Galiani
01.11.2002, 14:49 |
@dottore: Zivilisationen - Selbstorganisation vs. Organisation durch d. Macht??? Thread gesperrt |
-->Hallo dottore
In der Reihe"Universum" im 2. Ã-sterr. Fernsehen lief gestern Abend eine faszinierende Dokumentation über die soeben entdeckte älteste Stadt in Amerika, die um 2600 v. Chr. in voller Blüte stehende steinzeitliche Megalopolis Caral in der Wüste von Peru ca. 30 km von der Pazifik-Küste entfernt.
"Universum" ist meiner Erfahrung nach wissenschaftlich außerordentlich gut beraten und vollendet redigiert.
Die archäologischen Funde im Caral-Tal bzw. der Caral-Wüste, die nach Auffassung der in der Dokumentation zu Wort gekommenen Wissenschaftler unwiderlegbare Aufschlüsse darüber geben, wie sich die frühesten Zivilisationen gebildet haben, scheinen - soweit ich sehe - Ihrer Hypothese der Organisation von Gesellschaften durch die Macht diametral zu widersprechen:
Was die Archäologen fanden, war kurz gesagt die Entwicklung einer blühenden Zivilisation während eines rund 1000 Jahre währenden inneren und äußeren Friedens. Man fand keinerlei Wehranlagen, keinerlei Waffen wie Steinbeile oder dergleichen, die sowohl zur Verteidigung wie auch zur Ausübung von Macht im Inneren der Stadt gedient haben könnten, und die vorhanden gewesen hätten sein müssen, wenn die Theorie stimmen würde, daß nur die Macht die Organisation einer Gesellschaft zu erzwingen vermag. Man fand auch keinerlei Anzeichen für Menschenopfer, wie sie später in Mittel- und Südamerika bis in die Neuzeit hinein üblich waren, und keinerlei Anzeichen für irgendein staatliches Geld (wie es vorhanden gewesen hätte sein müssen, wenn Ihre"Macht"-Hypothese zuträfe).
Was man hingegen interessanterweise fand, war eine hochentwickelte handwerkliche Spezialisierung: Insbesondere wurden etwa gefunden
• Kleine Flöten aus Kondorknochen
• Samen der Koka-Pflanze und Reste von anderen Pflanzen, aus denen offenbar Aphrodisiaka zubereitet wurden. Beides, Kokain und Aphrodisiaka, wurde wahrscheinlich im Zusammenhang mit religiösen Zeremonien verwendet.
• Muschelschalen, die ebenfalls offenbar als rituelle Gefäße dienten.
Alle diese Fundstücke stammten von weither und müssen mitunter über Entfernungen von über 300 Kilometer herangeschafft worden sein. Dies gilt sogar für die Nahrung: Man fand nämlich - mitten in der Wüste - Fischgräten von Meeresfischen. Die entsprechenden Fische konnten nur vom 30 Kilometer entfernten Pazifik gekommen sein.
Dies alles deutet auf einen blühenden Fernhandel hin.
Die Archäologen, die den Caral-Fund erforschen, beschäftigten sich aber auch mit der Frage, welche Produkte die Einwohner von Caral selbst als Basis für ihre Ernährung und den Fernhandel herstellten. Dabei stießen sie auf hochinteressante Sachverhalte, die die von mir hier schon mehrfach dargelegte Auffassung erstmals empirisch stützen, daß Privateigentum durchaus im Wege endogener Kapitalakkumulation möglich und sogar wahrscheinlich ist; - daß es dazu jedenfalls nicht des Kredites und nicht „der Macht“ bedarf:
Zunächst entdeckten die Archäologen, daß durch das Caral-Tal einstmals Bäche flossen und daß die Einwohner deren Wasser mittels raffiniert angelegter Gräben zur künstlichen Bewässerung nutzten, die den heutigen Wüstenboden in eine höchst fruchtbare Paradies-Landschaft verwandelt hatten. Man fand denn auch Reste einer sehr produktiven Ackerwirtschaft, von der sich immerhin noch Bohnen und Nüsse bis heute erhalten haben.
Am beeindruckendsten in diesem Zusammenhang war jedoch, daß sich überall in Caral, in fast jedem Haus, Unmengen von Baumwollsamen fanden. Die Bewohner von Caral machten daraus feine Gewebe, von denen sich Reste im heißen Wüstensand über fast 5000 Jahre erhalten haben, und natürlich auch Kleider. Vor allem aber fand man Fischernetze aus Baumwolle und zwar sowohl in Caral selbst, wie auch eindeutig identifiziert aus der Produktion in Caral, zig Kilometer entfernt an der Pazifikküste.
Anders als ich in der mehrfach hier vorgetragenen Geschichte vom Fischer vermutet hatte, der schließlich begann, Fischerboote zu bauen, wodurch er und die ganze Gesellschaft, der er angehörte, (über Skalenerträge) Kapital und Privateigentum akkumulieren konnte, hat sich in der Urgesellschaft im peruanischen Caral mit Sicherheit also folgendes abgespielt:
Die Einwohner konnten sich in ihrem gut bewässerten und fruchtbaren Gebiet ohne weiteres ernähren. Nun begannen Sie (nicht Fischerboote, sondern) Fischernetze aus Ihrer Baumwolle zu knüpfen und exportierten diesen Exportschlager an die Küste, wo sie diese Fischernetze gegen allerlei Waren, darunter Meeresfische, deren Gräten man dann in Caral fand, tauschten.
Der Tausch selbst hat sich wohl so ähnlich abgespielt, wie es Riwe in seinem Beitrag geschildert hat. Gewiß gab es auch irgend eine Art von allgemein anerkanntem „Tauschmittel“, das aber mit „Macht“ und „Abgabenzwang“ nichts zu tun hatte.
Die Stadt Caral hatte riesige Ausmaße, mit einem Platz in der Mitte und - ich glaube - 6 großen Pyramiden drum herum. Zweifellos gab es also eine Priesterschaft und auch irgendeine Art von (weltlicher) Ordnungsmacht. Aber die Archäologen fanden - wie gesagt - absolut keine Anzeichen dafür, daß diese „Macht“ irgendwie repressiv, also mit „Machtmitteln“, als Forderer von Abgaben in Erscheinung getreten wäre. Es gab absolut keine Waffen in Caral, die ja zur Durchsetzung der Macht notwendig gewesen wären. Ja, nicht einmal von außen scheint Caral irgendwelchen Bedrohungen ausgesetzt gewesen zu sein, was die Archäologen besonders erstaunte. Denn sie gingen - in einer Abwandlung Ihrer „Macht-Theorie“, dottore, die die „Macht nach innen“ als Ausgangspunkt der Zivilisationsbildung ansieht, davon aus, daß der „Krieg“ (nach außen) zur Bildung von Zivilisation führt. Wenn diese These aber zutreffen würde, hätte man Wehranlagen und - eben auch Waffen finden müssen. Das war aber nicht der Fall.
Epilog:
Soeben entdecke ich in der NZZ vom Mittwoch, die ich wegen gewisser Verpflichtungen erst heute lese) auf S. 68 folgenden Bericht, der gerade hierher paßt:
Die ägyptischen Mumien wurden mittels Bitumen einbalsamiert. Nun hätte „die Macht“ in Ägypten eine sehr naheliegende Quelle verfügbar gehabt, wo man das benötigte Bitumen herbekommen hätte können:
Ägypten hatte seine eigenen Bitumen-Quellen in Abu Durba und in Jabel Zeit. Der aus „Archaeometry“ 44, 285-293, 2002 übernommene Bericht stellt nun aber fest:
„Trotz ihrer Nähe zu Ägypten war die Bitumenquelle von Abu Durba... überhaupt nicht und diejenige von Jabel Zeit nur selten und in früher Zeit zum Zweck der Gewinnung von Konservierungsmitteln [für die Mumifizierung] ausgebeutet worden.“ Man hatte wie neueste massenspektrometrische Untersuchungen ergaben, das benötigte Bitumen vielmehr vom Toten Meer herangeschafft. „Den Ausschlag für die Wahl des Materials, so vermuten die Forscher, könnten die bessern Handelsverbindungen Ägyptens zu Palästina gegeben haben...“
Also wieder die „(privaten) Handelsverbindungen“ und nicht der bessere Zugriff auf eine eigene Rohstoffquelle durch die „Macht“.
Sorry, daß dieser Bericht Ihrer schönen Theorie (an die ich allerdings ohnehin nie so recht glauben konnte) einen Schlag versetzt.
Gruß
G.
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Dimi
01.11.2002, 15:57
@ Galiani
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Re: @dottore: Zivilisationen - Selbstorganisation vs. Organisation durch d. Macht??? |
-->>Zunächst entdeckten die Archäologen, daß durch das Caral-Tal einstmals Bäche flossen und daß die Einwohner deren Wasser mittels raffiniert angelegter Gräben zur künstlichen Bewässerung nutzten, die den heutigen Wüstenboden in eine höchst fruchtbare Paradies-Landschaft verwandelt hatten. Man fand denn auch Reste einer sehr produktiven Ackerwirtschaft, von der sich immerhin noch Bohnen und Nüsse bis heute erhalten haben.
Es war ja hier im Forum öfters vom Surplus-Problem die Rede (das ich nie sah, da auch steinzeitliche Völker stets mehr produzieren, als sie 'eigentlich' benötigen).
Es liegt nun aber nahe, daß Bewässerungstechniken den unmittelbaren Schub zu einer Überschußproduktion lieferten, die das Mehrfache der (jungsteinzeitlich-)bäuerlichen Produktion betrug. Dieser Überschuß um das Vielfache ermöglicht Eintausch höherwertiger Güter (Fisch, Genußmittel usw.), Arbeitsteilung (Kleidung usw.), und er setzte viel Arbeitszeit frei (Pyramidenbau).
Kürzlich wies Wal (glaube ich) auf die Bedeutung der Bewässerung hin (Indus, Nil, Kambodscha usw). Es scheint einen engen Zusammenhang zwischen Bewässerungstechniken und dem Auftreten städtischer Lebensformen zu existieren.
Gruß, Dimi
<ul> ~ www.seasonalcharts.de</ul>
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dottore
01.11.2002, 16:28
@ Galiani
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Re: @dottore: Zivilisationen - Selbstorganisation vs. Organisation durch d. Macht??? |
-->>Hallo dottore
>In der Reihe"Universum" im 2. Ã-sterr. Fernsehen lief gestern Abend eine faszinierende Dokumentation über die soeben entdeckte älteste Stadt in Amerika, die um 2600 v. Chr. in voller Blüte stehende steinzeitliche Megalopolis Caral in der Wüste von Peru ca. 30 km von der Pazifik-Küste entfernt.
Hallo Galiani!
Vielen Dank für den Hinweis, werde dem gern nachgehen. Ich darf festhalten:
- Steinzeit
- 2600 v. Chr.
- Megalopolis
- 30 km vom Pazifik entfernt
>"Universum" ist meiner Erfahrung nach wissenschaftlich außerordentlich gut beraten und vollendet redigiert.
>Die archäologischen Funde im Caral-Tal bzw. der Caral-Wüste, die nach Auffassung der in der Dokumentation zu Wort gekommenen Wissenschaftler unwiderlegbare Aufschlüsse darüber geben, wie sich die frühesten Zivilisationen gebildet haben, scheinen - soweit ich sehe - Ihrer Hypothese der Organisation von Gesellschaften durch die Macht diametral zu widersprechen:
Ich weiß nicht, warum man immer gleich"unwiderlegbar" sagen muss.
>Was die Archäologen fanden, war kurz gesagt die Entwicklung einer blühenden Zivilisation während eines rund 1000 Jahre währenden inneren und äußeren Friedens.
Das wäre dann eine Stammes-Gesellschaft in sozusagen"städtischer" Form gewesen. Städte erfordern enorme Infratstrukturinvestitionen (Bewässerung, Entwässerung, Straßen o.ä.), wobei mir nicht klar ist, wie und durch wen dies organisiert wurde.
>Man fand keinerlei Wehranlagen, keinerlei Waffen wie Steinbeile
Woher kommt dann der Schluss auf eine"Steinzeit"? Was war denn konkret aus Stein (außer den mutmaßlichen Gebäuderesten)?
>oder dergleichen, die sowohl zur Verteidigung wie auch zur Ausübung von Macht im Inneren der Stadt gedient haben könnten,
Es muss offenbar eine Einzelsiedlung gewesen sein, die so weit von anderen Siedlungen entfernt lag, dass es keine Interaktionen gegeben hat - außer dem Handel, aber mit wem wurde gehandelt und warum über extrem weite Distanzen?
Die innerstädtische Organisation sah wie aus? Da es - siehe unten - Tempelanlagen gegeben hat, muss es Hierarchien gegeben haben, wobei mir machtfreie Hierarchien nicht nachvollziehbar sind.
>und die vorhanden gewesen hätten sein müssen, wenn die Theorie stimmen würde, daß nur die Macht die Organisation einer Gesellschaft zu erzwingen vermag.
Eine Stadt ohne Hierarchie und ergo Herrschaft - wie darf man sie sich vorstellen?
>Man fand auch keinerlei Anzeichen für Menschenopfer, wie sie später in Mittel- und Südamerika bis in die Neuzeit hinein üblich waren, und keinerlei Anzeichen für irgendein staatliches Geld (wie es vorhanden gewesen hätte sein müssen, wenn Ihre"Macht"-Hypothese zuträfe).
Die Menschenopfer gab es in vielen solchen Kulturen nicht. Ich sehe auch nicht, was Menschenopfer mit Machtausübung zu tun haben sollten. Geld haben wir in keiner präkolumbianischen Kultur gefunden. Sämtliche dieser Kulturen aber sind hierarchische, die Form der verstreuten Einzelhofsiedlung fehlt.
>Was man hingegen interessanterweise fand, war eine hochentwickelte handwerkliche Spezialisierung: Insbesondere wurden etwa gefunden > • Kleine Flöten aus Kondorknochen
Warum das eine"Spezialisierung" sein soll, verstehe ich nicht. Ich denke mal, so eine kleine Flöte stellen wir beide auch noch her.
> • Samen der Koka-Pflanze und Reste von anderen Pflanzen, aus denen offenbar Aphrodisiaka zubereitet wurden.
Auch hier verstehe ich die"Spezialisierung" nicht. In Bolivien kaut jeder Koka, ohne dazu spezialisiert zu sein.
>Beides, Kokain und Aphrodisiaka, wurde wahrscheinlich im Zusammenhang mit religiösen Zeremonien verwendet.
Religiöse Zeremonien deuten auf Hierarchien hin und damit auf ein Oben/Unten-Phänomen, wobei wir schnell wieder bei der Macht sind.
> • Muschelschalen, die ebenfalls offenbar als rituelle Gefäße dienten.
Ich sehe keine speziellen, überdies arbeitsteiligen Künste, um Muschelschalen als Muschelschalen zu haben.
Was für wirkliche Artefakte wurden denn gefunden? Figurinen? Geräte? Werkzeuge?
Was wir haben sind Flöten, Pflanzensamen und Muscheln.
>Alle diese Fundstücke stammten von weither und müssen mitunter über Entfernungen von über 300 Kilometer herangeschafft worden sein.
Wie wurde die gesamte Gegend untersucht? Wir reden von Flöten aus Kondorknochen, Pflanzensamen und Muscheln, die über 300 km (!) weit transportiert wurden. Gibt es dafür eine Erklärung?
>Dies gilt sogar für die Nahrung: Man fand nämlich - mitten in der Wüste - Fischgräten von Meeresfischen. Die entsprechenden Fische konnten nur vom 30 Kilometer entfernten Pazifik gekommen sein.
Um eine 30 km weite Strecke zu überbrücken und dies in einer durchgehend heißen Gegend, muss lange marschiert werden. Wie wurde der Fisch frisch gehalten? Außerdem gab es - siehe unten - doch eigene Süßwasserfische. Warum wurden die nicht genommen?
>Dies alles deutet auf einen blühenden Fernhandel hin.
Wir haben einen blühenden Fernhandel in kleinen Flöten, Pflanzensamen, Muscheln und eventuell Fisch. Könnte der Ausdruck"blühender Fernhandel" dafür vielleicht etwas zu stark sein?
>Die Archäologen, die den Caral-Fund erforschen, beschäftigten sich aber auch mit der Frage, welche Produkte die Einwohner von Caral selbst als Basis für ihre Ernährung und den Fernhandel herstellten. Dabei stießen sie auf hochinteressante Sachverhalte, die die von mir hier schon mehrfach dargelegte Auffassung erstmals empirisch stützen, daß Privateigentum durchaus im Wege endogener Kapitalakkumulation möglich und sogar wahrscheinlich ist; - daß es dazu jedenfalls nicht des Kredites und nicht „der Macht“ bedarf:
>Zunächst entdeckten die Archäologen, daß durch das Caral-Tal einstmals Bäche flossen und daß die Einwohner deren Wasser mittels raffiniert angelegter Gräben zur künstlichen Bewässerung nutzten,
Diese Irrigationssysteme finden wir häufig, auch im westlichen Kulturkreis, ebenfalls im südostasiatischen. Sie sind immer mit Herrschaftsphänomenen verbunden, ich hatte dies am Beispiel von Angkor Vat bereits erläutert, wo eine alte Kultur durch Herrschaft (Bewässerungskenntnisse, Kanal- und Schleusensysteme) entstand. Der Herrscher ließ auch gleich noch die Palastanlage bauen, mit Wasser- und Bewässerungssymbolik und schuf einen Bergkult (Wasser kam von einem Berg, allerdings nicht regelmäßig).
>die den heutigen Wüstenboden in eine höchst fruchtbare Paradies-Landschaft verwandelt hatten. Man fand denn auch Reste einer sehr produktiven Ackerwirtschaft, von der sich immerhin noch Bohnen und Nüsse bis heute erhalten haben.
Mir ist keine Bewässerungskultur bekannt, die nicht herrschaftlich organisiert war. Wenn bewässert wird, ist Wasser knapp und entsprechende sozioökonomische Strukturen sind erforderlich (Zuteilung, Dauer, Menge, Anlage, Felder on und off Water, usw.).
>Am beeindruckendsten in diesem Zusammenhang war jedoch, daß sich überall in Caral, in fast jedem Haus, Unmengen von Baumwollsamen fanden. Die Bewohner von Caral machten daraus feine Gewebe, von denen sich Reste im heißen Wüstensand über fast 5000 Jahre erhalten haben, und natürlich auch Kleider.
Ja, in den präkolumbianischen Kulturen wurden die Kleider in jedem Haus selbst gewebt. Ich habe das mit Leinen und Wolle noch in meiner Jugend in Bauernhäusern erlebt. Die Familien stellten ihre Kleidung selber her.
Vor allem aber fand man Fischernetze aus Baumwolle und zwar sowohl in Caral selbst, wie auch eindeutig identifiziert aus der Produktion in Caral, zig Kilometer entfernt an der Pazifikküste.
Warum zogen die an der Küste nicht selber Baumwolle? Fischernetze zu knüpfen ist so schwer nicht (wir beide können das auch). Die These, die Pazifikleute hätten ihre Netze 30 km entfernt gekauft, halte ich für bizarr. Dann sind wohl auch die Leute, die die Netze jeden Abend ausbesserten, aus Caral gekommen?
>Anders als ich in der mehrfach hier vorgetragenen Geschichte vom Fischer vermutet hatte, der schließlich begann, Fischerboote zu bauen, wodurch er und die ganze Gesellschaft, der er angehörte, (über Skalenerträge) Kapital und Privateigentum akkumulieren konnte, hat sich in der Urgesellschaft im peruanischen Caral mit Sicherheit also folgendes abgespielt:
>Die Einwohner konnten sich in ihrem gut bewässerten und fruchtbaren Gebiet ohne weiteres ernähren. Nun begannen Sie (nicht Fischerboote, sondern) Fischernetze aus Ihrer Baumwolle zu knüpfen und exportierten diesen Exportschlager an die Küste, wo sie diese Fischernetze gegen allerlei Waren, darunter Meeresfische, deren Gräten man dann in Caral fand, tauschten.
Mit Verlaub, jetzt. Wir haben also das Modell:
Caral (kann als einziges Fischernetze herstellen) --- 30 Kilometer Distanz --- Einwohner von Caral nehmen diese Netze --- überbrücken die Distanz --- kaufen an der Küste mit den Netzen Meeresfische (gibt es nur dort) --- gehen die 30 km wieder zurück --- und verzehren bei sich in Caral dann diese Fische.
Und dabei soll es sich um"Skalenerträge" gehandelt haben?
>Der Tausch selbst hat sich wohl so ähnlich abgespielt, wie es Riwe in seinem Beitrag geschildert hat. Gewiß gab es auch irgend eine Art von allgemein anerkanntem „Tauschmittel“, das aber mit „Macht“ und „Abgabenzwang“ nichts zu tun hatte.
>Die Stadt Caral hatte riesige Ausmaße, mit einem Platz in der Mitte und - ich glaube - 6 großen Pyramiden drum herum. Zweifellos gab es also eine Priesterschaft und auch irgendeine Art von (weltlicher) Ordnungsmacht.
Ja, ja, die Priester und die"Ordnungsmacht". Was mag auf dem Platz Statt gefunden haben? Der Tauschplatz für Flöten, Muscheln, Pflanzensamen, Netze und Meeresfische - dürfte es so etwas gewesen sein?
>Aber die Archäologen fanden - wie gesagt - absolut keine Anzeichen dafür, daß diese „Macht“ irgendwie repressiv, also mit „Machtmitteln“, als Forderer von Abgaben in Erscheinung getreten wäre.
Macht muss nicht repressiv sein, und Waffen als Machtmittel braucht sie auch nicht. Der Vatikan ist nicht in dem Sinn bewaffnet, dass die Schweizergarde im Inneren eingesetzt wird. Würde der Vatikan in 3000 Jahren ausgegraben, fände man auch kaum Schweizer Hellebarden.
>Es gab absolut keine Waffen in Caral, die ja zur Durchsetzung der Macht notwendig gewesen wären. Ja, nicht einmal von außen scheint Caral irgendwelchen Bedrohungen ausgesetzt gewesen zu sein, was die Archäologen besonders erstaunte.
Sehr schön. Es gibt - außer in ganz seltenen Ausnahmen, z.B. Tulum, Cuzco - in ganz Amerika nirgends befestigte Anlagen. Was ist bei dem unbefestigten Caral also so besonders?
>Denn sie gingen - in einer Abwandlung Ihrer „Macht-Theorie“, dottore, die die „Macht nach innen“ als Ausgangspunkt der Zivilisationsbildung ansieht, davon aus, daß der „Krieg“ (nach außen) zur Bildung von Zivilisation führt. Wenn diese These aber zutreffen würde, hätte man Wehranlagen und - eben auch Waffen finden müssen. Das war aber nicht der Fall.
Nirgends in Tikal, in Ebna, in Palenque, in Uzmal, in Chitzen Itza, in Monte Alban (ich habe ca. 60 solcher Stätten selbst besucht) finden wir eine einzige Wehranlage oder eine Waffe, die dort"vergessen" wurde.
Ich kenne aber keinen einzigen Wissenschaftler, der diesen Stätten Machtstrukturen mit Abgaben usw. absprechen würde. Die Pyramiden sind immer das zentrale Indiz. Und in Caral haben wir sechs"große".
Insofern finde ich an Caral überhaupt nichts Besonderes, werde mich aber gern mit dem Komplex beschäftigen.
>Epilog:
>Soeben entdecke ich in der NZZ vom Mittwoch, die ich wegen gewisser Verpflichtungen erst heute lese) auf S. 68 folgenden Bericht, der gerade hierher paßt:
>Die ägyptischen Mumien wurden mittels Bitumen einbalsamiert. Nun hätte „die Macht“ in Ägypten eine sehr naheliegende Quelle verfügbar gehabt, wo man das benötigte Bitumen herbekommen hätte können:
>Ägypten hatte seine eigenen Bitumen-Quellen in Abu Durba und in Jabel Zeit. Der aus „Archaeometry“ 44, 285-293, 2002 übernommene Bericht stellt nun aber fest:
>„Trotz ihrer Nähe zu Ägypten war die Bitumenquelle von Abu Durba... überhaupt nicht und diejenige von Jabel Zeit nur selten und in früher Zeit zum Zweck der Gewinnung von Konservierungsmitteln [für die Mumifizierung] ausgebeutet worden.“ Man hatte wie neueste massenspektrometrische Untersuchungen ergaben, das benötigte Bitumen vielmehr vom Toten Meer herangeschafft. „Den Ausschlag für die Wahl des Materials, so vermuten die Forscher, könnten die bessern Handelsverbindungen Ägyptens zu Palästina gegeben haben...“
Handel zwischen Ägypten und Palästina wird nicht bestritten. Nur die Reihenfolge: Erst Handel, dann Macht.
Es war umgekehrt: Erst produziert jeder für sich und die Seinen (evtl. a. Stamm). Macht tritt auf (mit welchen Machtmitteln spielt keine Rolle), erzwingt Leistungen (Abgaben, Pyramidenbau usw.). Abgaben müssen beschafft und falls nicht oder nicht mehr vorhanden, von weit her beschafft werden = Entstehung des bekannten Fernhandels.
>Also wieder die „(privaten) Handelsverbindungen“ und nicht der bessere Zugriff auf eine eigene Rohstoffquelle durch die „Macht“.
>Sorry, daß dieser Bericht Ihrer schönen Theorie (an die ich allerdings ohnehin nie so recht glauben konnte) einen Schlag versetzt.
Na, schaumer mal.
Jedenfalls schönen Dank für den Hinweis auf Caral.
Gruß!
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dottore
01.11.2002, 16:42
@ Dimi
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Re: Aaah, endlich habe ich's kapiert! Die Steinzeit... |
-->...war eine
Spaßgesellschaft!
Sie hatten ganz einfach Spaß daran, sich zu schinden, Bewässerungsanlagen zu graben, zu bauen, wir gießen ja auch unsere Blumen jeden Tag, und legen sogar Teiche an, und den größten Spaß hatten sie damals beim Pyramidenbau.
Denn nichts ist schöner, als in glühender Hitze tonnenschwere Steine übereinander zu stapeln.
Dass ich darauf nicht schon früher gekommen bin...
Gruß!
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Popeye
01.11.2002, 16:46
@ Galiani
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Re: @dottore: Zivilisationen - Selbstorganisation vs. Organisation - mit Link |
-->Hier ein Link zu einer Caral-Sendung bei BBC mit Transscript des Textes 'Text only' oben links auf der BBC site
<ul> ~ http://www.bbc.co.uk/science/horizon/2001/caral.shtml</ul>
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Bob
01.11.2002, 17:09
@ Galiani
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Die Drogen sind der Schlüssel zum Verständnis |
-->Nicht umsonst sagte Marx, dass Religion Opium fürs Volk sei.
Ähnliche Bestrebungen gibt es heute wieder - Stichwort"Prozac" [img][/img].
Grundvoraussetzung: erstmal möglichst viele auf Dope setzen.
Der Schlüssel liegt dann in einer antizyklischen Verschreibungspolitik. Wenn sich die Wirtschaft abschwächt, werden die Patienten auf anregende Mittel umgestellt. In der Überhitzung gibt's dämpfende Mittel.
bob
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Dimi
01.11.2002, 17:15
@ dottore
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Re: Aaah, endlich habe ich's kapiert! Die Steinzeit... |
-->>...war eine
>Spaßgesellschaft!
Das hatte ich nicht behauptet. Aber auch in der steinzeitlichen Gesellschaft gibt es Genußmittel, freie Zeit, Musik, Kultur, Tanz, Zeremoniell usw..
Auch heute gibt es Schulpflicht und Wein. Das eine schließt doch das andere nicht aus.
>Sie hatten ganz einfach Spaß daran, sich zu schinden, Bewässerungsanlagen zu graben, zu bauen, wir gießen ja auch unsere Blumen jeden Tag, und legen sogar Teiche an, und den größten Spaß hatten sie damals beim Pyramidenbau.
Hast Du einen anderen Beitrag gelesen? - Ich schrieb von Bewässerungstechniken, die ja wohl nachweislich den Ernteertrag vervielfachen können (mehrere Ernten pro Jahr, höherer Ertrag pro Fläche, konstante Erträge usw.).
Gruß, Dimi
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Bob
01.11.2002, 17:52
@ Bob
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Ernst Jünger, Tagebucheintragung vom 30. März 1991 |
-->Im 21. Jahrhundert wird der Drogenkonsum noch zunehmen. Diese Voraussage stützt sich auf den Rückzug der Götter und den Triumph der Titanen über den Olymp. Während der Herrschaft der"Eisernen" wächst die Sehnsucht nach dem zeitlosen Sein. Apoll rückt ferner, und das Gedicht wird schwächer; Dionysos erscheint als Titan und spendet Erscheinungen.
Zu erwarten ist aber auch eine Domestizierung der Räusche gleich jener des Weines und seiner Ekstasen, als er aus Indien kam.
Der Adept wird"eingestellt" von Ärzten und Pharmakologen und andereseits von Gurus und Traumführern durch Tabus gehemmt. Er wird zu höherer Einsicht geleitet wie einst durch die Hierophanten der Eleusinien. So wurde auch der Wein dem Exzeß entzogen - sakramental.
Dabei sind Verluste nicht zu vermeiden; sie sind seit jeher normal.
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Bob
01.11.2002, 18:45
@ Bob
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Neulich forderte ein Grüner im Bundestag die Einrichtung einer Transrapid- |
-->Transrapid-Verbindung Berlin-Amsterdam.
Honi soit qui mal y pense...
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Galiani
01.11.2002, 18:55
@ dottore
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@dottore: Viele Fragen |
-->Hallo dottore
Woher soll ich denn das alles wissen?
>>...nach Auffassung der... Wissenschaftler unwiderlegbare Aufschlüsse darüber..., wie sich die frühesten Zivilisationen gebildet haben...
>Ich weiß nicht, warum man immer gleich"unwiderlegbar" sagen muss.
Weiß ich auch nicht! Sie (die Wissenschaftler im Film) haben's halt so gesagt; ich hab mitgeschrieben.
>Woher kommt... der Schluss auf eine"Steinzeit"? Was war denn konkret aus Stein?
Um 2600 Jahre v. Chr. gab's dort nichts anderes als Steinwerkzeuge.
>Es muss offenbar eine Einzelsiedlung gewesen sein...
War es offenbar nicht!
>...[M]it wem wurde gehandelt und warum über extrem weite Distanzen?
Mit den anderen Siedlungen und Menschen im weiten Umkreis.
>Da es...Tempelanlagen gegeben hat, muss es Hierarchien gegeben haben...
Gab es zweifellos! Nur forderten die Oberen den Unteren in Caral offenbar kein standardisiertes Geld als Abgaben ab, wie Sie behaupten, daß es immer und ausnahmslos der Fall gewesen sei. Und offenbar gab es in dieser Ur-Gesellschaft auch Privateigentum, um das sich die Herrscher nicht kümmerten, wobei Sie immer sagen, das sei so nicht möglich!
>Eine Stadt ohne Hierarchie und ergo Herrschaft - wie darf man sie sich vorstellen?
Müssen Sie sich nicht vorstellen! Nur forderten die Oberen den Unteren in Caral offenbar kein standardisiertes Geld als Abgaben ab, wie Sie behaupten, daß es immer und ausnahmslos der Fall gewesen sei. Und offenbar gab es in dieser Ur-Gesellschaft auch Privateigentum, um das sich die Herrscher nicht kümmerten, wobei Sie immer sagen, das sei so nicht möglich!
>Die Menschenopfer gab es in vielen solchen Kulturen nicht.
Richtig! Es gab in Caral keinen Menschenopfer-Kult! Das - und das Nicht-Vorhandensein irgendwelcher Arten von Waffen - belegt, daß die"Macht" nicht repressiv war, d.h. keine willkürliche Gewalt gegenüber den Bürgern ausübte.
>Ich sehe auch nicht, was Menschenopfer mit Machtausübung zu tun haben sollten.
Dann fehlt es Ihnen an Phantasie.
>> • Kleine Flöten aus Kondorknochen
>Warum das eine"Spezialisierung" sein soll, verstehe ich nicht. Ich denke mal, so eine kleine Flöte stellen wir beide auch noch her.
Ich habe Bilder von diesen Flöten in der Dokumentation gesehen. Ich könnte solche Flöten nicht herstellen! Aber ich hätte schon Schwierigkeiten, einen Kondor zu fangen, aus dessen Knochen ich dann eine solche Flöte schnitzen könnte. Ich glaube schon, daß es in diesem Zusammenhang erlaubt ist, von hochentwickelter handwerklicher Spezialisierung zu sprechen, wie das in der Film-Dokumentation geschah (ich habe - wie gesagt - mitgeschrieben). Sie mögen das, so wie vieles, anders sehen! Ich glaube auch, daß der Fertigungsprozeß derartiger Flöten, angefangen beim Fang von Kondoren, arbeitsteilig verlief.
>Wir reden von... Pflanzensamen..., die über 300 km (!) weit transportiert wurden. Gibt es dafür eine Erklärung?
Ja! Die nächsten Kokapflanzen, die man von Caral aus finden kann, wachsen 300 km entfernt.
>Um eine 30 km weite Strecke zu überbrücken... muss lange marschiert werden. Wie wurde der Fisch frisch gehalten?
Keine Ahnung. Aber nur die abgenagten Gräten werden die Caral-Einwohner schon nicht 30 km weit mitgenommen haben.
>Außerdem gab es... doch eigene Süßwasserfische. Warum wurden die nicht genommen?
Das ist"Luxus", der eben mit hoher Produktivität, Kapitalbildung und entsprechendem Wohlstand einhergeht; alles Dinge, die es bei Ihnen angeblich nur gibt, wenn"die Macht" die Bürger abzokkt und diese sich verschulden. In Caral hingegen gab's zwar eine"Macht", sie hat die Bürger aber offenbar nicht abgezokkt, ihnen ihr Eigentum nicht beschnitten und Kredit gab's - mangels staatlich-standardisiertem Geld - offensichtlich auch nicht.
>Wir haben einen blühenden Fernhandel in kleinen Flöten, Pflanzensamen, Muscheln und eventuell Fisch. Könnte der Ausdruck"blühender Fernhandel" dafür vielleicht etwas zu stark sein?
Keineswegs! Sie vergessen bei Ihrer Aufzählung wohlweislich einen weiteren, sehr schlagkräftigen Beleg, nämlich die Fischernetze aus Baumwolle, die von den Caral-Einwohnern exportiert wurden.
>>Zunächst entdeckten die Archäologen, daß durch das Caral-Tal einstmals Bäche flossen und daß die Einwohner deren Wasser mittels raffiniert angelegter Gräben zur künstlichen Bewässerung nutzten,
>Diese Irrigationssysteme finden wir häufig...
Ja, klar! Sie sind offenbar eine Voraussetzung dafür, daß sich eine Zivilisation herausbilden kann. Wal hatte unlängst darauf hingewiesen.
>Diese Irrigationssysteme... sind immer mit Herrschaftsphänomenen verbunden, ich hatte dies am Beispiel von Angkor Vat...
Irrigationssysteme mögen"mit Herrschaftsphänomenen verbunden sein" wie"in Angkor Vat", nur forderten die Herrscher in Caral den Unteren, obwohl diese durch solche Bewässerungssysteme produktiver wurden und Privateigentum bilden konnten, offenbar kein standardisiertes Geld als Abgaben ab, wie Sie behaupten, daß es immer und ausnahmslos der Fall gewesen sei. Und offenbar gab es in dieser Ur-Gesellschaft eben auch Privateigentum, um das sich die Herrscher nicht kümmerten, wobei Sie immer sagen, das sei so nicht möglich!
>Warum zogen die an der Küste nicht selber Baumwolle?
Interessante Frage! Wahrscheinlich weil sie keine Bewässerung oder keine Baumwollsamen hatten; oder beides. Sie sind der Historiker! Finden Sie's raus!
>Caral (kann als einziges Fischernetze herstellen) --- 30 Kilometer Distanz --- Einwohner von Caral nehmen diese Netze --- überbrücken die Distanz --- kaufen an der Küste mit den Netzen Meeresfische (gibt es nur dort) --- gehen die 30 km wieder zurück --- und verzehren bei sich in Caral dann diese Fische. Und dabei soll es sich um"Skalenerträge" gehandelt haben?
Na klar! Ein Fischernetz macht den Fischer produktiver. Und da sich - J.-B. Say hin, Popeye her - jede Mehrproduktion ihren Absatz sucht und findet, werden bei diesem Vorgang alle Beteiligten wohlhabender. (Ich hab's versucht, Ihnen mit dem Bau von Fischerbooten zu erklären; da haben Sie behauptet es ginge nicht! Jetzt sagen Sie, der Vorgang gehe zwar offensichtlich, führe aber nicht zu"Skalenerträgen". Mein Gott, Sie machen's mir wirklich schwer!)
Und plötzlich wenden Sie sich um 180 Grad und sagen:
>Macht muss nicht repressiv sein, und Waffen als Machtmittel braucht sie auch nicht.
Aha! Die Bürger lassen sich also ganz freiwillig und ohne jeden Widerstand und ohne daß sie durch Waffengewalt dazu gezwungen wären, die Leistung von Abgaben in standardisiertem Geld aufzwingen und ihr privates, erworbenes Eigentum konfiszieren. Das kann ich nicht glauben!
>Ich kenne... keinen einzigen Wissenschaftler, der diesen Stätten [Tikal, in Ebna, in Palenque, in Uzmal, in Chitzen Itza, in Monte Alban ] Machtstrukturen mit Abgaben usw. absprechen würde.
In Caral gab es das offensichtlich nicht! Sie finden an Caral"nichts Besonderes"? Ich schon.
Gruß
G.
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Euklid
01.11.2002, 19:09
@ Galiani
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Re: @dottore: Viele Fragen |
-->>Hallo dottore
>Woher soll ich denn das alles wissen?
>>>...nach Auffassung der... Wissenschaftler unwiderlegbare Aufschlüsse darüber..., wie sich die frühesten Zivilisationen gebildet haben...
>>Ich weiß nicht, warum man immer gleich"unwiderlegbar" sagen muss.
>Weiß ich auch nicht! Sie (die Wissenschaftler im Film) haben's halt so gesagt; ich hab mitgeschrieben.
>
>>Woher kommt... der Schluss auf eine"Steinzeit"? Was war denn konkret aus Stein?
>Um 2600 Jahre v. Chr. gab's dort nichts anderes als Steinwerkzeuge.
>
>>Es muss offenbar eine Einzelsiedlung gewesen sein...
>War es offenbar nicht!
>>...[M]it wem wurde gehandelt und warum über extrem weite Distanzen?
>Mit den anderen Siedlungen und Menschen im weiten Umkreis.
>
>>Da es...Tempelanlagen gegeben hat, muss es Hierarchien gegeben haben...
>Gab es zweifellos! Nur forderten die Oberen den Unteren in Caral offenbar kein standardisiertes Geld als Abgaben ab, wie Sie behaupten, daß es immer und ausnahmslos der Fall gewesen sei. Und offenbar gab es in dieser Ur-Gesellschaft auch Privateigentum, um das sich die Herrscher nicht kümmerten, wobei Sie immer sagen, das sei so nicht möglich!
>
>>Eine Stadt ohne Hierarchie und ergo Herrschaft - wie darf man sie sich vorstellen?
>Müssen Sie sich nicht vorstellen! Nur forderten die Oberen den Unteren in Caral offenbar kein standardisiertes Geld als Abgaben ab, wie Sie behaupten, daß es immer und ausnahmslos der Fall gewesen sei. Und offenbar gab es in dieser Ur-Gesellschaft auch Privateigentum, um das sich die Herrscher nicht kümmerten, wobei Sie immer sagen, das sei so nicht möglich!
>
>>Die Menschenopfer gab es in vielen solchen Kulturen nicht.
>Richtig! Es gab in Caral keinen Menschenopfer-Kult! Das - und das Nicht-Vorhandensein irgendwelcher Arten von Waffen - belegt, daß die"Macht" nicht repressiv war, d.h. keine willkürliche Gewalt gegenüber den Bürgern ausübte.
>
>>Ich sehe auch nicht, was Menschenopfer mit Machtausübung zu tun haben sollten.
>Dann fehlt es Ihnen an Phantasie.
>
>>> • Kleine Flöten aus Kondorknochen
>>Warum das eine"Spezialisierung" sein soll, verstehe ich nicht. Ich denke mal, so eine kleine Flöte stellen wir beide auch noch her.
>Ich habe Bilder von diesen Flöten in der Dokumentation gesehen. Ich könnte solche Flöten nicht herstellen! Aber ich hätte schon Schwierigkeiten, einen Kondor zu fangen, aus dessen Knochen ich dann eine solche Flöte schnitzen könnte. Ich glaube schon, daß es in diesem Zusammenhang erlaubt ist, von hochentwickelter handwerklicher Spezialisierung zu sprechen, wie das in der Film-Dokumentation geschah (ich habe - wie gesagt - mitgeschrieben). Sie mögen das, so wie vieles, anders sehen! Ich glaube auch, daß der Fertigungsprozeß derartiger Flöten, angefangen beim Fang von Kondoren, arbeitsteilig verlief.
>
>>Wir reden von... Pflanzensamen..., die über 300 km (!) weit transportiert wurden. Gibt es dafür eine Erklärung?
>Ja! Die nächsten Kokapflanzen, die man von Caral aus finden kann, wachsen 300 km entfernt.
>
>>Um eine 30 km weite Strecke zu überbrücken... muss lange marschiert werden. Wie wurde der Fisch frisch gehalten?
Wie hält man Fisch frisch?
Ganz einfach indem man ihn räuchert!!!
Ich denke schon daß man damals keine tragbare Tiefkühltruhe hatte und der Strom nicht aus der Steckdose kam;-)
Es gäbe aber auch noch die intelligente Methode des starken Salzens der Fische.
Gruß EUKLID
|
Galiani
01.11.2002, 19:12
@ Euklid
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BRAVO, Euklid! Du bist halt der Praktiker! Liebe Grüße und schönen Abend! (owT) |
-->
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Euklid
01.11.2002, 19:33
@ Galiani
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Re: BRAVO, Euklid! Du bist halt der Praktiker! Liebe Grüße und schönen Abend! (owT) |
-->Hallo Galiani
Als alter Fischer hat man da schon ein paar Patentrezepte.
Die Fischer nehmen manchmal einen Eimer und lassen die Fische einfach schwimmen.
Mit einem Thunfisch würde das natürlich etwas schwierig sein;-)
Aber ich denke schon daß die mit Feuer anständig umgehen konnten.
Geräucherter Fisch hält relativ lange.
Als ich in Spanien mit meinem Schwiegervater 30 Stunden im Hafen von Denia gefischt habe war zwar mein Fußrücken verbrannt aber der Fisch war noch voll in Ordnung.Ich glaube den Fischen ging es besser als mir;-)
Von morgens um 5 Uhr bis am nächsten Tag 11 Uhr.
In dieser Zeit dürfte man 30 km spielend bewältigen.
Schönen Abend noch und ich hoffe sie erfreuen sich bester Gesundheit.
In den Stauseen in Spanien gibt es wahrlich Riesenfische.
Da sind dann schon Kaliber die an 1m heranreichen.
Hatt man so einen Glückswurf rausgezogen kann sofort Feierabend gemacht werden.
Gruß EUKLID
|
Galiani
01.11.2002, 21:15
@ Euklid
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Ich hab' trotz einiger Versuche mit meinem Sohn noch NIE einen Fisch gefangen:( (owT) |
-->
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dottore
02.11.2002, 15:26
@ Dimi
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Re: Pyramidenbau Zeitvertreib wie Skatspielen? |
-->>>...war eine
>>Spaßgesellschaft!
>Das hatte ich nicht behauptet. Aber auch in der steinzeitlichen Gesellschaft gibt es Genußmittel, freie Zeit, Musik, Kultur, Tanz, Zeremoniell usw..
Na klar, schreibt sogar die BILD-Zeitung (erste Party, gefunden anhand von Steinzeitzeichnungen 40.000 Jahre ist's her, in Indien).
Nur was hat das mit Wirtschaft, also Eigentum, Geld, Zins, Termin, Titel, Erfüllungsdruck usw. zu tun? Und vor allem mit Zwangsabgaben?
>Auch heute gibt es Schulpflicht und Wein. Das eine schließt doch das andere nicht aus.
Nein.
>>Sie hatten ganz einfach Spaß daran, sich zu schinden, Bewässerungsanlagen zu graben, zu bauen, wir gießen ja auch unsere Blumen jeden Tag, und legen sogar Teiche an, und den größten Spaß hatten sie damals beim Pyramidenbau.
>Hast Du einen anderen Beitrag gelesen? - Ich schrieb von Bewässerungstechniken, die ja wohl nachweislich den Ernteertrag vervielfachen können (mehrere Ernten pro Jahr, höherer Ertrag pro Fläche, konstante Erträge usw.).
Ja Bewässerungstechniken erhöhen die Erträge. Nur was sollte ich mit mehr Erträgen, wenn ich jeden Tag nur 1 Kilo Getreide verzehren kann? Ich spare Zeit, sonst nichts. Und kann länger in der Sonne liegen und Bier trinken (erfunden von den Sumerern by the way, die Sumpf-Araber gibt's bis heut dort, gleich Hütten, Kleidung, Gewohnheiten usw.).
Der Bewässerung kommt nicht als"solche", sondern (zahlreiche Studien dazu) aus Zwang (Bevölkerungsdruck o.ä.) und per Know-how von Leuten, die mit diesem Wissen dann Herrschaft ausüben.
Das war schon bei den Priestern so, die berechnen konnte, wann das Wasser kam, usw.
Der Schlauere ist doch nicht schlau, um mit seiner Schlauheit den anderen, das Leben zu verschönern. Er will selbst was davon haben - das schöne Leben eben. Der Malocher bleibt immer der Malocher, Bewässerung hin oder her.
Hierarchien dienen den Hierarchen, nicht dem Volk.
Ich finde, Dimi, du hängst euleusischen Träumen ach, so nach dem Motto, allen geht's immer besser und früher gings allen so gar noch viel besser. Und vor lauter Übermut, weil es ihnen so gut ging, haben sie sich on top noch so schöne Sachen wie die Pyramiden"leisten" können.
Der Parymidenbau - eigentlich so was wie eine Vorform von Tanz, Spiel, Blumengirlanden oder Skat vielleicht?
Gruß!
|
dottore
02.11.2002, 16:02
@ Galiani
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Re: Friedenswirtschaft mit und ohne Wallanlagen - wie geht denn das? |
-->Hi Galiani,
>
>>Woher kommt... der Schluss auf eine"Steinzeit"? Was war denn konkret aus Stein?
>Um 2600 Jahre v. Chr. gab's dort nichts anderes als Steinwerkzeuge.
Aber man hat sie nicht gefunden - oder? Womit wird datiert? Dendro, C14?
>
>>Es muss offenbar eine Einzelsiedlung gewesen sein...
>War es offenbar nicht!
Wo war die nächste? Die 30 km entfernte Küsten"siedlung"? Wie sah die aus? Auch Pyramiden usw.?
>>...[M]it wem wurde gehandelt und warum über extrem weite Distanzen?
>Mit den anderen Siedlungen und Menschen im weiten Umkreis.
Mit welchen Siedlungen und bitte wo? Menschen"im weiten Umkreis"? Waren es freie Bauern? Mussten sie an Caral Abgaben leisten? Gab es in Caral einen Markt? Was wurde auf dem"großen Platz" gefunden?
>
>>Da es...Tempelanlagen gegeben hat, muss es Hierarchien gegeben haben...
>Gab es zweifellos! Nur forderten die Oberen den Unteren in Caral offenbar kein standardisiertes Geld als Abgaben ab, wie Sie behaupten, daß es immer und ausnahmslos der Fall gewesen sei.
Das habe ich nie behaupten, wie Sie wissen. Die ersten standardisiwerte Abgaben wa in Mesopotamien Getreide, Rauschgetränke, Sklaven usw. - siehe ausführlichste Postings und die Nissen-Forschungen (FU Berlin).
Ich behaupte: Es gab nach dem Eintritt von Macht in die Geschichte, immer Abgaben (logisch, das ist der Sinn von Machtausübung) und die Abgaben wurden schließlich standardisiert ---> Metall.
>Und offenbar gab es in dieser Ur-Gesellschaft auch Privateigentum, um das sich die Herrscher nicht kümmerten, wobei Sie immer sagen, das sei so nicht möglich!
Privateigentum an Grund und Boden? Nur um dieses Eigentum geht es, beim Start in das Wirtschaften, denn nur darauf waren Titel zu fertigen. Oft genug und ausführlichst beschrieben und dar gestellt.
>
>>Eine Stadt ohne Hierarchie und ergo Herrschaft - wie darf man sie sich vorstellen?
>Müssen Sie sich nicht vorstellen! Nur forderten die Oberen den Unteren in Caral offenbar kein standardisiertes Geld als Abgaben ab, wie Sie behaupten, daß es immer und ausnahmslos der Fall gewesen sei. Und offenbar gab es in dieser Ur-Gesellschaft auch Privateigentum, um das sich die Herrscher nicht kümmerten, wobei Sie immer sagen, das sei so nicht möglich!
Erstens: Hierarchien fordern Abgaben, sonst sind es keine. Zweitens: Die Abgaben sind standardisiert (weil sie ja nicht von jedem einzeln anders und in Sonderform gefordert wurden). Drittens: Das hat mit Geld nichts zu tun. Viertes: Gab es Privateigentum an Grund und Boden, musste der von der Hierarchie (Macht) besichert sein (Grundbuch usw.), weil sich sonst jeder andere auf das Feld jedes anderen hätte setzen können. Fünftens: Diese Hierarchie-Ausübung kostete und führte deshalb stracks zur Abgabe bzw. deren Erhöhung.
Ich verstehe wirklich nicht, wie diese simple Abfolge nicht verständlich und nachvollziehbar rüber kommt.
>
>>Die Menschenopfer gab es in vielen solchen Kulturen nicht.
>Richtig! Es gab in Caral keinen Menschenopfer-Kult! Das - und das Nicht-Vorhandensein irgendwelcher Arten von Waffen - belegt, daß die"Macht" nicht repressiv war, d.h. keine willkürliche Gewalt gegenüber den Bürgern ausübte.
Von repressiver Macht ist keine Rede und diese hat auch nichts mit Menschenopfern zu tun. Die Rede ist von Hierarchien und Besicherungen - dieses kostet und dafür müssen Abgaben her. Hierarchien und Besicherungen sind Machtausübungen. Irgendjemand hat doch wohl den Befehl zum ersten Spatenstich gegeben oder hat man - jeder so für sich - drauf los gbaut, die Kanäle, die Pyramiden? Warum hat sich eigentlich nicht jeder seine private Pyramide gebaut? Warum gibt's nur sechs?
>
>>Ich sehe auch nicht, was Menschenopfer mit Machtausübung zu tun haben sollten.
>Dann fehlt es Ihnen an Phantasie.
Soll das ein Argument sein?
>
>>> • Kleine Flöten aus Kondorknochen
>>Warum das eine"Spezialisierung" sein soll, verstehe ich nicht. Ich denke mal, so eine kleine Flöte stellen wir beide auch noch her.
>Ich habe Bilder von diesen Flöten in der Dokumentation gesehen. Ich könnte solche Flöten nicht herstellen! Aber ich hätte schon Schwierigkeiten, einen Kondor zu fangen, aus dessen Knochen ich dann eine solche Flöte schnitzen könnte. Ich glaube schon, daß es in diesem Zusammenhang erlaubt ist, von hochentwickelter handwerklicher Spezialisierung zu sprechen, wie das in der Film-Dokumentation geschah (ich habe - wie gesagt - mitgeschrieben). Sie mögen das, so wie vieles, anders sehen! Ich glaube auch, daß der Fertigungsprozeß derartiger Flöten, angefangen beim Fang von Kondoren, arbeitsteilig verlief.
Der Kondor wird gefangen? Das will ich gern mal sehen. Und aus den Knochen eines toten Kondors keine Flötchen herstellen können (wir haben es mit Röhrenknochen zu tun, schließlich war's ein Vogel) - also das mache ich als jemand, der keinen Nagel in die Wand kriegt, innerhalb einer Woche.
>
>>Wir reden von... Pflanzensamen..., die über 300 km (!) weit transportiert wurden. Gibt es dafür eine Erklärung?
>Ja! Die nächsten Kokapflanzen, die man von Caral aus finden kann, wachsen 300 km entfernt.
Woher weiß man, was vor 2500 Jahren in der Gegend gewachsen ist? Womit kann man das Wachsen von Kokapflanzen ausschließen? Abgesehen davon: Wurde Koka mit Hilfe von Kondorflötchen eingetauscht? Hat man die Flötchen 300 km entfernt gefunden? Was aus Caral hat man 300 km entfernt gefunden?
>
>>Um eine 30 km weite Strecke zu überbrücken... muss lange marschiert werden. Wie wurde der Fisch frisch gehalten?
>Keine Ahnung. Aber nur die abgenagten Gräten werden die Caral-Einwohner schon nicht 30 km weit mitgenommen haben.
Hauptsache, es haben sich"fundierte" Wissenschaftler darüber Gedanken gemacht und alles gesendet. Wie kommt Fisch in großer Hitze 30 km weit?
>
>>Außerdem gab es... doch eigene Süßwasserfische. Warum wurden die nicht genommen?
>Das ist"Luxus", der eben mit hoher Produktivität, Kapitalbildung und entsprechendem Wohlstand einhergeht; alles Dinge, die es bei Ihnen angeblich nur gibt, wenn"die Macht" die Bürger abzokkt und diese sich verschulden. In Caral hingegen gab's zwar eine"Macht", sie hat die Bürger aber offenbar nicht abgezokkt, ihnen ihr Eigentum nicht beschnitten und Kredit gab's - mangels staatlich-standardisiertem Geld - offensichtlich auch nicht.
Wovon lebte die Macht? War's ein steuerfreier Zustand? Was passierte, wenn die Steuern nicht bezahlt wurden? Strafe: Eine Stunde lang Flöte spielen?
>>Wir haben einen blühenden Fernhandel in kleinen Flöten, Pflanzensamen, Muscheln und eventuell Fisch. Könnte der Ausdruck"blühender Fernhandel" dafür vielleicht etwas zu stark sein?
>Keineswegs! Sie vergessen bei Ihrer Aufzählung wohlweislich einen weiteren, sehr schlagkräftigen Beleg, nämlich die Fischernetze aus Baumwolle, die von den Caral-Einwohnern exportiert wurden.
Die werden 30 km weit geschleppt, und dann gegen Meeresfisch getaucht - das ist doch das Modell. Was passiert nach dem ersten Fischfang? Das Netz hat ein Loch. Der Fischnetzhersteller aus Caral wurde dann zur Reparatur eingeflogen? Fischer die Netze ausbesser, aber nicht herstellen können?
>
>>>Zunächst entdeckten die Archäologen, daß durch das Caral-Tal einstmals Bäche flossen und daß die Einwohner deren Wasser mittels raffiniert angelegter Gräben zur künstlichen Bewässerung nutzten,
>>Diese Irrigationssysteme finden wir häufig...
>Ja, klar! Sie sind offenbar eine Voraussetzung dafür, daß sich eine Zivilisation herausbilden kann. Wal hatte unlängst darauf hingewiesen.
Zivilisaton ohne Hierarchie und Macht? Das zentrale Kennzeichen von Zivilisation ist das"Zivilisiertsein" - wer hat dafür gesorgt, dass es"zivilisiert" zuging?
>
>>Diese Irrigationssysteme... sind immer mit Herrschaftsphänomenen verbunden, ich hatte dies am Beispiel von Angkor Vat...
>Irrigationssysteme mögen"mit Herrschaftsphänomenen verbunden sein" wie"in Angkor Vat", nur forderten die Herrscher in Caral den Unteren, obwohl diese durch solche Bewässerungssysteme produktiver wurden und Privateigentum bilden konnten, offenbar kein standardisiertes Geld als Abgaben ab, wie Sie behaupten, daß es immer und ausnahmslos der Fall gewesen sei. Und offenbar gab es in dieser Ur-Gesellschaft eben auch Privateigentum, um das sich die Herrscher nicht kümmerten, wobei Sie immer sagen, das sei so nicht möglich!
Privateigentum, um das sich die Herrschaft nicht kümmert? Gut, dann nimmt's der Nachbar weg und sagt Danke.
Das mit dem Geld wird immer unterschoben, ich hatte ausdrücklich Abgabe gesagt, die standardisiert werden muss, da jeder Abgebende dem anderen gleicht und ja nicht von jedem einzelnen eine andere Abgabe gefordert werden kann. Zur Zivilisation zählt auch das Phänomen der"Gerechtigkeit" und die bezieht sich zunächst auf die"Gleichheit vor dem Gesetz", und dies war als erstes das Abgabengesetz.
Die Macht hätte sonst gar nicht zu weiteren Gesetzen schreiten können, mangels Mittel...
>
>>Warum zogen die an der Küste nicht selber Baumwolle?
>Interessante Frage! Wahrscheinlich weil sie keine Bewässerung oder keine Baumwollsamen hatten; oder beides. Sie sind der Historiker! Finden Sie's raus!
Ich könnte dort graben. Überlegung.
>
>>Caral (kann als einziges Fischernetze herstellen) --- 30 Kilometer Distanz --- Einwohner von Caral nehmen diese Netze --- überbrücken die Distanz --- kaufen an der Küste mit den Netzen Meeresfische (gibt es nur dort) --- gehen die 30 km wieder zurück --- und verzehren bei sich in Caral dann diese Fische. Und dabei soll es sich um"Skalenerträge" gehandelt haben?
>Na klar! Ein Fischernetz macht den Fischer produktiver.
Aberr doch nicht den Netzhersteller 30 km von der Küste entfernt.
>Und da sich - J.-B. Say hin, Popeye her - jede Mehrproduktion ihren Absatz sucht und findet, werden bei diesem Vorgang alle Beteiligten wohlhabender.
Sie findet leider nicht, wie oft genug abgeleitet. Aber davon abgesehen ist die reighenfolge eben Herstellzwang (Abgabe) --> Surplus --> Einfallsreichtum der Abgabenverpflichteten, den Surplus möglichst ökonomisch 8Skalen!) zu erwirtschaften. Das ist doch das nachvollziehbarest ökonomische Modell überhaupt.
>(Ich hab's versucht, Ihnen mit dem Bau von Fischerbooten zu erklären; da haben Sie behauptet es ginge nicht! Jetzt sagen Sie, der Vorgang gehe zwar offensichtlich, führe aber nicht zu"Skalenerträgen". Mein Gott, Sie machen's mir wirklich schwer!)
>
>Und plötzlich wenden Sie sich um 180 Grad und sagen:
>>Macht muss nicht repressiv sein, und Waffen als Machtmittel braucht sie auch nicht.
>Aha! Die Bürger lassen sich also ganz freiwillig und ohne jeden Widerstand und ohne daß sie durch Waffengewalt dazu gezwungen wären, die Leistung von Abgaben in standardisiertem Geld aufzwingen und ihr privates, erworbenes Eigentum konfiszieren. Das kann ich nicht glauben!
In Abgabenstandards, es ist nun mal so. Leistung wird abgezwungen, das ist genau der Sinn der Macht. Und wenn ich sie hätte, würde ich es ganz genau so machen.
>
>>Ich kenne... keinen einzigen Wissenschaftler, der diesen Stätten [Tikal, in Ebna, in Palenque, in Uzmal, in Chitzen Itza, in Monte Alban ] Machtstrukturen mit Abgaben usw. absprechen würde.
>In Caral gab es das offensichtlich nicht! Sie finden an Caral"nichts Besonderes"? Ich schon.
Ich nicht. Außerdem haben sie jetzt schon zwei"Friedensökonomien" vorgeführt - die eine ohne Befestigunganlagen (Caral), die zweite mit solchen (Mohenjo Daro) - nun müssen Sie sich nur noch entscheiden, welche"friedlicher" war.
Von den Pyramiden und Tempeln, von der Vorratshäusern usw ganz zu schweigen.
Gruß!
|
dottore
02.11.2002, 16:15
@ Popeye
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Re: Viele Dank für den Link und Frage: |
-->Wazu brauchten sie Pyramiden - die sind ja ziemlich groß?
Friedlich leben und sein Räuscherl ausschlafen kann man auch im Gebüsch.
Wenn dies die"mother city" ist, nur Frieden, Freude, Tanz und Spiel - warum
a) ging Caral unter
b) wurde es nicht nachgeahmt
c) kam in in Folge-Cities zu just jenen Ausformungen, die wir heute als Machtphänome betrachten.
Im übrigen darf ich darauf hinweisen, dass wir ganz Mexiko und Guatemala voller Runinenstädte Modell Caral haben, in denen wir keinerlei Waffen gefunden haben, keinerlei Befestigungsanlagen, dafür jede Menge Pyramiden - waren dies dann auch Friedeszentren?
Und sei das Paradies selbst konzediert, mit friedlichstem Miteinander unter Perma-Schalmeienklang: Warum haben sich diese"Zivilisationen" nicht weiter entwickelt, was machte die Menschen so böse, dass sie sich aus diesen Paradiesen verabschiedeten?
Technisches Unvermögen kanns nicht sein, dann wer ein Netz knüpfen und sogar Fische räuchern und diese außerdem über 30 km weit tragen kann, dem fällt doch noch mehr ein.
Unzufriedenheit kanns auch nicht sein. Denn mehr an schönem freien Friedensleben geht nicht.
Feinde warens auch nicht, dazu zu weit weg und keinerlei Befestigungen.
Wer kann helfen?
Gruß!
|
Dimi
02.11.2002, 16:57
@ dottore
|
Re: Pyramidenbau Zeitvertreib wie Skatspielen? - Nein, Projekt wie Mondflug |
-->Hallo Dottore,
>Ja Bewässerungstechniken erhöhen die Erträge. Nur was sollte ich mit mehr Erträgen, wenn ich jeden Tag nur 1 Kilo Getreide verzehren kann?
Das ist doch der Clou. Anstatt zum tausendsten Male Mais zu essen, gibt es Fisch mit Mais und Gemüse. Und statt im Lendenschurz rumzulaufen, trägt man farbige gewebte Kleidung.
Der zweite Vorteil der Bewässerung ist die Sicherheit (über konstante Erträge und Vorratshaltung der Überschüsse). Nun muß man in Trockenphasen die Orte nicht mehr aufgeben, was Grundvoraussetzung für aufwendige Bauten ist.
>Der Bewässerung kommt nicht als"solche", sondern (zahlreiche Studien dazu) aus Zwang (Bevölkerungsdruck o.ä.)
Wieso sorgte die letzten Jahrhunderte der Bevölkerungsdruck in Kambodscha nicht für die Wiedereinführung der Bewässerungstechniken? Stattdessen sind auch heute die Erträge weit geringer als damals.
Bevölkerungsdruck sorgt für Wanderungsbewegungen und Hungertod.
Bewässerungstechniken sorgen für Wohlstand und Sicherheit, und damit für geringere Kindersterblichkeit, weniger Infantizide und vermehrten Zuzug.
Ich bestreite im übrigen weder Priesterschaft noch Herrschaft, sondern die Bdeutung, die Du ihnen ursächlich beimißt. Das hat mit Skatspielen nichts zu tun.
Gruß, Dimi
<ul> ~ www.seasonalcharts.de</ul>
|
Galiani
02.11.2002, 17:00
@ dottore
|
Bitte, was sind 'euleusische Träume'? @dottore, @Dimi |
-->Hallo dottore
Sie werfen Dimi vor:
>Ich finde, Dimi, du hängst euleusischen Träumen nach...
Keine Ahnung, was das sein soll. In den mir zugänglichen Wörterbüchern gibt es das Wort"eleusisch" nicht.
Und genauso nebulös kommen mir auch Ihre sonstigen Bemerkungen vor:
Was schimmert denn da um Gottes Willen für eine Ballermann-Lebensauffassung bei Ihnen durch, mit der sie das Entstehen von Hochkulturen erklären wollen, wenn Sie beispielsweise schreiben:
>...was sollte ich mit mehr Erträgen, wenn ich jeden Tag nur 1 Kilo Getreide verzehren kann? Ich spare Zeit, sonst nichts. Und kann länger in der Sonne liegen und Bier trinken...
Sie haben mich vor einiger Zeit beschuldigt, den Jungen in unserem Forum durch allzu saloppe Äußerungen einen falschen Weg zu weisen. (Das nehme ich Ihnen immer noch übel!) Aber was immer ich damals auch gesagt haben mag, es kann gar nicht so gewöhnlich gewesen sein, wie die Anschauungen, die Sie hier von sich geben.
Oder meinen Sie's am Ende doch nicht ernst? Ihre nachfolgende Bemerkung könnte man jedenfalls so interpretieren, daß Sie doch nicht so ausschließlich der Meinung sind, daß"in der Sonne liegen und Bier trinken", alles ist, was Menschen mit Produktivitätsfortschritten anzufangen wissen:
>..Der Schlauere ist doch nicht schlau, um mit seiner Schlauheit den anderen, das Leben zu verschönern. Er will selbst was davon haben - das schöne Leben eben....
Wobei Sie natürlich offenlassen, worin das"schöne Leben" denn bestehen soll: - Etwa doch im"in der Sonne liegen und Bier trinken"?
Verehrter dottore! Was mich jedenfalls betrifft, kann ich Ihrer Ansicht unmöglich folgen, daß Menschen überhaupt nur unter Zwang etwas leisten, etwas vollbringen, darin eingeschlossen, die Schaffung von Vermögen und Eigentum. Eine goldene Medaille bei Olympischen Spielen oder auch nur ein gewonnener sonstiger Wettkampf, die erfolgreiche Erziehung von Kindern zu reifen, leistungsfähigen Menschen, der Aufbau eines erfolgreichen Unternehmens, auf das man stolz sein kann, die gelungene Durchführung eines Projektes - das alles sind doch Vorgänge, die m. E. am besten ohne Zwang zuwege gebracht werden. Die Vorstellung, daß solche Dinge nur unter Zwang geschehen und daß die Menschen sie unterlassen würden, wenn kein Zwang auf sie ausgeübt würde, ist doch einfach Unsinn, entbehrt jeder Grundlage der Lebenserfahrung und erscheint mir schlichtweg aberwitzig! Deshalb halte ich auch Ihren folgenden Satz an Dimi für vollkommen falsch:
>...Der Bewässerung kommt nicht als"solche", sondern... aus Zwang... und per Know-how von Leuten, die mit diesem Wissen dann Herrschaft ausüben [Bedeutung zu]....
Gruß
G.
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Popeye
02.11.2002, 17:12
@ dottore
|
Caral |
-->>Wer kann helfen?
>Gruß!
Hallo, obwohl schon 1905 (?) als ‚site' entdeckt sind die Erkenntnisse bisher rudimentär aus drei Gründen:
- Chronischer Geldmangel und geringes Interesse der Behörden
- Eifersüchtiges Abdrängung anderer Teams durch die Dame ‚in charge'.
- Soweit hat man auch keine Anzeichen für Schriftzeichen gefunden so dass die Erkenntnisse in ihrer Eindeutigkeit wohl ohnehin hinter denen von Mesopotamien zurückbleiben werden.
Caral_1
<a href=http://www.fmnh.org/museum_info/press/press_hass.htm>Caral_2</a>
<a href=http://www.smithsonianmag.si.edu/smithsonian/issues02/aug02/caral.html>Caral_3</a>
<a href=http://www.perutoyou.com/news0224a.htm>Caral_4</a>
<a href=http://www.archaeologychannel.org/caralint.html>Caral-5</a>
<a href=http://www.csmonitor.com/2002/0103/p11s1-woam.html>Caral_6</a>
<a href=http://www.unknowncountry.com/news/?id=1152>Caral_7</a>
|
Popeye
02.11.2002, 18:17
@ Galiani
|
Von euleusischen Träumen |
-->>Keine Ahnung, was das sein soll. In den mir zugänglichen Wörterbüchern gibt es das Wort"eleusisch" nicht.
In den berühmten Euleusischen Mysterien, die zu den wichtigsten Mysterien in
der Antike gehörten, spielte Persephone und ihr Mythos die Hauptrolle.
|
Popeye
02.11.2002, 19:03
@ Popeye
|
Re: Von euleusischen Träumen - und Rechtschreibung - richtig wohl: eleusisch (owT) |
-->
|
Galiani
02.11.2002, 21:20
@ dottore
|
@dottore Antworten (obwohl ich der falsche Adressat für Ihre Späßchen bin) |
-->Hallo
Zu einigen Ihrer Fragen:
>>>Woher kommt... der Schluss auf eine"Steinzeit"? Was war denn konkret aus Stein?
>>Um 2600 Jahre v. Chr. gab's dort nichts anderes als Steinwerkzeuge.
>Aber man hat sie nicht gefunden - oder? Womit wird datiert? Dendro, C14?
Ich verweise auf meine Links zu"Caral" und insbesondere auf den
Bericht eines Mitarbeiters der Uni Leipzig
Offensichtlich wurde mit der C14 Methode datiert.
In der"Universum"-Doku im österr. Fernsehen wurde gesagt, daß gefundenes Holz, das in Caral offenbar als Baumaterial diente, dafür herangezogen wurde.
>>>Es muss offenbar eine Einzelsiedlung gewesen sein...
>>War es offenbar nicht!
>Wo war die nächste? Die 30 km entfernte Küsten"siedlung"? Wie sah die aus? Auch Pyramiden usw.?
In der Umgebung von Caral gibt es noch etliche (18?) kleinere Siedlungen. Außerdem ist Peru - wie Sie ja selbst schreiben - voll von urzeitlichen Fundstätten, deren Ursprünge sicherlich weit zurückreichen. Über die Küsten"siedlung" weiß ich nichts.
>>>...[M]it wem wurde gehandelt und warum über extrem weite Distanzen?
>>Mit den anderen Siedlungen und Menschen im weiten Umkreis.
>Mit welchen Siedlungen und bitte wo? Menschen"im weiten Umkreis"? Waren es freie Bauern? Mussten sie an Caral Abgaben leisten? Gab es in Caral einen Markt? Was wurde auf dem"großen Platz" gefunden?
Ja, das müssen Sie schon alles selbst herausfinden! Abgaben mußten jedenfalls offenbar keine - oder doch nur in sehr bescheidenem Maß - geleistet werden. Denn sonst hätte es Waffen geben müssen, mit denen die Abgaben eingetrieben wurden. Auf dem Marktplatz könnte ein reger Handel mit den Küstenbewohnern stattgefunden haben, die mit ihren Krustentieren, Muscheln und Fischen (Reste von all dem wurden in reichlichem Maß gefunden) und wahrscheinlich noch sehr vielem anderen nach Caral kamen (wie, das ist wieder Ihre Sache. Euklid hilft Ihnen dabei gerne auf die Sprünge) um hier gegen ihre Güter Ackerbauprodukte einzutauschen.
>Ich behaupte: Es gab nach dem Eintritt von Macht in die Geschichte, immer Abgaben (logisch, das ist der Sinn von Machtausübung) und die Abgaben wurden schließlich standardisiert ---> Metall.
Ich halte Ihre Auffassung - wie Sie wissn - für allzu simpel, für zu wenig differenziert, zu wenig durchdacht und für unrichtig.
Insbesondere, daß sich ...nach dem Eintritt von Macht in die Geschichte, immer Abgaben [ergheben hätten]... und die Abgaben... schließlich standardisiert [wurden und daß damit ausnahmslos die Einführung des Geldes einherging] ---> Metall... [sowie daß die Abgabenerhebung überhaupt] logisch, der Sinn von Machtausübung sei, das alles halte ich für im höchsten Maße fragwürdig.
Ich werde mir erlauben, eine kurze Zusammenfassung der Begründung dieser meiner Ansicht separat zu posten.
>Privateigentum an Grund und Boden? Nur um dieses Eigentum geht es...
Plötzlich...!? Woher plötzlich diese - eigentlich unlogische - Unterscheidung. Entweder gab es Privateigentum oder nicht. Wenn es Privateigentum gab, dann natürlich an beweglichen und unbeweglichen Sachen. Sie bringen da schon wieder eine feinsinnige Unterscheidung unserer heutigen Rechtsordnung in ein Bild der Früh- und Vorgeschichte ein. Ich halte diese ganze Theorie von Ihnen für im höchsten Maße anzweifelbar.
In meinem separaten Posting, das ich soeben zu diesem Thema angekündigt habe, werde ich auch darauf eingehen.
>Erstens: Hierarchien fordern Abgaben, sonst sind es keine.
Das ist - mit Verlaub - unrichtig. Die frühe Gruppe von Jägern und Sammlern hatte einen Häuptling und somit eine zentrale"Macht". Diese forderte aber keineswegs"Abgaben". In meinem separaten Posting, das ich soeben zu diesem Thema angekündigt habe, werde ich auch darauf eingehen.
>Hierarchien und Besicherungen sind Machtausübungen. Irgendjemand hat doch wohl den Befehl zum ersten Spatenstich gegeben...
Die Erklärung für diesen Sachverhalt findet sich (wenn es sich nicht um Sklavenarbeit handelte, was aber offenbar nicht der Fall war) zwanglos in der Darstellung von Julian Jaynes. Die Sache dürfte sich so zugetragen haben, wie Wal das neulich am Beispiel des Baus der ägyptischen Pyramiden geschildert hat.
Ich sehe aber immer noch nicht, wie Sie die angeblich zwingende logische Verknüpfung zwischen Staatsmacht, die Pyramiden bauen läßt, und Ihrer Theorie, daß jede Staatsmacht das Geld erfindet, damit die Bürger die von Ihnen geforderten Abgaben zahlen können, zu konstruieren gedenken. Das eine hat doch mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Es sei denn, Sie deklarieren das Pyramidenbauen, das wohl rituellen Zwecken diente, als"Abgabe". Die war dann aber eben nicht standardisiert und kein Geld, sondern ein Opfer an die Götter. - Natürlich! - Machtausübung im weitesten Sinn! Aber keine"Erfindung des standardisierten Geldes" und auch keine"Begründung des Individualeigentums durch die Macht", wie Sie nicht müde werden zu betonen, daß es historisch gelaufen sein müsse.
Sie fragen vorwurfsvoll:
>"Soll das ein Argument sein?", wenn ich Menschenopfer mit Machtausübung in Verbindung bringe!
NEIN, dottore, NATÃœRLICH NICHT. WIR BEIDE WISSEN DOCH GANZ GENAU, DASS SICH DIE VIELEN ALS MENSCHENOPFER HINGESCHLACHTETEN, GANZ FREIWILLIG FÃœR DIESE BELUSTIGUNG ZUR VERFÃœGUNG GESTELLT HABEN.
Sagen Sie: Wollen Sie eigentlich vernünftig mit mir diskutieren oder Kasperle spielen?
Noch eine letzte Ihrer Fragen:
>...aus den Knochen eines toten Kondors keine Flötchen herstellen können (wir haben es mit Röhrenknochen zu tun, schließlich war's ein Vogel) - also das mache ich als jemand, der keinen Nagel in die Wand kriegt, innerhalb einer Woche.
Na dann los! Ich prüfe dann, ob Sie die Frequenzen und Tonfärbungen erreichen, die hier beschrieben sind.
Die Antworten auf Ihre weiteren Fragen müssen Sie sich schon selber suchen. Daß Ihnen die Sache nicht gefällt (weil sie Ihre Theorie zum Einsturz bringt) verstehe ich.
Daß Sie meiner Meinung nach mit Ihren"Fragen" (die Sie sich ja großteils selbst beantworten) bloß meine Zeit vergeuden, bitte ich Sie zu verstehen.
Gruß
G.
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ITOma
02.11.2002, 21:25
@ dottore
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Der Untergang des Paradieses |
-->>Und sei das Paradies selbst konzediert, mit friedlichstem Miteinander unter Perma-Schalmeienklang: Warum haben sich diese"Zivilisationen" nicht weiter entwickelt, was machte die Menschen so böse, dass sie sich aus diesen Paradiesen verabschiedeten?
>Technisches Unvermögen kanns nicht sein, dann wer ein Netz knüpfen und sogar Fische räuchern und diese außerdem über 30 km weit tragen kann, dem fällt doch noch mehr ein.
>Unzufriedenheit kanns auch nicht sein. Denn mehr an schönem freien Friedensleben geht nicht.
>Feinde warens auch nicht, dazu zu weit weg und keinerlei Befestigungen.
>Wer kann helfen?
Hallo Dottore,
Vielleicht geben die Ãœberlieferungen der mittelamerikanischen Indianer ein paar Hinweise.
Das Popol Vuh, die Geschichte der Quiché-Maya (heutiges Guatemala) von der Schöpfung bis zur Eroberung durch die Spanier, hat eine Episode, die dazu passen könnte: Die Geschichte von den göttlichen Zwillingen. Ich beziehe mich auf die Übersetzung von Wolfgang Cordan aus dem Quiché ins Deutsche (Diederichs Gelbe Reihe, 8.Auflage 1993, S. 62-77).
Kurzfassung:
Die große Urmutter Ixmucané lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen Einsjäger und Siebenjäger zusammen. Siebenjäger ist unverheiratet, Einsjäger hat zwei Söhne, Einsaffe und Einsmeister, die auch bei den Eltern und Großeltern leben.
Diese beiden Söhne waren"Wahrsager","Flötenspieler(!), Sänger, Blasrohrschützen, Maler, Bildhauer, Gemmenschneider, Silberschmiede. All das waren Einsaffe und Einsmeister. Einsjäger und Siebenjäger verbrachten die Tage mit Würfelspiel und Ballspiel." (Cordan, S. 54)
Dies Ballspiel ist das zeremonielle Ballspiel, für das es in jeder Mayastadt Plätze gab. Das ärgert die Herren der Unterwelt, und sie fordern Einsjäger und Siebenjäger zu einem Ballspiel in der Unterwelt heraus. Dort werden Einsjäger und Siebenjäger getötet, aber Einsjäger zeugt posthum Zwillinge mit einem Mädchen aus der Unterwelt. Dieses Mädchen flieht vor der Rache ihres Vaters zu der Urmutter Ixmucané, die sie zunächst nicht als Schwiegertochter anerkennen will. Erst als sie wie durch ein Wunder viel Mais herbeischafft, wo vorher nur eine Pflanze war(!), akzeptiert sie zähneknirschend das Mädchen und ihre Zwillinge. Aber sie werden nie als gleichrangig angesehen.
"Diese taten nichts als mit dem Blasrohr auszuziehen, Tag für Tag. Geliebt waren sie nicht, weder von der Großmutter noch von Einaffe und Einsmeister. Man gab ihnen erst zu essen, wenn das Mahl beendet war und Einsaffe, Einsmeister gespeist hatten.... Jeden Tag brachten sie ihre Vögel heim, und Einsaffe, Einsmeister aßen sie auf, ohne [ihnen] etwas abzugeben." (!)(Cordan, S.68)
Eines Tages rebellieren die beiden Zwillinge, indem sie Einsaffe und Einsmeister in eine Falle locken und in Affen verwandeln(!). Etwas später erfahren sie von dem Ballspiel, bei dem ihr Vater und Onkel umgekommen waren. Die Großmutter hatte die Ballspielrüstungen versteckt, damit nicht noch mehr Nachkommen dadurch umkommen, und um sie abzulenken, schicken sie Großmutter und Mutter zum Fluß um Wasser zu holen. Die Zwillinge hatten aber vorher den Krug verzaubert, so daß immer wieder das Wasser auslief (!). Als sie die Rüstungen gefunden und versteckt hatten, gingen sie zum Fluß, wo Mutter und Großmutter sich bemühten, mit den lecken Krügen Wasser zu schöpfen.
"Sogleich stopften sie das Loch. Und zusammen kehrten sie heim. Jene aber gingen ihrer Ahnin voran (!)." (Cordan, S.77)
Verschiedenes könnte da Hinweise geben:
1.Die Enkel sind offenbar sehr geschickte Handwerker, Künstler (Flötenspieler!) und Wahrsager.
2. Die Großmutter hat anfangs deutlich"die Hosen an" -> matriarchale Gesellschaft.
3. Die Söhne sind Blasrohrjäger, von Maisanbau ist zunächst nicht die Rede.
4. Das Mädchen, das von Einsjäger schwanger ist, kommt als verachtete Fremde ins Haus der Großmutter -> Hinweis auf fremde Bevölkerungsteile, die aus Not in der Gesellschaft leben, aber nur geduldet sind, solange sie Nahrungsmittel herbeischaffen.
5. Diese Fremden bringen den Maisanbau mit.
6. Diese Fremden und ihre gemischten Nachkommen (die Zwillinge) müssen Abgaben oder Frondienst leisten, um geduldet zu werden. Die Zwillinge müssen jagen, die Mutter muß Mais anbauen.
7. Die Rebellion beginnt damit, daß die Zwillinge die Kultur und Kunst der matriarchalen Gesellschaft lächerlich machen (die Verwandlung in Affen, im Popol Vuh ist das noch deutlicher ausgeführt).
8. Schließlich machen sie das Bewässerungssystem unbrauchbar (der undichte, nicht zu reparierende Krug!).
9. Und zwar, um das vergessene und verbotene Kulturgut ihrer Väter (Ballspiel) in Besitz zu nehmen.
9. Am Ende übernehmen sie die Herrschaft, die von nun an patriarchal ist (die jungen Männer haben Vortritt vor der Großmutter).
Es zeichnet sich vielleicht ein Hergang ähnlich wie bei Israel in Ägypten ab: Leute von weither flüchten sich in die Stadt, werden aber nur widerwillig als Bürger zweiter Klasse aufgenommen und müssen Frondienste oder Abgaben leisten, um bleiben zu dürfen.
Der Unterschied zwischen der Bibel und dem Popol Vuh ist, daß es keinen Exodus gibt, sondern eine Machtübernahme a) durch Kulturkampf und b) durch Sabotieren des Bewässerungssystems.
So könnte es vielleicht in Caral gewesen sein (meine laienhaften Überlegungen).
Was meinen Sie?
Gruß
ITOma
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ITOma
02.11.2002, 21:50
@ Popeye
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Re: Caral |
-->
>- Eifersüchtiges Abdrängung anderer Teams durch die Dame ‚in charge'.
Das ist wohl nur die halbe Wahrheit:
"The American press quoted Drs. Haas and Creamer extensively, making it appear they were leading the team even though their work at the site was limited to collecting the samples for dating. And US funds never materialized.
Haas did propose $50,000 in support if Shady would agree to let him and his wife pursue their research in the area. She refused.
"I think it's an... unequal relationship," she says."There are many benefits for the professionals abroad." Little, if any, trickles down to local archaeologists. Haas points out that the US government will only fund archaeological research abroad if an American plays a lead role.
"There are always problems with this kind of arrangement," says Betty Meggers, a research associate and anthropologist at the Smithsonian Institution who has worked for years with Shady and other Latin American archaeologists."North Americans are always going to be dominant."
Zitiert aus:
>Caral_6
Kein Forscher, egal ob männlich oder weiblich, kann zulassen, daß andere den Ruhm und die Förderung einheimsen, indem sie die Ergebnisse seiner Arbeit als die eigenen ausgeben. Und hier war so etwas ja schon vorgekommen. Kein Wunder, daß Frau Shady jetzt vorsichtig ist.
Gruß
ITOma
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Popeye
02.11.2002, 22:06
@ ITOma
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Re: Caral |
-->Hallo, @ITOma, Ich verstehe Deinen Einwand, obwohl nur von"leading the team" die Rede ist und die 'site' nun schon 100 Jahre bekannt ist. Dazu sind Verträge da. Wenn Shady kein Geld hat und mit"Soldaten" Ausgragungen machen muß, dann opfert sie doch auch ihrer Eitelkeit wegen, Ergebnisse, die unter anderen Grabungsumständen schneller und besser zu Tage kommen könnten.
Der von @Galiani gepostete deutsche Bericht signalisiert doch das gleiche Thema!?
Einigen wir uns, dass solche Eitelkeit regelmäßig ein schlechter Ratgeber ist und schlechtere oder langsamere Ergebnisse produziert.
Grüße Popeye
>>- Eifersüchtiges Abdrängung anderer Teams durch die Dame ‚in charge'.
>Das ist wohl nur die halbe Wahrheit:
>"The American press quoted Drs. Haas and Creamer extensively, making it appear they were leading the team even though their work at the site was limited to collecting the samples for dating. And US funds never materialized.
>Haas did propose $50,000 in support if Shady would agree to let him and his wife pursue their research in the area. She refused.
>"I think it's an... unequal relationship," she says."There are many benefits for the professionals abroad." Little, if any, trickles down to local archaeologists. Haas points out that the US government will only fund archaeological research abroad if an American plays a lead role.
>"There are always problems with this kind of arrangement," says Betty Meggers, a research associate and anthropologist at the Smithsonian Institution who has worked for years with Shady and other Latin American archaeologists."North Americans are always going to be dominant."
>Zitiert aus:
>>Caral_6
>Kein Forscher, egal ob männlich oder weiblich, kann zulassen, daß andere den Ruhm und die Förderung einheimsen, indem sie die Ergebnisse seiner Arbeit als die eigenen ausgeben. Und hier war so etwas ja schon vorgekommen. Kein Wunder, daß Frau Shady jetzt vorsichtig ist.
>Gruß
>ITOma
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Galiani
02.11.2002, 22:46
@ Popeye
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Du hältst mich regelmäßig für bekloppter als ich bin: Es heißt 'eleusinische..' |
-->Und was"eleusinische Mysterien" (sorry, euleusisch war bloß ein tippfehler!) mit dottores"eleusischen Träumen" zu tun haben und was letztere überhaupt sind, weiß ich trotz Deiner bekümmerten Advokatenarbeit immer noch nicht!
Gruß
G.
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Popeye
02.11.2002, 23:04
@ Galiani
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Re: Du hältst mich regelmäßig für bekloppter als ich bin: Es heißt 'eleusinische..' |
-->Für bekloppt gerade nicht, aber der Gedanke an unhöflich kommt mir machnmal schon in den Sinn....., aber das kann man auch einfach überlesen, so wichtig ist's ja wirklich nicht...
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dottore
03.11.2002, 12:09
@ ITOma
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Re: Vielen Dank - die 'Zwillingsgeschichten' |
-->
>Hallo Dottore,
>Vielleicht geben die Ãœberlieferungen der mittelamerikanischen Indianer ein paar Hinweise.
Hi ITOma!
Dieser Hinweis auf Popol Vuh ist sehr wertvoll und ich danke vielmals.
Wir haben diese seltsame Zwillings- oder Brüdergeschichten sehr häufig.
Abel und Kain (klassischer Zwist zwischen große Flächen benötigendem Viehzüchter, sofern er nicht mehr nomadisiert und dem Ackerbauer - bis hin zu den modernen"Western").
Romulus und Remus (der erste will Eigentum abstecken -"roma quadrata" - der andere springt über die Grenzen und lacht nd wird erschlagen).
Esau läst sich sein"Erstgebutsrecht" für ein Linsengericht abschwatzen. Dieses recht kann nur in Eigentümer-Vererbungsgesellschaften eine Rolle spielen.
Zum"Anerbenrecht" gibt es vermutlich auch Stellen in der Edda und ähnlichen frühen Traditionen. Überhaupt ist die Legalisierung des Erben ("heres" = anspruchsberechtigter Erbe) von großer Bedeutung. Mit der"Taufe" wurde der Erbe als"legitim" anerkannt ("Taufzeugen" bzw."-paten" bis heute).
Warum ist Castor sterblich, sein Zwilling Pollux unsterblich? Ein Hinweis auf Vergängliches (Leben) und Unvergängliches (Land)? Erinnert an natürliche und juristische Personen.
(...)
>Verschiedenes könnte da Hinweise geben:
>1.Die Enkel sind offenbar sehr geschickte Handwerker, Künstler (Flötenspieler!) und Wahrsager.
>2. Die Großmutter hat anfangs deutlich"die Hosen an" -> matriarchale Gesellschaft.
Wichtig! Matrilineare Gesellschaften halten sich rätselhafterweise über eine bestimmte"Schwelle" hinaus nicht (siehe Dido, die Karthago gründet und sich tötet, als Aeneas sie verlässt - war Aeneas mehr als ihr Lover, ist er ein Symbol für Macht?).
>3. Die Söhne sind Blasrohrjäger, von Maisanbau ist zunächst nicht die Rede.
>4. Das Mädchen, das von Einsjäger schwanger ist, kommt als verachtete Fremde ins Haus der Großmutter -> Hinweis auf fremde Bevölkerungsteile, die aus Not in der Gesellschaft leben, aber nur geduldet sind, solange sie Nahrungsmittel herbeischaffen.
>5. Diese Fremden bringen den Maisanbau mit.
Ebenfalls ein zentraler Moment! Der Ur-Mais kommt angeblich aus der Küstenregion von Santa Cruz. Dort landeten die Olmeken ("Großkopf"-Kultur), die dann schnell westwärts zogen. Solche"Quantensprünge" werden auch in Mesopotamien vermutete, wo das Getreide entdeckt worden sein soll.
Wer Feldbau betreibt, muss sesshaft sein bzw. bewegt sich viel langsamer als der Nomade.
>6. Diese Fremden und ihre gemischten Nachkommen (die Zwillinge) müssen Abgaben oder Frondienst leisten, um geduldet zu werden. Die Zwillinge müssen jagen, die Mutter muß Mais anbauen.
>7. Die Rebellion beginnt damit, daß die Zwillinge die Kultur und Kunst der matriarchalen Gesellschaft lächerlich machen (die Verwandlung in Affen, im Popol Vuh ist das noch deutlicher ausgeführt).
>8. Schließlich machen sie das Bewässerungssystem unbrauchbar (der undichte, nicht zu reparierende Krug!).
>9. Und zwar, um das vergessene und verbotene Kulturgut ihrer Väter (Ballspiel) in Besitz zu nehmen.
>9. Am Ende übernehmen sie die Herrschaft, die von nun an patriarchal ist (die jungen Männer haben Vortritt vor der Großmutter).
Das sind durchaus schlüssige Ablauf-Deutungen. Ich versuche, mehr darüber in Erfahrung zu bringen.
>Es zeichnet sich vielleicht ein Hergang ähnlich wie bei Israel in Ägypten ab: Leute von weither flüchten sich in die Stadt, werden aber nur widerwillig als Bürger zweiter Klasse aufgenommen und müssen Frondienste oder Abgaben leisten, um bleiben zu dürfen.
Die Stadtflucht bedeutet Landflucht. Vom Land flieht man, wenn man dort allmählich seine Existenzgrundlage verliert ("Stadtluft macht frei" - das Entstehen von Groß-Paris, weil die Landleute der"taille" - Grundsteuer - entkommen wollten). Von einer Fron zur anderen? Kann sein, müsste untersucht werden. In Städte, die mit Zwangsansiedlungen arbeiten ("Oberstadt"- bzw."Burg"-Phänomen) stand man nicht besser da, aber vielleicht war es auch eine Frage der Abwägung: Muss ich beim Grundherrn mehr bluten oder unter dem Stadtfürsten?
>Der Unterschied zwischen der Bibel und dem Popol Vuh ist, daß es keinen Exodus gibt, sondern eine Machtübernahme a) durch Kulturkampf und b) durch Sabotieren des Bewässerungssystems.
Die Sabotage der Irrigation hat was. Anderseits gingen die meisten Irrigationssysteme unter, weil sie schlicht versandeten plus Bodensalz-Problem.
>So könnte es vielleicht in Caral gewesen sein (meine laienhaften Überlegungen).
>Was meinen Sie?
Interessanter Aspekt. Wir hätten dann auch gleich eine Erklärung für vieles weiter nördlich: Das überall fast schlagartige Ende der präkolumbianischen Kulturen. Sie wären dann nicht per Zerstörung der zentralen Großanlagen verschwunden, auch nicht per allgemeinem Kampf plus Gemetzel, sondern durch Zerstörung der Bewässerungsanlagen, vielleicht hätte auch die"Brunnenvergiftung" genügt.
Viel Stoff zum weiteren Forschen, besten Dank und Gruß!
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dottore
03.11.2002, 12:31
@ Dimi
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Re: Mondflug - ach, der war privat finanziert? Gab's Dividenden der NASA Inc.? (owT) |
-->
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Dimi
03.11.2002, 13:36
@ dottore
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Re: Dividenden der NASA und Skatspiele |
-->Lieber Dottore,
ich möchte daran erinnern dürfen, daß die Argumentation um die Entwicklung von Bewässerungstechniken kreiste.
Wie schon im Vorbeitrag (151418) erwähnt, bestreite ich Herrschaft nicht, lediglich die kausalen Zusammenhänge. These ist also nicht, die daß Pyramiden privatwirtschaftlich erstellt wurden, weshalb der Hinweis auf die Dividenden der NASA so nicht greifen kann.
Gruß, Dimi
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Jochen
03.11.2002, 14:32
@ Dimi
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Re: Dividenden der NASA und Skatspiele |
-->Welchen Sinn hatte dann der Hinweis auf die Pyramiden?
Gruß
Jochen
>Lieber Dottore,
>ich möchte daran erinnern dürfen, daß die Argumentation um die Entwicklung von Bewässerungstechniken kreiste.
>Wie schon im Vorbeitrag (151418) erwähnt, bestreite ich Herrschaft nicht, lediglich die kausalen Zusammenhänge. These ist also nicht, die daß Pyramiden privatwirtschaftlich erstellt wurden, weshalb der Hinweis auf die Dividenden der NASA so nicht greifen kann.
>Gruß, Dimi
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dottore
03.11.2002, 15:30
@ Dimi
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Re: Was ist stärker: Freiwilligkeit oder Zwang? |
-->>Lieber Dottore,
>ich möchte daran erinnern dürfen, daß die Argumentation um die Entwicklung von Bewässerungstechniken kreiste.
Es geht nicht um die Entwicklung von Techniken, sondern deren Applikation. Wer hat in welcher Form Bewässerungssysteme im großen Stil angewendet:
a) Herrscher (Finanzierung: Abgaben)
b) private Unternehmer (Finanzierung: Profits)
c) Wer oder was sonst - und das wie?
>Wie schon im Vorbeitrag (151418) erwähnt, bestreite ich Herrschaft nicht, lediglich die kausalen Zusammenhänge.
Der kausale Zusammenhang Herrschaft -->Abgabe --> Zwang zur Abgabenerwirtschaftung wird demnach bestritten?
Läuft also dann - wie immer - auf die Frage hinaus:
Was ist stärker - Freiwillige Mehrproduktion (über Bedarf plus Vorrat plus Geschenke, Protz, usw. hinaus mit anschließendem Suchen und Finden und Tasten und Tauschen erst einiger, dann von immer mehr, die sich diesem Prozess schließlich aufgrund von"Einsicht" hingeben und ihn schließlich mit Hilfe von"Tauschmitteln" zu optimieren versuchen) oder
Zwang zu dieser Mehrproduktion, sie sofort und schlagartig einsetzt und zwar für alle im Zugriffsbereich der Herrschaft, ob sie wollen oder nicht.
>These ist also nicht, die daß Pyramiden privatwirtschaftlich erstellt wurden, weshalb der Hinweis auf die Dividenden der NASA so nicht greifen kann.
Vielleicht hülfe eine Pyramiden-Bilanz weiter?
Aktiv: Pyramide (Größe, Umfang, Stein usw. bewertet in irgendeiner Einheit) - was stünde auf der Passivseite?
Noch interessanter wäre eine G+V, für ein Jahr, für 30 Jahre.
Auch eine Kapitalkoeffizienten-Rechnung hätte bei diesen"frühen" Investitionen etwas für sich.
Irgendwer muss bei Irrigationen & Pyramiden gewirtschaftet haben, sonst gäbe es sie nicht.
Wer hat also wie gewirtschaft?
Gruß!
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Dimi
03.11.2002, 17:49
@ dottore
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Re: Was ist stärker: Freiwilligkeit oder Zwang? |
-->Lieber Dottore,
wir können jetzt natürlich über die Organisationsform spekulieren, die zum Pyramidenbau führte bei einem Volk, das kaum Spuren hinterlassen hat. Aus diesem Grund geht mir auch die Schlußfolgerung aus dem Fehlen von Waffenfunden auf das Nichtvorhandensein von Krieg oder Herrschaft zu weit. Zwar gibt es kriegsfreie Völker (zumindest phasenweise), aber heutige Indianer sind kriegerisch.
>>ich möchte daran erinnern dürfen, daß die Argumentation um die Entwicklung von Bewässerungstechniken kreiste.
>Es geht nicht um die Entwicklung von Techniken, sondern deren Applikation. Wer hat in welcher Form Bewässerungssysteme im großen Stil angewendet:
>a) Herrscher (Finanzierung: Abgaben)
>b) private Unternehmer (Finanzierung: Profits)
>c) Wer oder was sonst - und das wie?
Heutige Völker, die sich ohne Herrscher organisieren, gibt es bis etwa tausend Menschen. Ob ein genossenschaftliches Projekt dieser Größe so durchzuführen ist? Gräber in Großpyramiden wären in jedem Fall Indiz für Herrscher.
>Der kausale Zusammenhang Herrschaft -->Abgabe --> Zwang zur Abgabenerwirtschaftung wird demnach bestritten?
Bestritten wird Abgabe->Geld, Abgabe->Zins, Abgabe->moderne Zivilisation, Abgabe->Wirtschaftswachstum und Abgabe->Arbeitsteilung. Habe ich was vergessen? ;-)
>Läuft also dann - wie immer - auf die Frage hinaus:
>Was ist stärker - Freiwillige Mehrproduktion (über Bedarf plus Vorrat plus Geschenke, Protz, usw. hinaus mit anschließendem Suchen und Finden und Tasten und Tauschen erst einiger, dann von immer mehr, die sich diesem Prozess schließlich aufgrund von"Einsicht" hingeben und ihn schließlich mit Hilfe von"Tauschmitteln" zu optimieren versuchen) oder
Nicht"Einsicht", das besser wiederveräußerbare setzt sich durch
>Zwang zu dieser Mehrproduktion, sie sofort und schlagartig einsetzt und zwar für alle im Zugriffsbereich der Herrschaft, ob sie wollen oder nicht.
Esse ich freiwillig oder tue ich es aus dem Zwang, nicht verhungern zu wollen? - Abgabenzwang kann nur eines von mehreren Motiven sein.
Weshalb hast Du Dich eigentlich entschlossen, zu arbeiten? Wegen der Steuer? Du hättest Dich nach relativ kurzer Zeit zur Ruhe setzen können, für ein Pfund Maismehl täglich braucht man keine hohen Ersparnisse.
Gruß, Dimi
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dottore
04.11.2002, 18:36
@ Dimi
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Re: Das Freiwilligkeits-Modell der Wirtschaft |
-->Hallo Dimi,
>Bestritten wird Abgabe->Geld, Abgabe->Zins, Abgabe->moderne Zivilisation, Abgabe->Wirtschaftswachstum und Abgabe->Arbeitsteilung. Habe ich was vergessen? ;-)
Also dann darf ich das Dimi-Modell so sehen:
Abgabe / Geld: Es gab ein Vor-Abgabengeld. Das haben die"Privaten" untereinander"entwickelt", um ihre Transaktionen zu"erleichtern". Lange, nachdem dieses Geld"kursierte" kam die Herrschaft (Macht o.ä.) auf die"Idee", sich der Einfachheit halber an diesem Geld zu bedienen (statt Leistungen oder Waren direkt abzufordern) und damit"nichts schief geht", hat die Herrschaft dann auch gleich das Geld"markiert", um es vor Fälschungen zu Lasten einzelner Privater zu schützen. Selbst hat die Herrschaft dann aber das Geld regelmäßig"verschlechtert" (Münzbetrug bis hin zu Fiat Money usw.).
Abgabe / Zins: Der Zins ergibt sich bei privaten Geschäften und beginnt mit dem"verzögerten Tausch". Dabei enthüllt sich"irgendwie" so etwas wie ein"natürlicher" oder"Ur"-Zins, der"vorher" schon in der menschlichen Natur"angelegt", aber noch nicht zu sehen war. Ob und dass sich jemand Geld zum Zweck einer terminlich fixierten Abgabe beschaffen muss und dafür zwangsläufig bereit ist, ein Aufgeld zu bezahlen, spielt für die Zinsentstehung keine Rolle. Auch die nicht rechtzeitige Zahlungen von gegen Einkünfte aus Abgaben verbrieften Schulden der Abgabenherrschaft führen über den Disagio- Renditemechanismus nicht zum ersten Zins.
Abgabe / Fortschritt: Der Forschritt ergibt sich aus dem allgemeinen, im Menschen seit Anbeginn"verankerten" Gefühl, mehr und besser zu leisten, um dafür seinerseits mit mehr und besseren Leistungen (über"Tausch") belohnt zu werden. Der Versuch, in Menge und Termin fest stehende Abgaben dadurch zu minimieren, dass man die Abgabe produktiver erwirtschaftet und sich dabei entsprechenden"Fortschritt" einfallen lässt, spielt keine zivilisationsursächliche Rolle.
Abgabe / Wirtschaftswachstum: Das zweite ermöglicht das erste, nicht umgekehrt. Demnach gibt es sowohl die Basis des Wirtschaftens (Eigentum, Rechte) und die Regelung wirtschaftlicher Abläufe (Vertagserfüllung, -Sicherungen, Vollstreckungen) auf einer Art"Konsens-Basis" lange bevor es Abgaben gibt, die für entsprechende"Manpower" sorgten, damit Basis und Ablauf überhaupt gewährleistet werden konnten. Die These"Ohne Steuern kein Einkommen" (hier vor kurzem diskutiert) ist a priori falsch.
Abgabe / Arbeitsteilung: Arbeitsteilung entsteht"als solche" und bedarf keiner vertraglichen (und ergo via Herrschaft schutzbedürftigen) Abläufe. Die früheste Form der Arbeitsteilung, die Abfolge Produzent - Kaufmann - Händler, dient nicht dem Ziel, just jenen jene Güter zu beschaffen, die sie als vorgeschriebene Abgaben leisten, sondern dazu, jedem möglichst gleichermaßen das Leben zu verschönern und zu erleichtern.
Ist diese Interpretation in etwa richtig?
Gruß!
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Dimi
04.11.2002, 21:04
@ dottore
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Re: Das Freiwilligkeits-Modell der Wirtschaft |
-->Hallo Dottore,
>Abgabe / Geld: Es gab ein Vor-Abgabengeld.
Ja
>Das haben die"Privaten" untereinander"entwickelt", um ihre Transaktionen zu"erleichtern".
Sie haben bestimmte Waren lieber angenommen als andere, und diese auch weiterveräußert.
>Lange, nachdem dieses Geld"kursierte" kam die Herrschaft (Macht o.ä.) auf die"Idee", sich der Einfachheit halber an diesem Geld zu bedienen (statt Leistungen oder Waren direkt abzufordern)
Wann danach ist sehr unterschiedlich, noch vor wenigen Jahrhunderten zahlten die Bauern in Europa mit Hähnen.
>und damit"nichts schief geht", hat die Herrschaft dann auch gleich das Geld"markiert", um es vor Fälschungen zu Lasten einzelner Privater zu schützen.
Standardisierung bezieht anfänglich sich auf Gewicht und auf die Qualität, beides Prozesse, die bei Privaten beginnen.
Bezüglich des Staates, der die endgültige Standardisierung durchsetzt, vermute ich eine Mischmotivation. Zum einen den Profit aus der Münzemission, zum anderen Handelserleichterungen und Streitvermeidung.
>Selbst hat die Herrschaft dann aber das Geld regelmäßig"verschlechtert" (Münzbetrug bis hin zu Fiat Money usw.).
Historisch ist der Ablauf wohl so, man wäre nicht auf die Idee gekommen, mit Fiat Money zu beginnen -"Verschlechtert" ist aus der Sicht des Warengeldes.
>Abgabe / Zins: Der Zins ergibt sich bei privaten Geschäften und beginnt mit dem"verzögerten Tausch". Dabei enthüllt sich"irgendwie" so etwas wie ein"natürlicher" oder"Ur"-Zins, der"vorher" schon in der menschlichen Natur"angelegt", aber noch nicht zu sehen war.
Ohne Zins leihe ich mir kostenfrei eine Ziegenherde und habe Milch und Käse gratis ;-)
Der Zins ist also da, aber er wird anfangs kulturell unterdrückt bzw. ergibt sich aufgrund der Produktions- und Wirtschaftsweise nicht (z.B. Jagen und Sammeln).
"verzögerten Tausch": Tauschen und Leihen treten parallel auf, ich setzte keine Präferenz.
>Ob und dass sich jemand Geld zum Zweck einer terminlich fixierten Abgabe beschaffen muss und dafür zwangsläufig bereit ist, ein Aufgeld zu bezahlen, spielt für die Zinsentstehung keine Rolle. Auch die nicht rechtzeitige Zahlungen von gegen Einkünfte aus Abgaben verbrieften Schulden der Abgabenherrschaft führen über den Disagio- Renditemechanismus nicht zum ersten Zins.
Nein, Abgaben sind einer von mehreren Anlässen der Darlehensaufnahme.
>Abgabe / Fortschritt: Der Forschritt ergibt sich aus dem allgemeinen, im Menschen seit Anbeginn"verankerten" Gefühl, mehr und besser zu leisten, um dafür seinerseits mit mehr und besseren Leistungen (über"Tausch") belohnt zu werden. Der Versuch, in Menge und Termin fest stehende Abgaben dadurch zu minimieren, dass man die Abgabe produktiver erwirtschaftet und sich dabei entsprechenden"Fortschritt" einfallen lässt, spielt keine zivilisationsursächliche Rolle.
Kaum.
>Abgabe / Wirtschaftswachstum: Das zweite ermöglicht das erste, nicht umgekehrt.
Sie befördern einander gegenseitig (sofern Abgaben Infrastruktur schaffen).
>Demnach gibt es sowohl die Basis des Wirtschaftens (Eigentum, Rechte) und die Regelung wirtschaftlicher Abläufe (Vertagserfüllung, -Sicherungen, Vollstreckungen) auf einer Art"Konsens-Basis" lange bevor es Abgaben gibt, die für entsprechende"Manpower" sorgten, damit Basis und Ablauf überhaupt gewährleistet werden konnten. Die These"Ohne Steuern kein Einkommen" (hier vor kurzem diskutiert) ist a priori falsch.
Der Staat kann Rechte in Großgesellschaften durchsetzen. In kleineren klappt vieles auch ohne.
>Abgabe / Arbeitsteilung: Arbeitsteilung entsteht"als solche" und bedarf keiner vertraglichen (und ergo via Herrschaft schutzbedürftigen) Abläufe.
Der Schamane besorgt der Pflanzen zum Heilen, die Karawane Salz zum Haltbarmachen usw..
>Die früheste Form der Arbeitsteilung, die Abfolge Produzent - Kaufmann - Händler,
Frau-Mann ;-)
>dient nicht dem Ziel, just jenen jene Güter zu beschaffen, die sie als vorgeschriebene Abgaben leisten, sondern dazu, jedem möglichst gleichermaßen das Leben zu verschönern und zu erleichtern.
>Ist diese Interpretation in etwa richtig?
Ein manchmal gaaanz weites 'etwa' - Ich würde etwa nicht von Freiwilligkeit sprechen, auch ohne Abgaben gibt es Zwänge in einer Gesellschaft.
Gruß, Dimi
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