnittswert von 6,39 auf einer Skala von 0
bis 10 erreicht, nach 5,99 im Jahr 1995 (F.A.Z. vom 27. Juni
2002). Dieser Fortschritt sei allerdings nicht in allen Ländern
im gleichen Maße erreicht worden. Ralph Raico von der New
York State University indes gab sich skeptischer: Die
Steuerbelastung habe auf der ganzen Welt zugenommen. Die
modernen Wohlfahrtsstaaten erlaubten sich eine"räuberische
Enteignung" ihrer Bürger, die kein absolutistischer Monarch
jemals gewagt hätte. Besserung sei nicht in Sicht.
Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten legten die meisten
Bürger in Europa mehr Wert auf Gleichheit, stellte Petroni fest.
Sie verlangten vom Staat, daß er ihnen Sicherheit gebe. Man
brauche sich daher auch nicht zu wundern, wenn liberalen
Politikentwürfen in Europa nur wenig Erfolg beschieden sei.
Unter erheblichem Protest der meisten Teilnehmer verteidigte
Petroni den Staat als Garanten der Freiheit: Die Idee der
Einschränkung der politischen Macht durch die Verfassung
und das Ordnungsmodell der Marktwirtschaft verdankten ihren
Durchbruch historisch der Durchsetzung durch den liberalen
Nationalstaat. Wenn die Liberalen den Staat zum Hauptziel ihrer
Kritik machten, verwechselten sie den degenerierten
interventionistischen mit dem liberalen Staat. Damit beraubten
sie sich der Möglichkeit, zur Garantie der individuellen
Freiheiten beizutragen.
Itaru Shimazu von der Chiba University in Japan indes warnte
davor, den Markt als gesellschaftlichen
Koordinationsmechanismus darauf zu verkürzen, daß er
effiziente Ergebnisse hervorbringe. Er warnte vor übertriebenen
Gleichheitsansprüchen, naivem Glauben an die Segnungen der
Demokratie und dem Einfluß von Interessengruppen. Reiner
Eichenberger von der Universität Fribourg (Schweiz) schlug
vor, wenigstens die Anreize im politischen Prozeß so zu
gestalten, daß das staatliche Handeln an Qualität gewinne. Statt
zwangsweise einem Nationalstaat zugerechnet zu werden,
sollten die Bürger frei über ihre Zugehörigkeit zu rein
funktionell definierten Gebietskörperschaften befinden dürfen.
Politiker sollten auf aller Welt ihre Dienste anbieten können,
statt an ihren Wohnsitz gebunden zu sein. Auch Unternehmen
und andere Einrichtungen sollten als Kandidaten ein passives
Wahlrecht erhalten.
Die peruanische Rechtswissenschaftlerin Maria Ghersi klagte
über den Verfall des Prinzips allgemeiner, abstrakter
Rechtsregeln als Schutz des Bürgers vor staatlicher Willkür.
Leon Louw von der südafrikanischen Free Market Foundation
wies indes darauf hin, daß selbst eine solche"rule of law" vor
einer Gängelung der Bürger durch den Staat nicht hinreichend
schützen könne. Dadurch, daß jedermann betroffen sei,
würden solche Übergriffe nicht besser. Es gelte vielmehr die
private Vertragsfreiheit zu stärken. Ghersi schlug vor, auch
Rechtssysteme wieder zu einem Bestandteil individueller
Verträge zu machen. Den Vertragsparteien müsse es möglich
sein, sich freiwillig auf ein Regelwerk ihrer Wahl zu einigen.
Hartmut Kliemt von der Universität Duisburg warnte darüber
hinaus vor dem häufig überschätzten Subsidiaritätsprinzip.
Auch wenn dieses als Abwehrnorm definiert sei, komme es
immer auch einer Einladung zum staatlichen Handeln gleich.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.2002, Nr. 239 / Seite 14
Mont Pèlegrin Gesellschaft
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