Galiani
31.10.2002, 19:25 |
@Dimi, @Popeye @R.Deutsch: A propos 'Geld'; - Ich versuchs nochmal Thread gesperrt |
-->Hallo
Da Ihr mein Posting von vorgestern völlig unbeachtet gelassen habt, probier ich's halt nochmals:
Ich meine, daß die beliebte Kurzformel"ich akzeptiere Geld nur, wenn Du Geld auch akzeptierst" zu kurz greift.
Erstens läuft das auf einen logischen Zirkelschluß hinaus, der nichts beweist:"Warum akzeptierst Du mein Geld?""Weil ich das Deine akzeptiere.""Und warum akzeptiere ich Dein Geld?""Weil Du das meine akzeptierst.""Und warum akzeptierst Du mein Geld?"...... und so weiter und so fort! Samuelson macht das so in seinem berühmten Lehrbuch:"Money is accepted because it's generally accepted." Bei aller Ehrfurcht vor Nobelpreisträgern: So zu argumentieren ist Unsinn!
Wie sich außerdem regelmäßig in Hyperinflationen zeigt - also in Zeiten, in denen das Schwinden der realen Kaufkraft des Geldes nicht zu übersehen ist, - schwingt bei der Annahme von Geld im Hintergrund ständig eine weitere, sehr viel wichtigere Bedingung für die Geldannahme mit als die, ob das eigene Geld vom anderen wohl akzeptiert wird: Nämlich die Frage, ob sich der Geldbesitzer für sein Geld am Ende "reale Befriedigung" verschaffen kann.
Vom (rein juristischen) Gesichtspunkt des Chartalismus aus betrachtet mag das unerheblich sein. Das umlaufende Geld ist einfach das"gesetzliche Zahlungsmittel"; Punktum!
Wenn man jedoch, wie ich, unterstellt, daß Geld eine spontane Bildung in Kulturvölkern im Hayek'schen Sinne ab einer gewissen Stufe des Prozesses der"Selbst-Bewußt-Werdung" ist (J. Jaynes), die für gewisse Zwecke geschaffen wird (Abgabenleistung; Tauschware im Fernhandel; Opfer; Imponierobjekt o.ä.), so genügt es eben nicht mehr einfach zu sagen:"Ich akzeptiere das Geld nur, wenn Du dieses Geld auch akzeptierst!" Weil das überhaupt nichts erklärt.
Geld wird vielmehr (auch wenn das nicht in jedem Falle bewußt"mit"gedacht wird) benutzt, weil der Besitz von Geld schließlich zu irgendeiner materiellen oder innerpsychischen (immateriellen) Befriedigung führen soll; meist durch Eintausch gegen andere Güter oder die Ablösung einer Abgabenschuld. Aber - wenn alle Stricke reißen - halt letztlich über den Umweg durch Realisierung des Stoffes, aus dem das Geld gemacht ist.
Wer diese Aussage als"richtig" anerkennt, weist indirekt-logisch die Kurzformel zurück:"Ich akzeptiere das Geld nur, weil Du mein Geld auch akzeptierst!" Denn in dieser Formel kommt der Wert des Geldes überhaupt nicht vor. Anders formuliert: Wer akzeptiert, daß"richtiges" Geld am Ende die Möglichkeit einer "realen Befriedigung" gewähren muß, weist von vornherein alle Theorien zurück, die das Wesen des Geldes im bloßen"Akzeptiert werden", im"Zirkulieren" und/oder in der bloßen"Standardisierung" sehen; von dieser Logik her gesehen, kann Geld demnach auch nicht bloß"Kredit" sein. Denn wer fordert, daß"richtiges" Geld am Ende die Möglichkeit einer "realen Befriedigung" gewähren muß, dem geht es um den Wert des Geldes. Selbst die Fragen, ob der Staat sein Geld in Gold einlösen kann, soll oder will oder in welcher Höhe die umlaufenden Bankinoten aktuell durch Gold gedeckt sind, sind unter dem Gesichtspunkt des Wertes des Geldes, also unter dem Gesichtspunkt, daß"richtiges" Geld am Ende die Möglichkeit einer "realen Befriedigung" gewähren muß, zweitrangig. Denn alle Theorien, die das Wesen des Geldes im bloßen"Akzeptiert werden", im"Zirkulieren", der bloßen"Standardisierung" oder im"Kredit" sehen, fragen wie gesagt im Grunde überhaupt nicht nach dem Wert des Geldes. Sie fragen nicht danach, ob das Geld zur Abgabenleistung, als Tauschmittel im Fernhandel, als Opfergabe oder Imponierobjekt überhaupt (noch) geeignet ist.
Je länger ich darüber nachdenke, um so vorteilhafter scheint mir der Vorschlag Hayeks zu sein, den Wert des Geldes dadurch zu sichern, daß das Geld von miteinander im Wettbewerb stehenden Banken ausgegeben wird. Jede Wertminderung einer Geldsorte von einer Bank würde sich sofort als Wettbewerbsnachteil der betreffenden Bank niederschlagen. Jeder Emitent hätte somit größtmögliches Interesse daran, den Wert"seines" Geldes stabil zu halten. Allenfalls hätte der Staat in diesem Modell dafür zu sorgen, daß niemals ein Wettbewerber den ganzen Markt monopolisiert.
Soweit meine Gedanken. Vielleicht bin ich auch im Irrtum und es ist ganz anders?!
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Gruß
G.
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Popeye
31.10.2002, 20:27
@ Galiani
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Re: @Dimi, @Popeye @R.Deutsch: A propos 'Geld'; - Ich versuchs nochmal |
-->Hallo, @Galiani, der Ausgangspunkt der Diskussion war unten stehendes Posting.
Explizit wird dort auch Deinem Bedenken Rechnung getragen, dass es letztlich um die Befriedigung der 'realen Befürfnisse' geht.
Grüße Popeye
<ul> ~ http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/150733.htm</ul>
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Galiani
31.10.2002, 21:00
@ Popeye
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@Popeye: Du hast mein Posting mißverstanden: Ich sagte 'am Ende' |
-->Hallo
Der 'letzte' Geldbesitzer in dem Zitat in Deinem Ausgangsposting, also der, der den Geldschein an niemanden mehr weitergeben kann (weil der Staat oder das Geld untergegangen sind) bleibt bei dieser Theorie zwangsläufig auf seinem wertlosen 'token of value' sitzen! Er kann sich eben keine"reale Befriedigung" aus seinem Geldbesitz mehr verschaffen.
Diese Moore'sche Geldtheorie beruht also wiederum darauf, daß der Zweck des Geldes im Grunde nicht in seinem Wert, sondern im"Zirkulieren" besteht.
Wer indes fordert, daß der Zweck des Geldes die letztendliche reale Befriedigung des Geldbesitzers am Ende ist, für den ist das kein"richtiges" Geld. Anders gesagt: Der muß diese Moor'sche Geldtheorie als nicht realitätskonform zurückweisen.
Dieser Einwand von mir ist im Ausgangsposting keineswegs abgedeckt!
Gruß
G.
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Dimi
31.10.2002, 22:29
@ Galiani
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Re: @Popeye: Du hast mein Posting mißverstanden: Ich sagte 'am Ende' |
-->Hallo Galiani,
in Deinen Beiträgen schwingt ein wenig eine Vorstellung von 'Wert' mit, die nicht mit dem Preis identisch ist.
Ein Bäcker kauft einen Euro für ein Brot. Das ist der Wert des Geldes. Was anderes gibt es nicht.
Wenn Geld darüberhinaus noch einen Warenwertanteil hat, schön. Wenn es wertlos wird, unschön.
Eine Art wahrer Wert klingt nach dem Wunsch nach was Absolutem, das es in Gelddingen nie geben wird. Allenfalls etwas besseres.
Gruß, Dimi
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Galiani
31.10.2002, 22:50
@ Dimi
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@Dimi Zum 'Wert des Geldes' |
-->Hallo
Du schreibst:
>Ein Bäcker kauft einen Euro für ein Brot. Das ist der Wert des Geldes. Was anderes gibt es nicht.
Damit bin ich vollkommen einverstanden und auch zufrieden; - solange der Euro ein Brot kauft. Problematisch wird's, wenn der 'letzte' Besitzer eines Euro für sein Geldstück nichts mehr bekommt. Das kann beim Euro durchaus (mit einem Federstrich) passieren. Deshalb ist der Euro kein"richtiges" Geld, sondern"legales Falschgeld", wie Reinhard sagen würde.
>Wenn Geld darüberhinaus noch einen Warenwertanteil hat, schön. Wenn es wertlos wird, unschön.
Einen Warenwertanteil könnte man wenigstens noch realisieren. Die Russen haben aus ihrem Kupfergeld im 17. Jh. Kochgeschirr gemacht. Zugegeben! - Nicht sehr schön, aber immerhin doch ein Geld, das auch noch dem 'letzten' Geldbesitzer am Ende unter allen Umständen reale Befriedigung gewährt.
Nach einem"wahren Wert" steht mir nur insofern der Sinn, als ich von"richtigem" Geld, wie gesagt, verlange, daß es eben auch noch dem 'letzten' Geldbesitzer unter allen Umständen reale Befriedigung gewährt. Jede Geldtheorie, die das Geld anders sieht, erklärt m.E. nicht das"Geld", sondern höchstens unser"legales Falschgeld".
Gruß
G.
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Dimi
31.10.2002, 23:43
@ Galiani
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Re: @Dimi Zum 'Wert des Geldes' - Galiani |
-->Hallo Galiani,
>Nach einem"wahren Wert" steht mir nur insofern der Sinn, als ich von"richtigem" Geld, wie gesagt, verlange, daß es eben auch noch dem 'letzten' Geldbesitzer unter allen Umständen reale Befriedigung gewährt.
Das ist mehr verlangt, als Geld je bieten kann. Wer soll dem 'Letzten' das Geld abnehmen? Er bräuchte einen weiteren Letzten hinter sich.
Lediglich die Ware des Warengeldes, ein Bruchteil des vorherigen Wertes des Warengeldes (solange es als Geld gebraucht wurde), kann eine letzte Befriedigung gewähren. Aber diese Ware ist ja kein Geld mehr.
Gruß, Dimi
<ul> ~ www.seasonalcharts.de</ul>
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Pudelbirne
01.11.2002, 02:51
@ Galiani
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Re: Geld und Wert |
-->Hallo
>Geld wird vielmehr (auch wenn das nicht in jedem Falle bewußt"mit"gedacht wird) benutzt, weil der Besitz von Geld schließlich zu irgendeiner materiellen oder innerpsychischen (immateriellen) Befriedigung führen soll; meist durch Eintausch gegen andere Güter oder die Ablösung einer Abgabenschuld. Aber - wenn alle Stricke reißen - halt letztlich über den Umweg durch Realisierung des Stoffes, aus dem das Geld gemacht ist.
HIER nun liegt ein Problem: WENN alle Stricke reissen, dann reissen ALLE Stricke. Was dann noch Wert fuer den Einzelnen hat, kann doch keiner wissen (vielleicht mags Gold sein, empirisch nicht unerheblich, aber vielleicht auch Zigaretten, Wasser, Oel, Waffen???)
Dass aber jede Form von Kontrakt in diesem Zustand zusammenbricht ist klar. Da nuetzt einem auch das Silber im Depot in NY nichts mehr.
Ich denke nicht dass solche Art von Extremsituationen Erkenntnisse ueber das Wesen und die Funktion von Geld bringen. In diesen Situationen funktionieren ja auch andere wesentliche Elemente des modernen Zusammenlebens nicht mehr.
Gruss
Pudelbirne
PS: Es wird in der Debatte immer wieder von wahren Werten gesprochen und dem Wert des Geldes(siehe auch die Debatte @Dimi). Mal abgesehen, dass ‚das Geld’ als Abstraktum nur einen abstrakten Wert hat (ueber den das Bord ja nun trefflich streitet und sich doch nicht einigt), stellt sich die Frage, wie der wahre Wert eines 10 Euro Scheines (eines Liter Wassers) denn ermittelt werden soll.
Ein Wert ist doch nichts absolutes. Also kann es einen wahren Wert doch gar nicht geben. Ein Wert is immer subjektiv: verinfacht: fuer mich ist der Liter Wasser nichts wert, in der Sahara sieht das wohl anders aus.
Objektiv gibt es nur den Preis in einem bestimmten Kontrakt, d.h. ich preise ein Ding im Verhaeltnis zu einem anderen. Der Preis ist in diesem Fall objektiv feststellbar. Jedesmal wenn ein Geschaeft zustande kommt, wird der Preis neu festgelegt.
Ich kann natuerlich versuchen Reckschluesse ueber die Vorstellungen der Kontraktpartner ueber die Wertes der bepreisten Kontraktgegenstaende schliessen, aber das sind reine Spekulationen.
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Popeye
01.11.2002, 07:05
@ Galiani
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Re: @Popeye: Du hast mein Posting mißverstanden: Ich sagte 'am Ende' |
-->Hallo, @Galiani,
das prägt mein Schicksal - nicht verstehen und mißverstehen. Ich wollte gerade ansetzen Dein vorletztetes und dieses Posting nochmal zu kommentieren, da sehe ich, dass @Dimi und andere dies schon viel besser und kürzer getan haben als ich es je könnte.
Nun versteh ich auch, warum Robinson als (theoretisch) letzter Geldbesitzer doch Geld benötigt - wg der"letztendliche(n) reale(n) Befriedigung" - wenn nichts mehr zirkuliert - am Ende. ;-)
Ich werde auch veranlassen, dass mir eine Münze in den Sarg gelegt wird. ;-)
Grüße Popeye
>Hallo
>Der 'letzte' Geldbesitzer in dem Zitat in Deinem Ausgangsposting, also der, der den Geldschein an niemanden mehr weitergeben kann (weil der Staat oder das Geld untergegangen sind) bleibt bei dieser Theorie zwangsläufig auf seinem wertlosen 'token of value' sitzen! Er kann sich eben keine"reale Befriedigung" aus seinem Geldbesitz mehr verschaffen.
>Diese Moore'sche Geldtheorie beruht also wiederum darauf, daß der Zweck des Geldes im Grunde nicht in seinem Wert, sondern im"Zirkulieren" besteht.
>Wer indes fordert, daß der Zweck des Geldes die letztendliche reale Befriedigung des Geldbesitzers am Ende ist, für den ist das kein"richtiges" Geld. Anders gesagt: Der muß diese Moor'sche Geldtheorie als nicht realitätskonform zurückweisen.
>Dieser Einwand von mir ist im Ausgangsposting keineswegs abgedeckt!
>Gruß
>G.
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Galiani
01.11.2002, 14:58
@ Dimi
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@Dimi: Ja, ja! Aber beim Waren-Geld immerhin noch den Warenwert! Gruß (owT) |
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