Wal Buchenberg
27.10.2002, 19:46 |
Nachruf auf Leute, die in Moskau für eine Dummheit starben Thread gesperrt |
-->Die für eine Dummheit starben
Was immer die Chechenischen Geiselnehmer in Moskau erreichen wollten, sie hätten sich und der Befreiung Checheniens unter allen Umständen selber geschadet und der gegnerischen Seite geholfen.
1. Situation:
Die Geiselnehmer nehmen Hunderte Geiseln in Moskau und erpressen die russische Regierung. Womit erpressen sie die Regierung? Mit Mitleid und Menschlichkeit. Die Geiselnehmer demonstrierten: Wir Chechenen nehmen keine Rücksicht auf Menschenleben, weder auf unseres noch auf das unserer Geiseln. Wir erwarten aber, dass es der russischen Regierung nicht egal ist, wenn 700 Menschen in ihrer Hauptstadt ums Leben kommen.
In dieser Situation können die Geiselnehmer nur an Sympathie verlieren, die russische Regierung, die sich - ehrlich oder nicht - Sorgen macht um das Leben der Geiseln kann nur an Sympathie gewinnen.
Ist das nicht ein dummes Kalkül?
2. Situation:
Die russische Regierung geht wirklich oder zum Schein auf die Forderung der Chechenen ein, den Krieg in Chechenien zu stoppen. Aber gab es nicht schon einmal unter Jelzin ein Abkommen mit einer russischen Regierung, das die russische Intervention in Chechenien beenden sollte? Das Abkommen hat nicht lange gehalten. Wie lange würde dann ein Abkommen halten, das nicht durch das wirkliche Kräfteverhältnis der kriegführenden Parteien, sondern unter dem Druck einer Erpressung zu Stande kommt? Das Abkommen wäre nichts wert und die russische Regierung hätte wieder demonstriert: Wir sind humaner als diese Chechenischen Terroristen!
3. Situation:
Die russische Regierung lässt das Gebäude stürmen und beendet die Geiselnahme blutig.
Viele Zivilpersonen kamen dabei ums Leben wie die meisten (alle?) Geiselnehmer. Ich weiß nichts von Verlusten auf Seiten der russischen Armee.
Aber alle Toten dieses russischen Angriffs werden in der Ã-ffentlichkeit den Geiselnehmern angelastet. Die haben ja gewissermaßen durch ihre Geiselnahme das Feuer eröffnet. Es wurde ihnen nur mit gleicher Münze heimgezahlt. Der russische Angriff gilt als legitime Verteidigungsmaßnahme, zu der jede Regierung berechtigt ist, wenn „ihre“ Bürger angegriffen werden.
Jedenfalls haben die Chechenischen Angreifer und die russischen „Verteidiger“ den Tod vieler unbeteiligter Menschen billigend in Kauf genommen. Kommt es dann noch darauf an, wer im Recht und wer im Unrecht ist? Lässt sich das dann noch unterscheiden? Ich denke, das ist schwer, wenn nicht unmöglich zu unterscheiden. Es bleibt nur noch zu fragen: Wer ist der Sieger? Der Sieger ist die russische Regierung. Die meisten/alle Chechenischen Geiselnehmer sind tot.
Wofür sind sie gestorben? Für die Freiheit Checheniens? Nein, für ein dummes Kalkül.
Gruß Wal Buchenberg
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rodex
27.10.2002, 21:18
@ Wal Buchenberg
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Jetzt amtlich: 117 Geiseln starben durch Giftgas, nur einer durch Terroristen! |
-->Da muessen die Russen ja Menschenleben arg geringschaetzen, wenn das keine politischen Konsequenzen nach sich zieht. Ein groesseres Fiasko kann es nicht geben, wenn bei einer Geiselbefreiung 117 Geiseln von den Befreiern getoetet werden.
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Euklid
27.10.2002, 21:25
@ rodex
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Re: Jetzt amtlich: 117 Geiseln starben durch Giftgas, nur einer durch Terroristen! |
-->>Da muessen die Russen ja Menschenleben arg geringschaetzen, wenn das keine politischen Konsequenzen nach sich zieht. Ein groesseres Fiasko kann es nicht geben, wenn bei einer Geiselbefreiung 117 Geiseln von den Befreiern getoetet werden.
Ja dann rück mal raus wie Du das gemacht hättest?
Etwa angegriffen?
Wieviele wären beim Angriff umgekommen?
Wahrscheinlich alle weil die Brüder den Bau in die Luft gejagt hätten.
Es spricht sich immer alles ganz einfach solange man nicht die Verantwortung tragen muß.
Nach meiner Meinung wurde richtig gehandelt.
Die Schwierigkeit war wahrscheinlich die richtige Bemessung der Menge des Gases.
Gruß EUKLID
PS Selbst bei 200 Toten wurden immerhin fast 500 gerettet.
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silvereagle
27.10.2002, 21:27
@ Wal Buchenberg
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volle Zustimmung, Wal |
-->Hi,
> Wofür sind sie gestorben? Für die Freiheit Checheniens? Nein, für ein dummes Kalkül.
Ja, so sehe ich das auch. Es waren wohl massiv traumatisierte und gehirngewaschene, junge Männer und Frauen, die sich da auf einen sicheren Trip ohne Wiederkehr begeben haben. Ihnen war das beschriebene Kalkül am allerwenigsten klar, sie haben einfach"nur" die Befehle ausgeführt, die man ihnen gegeben hat. Sie werden alle einen oder mehrere Gründe gehabt haben, warum sie das taten.
Das"dumme Kalkül" ist also eindeutig den Anführern anzulasten - denjenigen, welche die Befehle gegeben haben. Denjenigen, die sich diese Wahnsinns-Aktion ausgedacht haben. Was gab es für sie zu gewinnen? Mir fällt in meiner begrenzten Weisheit nicht allzuviel ein. Sich vor die eigenen Leute zu stellen und zu zeigen, dass man zur Not unbeteiligte, unschuldige Mütter und Väter, z.T. aus ganz anderen Ländern, wahllos erschiesst, um das vorprogrammierte Scheitern der Aktion ein wenig hinauszuzögern?
Da ich ehrlich gesagt nicht glaube, dass auch die Führung, die Befehlszentrale, so gehirngewaschen ist, wie die ausführenden (Schach-)Figuren, müssen einem in der Tat Zweifel kommen, ob man über die Hintergründe auch nur annähernd informiert ist.
Ganz besonders nicht, wenn man über angewandte Dialektik ein wenig Bescheid weiss (oder zu wissen glaubt)... ;-)
Aber selbst, wenn es eine Verschwörung gewesen sein sollte: Es zeigt, dass den (Vielleicht-)Verschwörern offenbar auch nicht alles so toll gelingt. Die Konzentration eines Nervengases kann halt auch mal daneben gehen...:-(
Gruß, silvereagle
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Peter4
27.10.2002, 21:38
@ Wal Buchenberg
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Töten und Sterben für Ruhm & Ehre Tschetscheniens |
-->> Womit erpressen sie die Regierung? Mit Mitleid und > Menschlichkeit. Die Geiselnehmer demonstrierten: Wir > Chechenen nehmen keine Rücksicht auf Menschenleben, weder > auf unseres noch auf das unserer Geiseln. Wir erwarten > aber, dass es der russischen Regierung nicht egal ist, > wenn 700 Menschen in ihrer Hauptstadt ums Leben kommen.
Ich glaube nicht, daß Du das Kalkül richtig triffst.
Daß man bei der russischen Regierung so wenig wie bei jeder anderen auf"Mitleid und Menschlichkeit" setzen kann, werden diese Tschetschenen schon gewußt haben. Ich finde, du bist zu schnell damit bei der Hand, ihnen ein militärisches Kalkül abzusprechen.
Die Tschetschenen führen Krieg gegen die Russen und sind dabei heillos unterlegen. Ähnlich wie Palästinenser, die auch nicht in der Lage sind, direkt die militärischen Machtmittel ihres Gegners anzugreifen, verlegen sie sich darauf, einen Angriff auf die zivile Machtbasis des russischen Staates zu führen: Auf die Menschen, genauer: auf die Russen. So erklärt sich auch, warum sie Kinder, Moslems und - zumindest geplanterweise - ja auch Ausländer gehen lassen wollten. Um Mitleid zu erpressen, hätten die sich ja wirklich nicht schlechter geeignet.
Die Tschetschenen wollten demonstrieren: Ihr greift unser Volk an, aber wir können auch Russen töten.
Mit dem Gesamturteil"Dummheit" hast du natürlich recht. Aber nicht, weil sie sich in der Wahl des Mittels vergriffen hätten. Die Bereitschaft von Soldaten, für den Ruhm und die Ehre des eigenen Volkes zu töten und zu sterben, ist nämlich schon ganz passend für das Ziel von Nationalisten: Genau darauf beruht die"Freiheit" und die"Souveränität" einer Nation, auf ihrer Gewalt, auf ihren Machtmitteln, sich gegen andere Gewaltmonopolisten durchzusetzen. Dafür werden grundsätzlich Typen gebraucht, die für die Ehre und den Erfolg der Nation zu jeder Schweinerei bereit sind.
Bei solchen"Terroristen", die keine ERFOLGREICHE Staatsgewalt hinter sich haben, sondern erst noch eine herbeibomben wollen, fällt dann immer gleich auf, wie brutal und rücksichtslos sie doch vorgehen - weil sie keinen Erfolg haben, und weil sie keinen Erfolg haben, soll dann gleich die ganze Aktion"sinnlos" sein.
Während der militärische Mitteleinsatz bei der ETABLIERTEN Staatsgewalt vielleicht mal ein bißchen"unverhältnismäßig", im Großen und Ganzen aber verständlich und nachvollziehbar ist.
Jeder existierende Staat ist ein gigantischer Gewaltapparat. Ein Gewaltmonopol, der sich mit der Androhung rücksichtsloser Gewalt nach innen, gegen seine Untertanen, und nach außen, gegen konkurrierende Gewaltmonopole, durchsetzt. War die Durchsetzung erfolgreich und ist die Gewalt in"rechtliche" Formen gegossen, wirkt sie manchmal ein bißchen, als wäre sie keine. Aber nur, weil die Unterwerfung so gelungen ist.
Nach der gleichen Logik handeln aufständische Separatisten, Nationalisten, die ihr eigenes Staatswesen haben wollen: Durchsetzung mit Gewalt, nach außen, gegen die Russen, nach innen, gegen alle, die nicht mitmachen wollen beim neuen alternativen Staatsprogramm. Massaker, Einschüchterungen, Säuberungen gehören dabei zu den notwendigen Methoden.
Für jeden Staat, und für alle Dummköpfe, die einen Staat gründen wollen.
> Wofür sind sie gestorben? Für die Freiheit Checheniens? > Nein, für ein dummes Kalkül.
Sie sind gestorben für die Freiheit Tschetscheniens.
Und das ist ein dummes Kalkül.
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HB
27.10.2002, 21:56
@ Euklid
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Tschetschenen wurden wohl liquidiert! |
-->Anders ist es wohl kaum zu erklären, daß fast alle tot sind, weil die Betäubung wohl meist gewirkt hat (sonst hätten die Bombengürtel ja gezündet werden können), also wurde zumindest ein Teil wohl in bewußtlosem Zustand exekutiert...
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silvereagle
27.10.2002, 22:29
@ Peter4
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ich glaube, Du irrst |
-->und zwar in diesem Punkt:
> Die Tschetschenen wollten demonstrieren: Ihr greift unser Volk an, aber wir können auch Russen töten.
Dazu war - nach meiner bescheidenen Auffassung - die gewählte Aktion sehr, sehr ineffizient, um es in maximal harmloser Weise auszudrücken. Selbstmord- und Bombenanschläge wären mE dazu wesentlicher"besser" geeignet gewesen - wenn überhaupt.
Was ist das Ergebnis? Die russische Armee - immer noch ein Faktor, mit dem ich mich persönlich nicht gerade anlegen wollte, auch wenn ich Tschetschenenführer wäre - marschiert in Tschetschenien ein. Die Soldaten werden einigermaßen motiviert sein, es diesen"Sauhunden" (um es - aus deren Sicht - wiederum maximal verharmlosend auszudrücken) so richtig zu zeigen. Netter Gedanke, wieviele unschuldige tschetschenische Mütter, Kinder und Väter darunter zu leiden haben werden, ob direkt oder indirekt...
Wer immer solche Befehle gibt, die - so absehbar, wie ich in meiner begrenzten Auffassungsgabe zu erkennen glaube - im totalen Fiasko für die eigene Sache enden, dessen Tage sollten als Befehlshaber eigentlich gezählt sein.
Wenn die tschetschenische Führung wirklich der Meinung ist, die einzige Lösung für den Konflikt bestünde im kollektiven Selbstmord, dann sollte ihnen vielleicht jemand erklären, dass nicht alle Tschetschenen da mitmachen wollen, noch nicht einmal annähernd die Mehrheit, wie ich zu vermuten wage!
Wenn mir das jemand erklären kann, bin ich wirklich sehr dankbar. Für mich ergibt sich in der Tat kein vernünftiger Sinn, auch bzw. erst recht kein"machtbezogener".
Gruß, silvereagle
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Wal Buchenberg
28.10.2002, 08:03
@ silvereagle
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Angriffe auf zivile Ziele sind NIE sinnvolle militärische Aktionen |
-->Angriffe auf zivile Ziele sind deshalb keine sinnvolle militärische Aktion, weil sie die militärischen Mittel des Gegners nicht schwächen.
Das gilt für die Bombardierung Dresdens, für die Bombardierung Hiroshimas und Nakasakis ebenso wie für Bombenattentate auf israelische Diskos und die Geiselnahme in Moskau.
Was also ist das gemeinsame Kalkül von Churchill, Roosevelt, palästinenischen Selbstmordattentätern und chechenischen Rebellen?
Ich denke, das Gemeinsame ist teils atavistische Rache ("Vergeltung"), teils Lust an der Macht.
Wer sonst keine Macht hat, hat immer noch die Macht zu töten. Sich selbst zu töten oder andere. Bei den Palästinensern und den Chechenen schlägt Ohnmacht in blinde, zerstörerische Macht um. Das war auch das Motiv des Serienkillers in Washington.
Schwieriger ist es schon, die Zerstörungsmacht von so Leuten wie Churchill und Roosevelt zu erklären. Das können vielleicht andere besser!
Gruß Wal
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Hirscherl
28.10.2002, 08:14
@ silvereagle
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Re: ich glaube, Du irrst |
-->Für mich ergibt sich in der Tat kein vernünftiger Sinn, auch bzw. erst recht kein"machtbezogener".
Der einzige"vernünftige" Sinn (soweit man in diesem Fall überhaupt davon sprechen darf), den ich erkennen kann, ist es die russischen Medien gezwungen zu haben über Tschetschenien zu berichten. Die staatlichen Medien schweigen dieses Thema nämlich seit Jahren komplett tot, und es gilt leider: aus den Augen, aus dem Sinn. Die privaten Sender wurden duch wirtschaftlichen Druck und auch durch simple Zwangsmittel (Inhaftierung und Ermordung unabhängiger Journalisten) auf Linie gebracht.
Würden jeden Tag die Bilder von russischen Soldaten, die im Leichensack nach Hause fliegen, gesendet, dann könnte dieser Feldzug so nicht mehr durchgeführt werden. Da könnten die Bürger ja auf die Idee kommen zu fragen: wozu finanzieren wir diesen Krieg, wozu sterben unsere Söhne dort? Was wollen wir überhaupt in Tschetschenien?
Grüße,
Tom
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stocksorcerer
28.10.2002, 09:44
@ Wal Buchenberg
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Taktik oder Strategie |
-->Hallo zusammen,
meiner bescheidenen Meinung nach muß man scharf trennen, was man sich anschaut. Die erste Frage muß die nach der Strategie sein. Was wollten die tschetschenischen Attentäter erreichen und welche Mittel haben sie dazu genutzt?
Niemand - nicht mal ich - kann so naiv sein zu glauben, dass der Kreml aufgrund einer solchen Erpressung seine Truppen aus Tschetschenien abziehen würde. Aber ich bin sicher, dass die Geiselnehmer nicht eine Sekunde an eine solche Möglichkeit geglaubt haben.
Tschetschenien ist ein Kriegsgebiet, wo niemand hinschaut. Es liegt hinter dem einstmals eisernen Vorhang und diejenigen, die sich daraus befreien konnten schauen nicht zurück. Diejenigen westlichen Staaten, die zuvor für sich große Bedrohungspotentiale gesehen haben, die nun ein Stück weit relativisiert scheinen (ich sage wohlgemerkt scheinen), wenden sich erleichtert ab und widmen sich anderen Problemen. Das einstmals mächtige Sowjetreich scheint keine Bedrohung mehr darzustellen, daher muß man nicht mehr hinschauen. Europäische Staaten haben zwar in der Vergangenheit durch die OSZE und in Einzelmaßnahmen immer mal wieder kleinlaut..."böse, böse, böse" gerufen und Frieden angemahnt, aber sich nicht ernsthaft für die Sache ins Zeug gelegt. Es ist einfach nicht WICHTIG genug, um gewisse andere Dinge zu gefährden.
Was nun diejenigen Tschetschenen angeht, die seit dem ersten Tschetschenien-Krieg leiden mußten und sich zu Terroristen oder Freiheitskämpfern gewandelt haben: Was wollten sie? Sie wollten Aufmerksamkeit. Und sie sind nicht mit der Al Qaeda zu messen, was viele Leute - einschließlich Putin - gerne hätten. Dann nämlich hätten sie wirklich einfach bloß das vollbesetzte Theater sprengen müssen, ohne selbst dabei mit 50 Personen anwesend zu sein.
Sie wollten Aufmerksamkeit. Und weil das in den zurückliegenden Jahren nie geklappt hat, mußte man das mit einem Donnerschlag erreichen und dabei durften sie für die restliche Welt nicht automatisch in eine Ecke von Massenmördern geschoben werden. Ich schätze, das"Kommando" hat genau das erreicht, was es wollte.
Man hat die Aufmerksamkeit gehabt. Selbst im russischen Volk erhält die Tschetschenien-Frage durch das Geschehene mehr Gewicht und ist Gesprächsthema.
Und vermutlich wußten die Terroristen genau, wie Putin dem Problem begegnen würde. Mit dem Versuch einer Nachrichtensperre und mit einer gewaltsamen Befreiungsaktion. Für die russische Administration ist ein Menschenleben noch nie viel wert gewesen. Das gestürmt werden würde war sonnenklar.
Wie es jetzt gekommen ist, ist ja nun wirklich der Hammer. Umgebracht haben die Russen durch das Nervengas ihre eigenen Leute. Ich habe keinen einzigen verwertbaren Hinweis dafür, unter welchen Umständen die anderen beiden zu Tode gekommen sind. Die Telefon-Stimmen aus dem Gebäude - die man gestern mehrfach hören konnte - sprechen für sich.
Die exekutierten Terroristen sprechen für sich. Das Verschweigen der Art des Kampfstoffes spricht für sich. Die unvorbereite und unorganisierte"Nachsorge" spricht für sich. Und die von den Angehörigen abgeschirmten Opfer sprechen für sich.
Putin hat trotz der Kursk nichts gelernt. Und die Terroristen, die nicht einfach getötet haben, sondern den nächsten Zug den Russen überlassen haben, haben der tschetschenischen Sache in der Weltöffentlichkeit nicht mehr geschadet, als aus deren Sicht nötig war.
Wenn man zahlreiche Berichte über Tschetschenien gesehen hat, die in den Magazinen ab und an mal kurz aufflammten, weiß man bescheid. Tschetschenien hatte in der Ã-ffentlichkeit niemals wirklich Gesprächswert. Das hat sich geändert. Und genau das war der Kern der Strategie.
Vielleicht sollte man mehr auf die Lebensumstände achten und einem Volk auch seine Freiheit gönnen, wenn es danach verlangt. Der tschetschenische Ex-Präsident und ehemalige Sowjet-General wurde mit überwältigender Mehrheit gewählt. Wenn man mitbekommt, mit welchen Schilderungen tschetschenische Menschen die mauradierenden Übergriffe der russischen Armee aufwarten, dass wahllos einfach Menschen verschleppt werden und auf nimmer Wiedersehen verschwinden, dann kann man sehr gut verstehen, wie Menschen radikalisiert werden. Wenn ich in Tschetschenien ein - an der Auseinandersetzung vielleicht völlig unbeteiligtes - Familienmitglied verloren hätte, wäre ich vielleicht nach viel ertragenem Leid irgendwann auch nach Moskau marschiert.
Ich denke, wir sollten aus den bequemen Ohrenledersesseln in Mitteleuropa nicht über Dinge urteilen, die wir gar nicht nachvollziehen können. Für meinen Teil war die russische Antwort auf die Geiselnahme mindestens ein ebensobgroßes Verbrechen wie die Geiselnahme selbst.
winkääää
stocksorcerer
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stocksorcerer
28.10.2002, 09:49
@ HB
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Die Frage ist doch, ob sie gesprengt hätten oder geblufft haben (owT) |
-->
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stocksorcerer
28.10.2002, 09:56
@ Wal Buchenberg
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Du widersprichst Dir.... |
-->Hallo Wal,
Du schreibst:
-----------
Angriffe auf zivile Ziele sind deshalb keine sinnvolle militärische Aktion, weil sie die militärischen Mittel des Gegners nicht schwächen.
-----------
Und dabei bringst Du Nagasaki und Hiroshima sogar selber ins Spiel. Das verstehe ich nicht. Der Krieg dient immer einem ganz speziellen Grund. Und man spricht von militärischem Sieg, wenn man das mit möglichst wenigen eigenen militärischen Verlusten erreicht.
Wie man so schön sagt:"Typisch Soldat, er will gewinnen."
Nagasaki und Hiroshima oder auch der erste Irak-Krieg waren ein Paradebeispiel dafür, wie man mit geringen eigenen Verlusten ein vorher festgelegtes Ziel erreicht. Es ist nicht schön und ethisch nicht vertretbar.... aber das ist auch ein Krieg niemals.
winkääää
stocksorcerer
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stocksorcerer
28.10.2002, 09:59
@ Euklid
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Verbal, Euklid. Mit nicht enden wollenden Versuchen einen Dialog zu erreichen (owT) |
-->
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Wal Buchenberg
28.10.2002, 10:23
@ stocksorcerer
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Re: Du widersprichst Dir.... Nein |
-->>Hallo Wal,
>Du schreibst:
>-----------
>Angriffe auf zivile Ziele sind deshalb keine sinnvolle militärische Aktion, weil sie die militärischen Mittel des Gegners nicht schwächen.
>-----------
>Und dabei bringst Du Nagasaki und Hiroshima sogar selber ins Spiel. Das verstehe ich nicht. Der Krieg dient immer einem ganz speziellen Grund. Und man spricht von militärischem Sieg, wenn man das mit möglichst wenigen eigenen militärischen Verlusten erreicht.
>Wie man so schön sagt:"Typisch Soldat, er will gewinnen."
>Nagasaki und Hiroshima oder auch der erste Irak-Krieg waren ein Paradebeispiel dafür, wie man mit geringen eigenen Verlusten ein vorher festgelegtes Ziel erreicht. Es ist nicht schön und ethisch nicht vertretbar.... aber das ist auch ein Krieg niemals.
In Japan gabs nichts mehr zu gewinnen. Die japanische Armee war in Auflösung begriffen. Die militärische Führung war rat- und hilflos (aber allerdings noch nicht zur Kapitulation bereit. Dafür gehört halt auch Einsicht und Charakter,) einzusehen, dass die eigene Sache verloren ist.
Um die japanischen Kriegsherren zu Einsicht zu bringen, wäre zweierlei nötig und möglich gewesen: erstens eine Aufstandsbewegung wie 1917 in Russland und 1918 in Deutschland. Das wollten die USA unbedingt vermeiden.
Oder zweitens: Ein bisschen abwarten, damit sie Zeit hatten für Harakiri.
Aber abwarten, das wollte die US-Regierung unbedingt vermeiden. Denn schon hatte Stalin im Osten erstmals in den Krieg eingegriffen und war auf dem Vormarsch. Ebenso waren die chinesischen Kommunisten in China auf dem Vormarsch und rückten mit den von Japan zurückgelassenen Panzern und Waffen in Nord-China vor.
Die USA wollten deshalb den Krieg in Asien zu schnell wie möglich beenden.
Die Hunderttausende in Hiroshima und Nagasaki mussten nicht sterben für den militärischen Sieg, sondern für das politische Kalkül der USA.
Die Hunderttausende mussten sterben, um Stalin zu beeindrucken. Sie mussten sterben, um Mao Zedong zu beeindrucken.
Sie mussten sterben, damit die Japaner nicht zur Selbsthilfe griffen und ihre Führung zum Teufel jagten.
Die Hunderttausende in Hiroshima und Nagasaki mussten sterben für den Weltmachtanspruch der USA und die"Gestaltung der Nachkriegsordnung" durch die USA und für sonst nichts.
Krieg ist Krieg, das ist richtig. Aber auch kriegerische Aktionen stehen in einem Zweck-Mittel-Verhältnis. Die benutzten Mittel müssen dem Zweck angemessen sein. Alles, was im Krieg über die angemessenen Mittel hinausgeht ist entweder ein Fehleinsatz oder ein Verbrechen - oder beides!
Es gibt keine Rechtfertigung für diese Taten.
Gruß Wal Buchenberg
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stocksorcerer
28.10.2002, 11:14
@ Wal Buchenberg
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Natürlich gibts dafür keine Rechtfertigung |
-->Die Atombomben waren eine Sauerei. Sie wurden genutzt, um einen Sieg davonzutragen... und zwar auch einen politischen Sieg, nicht nur eine militärische Kapitulation der Japaner und eine Abdankung des Tenno. Ich begehe niemals den Fehler, einen Krieg bloß mit einem militärischen Ziel gleichzusetzen. Ein Krieg soll immer etwas erzwingen. Eine Niederlage des Gegners ist nur der Mittel zum Zweck.
Das Ziel Amerikas war nicht allein, den Krieg mit Japan zu beenden, sondern eben genau all das zu erreichen, was Du schreibst. Frankreich und England kleinzuhalten, etc...
Das Ziel war, die Vormachtstellung in der ganzen Welt. Und die Bomben waren das Mittel dazu. Abschreckung. Es ist eben der Unterschied zwischen Strategie und Taktik, wie man ein Ziel erreicht.
Das einzige, was mir an Deinem Statement nicht gefiel war die Formulierung, dass ein militärischer Sieg immer nur mit dem Dezimieren des gegnerischen Militärs zu tun hat.
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Angriffe auf zivile Ziele sind deshalb keine sinnvolle militärische Aktion, weil sie die militärischen Mittel des Gegners nicht schwächen.
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Das ist pure Taktik. Kriegsführung ist aber immer auch Strategie. Taktik wäre: Du hast sechs Panzer, ich habe fünf, wenn wir beide fünf verlieren bist Du der Sieger, weil Du noch einen hast.
Strategie ist etwas übergeordnetes. Aber Strategie kannst Du aus der Begrifflichkeit nicht ausklammern. Vielleicht haben wir da aneinander vorbeigesprochen. Definitionssache vermutlich.
winkääää
stocksorcerer
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HB
28.10.2002, 12:52
@ stocksorcerer
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Schüsse ins Genick |
-->EIN KOMMANDOSPEZIALIST BERICHTET
"Schüsse ins Genick"
Erstmals berichtet ein Angehöriger der russischen Sondereinheit über die Befreiungsaktion im Moskauer Musical-Theater. Der Artikel erschien in der russischen Tageszeitung"Moskowski Komsomolez", aus dem SPIEGEL ONLINE Auszüge dokumentiert.
Berlin -"Die ganze Aktion war wie im Lehrbuch ausgearbeitet. Das Wichtigste ist, dass wir den Psychokrieg gewonnen haben. Wir haben sie (die tschetschenischen Geiselnehmer) glauben lassen, dass wir um drei Uhr nachts stürmen. Die Rebellen waren gewarnt, doch nichts geschah. Sie begannen zu schießen (gemeint ist die Erschießung erster Geiseln). Danach kam eine natürliche Reaktion, sie wurden nachlässig. Und um fünf Uhr begannen wir mit der Erstürmung.
Durch die Lüftungsschächte wurde Schlafgas geleitet, mehrere Granaten wurden in den Saal geworfen. Das Wichtigste: Wir haben die selbstmörderischen Terroristinnen (mit Sprengstoffgürteln) liquidiert. Unsere Spezialisten drangen durch Schlupflöcher in den Saal ein und töteten die Terroristen mit Schüssen ins Genick. Oder in die Schläfe. Ich weiß, dass das grausam ist. Aber was soll man tun, wenn ein Mensch zwei Kilo Sprengstoff umgebunden hat. Anders konnten wir sie nicht unschädlich machen.
Dann begann eine Panik. Da war ein Fehler im Plan, unsere ewige Schwäche: Die Einheiten stimmten ihr Vorgehen nicht miteinander ab. Einige Terroristen eröffneten auf den Gängen das Feuer, noch wache Rebellen griffen zu den Waffen und stürzten sich auf die Polizei- Einheiten, die den Eingang blockierten. Im Saal schossen die Terroristen vom Balkon herunter, doch sie richteten offenbar keinen Schaden an.
Unter der Menschenmasse draußen gab es welche, die die Terroristen über Handy über unser Vorgehen auf dem Laufenden hielten. Mit diesen Leuten hatten wir schon vorher abgerechnet. Das waren übrigens alles andere als Kaukasier.
Insgesamt, muss ich sagen, sind wir sehr zufrieden. Als erste Note würde ich uns eine 2+ geben. Das war die erste gelungene Operation seit einigen Jahren, deshalb sind unsere Jungs jetzt ziemlich zufrieden."
<ul> ~ Schüsse ins Genick</ul>
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