Galiani
02.11.2002, 22:30 |
Nochmals (zum x-ten Mal) zur Genese des Individualeigentums Thread gesperrt |
-->Hallo
Ich halte die Auffassung, die unser verehrter dottore hier weiter vertritt, daß nämlich Individualeigentum ebenso wie das ("standardisierte") Geld ein Produkt der"Macht" seien, immer noch für unhaltbar. Dottore hatte aber gerade unlängst wieder gepostet, daß ... nach dem Eintritt von Macht in die Geschichte, immer Abgaben (logisch, das ist der Sinn von Machtausübung) [die Folge waren] und die Abgaben wurden schließlich standardisiert ---> Metall..."
Die in einer solchen Theorie verborgenen Probleme zeigen sich sofort, wenn man einerseits die"Gesellschaft", die dottore hier vor Augen schwebt, etwas genauer analysiert und auch den von dottore so gern gebrauchten Terminus"Macht" etwas in Augenschein nimmt:
Bei den Jägern und Sammlern scheint Individualeigentum an Nahrung, Waffen, Geräten, Kleidung und Schmuck - soweit wir das aus den Gebräuchen bei den Pygmäen, Buschmännern und Negritovölkern erschließen können (1), - durchaus üblich zu sein. Derselbe Befund ergibt sich im Grunde ja auch schon aus dem Brauch der Grabbeigaben; würde es kein Individualeigentum geben, wären Grabbeigaben ein Raub an der Allgemeinheit.
Viel mehr als Nahrung, Waffen, Geräte, Kleidung und Schmuck besaß im übrigen in diesem Stadium der Entwicklung ohnehin niemand, weil man bei jedem der häufigen Ortswechsel ja alles immer mit sich führen mußte. Über das Genannte hinausgehende Besitztümer würden da schnell zur Last werden.
Dieses quantitativ geringe Individualeigentum wurde von der"Macht", d. h. in diesem Falle vom Gruppen-Häuptling, energisch beschützt: Gegenstände, die abwesenden Stammesgenossen gehörten, durften auch vom Häuptling nicht veräußert werden und das Recht auf persönliches Eigentum, etwa Gebrauchsgegenstände, aber z. B. auch Honig und Nahrungsvorräte, wurde bei allen bekannten Naturvölkern untereinander respektiert (2).
Eine ausgeformtere Staatsmacht gibt es in diesem Stadium zwar noch nicht, was nicht heißt, daß der"Diebstahl" fremden Eigentums nicht sozial in höchstem Maße geächtet gewesen wäre. Aber Diebstähle kommen in diesen Verbänden praktisch nicht vor, weil sie sinnlos wären: Niemand könnte gestohlenes Gut auf die Dauer vor den anderen Stammesgenossen verbergen. Das ist auch der Grund, warum es über das"natürliche Rechtsempfinden" (Naturrecht) hinaus im Grunde keinen"Rechtstitel" im heutigen Sinne gibt und braucht: Einerseits weiß jeder, was wem gehört und Rechtsstreitigkeiten darüber kommen nicht vor. Andererseits wird derjenige, der sich fremdes Gut aneignet, sozial geächtet. Unter diesen Gegebenheiten sind Besitz und Eigentum Kategorien, die weitestgehend zusammenfallen.
Wo Gruppen von Jägern und Sammlern mit Seßhaftigkeit in Berührung kommen oder selbst allmählich seßhaft werden, beginnt sich auch Privateigentum an unbeweglichen Gütern zu entwickeln; insbesondere etwa das Eigentum an der eigenen Hütte. Auch dafür haben Ethnographen reichhaltiges Anschauungsmaterial und Belege geliefert. Und auch in diesem Zusammenhang braucht es - im Gegensatz zur Auffassung von dottore, der weiter darauf besteht, den"Titel" in seiner heutigen rechtlichen Ausprägung auf frühere Zeiten zurückzuprojizieren (was methodisch falsch ist!) - eben keinen"Rechtstitel":
Die Hütte, die sich einer auf seinem von ihm besetzten, herrenlosen Feld baut, gilt als sein Besitz = Eigentum. Hat einer, was bis in die spätere griechische Zeit ohnehin kaum vorkommt, Grund und Boden ausnahmsweise gekauft, so gilt er als der"neue" Besitzer=Eigentümer; angesichts der Kleinheit der damaligen Gemeinschaften konnte es - so wie beim Eigentum an beweglichen Sachen - niemanden geben, der dieses Eigentum in Frage stellte. Wäre das dennoch vorgekommen, so hätte das die öffentliche Mißbilligung dessen, der das Eigentum in Frage gestellt hat, nach sich gezogen. Was unser verehrter dottore fortdauernd übersieht, ist, daß nicht ein Rechtstitel, "nicht die Tatsache, daß Individuen sich im wirklichen Besitz von Sachen befinden, sondern die öffentliche Mißbilligung von Handlungen, durch die sie ihres Besitzes beraubt werden,... uns [anzeigt], daß er an jenen Sachen Eigentumsrechte hatte." (3)
Zu den von dottore so stark herausgestrichenen"Abgaben", die den Untertanen"abgefordert" werden (so der von dottore bevorzugte Terminus, mit dem er den Klassenkampf-Charakter dieses Vorganges regelmäßig unterstreicht), kommt es erst, wenn sich die Staatsmacht allmählich differenziert und entfaltet, - also erst in sehr viel späteren Entwicklungsstadien, in denen sich Individualeigentum und Wohlstand und sehr häufig wohl auch schon standardisiertes Geld längst herausgebildet haben.
Falls allerdings solches standardisiertes Geld nicht schon zuvor für andere Zwecke entstanden ist, etwa für den Fernhandel, als Opfergabe oder Imponierobjekt, dann - ok! An diesem Punkt soll dottore Recht haben - dann wäre denkbar, daß tatsächlich eintritt, was unser verehrter dottore als immer und ausschließlich von allem Anfang an als notwendig behauptet: daß nämlich die (nun entwickelte und ausdifferenzierte) Staatsmacht die"Abgabe in standardisierter Form als Geld" erfindet.
(1) W. Nippold, Die Anfänge des Eigentums bei den Naturvölkern und die Entstehung des Privateigentums, The Hague (Mouton & Co); 1954 (gestützt auf zahlreiche ethnographische Quellen)
(2) Nippold zitiert diesbezüglich zahlreiche Belege: Insbesondere Müller, 1912; Lebzelter, 1934; Immenroth, 1933; Schebesta, 1923ff; Trilles, 1932, und Nippold 1936.
(3) zitiert aus dem 2-bändigen Standardwerk von Westermarck, Ursprung und Entwicklung der Moralbegriffe, Leipzig, 1913; Bd. ii, S. 1. Der Autor zeigt dann über fast 60 Seiten hinweg, daß die Begriffe"Eigentum","Raub" und"Diebstahl" in allen bekannten Völkern seit der Antike bis heute bekannt und respektiert bzw. sanktioniert waren.
Gruß
G.
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André
02.11.2002, 23:12
@ Galiani
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Re: Nochmals (zum x-ten Mal) zur Genese des Individualeigentums |
-->Hallo,
Dinge werden nicht richtiger, wenn man sie zum x-ten mal wiederholt.
Es geht und ging ausschließlich um individuelles Eigentum an Grund und Boden als Voraussetzung für Titel und nicht um denkbaren und z.T. nachweisbar gegebenes Eigentum an beweglichen Gegenständen, wie Hausrat und Schmuck.
Richtig ist, dass individuelles Eigentum an Grund und Boden erst zu späterem Zeitpunkt aufkam. Und ohne Macht/Hierarchie ist dies schlichtweg unmöglich.
Da mag man noch so viel posten - es geht einfach nicht ohne eine Macht, die bestätigt, gewährt, belastet, nimmt. Und Naturrecht hilft da nicht weiter.
Dass es unbeschadet des Prozesses zum Metallgeld spezifizierte anderweitige Abgaben gab, ist historisch belegt. Diese anderen Abgaben z.B. Vieh waren immerhin so standardisiert, dass man sie auch als"Geld" (pecus-pecunia)bezeichnete.
A.
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Fürst Luschi
03.11.2002, 01:32
@ Galiani
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Re: Nochmals (zum x-ten Mal) zur Genese des Individualeigentums |
-->das Eigentum ist ein Rechtstitel. Wie H/S schreiben: <big>man kann es nicht sehen, hören, riechen,schmecken oder anfassen.</big>
Dieser Rechtstitel(Eigentumstitel) - (schön im österreichischen BGB als Lehre von Titel und Modus) ist das Eigentum. Der Titel ist ohne Rechtssystem gar nicht vorstellbar und entsteht und vergeht mit dem Recht. (Eroberungen, Systemwechsel DDR nach WKII - alte Banknoten - Zarenanleihen ). Ist die durch das Rechtssystem garantierte Vollstreckbarkeit im Orkus - dann reduziert sich deine Forderung auf den Materialwert dessen, auf dem sie festgehalten und garantiert wurde. Hoffentlich war es Metall.
Es geht nur um die Funktion des Eigentums - auch in der DDR war von Eigentum die Rede. Hier aber ohne jeden Sinn, die Wortmarke
"Eigentum" referiert auf nichts und ist leerer Schall.
Also: den Besitz von Waffen oder Schmuck in Stammesgesellschaften als Individualeigentum zu bezeichnen ist, im Sinne des BGB, völlig sinnfrei. Oder man will bewusst verwirren.
>und auch den von dottore so gern gebrauchten Terminus"Macht" etwas in Augenschein nimmt:
Aus welchen Gründen dottore jetzt nur noch von"Macht" spricht, kapier ich auch nicht ganz - vor nem halben Jahr hat er es noch Herrschaft
genannt. Das ist nicht so abstrakt - da gibt es Herren und Knechte, also Leistungsempfänger und Leistende. Jetzt nur noch Mächtige und Ohnmächtige. Was mögen die wohl so treiben?
>Andererseits wird derjenige, der sich fremdes Gut aneignet, sozial geächtet. Unter diesen Gegebenheiten sind Besitz und Eigentum Kategorien, die weitestgehend zusammenfallen.
damit ist wohl gemeint: eigentlich gehört es a, aber b hat sich genommen und trägt seine Schuld in Form einer sozialen Stigmatisierung ab.
Also: Eigentum als"normaler" Besitz und Besitz als faktischer Besitz. Die Kategorien fallen dann zusammen wenn man in seinem idiosynkratischen Privatchinesisch die Begriffe entsprechend definiert. Dann kann man auch alles zusammen fallenlassen in der Formel:
Alles ist Eintopf. Dann hat man auch gleich seine Religion: Die Welt ist ein grosser Topf.
Alles ist Eintopf, wohin man auch sieht.
>Die Hütte, die sich einer auf seinem von ihm besetzten, herrenlosen Feld baut, gilt als sein Besitz = Eigentum.
Nein. Sie ist sein Besitz. Das ist doch das Problem der 3.Welt oder Schwellenländer heute(siehe H. de Soto - klick fürs erste Kapitel aus FREIHEIT FÜR DAS KAPITAL - jetzt auch in deutsch). Es gibt jede Menge Besitz aber kein Eigentum.
Der grosse Bruder muss dir deinen Besitz als dein"eigen" garantieren und bescheinigen und damit Anrechte darauf als Abgabe akzeptieren. Nur dann stehen die Eigentumsoperationen:
(Verpfänden, Teilen, Verkaufen(nicht Tauschen)) für dich zur Verfügung. Sobald du Eigentümer bist, kannst du jederzeit zum Kapitalisten werden, indem du dein Eigentum riskierst(verpfändest). Gegen Anrechte auf dein Eigentum, wirst du problemlos auf dem Markt einkaufen können. Im Stamm besitzt du genau das, was du sowieso brauchst - niemand wird es dir wegnehmen - aber du wirst es auch nicht weggeben können. Wer soll es mit was kaufen? und wie stehst du ohne deine Grundausstattung da? Alles völlig unvorstellbar.
>was unser verehrter dottore als immer und ausschließlich von allem Anfang an als notwendig behauptet: daß nämlich die (nun entwickelte und ausdifferenzierte) Staatsmacht die"Abgabe in standardisierter Form als Geld" erfindet.
dottore hat hier ein ganz dickes Ei gelegt. Die Mutter aller Eier. Aus den Diskussionen zum Wörgl-Geld ist mir eines klar geworden: dieses Geld taugt nur als (Gemeinde-)Abgabe. Fällt das weg, ist es ungültigen Biermarken gleichgestellt. Ob aus Papier oder Metall. dottore hat gezeigt, dass auch jedes andere Geld in einem Abgaben-Zwang wurzelt. Ob nun über den Umweg über spezifizierte Waren wie Gold oder Silber - oder ob direkt Eigentumstitel ( heute in Form von Banknoten) abgefordert werden. Oder auch: ob jeweils direkt individuelle Leistungen abgefragt werden - für die man wieder einen Vertreter schicken kann.
Lehre von Titel und Modus:
Kaufvertrag: der zwar perfekte, aber noch nicht erfüllte Kauf, der noch kein Eigentum überträgt. Der Kaufvertrag ist aber eine unabdingbare Voraussetzung des Eigentumserwerbs durch den Käufer.
Er ist: Titel = Rechtsgrund = tauglicher rechtlicher Erwerbsgrund für die Eigentumsübertragung / Übereignung.
Der Kaufvertrag (als Titelgeschäft) verpflichtet den Verkäufer schuldrechtlich (daher spricht man auch von Verpflichtungsgeschäft), dem Käufer den Kaufgegenstand zu übergeben, und damit in der Regel Eigentum am Kaufgegenstand zu verschaffen;
formuliert knapp und klar:"Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart (= Modus) kann kein Eigentum erlangt werden."
1. Die Lehre vom Rechtsgrund (causa)
Die Parteien eines Rechtsgeschäfts übertragen Eigentum nicht ohne Grund, also schlechthin, sondern stets aus einem ganz bestimmten rechtlichen und wirtschaftlichen Grund, eben dem Rechtsgrund. Der Titel enthält den Rechtsgrund, aus dem heraus übereignet oder ein anderes dingliches Recht übertragen werden soll. Dieser Rechtsgrund ist im Titelgeschäft - zB einem Kauf- oder Werkvertrag - enthalten / formuliert und das Titelgeschäft begründet den rechtlichen Anspruch auf Übereignung. - Der Kaufvertrag als Titelgeschäft überträgt also selbst noch nicht Eigentum, verpflichtet aber (schuldrechtlich) dazu! Die sachenrechtliche Übereignung ist (nach den Intentionen des ABGB) Erfüllungs- und Vollzugsakt der schuldrechtlichen Verpflichtung und hängt mit dem Titel genetisch zusammen.
2. Erwerbungsart (Modus; traditio)
Die rechtliche taugliche Erwerbungsart (auch Modus genannt) für bewegliche (körperliche) Sachen ist die Übergabe (§§ 426 ABGB), für unbewegliche Sachen die Eintragung ins Grundbuch. - Die Übergabe soll den Eigentumsübergang nach außen hin kenntlich, also publik (!) machen, zumal Sachenrechte von allen - also gerade auch dritten Personen, die sonst keine Kenntnis davon haben - respektiert werden sollen; Publizitätsprinzip. - Kurz: Die durch den Modus bewirkte Rechtsänderung soll nach außen hin erkennbar werden; also auch für andere (Dritte), die nicht am Rechtsgeschäft beteiligt sind.
3. Kausale Natur der Tradition
Nur wenn beide Voraussetzungen - Titel und Modus! - erfüllt sind, wird zB gültig übereignet und dadurch Eigentum übertragen; sog kausale (= rechtsgrundabhängige) Natur der Tradition (iS von Übergabe). - Stellt sich zB (erst) nach erfolgter Übergabe heraus, daß das Titelgeschäft (bspw ein Kaufvertrag) ungültig ist - zB weil ein Teil nicht geschäftsfähig war oder das Geschäft erfolgreich wegen >Irrtums (§ 871 ABGB) angefochten wurde -, so ist in Wahrheit, entgegen dem äußeren Anschein, Eigentum (trotz Übergabe) gar nicht übergegangen. Bereits übergebene Sachen sind dann nach § 877 ABGB zurückzustellen; sog >(dingliche) Rückabwicklung. Dies ist die Konsequenz der Lehre von Titel und Modus; denn nur ein gültiger Titel und ein gültiger Modus bewirken etwa den Eigentumsübergang, ein gültiger Modus allein reicht eben nicht aus.
Kurzform von hier: klick und hier
Beispiel für einen Grundstückskauf in Kanada:
Kaufvereinbarung und Übertragung(entspricht Titel und Modus) Wenn man ein Grundstück erwirbt, besteht der erste Schritt darin, eine Kaufvereinbarung einzugehen(1. Kaufvertrag). Dieses Dokument legt die Bedingungen des Kaufes fest, inklusive des Kaufpreises, der Höhe der Anzahlung, des Datums, an dem der Titel an den Käufer übertragen wird, jegliche Angleichungen für Grundsteuern und anderer fälliger Gebühren sowie mehrere andere Standardklauseln, die normalerweise in Kaufvereinbarungen enthalten sind. Dieses Dokument überträgt nicht den Titel. Es ist eine Vereinbarung, daß man den Titel an einem zukünftigen Datum gemäß den in dem Vertrag festgelegten Bedingungen übertragen wird. Der Titel wird durch ein schriftliches Dokument, eine „Warranty Deed” (garantierter Eigentumstitel), übertragen. Dieses Dokument wird dann beim Grundbuchamt des Countys, in dem sich die Immobilie befindet, registriert. Der Käufer wird dann der eingetragene und rechtmäßige Eigentümer der Immobilie.
de Soto: klick
erstes Kapitel
Grüsse
FL
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Galiani
03.11.2002, 02:06
@ Fürst Luschi
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@Fürst: Hallo! Alles, was Du sagst, ist unter der Perspektive des HEUTIGEN |
-->Rechtes richtig und vertretbar. Du hast da auch sehr viel interessanten Stoff zusammengetragen. Bist Du aber wirklich der Meinung, daß diese Rechtskategorien auch auf ur- und frühgeschichtliche Gesellschaften anwendbar seien?
Damals gab es noch keine"Rechtstitel" im heutigen Sinn, kein Grundbuch, keine Gerichte, ja noch nicht einmal Verträge im heutigen Sinn.
Wie gesagt: Prof. Westermark, eine Autorität auf diesem Gebiet, sagt zu dieser Frage folgendes - nachdem er entsprechende Belege betreffend bestimmt über 200 Völker bzw. Stämme aus der Jetztzeit aber auch aus der Vergangenheit bis in die Frühgeschichte hinein in seinem Standardwerk, das ich zitiert habe, untersucht hat:
Nicht der Rechtstitel, sondern die Ächtung durch die Gesellschaft dessen, der sich gegen das Eigentum vergeht, beweist das Eigentum in Gesellschaften, die keine so hochentwickelte Rechtskultur haben wie wir.
Bedenkenswert! Oder?
Jedenfalls kommst Du mit dieser Formel bezüglich des Eigentumsbegriffes in der ehem. DDR zum selben Ergebnis: Mangels gesellschaftlicher Sanktionen bei Verletzung des Eigentumsrechtes durch den Staat war das, was dort als"Eigentum" bezeichnet wurde, eben kein Eigentum.
Gruß
G.
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Fürst Luschi
03.11.2002, 03:34
@ Galiani
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Re: @Fürst: Hallo! Alles, was Du sagst, ist unter der Perspektive des HEUTIGEN |
-->>Rechtes richtig und vertretbar. Du hast da auch sehr viel interessanten Stoff zusammengetragen. Bist Du aber wirklich der Meinung, daß diese Rechtskategorien auch auf ur- und frühgeschichtliche Gesellschaften anwendbar seien?
>Damals gab es noch keine"Rechtstitel" im heutigen Sinn, kein Grundbuch, keine Gerichte, ja noch nicht einmal Verträge im heutigen Sinn.
das ist ja genau meine Rede. Wenn es keine schriftlichen Dokumente, Urkunden = Rechtstitel gibt, sollten wir niemals von Eigentum reden.
Wenn wir diesen Begriff für eine Gesellschaft reservieren würden, in der es ein funktionierendes Rechtssystem gibt, dann könnten wir uns viele Missverständnisse sparen.
Es ist doch selbstverständlich, dass jedes Tier sein Revier oder seine geschlagene Beute unter Abwägung des Risikos bis aufs Äusserste verteidigt. Wenn ich Ã-tzi berauben wollte, müsste ich mich auf ein Kampf auf Leben und Tod einstellen. Nur: ich würde nicht sein Eigentum stehlen. Er hat niemanden der ihm irgendetwas in der Art garantiert. Was ich ihm abjage ist meins. Er hat keinen grossen Bruder. Vielleicht war er ja auch nur der Lieferant. Und würde ich mit meiner Beute in meine Eigentums-Gesellschaft zurückkehren, wäre mit meiner Beute für mich viel mehr gewonnen als mein unmittelbarer Nutzwert - was mich vielleicht überhaupt erst motivierte.
(heute: Autoklau und gefälschte KFZ-Briefe - was ist wo mehr"wert",bzw hat ein Auto ohne einen Brief hier und heute überhaupt einen"Wert"?)
>Wie gesagt: Prof. Westermark, eine Autorität auf diesem Gebiet, sagt zu dieser Frage folgendes - nachdem er entsprechende Belege betreffend bestimmt über 200 Völker bzw. Stämme aus der Jetztzeit aber auch aus der Vergangenheit bis in die Frühgeschichte hinein in seinem Standardwerk, das ich zitiert habe, untersucht hat:
>Nicht der Rechtstitel, sondern die Ächtung durch die Gesellschaft dessen, der sich gegen das Eigentum vergeht, beweist das Eigentum in Gesellschaften, die keine so hochentwickelte Rechtskultur haben wie wir.
>Bedenkenswert! Oder?
Auch hier wieder der Unterschied: Eigentum - Besitz. Ich kann mich direkt gegen Eigentum letztlich nur als Urkundenfälscher vergehen - ich wüsste nicht: wie denn sonst?. Und solange es sowas nicht gibt, kann ich mich nicht dagegen vergehen. Natürlich kann ich in diesen Gesellschaften stehlen und werde geächtet. Aber ich habe kein Eigentum gestohlen. Ich habe"Dinge" gestohlen - das wars auch schon -der Nutzwert geht verloren.
>Jedenfalls kommst Du mit dieser Formel bezüglich des Eigentumsbegriffes in der ehem. DDR zum selben Ergebnis: Mangels gesellschaftlicher Sanktionen bei Verletzung des Eigentumsrechtes durch den Staat war das, was dort als"Eigentum" bezeichnet wurde, eben kein Eigentum.
Es gab kein Eigentum in der DDR. Was unter dieser Flagge gelaufen ist war Mimikry, Attrappe, Kulisse. Wie ein Babapapa, T-1000 oder ein Chamäleon, die zwar die äussere Form, nicht aber die Funktion nachahmen können. Eigentum ist ein Recht - und wenn jeder dagegen verstossen kann - womöglich auch der Staat - wäre es absurd von Eingentum zu sprechen.
>Gruß
>G.
Grüsse
FL
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Tassie Devil
03.11.2002, 13:57
@ Fürst Luschi
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Re: Konklusion |
-->Sauber Luschi!
Konklusion:
Besitz gab und gibt es zu allen Zeiten in allen Kulturen.
Der Besitzer eines Besitztums war der ausschliesslich Verfuegungsberechtigte ueber diesen seinen Besitz.
Unrechtmaessigen Besitzerwechsel, in welcher Form auch immer, gab es zu allen Zeiten in allen Kulturen und wurde mit gesellschaftlicher Aechtung bedacht, wobei deren Durchsetzungsmassgrad eine andere Sache war und ist.
Besitz ist NICHT gleich Eigentum und umgekehrt.
Eigentum, welches begrifflich ein vom zeitlichen de-facto-Besitz mit seinen Verfuegungsmoeglichkeiten unabhaengiger Rechtstitel mit eigenem Verfuegungsrecht ist, gab und gibt es nicht zu allen Zeiten und nicht in allen Kulturen.
Eigentum gab und gibt es nur dort, wo eine Obrigkeitsmacht diesen Titel in kulturrechtlicher Anerkennung verlieh/verleiht und mit ihrer Obrigkeitsgewalt de facto schuetzte/schuetzt.
Summa summarum: KEIN Eigentum (aber Besitz) ohne Obrigkeitsmacht, Eigentum als de facto (zusaetzlich zum immer existierenden Begriff Besitz) immer nur mit einer Obrigkeitsmacht, die diesen Begriff Eigentum bei ihrer Machtausuebung voll implementiert und beruecksichtigt. Zu letzterem sei noch anzumerken, dass Papier seeehr geduldig sein kann.
Gruss
TD
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