Galiani
04.11.2002, 15:37 |
@Fürst Luschi: Zur"Eigentumsproblematik" im frühgeschichtlichen Mesopotamien Thread gesperrt |
-->Hallo
Ich habe nochmals das bereits dottore entgegengehaltene Sammelwerk von Hudson & Levine, Harvard University, Cambridge 1999, zur Hand genommen. Der Titel ist, wie bereits einmal zitiert: URBANIZATION AND LAND OWNERSHIP IN THE ANCIENT NEAR EAST (nota bene: es heißt nicht land tenure oder possession, sondern ausdrücklich "ownership")
Ich darf nochmals ein bißchen zitieren. Vielleicht überzeugt Dich das:
Auf S. 335 heißt es dort (von mir aus dem Handgelenk schnell übersetzt), daß"eine herausragende Besonderheit, die in den [entsprechenden] Nutzi Texten [aus privaten Archiven] bezüglich Geschäften mit Immobilien ["field transactions"] zu Tage tritt, die Kleinheit der Landparzellen ist: unter den 500 untersuchten Fällen... reichte die Größe bei ca. 77 Prozent von ein paar Quadratmetern (!) bis zu 3 Hektar. Nur 40 Prozent dieser Felder waren zwischen 1 und 3 Hektaren groß. Ein Fünftel der 500 Parzellen wiesen eine Größe von 3 bis zu 10 Hektar auf. Größere Felder, zwischen 10 bis zu höchstens 40 Hektaren, gab es nur 15, also 3 Prozent...." Und all diese Daten wurden aus privaten Urkunden über Verkäufe, Beleihungen, Tauschgeschäfte und Verpachtungen Privater an Private gewonnen, wie es weiter ausdrücklich heißt.
Ich würde schon sagen, daß die Leute, die da ihr Grundstück verpachteten, belehnten, verkauften oder tauschten ein ihnen von der Allgemeinheit zugestandenes Recht hatten, über ihre Parzellen ausschließlich verfügen zu können; damit war das selbst nach Deinen Begriffen"Eigentum"! - Auch wenn dieses ihr Eigentum nicht im Grundbuch von Bagdad eingetragen war (weil es das damals noch nicht gab).
Grüße
G.
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dottore
04.11.2002, 17:08
@ Galiani
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Re: Herrja, wie kann ich ein Land verpachten usw., |
-->..., wenn es nicht als Eigentum ausgewiesen ist. Und zwar just in gesonderten Urkunden bzw. mit gesonderten Titeln.
>Und all diese Daten wurden aus privaten Urkunden über Verkäufe, Beleihungen, Tauschgeschäfte und Verpachtungen Privater an Private gewonnen, wie es weiter ausdrücklich heißt.
Woher soll der Käufer wissen, was er kauft? Wie weiß derjenige, der ein Grundstück beleiht, dass es dieses (und nicht ein anderes ist)? Wie kann jemand ein verpachtetes Grundstück, das also der Pächter dann besitzt und jeden zum Teufel jagt, der ihm den Besitz streitig macht, jemals wieder vom Pächter zurück erhalten, wenn er nicht einen Titel über das Land vorweisen kann?
Das Grundstück kann doch nicht wissen, wem es gehört! Einfacher Fall: Grundstück des Bauern A. Der Bauer A geht mal kurz spazieren. Kommt Bauer B und setzt sich auf das Grundstück. Bauer A kommt zurück und hört von Bauer B: Was willst Du hier auf meinem Grundstück? Wieso Dein Grundstück? Weil ich hier drauf sitze, es be-sitze!
>Ich würde schon sagen, daß die Leute, die da ihr Grundstück verpachteten, belehnten, verkauften oder tauschten ein ihnen von der Allgemeinheit zugestandenes Recht hatten, über ihre Parzellen ausschließlich verfügen zu können; damit war das selbst nach Deinen Begriffen"Eigentum"!
Das Recht, über das Grundstück zu verfügen, wird doch von niemand bestritten. Damit wird über Eigentum verfügt. Über Besitz kann ich nicht verfügen, etwas, das ich besitze, ohne Eigentümer zu sein, weder verpachten noch vermieten noch gar verkaufen.
- Auch wenn dieses ihr Eigentum nicht im Grundbuch von Bagdad eingetragen war (weil es das damals noch nicht gab).
Selbstverständlich gab es für jedes Grundstück eine detaillierte Beschreibung mit Nennung des Eigentümers (genau wie im Grundbuch heute auch:"Flurstück, Nummer so und so").
Ich habe selbst solche Tontafeln (Verkauf, Beleihungen, Erbgang), worin genau beschrieben wird, welches Grundstück es ist und wer der verfügungsberechtigte Eigentümer ist.
Diese Verfügung wurde von der"Allgemeinheit" anerkannt, weil dies in den öffentlich-rechtlichen Gesetzen über den Ablauf dieser Geschäftsvorgänge so geregelt war.
Gruß!
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Fürst Luschi
04.11.2002, 17:33
@ Galiani
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Re: @Fürst Luschi: Zur"Eigentumsproblematik" im frühgeschichtlichen Mesopotamien |
-->>Hallo
>Ich habe nochmals das bereits dottore entgegengehaltene Sammelwerk von Hudson & Levine, Harvard University, Cambridge 1999, zur Hand genommen. Der Titel ist, wie bereits einmal zitiert: URBANIZATION AND LAND OWNERSHIP IN THE ANCIENT NEAR EAST (nota bene: es heißt nicht land tenure oder possession, sondern ausdrücklich "ownership")
>Ich darf nochmals ein bißchen zitieren. Vielleicht überzeugt Dich das:
>Auf S. 335 heißt es dort (von mir aus dem Handgelenk schnell übersetzt), daß"eine herausragende Besonderheit, die in den [entsprechenden] Nutzi Texten [aus privaten Archiven] bezüglich Geschäften mit Immobilien ["field transactions"] zu Tage tritt, die Kleinheit der Landparzellen ist: unter den 500 untersuchten Fällen... reichte die Größe bei ca. 77 Prozent von ein paar Quadratmetern (!) bis zu 3 Hektar. Nur 40 Prozent dieser Felder waren zwischen 1 und 3 Hektaren groß. Ein Fünftel der 500 Parzellen wiesen eine Größe von 3 bis zu 10 Hektar auf. Größere Felder, zwischen 10 bis zu höchstens 40 Hektaren, gab es nur 15, also 3 Prozent...." Und all diese Daten wurden aus privaten Urkunden über Verkäufe, Beleihungen, Tauschgeschäfte und Verpachtungen Privater an Private gewonnen, wie es weiter ausdrücklich heißt.
>Ich würde schon sagen, daß die Leute, die da ihr Grundstück verpachteten, belehnten, verkauften oder tauschten ein ihnen von der Allgemeinheit zugestandenes Recht hatten, über ihre Parzellen ausschließlich verfügen zu können;
wenn verkauft, beliehen und verpachtet wurde, dann haben wir Eigentum. Ob es die Allgemeinheit zugestanden hat oder nicht interessiert dann nicht weiter - diese Rechte konnten offensichtlich durchgesetzt werden.
Wir brauchen da nicht soweit zurück in die Geschichte zu gehen - derselbe Prozess spielt sich heute überall auf der Welt ab. Lateinamerika - gesteht die Allgemeinheit den Grossgrundbesitzern ihr Eigentum zu? Afrika - aktuell Simbabwe - wie sieht es dort aus? Russland - da wird gerade Eigentum geschaffen.
Das Eigentum entsteht und vergeht = der Titel gilt und gilt nicht mehr.
>damit war das selbst nach Deinen Begriffen"Eigentum"! - Auch wenn dieses ihr Eigentum nicht im Grundbuch von Bagdad eingetragen war (weil es das damals noch nicht gab).
nach meinen Begriffen ist ein Begriff eine Merkmalsliste, ein Prototyp in dem exemplarisch bestimmte Relationen der Elemente zueinander und die möglichen Funktionen vereinigt sind - jeweils auf einem bestimmten Abstraktionsniveau, das durch die aktuellen Handlungsinteressen bestimmt wird. Diese Begriffe muss ich als Kind erst bilden und je nach Sprache lernen eine bestimmte Wortmarke dranzukleben. Der Begriff ist nicht das Wort.
wenn ich die Funktionen verpachten, verkaufen und beleihen ausmachen kann, dann wird ganz im Sinne des BGB die Wortmarke"Eigentum" drangepappt(wobei dieses"verkaufen" und"beleihen" wieder bestimmte Merkmale erfüllen muss - und da nix unter falscher Flagge segelt). Wenn ich mir Mesopotamien anschaue, dann doch durch die Brille meiner Begriffe mit ihren jetzigen Bezeichnungen. Und ebenjene verändern sich doch nicht, wenn ich weit in Geschichte zurückblicke.
Grüsse
FL
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Galiani
04.11.2002, 18:04
@ dottore
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@dottore 'öffentlich-rechtliche Gesetze" - Was haben Sie denn für Vorstellungen? |
-->Hallo
Also langsam kenne ich mich nicht mehr aus: Ihre Schüler erklären mir pausenlos, ich würde da was falsch verstehen und Besitz und Eigentum verwechseln und in der Vorgeschichte hätte es - mangels Grundbuch - überhaupt kein Eigentum gegeben. Kaum komme ich mit Hudson's und Levine's"Land Ownership in the Ancient Near East" tauchen Sie aus der Versenkung auf und erklären mir, daß es damals also doch Eigentum gab.
Ja, wie nun? Grübel...
Aber im Prinzip hab' ich Sie da wohl richtig verstanden:
Ganz einfach! Da geht der, der sein Grundstück beleihen will, flugs zum staatlich beeideten Notar in Mesopotamien und beruft sich auf § soundsoviel im MBG (das ist bekanntlich das"Mesopotamische Bürgerliche Gesetzbuch", das - wie uns allen bekannt ist - genau 2415 vor Chr. vom mesopotamischen Unterhaus verabschiedet und noch am selben Tag vom mesopotamischn Oberhaus genehmigt und nächstentags im ABGAM, das ist das"Allgemeine Bürgerliche Gesetzblatt Alt-Mesopotamiens" in Keilschrift auf alle Wände gemeißelt wurde).
Der Herr Notar zieht dann, wie das früher so üblich war, seinen Talar an, fertigt - in Keilschrift - ein Tontäfelchen über die Hypothek an (das Sie dottore dann 4000 Jahre später ehrfürchtig in Händen halten werden) und hinterlegt es im AMGB (das ist das"Alt-Mesopotamische Grundbuch"). Noch nicht ganz klar ist mir, wie der AMGBOR, der Alt-Mesopotamische Grundbuch Oberrat, diese Tontäfelchen archiviert und den einzelnen (nur ein paar Quadratmeter großen) Parzellen im Land zugeordnet hat; organisationsmäßig, meine ich.
Aber ich bin zuversichtlich, daß Sie mir das, verehrter dottore, wenn wir uns darüber noch ein bißchen länger unterhalten, auch noch auseinandersetzen werden.
Komisch nur, daß Hudson & Levine, die sich an der Harvard University mit diesen Dingen beschäftigt haben, von all dem nichts wissen; sie haben nur Tontäfelchen und Papyri studiert, auf denen halt die Geschäfte festgehalten worden waren. Überhaupt kein Grundbuch... grübel, grübel...
Danke aber jedenfalls, dottore, daß ich durch Sie den alten Mesopotamiern endlich auf die Schliche komme.
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Gruß
G.
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Galiani
04.11.2002, 18:15
@ Fürst Luschi
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Hauptsache wir sind uns einig: Eigentum gab's, seit es Menschen gibt! |
-->Hallo
Irgendwie komme ich allerdings nicht mit, was das heißen soll:
"...nach meinen Begriffen ist ein Begriff eine Merkmalsliste, ein Prototyp in dem exemplarisch bestimmte Relationen der Elemente zueinander und die möglichen Funktionen vereinigt sind - jeweils auf einem bestimmten Abstraktionsniveau, das durch die aktuellen Handlungsinteressen bestimmt wird..."..... Hört sich irgendwie komisch an, finde ich.
Aber wie gesagt:
Hauptsache wir sind uns einig: Eigentum gab's, seit es Menschen gibt!
Gruß
G.
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pecunia
04.11.2002, 18:22
@ dottore
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Re: Herrja, wie kann ich ein Land verpachten usw., |
-->Sehr interessante Passage:
>Über Besitz kann ich nicht verfügen, etwas, das ich besitze, ohne Eigentümer zu sein, weder verpachten noch vermieten noch gar verkaufen.
Das ist eine SEHR GESUNDE Einstellung, die Sie da haben, lieber dottore. Wieso sind SHORTVERKAEUFE immer noch zugelassen?
Liebe Gruesse
pecunia
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silvereagle
04.11.2002, 18:44
@ pecunia
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Warum sind Shortverkäufe immer noch zugelassen? |
-->Weil es - mE - keinen vernünftigen Grund gibt, sie zu verbieten.
Zwei Gründe dafür:
1) Leerverkäufe beschleunigen die effiziente Findung des jeweiligen, realen Marktpreises (z.B. während bzw. nach Übertreibungen)
2) Solange sie auch eingelöst werden, sprich: die Verpflichtung, zum vereinbarten Termin zu liefern: Warum sollte sowas verboten sein?
Siehe auch meinen vorherigen Beitrag zu Deiner POG-Vermutung.
Gruß, silvereagle
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Fürst Luschi
04.11.2002, 18:50
@ Galiani
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Re: Hauptsache wir sind uns einig: Eigentum gab's, seit es Menschen gibt! |
-->>Aber wie gesagt:
>Hauptsache wir sind uns einig: Eigentum gab's, seit es Menschen gibt![/b]
nein - bei den Babyloniern gab es (zumindest phasenweise) Eigentum, aber wie sah es bei den Nachbarn aus?
Und nicht an den Begriffen rumspielen - die sind alles was dein Verstand zur Verfügung hat! Das ist brandgefährlich! Man sieht die Welt in den Begriffen, die man sich gebildet hat - und kann nur dementsprechend handeln und seine eigene Welt für sich nutzen. Was begrifflich fehlt - existiert nicht. Wenn ich (teilweise) keinen Begriff davon habe wie eine Sache, ein Mensch, ein System, das Recht funktioniert, dann bleiben potentielle Handlungsmöglichkeiten ungenutzt - oder man bekommt etwas das man so nicht erwartet hat(im Begriff ist ne andere Funktionsweise repräsentiert).
Computer! Ausgang aktivieren. Galianis Begriffssystem reparieren und Holodeckprogramm"Jenseits des Horizonts" an dieser Stelle abspeichern.
Grüsse
FL
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dottore
04.11.2002, 19:22
@ Galiani
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Re: Gab's im Ancient Near East Könige als Grundherren - ja oder nein? |
-->
Was hatten diese"Könige" als Eigentum? Nur das Palast- bzw. Tempelareal (von der"Allgemeinheit" akzeptiert) oder mehr?
Gab's innerhalb des Herrschaftsbereichs dieser Könige privates Eigentum (nicht als Sache, sondern als Titel, mit dem gewirtschaftet werden konnte und gewirtschaftet wurde)?
>Hallo
>Also langsam kenne ich mich nicht mehr aus: Ihre Schüler erklären mir pausenlos, ich würde da was falsch verstehen und Besitz und Eigentum verwechseln und in der Vorgeschichte hätte es - mangels Grundbuch - überhaupt kein Eigentum gegeben. Kaum komme ich mit Hudson's und Levine's"Land Ownership in the Ancient Near East" tauchen Sie aus der Versenkung auf und erklären mir, daß es damals also doch Eigentum gab.
Es gab das Land. Es gab den jeweiligen Landbesitzer. Und es gab den oder die Landeigentümer. Das Eigentum dokumentierte der Titel.
Eigentum als Titel, den die Herrschaft (König) garantierte, dies mit dem simpelsten Instrument überhaupt: dem Ausüben von Macht.
>Ja, wie nun? Grübel...
>Aber im Prinzip hab' ich Sie da wohl richtig verstanden:
>Ganz einfach! Da geht der, der sein Grundstück beleihen will, flugs zum staatlich beeideten Notar in Mesopotamien und beruft sich auf § soundsoviel im MBG (das ist bekanntlich das"Mesopotamische Bürgerliche Gesetzbuch", das - wie uns allen bekannt ist - genau 2415 vor Chr. vom mesopotamischen Unterhaus verabschiedet und noch am selben Tag vom mesopotamischn Oberhaus genehmigt und nächstentags im ABGAM, das ist das"Allgemeine Bürgerliche Gesetzblatt Alt-Mesopotamiens" in Keilschrift auf alle Wände gemeißelt wurde).
>Der Herr Notar zieht dann, wie das früher so üblich war, seinen Talar an, fertigt - in Keilschrift - ein Tontäfelchen über die Hypothek an (das Sie dottore dann 4000 Jahre später ehrfürchtig in Händen halten werden) und hinterlegt es im AMGB (das ist das"Alt-Mesopotamische Grundbuch"). Noch nicht ganz klar ist mir, wie der AMGBOR, der Alt-Mesopotamische Grundbuch Oberrat, diese Tontäfelchen archiviert und den einzelnen (nur ein paar Quadratmeter großen) Parzellen im Land zugeordnet hat; organisationsmäßig, meine ich.
Die Parzellen waren selbstverständlich per Beschreibung (Areal X, zwischen Areal Y und Areal Z, also katastermäßig) erfasst. Wie sonst wüsste man etwas über die Parzellen?
>Aber ich bin zuversichtlich, daß Sie mir das, verehrter dottore, wenn wir uns darüber noch ein bißchen länger unterhalten, auch noch auseinandersetzen werden.
>Komisch nur, daß Hudson & Levine, die sich an der Harvard University mit diesen Dingen beschäftigt haben, von all dem nichts wissen; sie haben nur Tontäfelchen und Papyri studiert, auf denen halt die Geschäfte festgehalten worden waren. Überhaupt kein Grundbuch... grübel, grübel...
Nochmals das Auto (gab's damals wirklich noch nicht, gibt es aber heute): Es gibt das Auto und den Besitzer (ausgewiesen durch das Kennzeichen, zentrales Register). Es gibt den Titel darüber (Fahrzeugbrief, keinerlei zentrales Register). Wer den Brief hat, ist Eigentümer des Autos. Wer es fährt, und seis der Großmeister im Autoknacken aus Usbekistan ist der Besitzer des Autos.
Gruß!
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dottore
04.11.2002, 19:52
@ pecunia
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Re: Herrja, wie kann ich ein Land verpachten usw., |
-->>Sehr interessante Passage:
>>Über Besitz kann ich nicht verfügen, etwas, das ich besitze, ohne Eigentümer zu sein, weder verpachten noch vermieten noch gar verkaufen.
>Das ist eine SEHR GESUNDE Einstellung, die Sie da haben, lieber dottore. Wieso sind SHORTVERKAEUFE immer noch zugelassen?
Gute Frage. Es ist ja nicht ein Nettoleerverkauf ohne dass ich ihn jemals eindecken müsste.
Ich leihe mir die Papiere vom Broker, verkaufe sie (mit Rückgabeverpflichtung an den Broker) und muss sie irgendwann dem Broker zurückgeben.
Wir haben dabei ein Parallele zu dem"Inhaberpapier"-Phänomen des BGB: Der Käufer erwirbt Besitz und Eigentum, weil es sich bei den Aktien um vertretbare Sachen handelt (siehe gutgläubiger Erwerb von Geld und die Toby-Debatte dazu).
Der Fall wird interessant, wenn wir uns dieses vorstellen:
Es stehen nur 1000 Aktien aus. Jemand leiht sie sämtlich und verkauft sie leer. Eine Kursbildung findet nicht mehr Statt, aber die Börse kracht komplett. Der Verkäufer muss nun die Aktien irgendwie zurück haben, um sie an den Broker zurückzugeben. Wohin geht der Kurs?
An dieser Kleinigkeit sind vermutlich alle gescheitert, die Märkte mit vertretbaren Sachen (speziell Inhaberpapieren)"cornern" wollten - von"Old Hutch" im 19. Jh. über die Hunt-Brüder bis zu anderen.
Der Fall wäre bei Geld ganz besonders delikat: Jemand raubt alles Geld, hier alle Noten oder"Geldstücke". Der Raub bleibt unentdeckt, eine Zeit lang. Die Noten werden also in der Zwischenzeit gutgläubig erworben. Und dann?
Oder beim Fall"Staat": Der nimmt keine Noten mehr zur Steuerzahlung, sondern nur noch Buchungen. Die Banken geben alle Noten an die ZB zurück (Pfänder im Gegenzug an sie). Alle bezahlen mittels Konten, keinerlei Bargeld mehr im Publikum. Und dann?
Gruß!
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Popeye
04.11.2002, 20:24
@ dottore
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Macht, 'Recht', Eigentum und Willkür |
-->
Hallo, @dottore,
ich finde, Deine Argumente zum Thema Macht und Eigentum wackeln ein wenig auf der Zeitachse. Solange die Macht über dem Recht steht in dem Sinn, dass Recht willkürlich und unter reinen Opportunitäts-Gesichtspunkten durch eben diese Macht geändert werden kann (z.B. Schuldenerlass) solange ist die Qualität dieses (positiven) Rechtes am Eigentum qualitativ nicht viel höherwertiger als der bloße Besitz (in der Vor-Macht-Phase). Ob dieses qualitativ minderwertige Eigentumsrecht zur regelmäßigen Beleihung hinreicht, ist eine faktische Frage. (Irgendwo habe ich gelesen, dass die Zinssätze regelmäßig steil nach oben gingen, wenn ein Schuldenerlaß in absehbarer Zeit ins Haus stand - vielleicht hat man sich so beholfen?). Zur Abgabe hat dies provisorische Eigentum wahrscheinlich gereicht.
Erst mit der Magna Charta/für die möglicherweise das (Doomsday-Book eine der Ursachen gesetzt hat) oder einer ähnlichen Unterwerfung der Macht unter das Gesetz und der damit verbundenen Begrenzung der willkürlichen Enteignung durch eben die Macht, die das jeweilige positive Eigentums-Recht schuf, kommen wir in einen Zeit-Bereich, der berechenbare Eigentumsverhältnisse für die Nicht-Machthaber und die Beleihung schafft. Vorher war's Roulett. Die Macht hat's gegeben, die Macht hat's genommen....
Grüße Popeye
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Galiani
04.11.2002, 20:48
@ dottore
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Also, einen König, der irgendwas garantierte, gibt's bei den Nuzi nicht! |
-->Hallo
Ja! Sie haben das brav gelernt mit dem Unterschied zwischen Besitz und Eigentum! ("Gott behüte mich vor juristelnden Nicht-Juristen!")
Ich hab nicht nur das von Hudson u. Levine herausgegebene Werk, sondern ein ganzes Bücher-Regal (mit den Arbeiten insbesondere von Zaccagnini über Nuzi) durchgeforstet und nirgendwo bei den Nuzi in Mesopotamien auch nur eine Spur einer Bezugnahme auf"öffentlich-rechtliche Gesetze", auf ein Grundstücks-"Kataster", auf eine"Garantie" oder eine sonstige auf Grundstücksgeschäfte oder -streitigkeiten bezogene Ingerenz durch irgendeinen König gefunden.
Das alles gibt es nur in Ihrer Phantasie.
Da meine Zeit beschränkt und zu kostbar ist, um mich mit Ihren Phantasie-Produkten auseinanderzusetzen, verlasse ich hiermit die Diskussion.
Sie wollen ein Buch schreiben und hier mit Theorien, die ich für höchst fragwürdig halte, Vorwerbung dafür betreiben. Das sei Ihnen unbenommen.
Aber was immer Sie in Ihrem neuen Buch erzählen werden:
Eigentum gab's schon vor der Staatsmacht; Eigentum gibt es, seit es Menschen gibt. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Und jeder, der sich die Frage stellt, ob es je einen Adam oder eine Eva gegeben haben mag, die sich nicht das vom jeweils anderen respektierte Recht nahmen, zu sagen:"Das ist meins!", wird das vernünftigerweise verneinen! Ergo dessen gab es"Eigentum"!
Das Gegenteil zu behaupten ist der Versuch die Leute wie Tanzbären an einem Nasenring in den Buchladen zu locken, wo sie"den neuesten PCM" kaufen sollen.
Sollen sie! Wenn Sie's fertigbringen, ihnen Ihre seltsamen Theoriuen aufzubinden.
Adé'le (wie die Schwaben sagen)
G.
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Baldur der Ketzer
04.11.2002, 20:49
@ Popeye
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Macht, 'Recht', Eigentum, Willkür - Arisierungen, Beschlagnahmen, Schalck-Gol. |
-->Hallo,
auch wenn ich mich jetzt als geCHichtlichen Banausen outen muß, er über die Abfolge der Dinge nicht genau Bescheid weiß, möchte ich hier einhaken:
Galiani fordert (m.E. zurecht), daß es einen dem Menschen angeborenen Respekt vor Eigentum geben muß, der sich z.B. im Kindersandkasten zeigt, oder in einem angeschiedenen Dorf, wo jeder jeden kennt und sich alles auf Vertrauen gründet, also auf Handschlag und im guten Glauben gehandelt wird statt mit Titeln und Zessionen (gibt so Paradiese heut noch?).
dottore sagt, soweit ich es verstanden habe, ohne formales Gesetz der Macht existiert kein Eigentum mangels Titels darauf.
Ich postuliere mal: Moishe Rubinstein hat ein Mehrfamilienhaus, hat Aktienvermögen an Namensaktien, hat ein Edelmetalldepot in Berlin 1935.
1949 hatte er das nicht mehr.
1955 und 2002 würde man ihm wohl unverändert Eigentum zubilligen, bzw. genauergesagt, man würde ihn zu behandeln versuchen, als ob er das Eigentum nie verloren hätte, durch Resitution bzw. Schadenersatz.
Also ist - soory, dottore, Adolfs 1000 Jahre waren ein Gesetzesstaat mit positivem Recht, mit Grundbüchern, mit rechtstiteln auf Eigentum.
Somit hätte der Moishele sein Eigentum verloren (unzweifelhaft ja, denn er konnte von 1940-194X ja keinen Nutzen daraus ziehen), und hernach wäre es als Anspruch wiederaufgelebt, aber noch ohne Titel.
Oder auch nicht, siehe enteignete Mauergrundstücke, die sind zu wertvoll, um sie den ehemaligen Alteigentümern zurückzugeben, vor allem, wenn sie anders heißen.
Trotzdem gab es zwischen 1940 und 1955 einen Rechtszustand, der im Sinne von Galiani wohl unzweifelhaft als *Eigentum* bezeichnet werden kann, nämlich Eigentum nach Gutglauben, enteignet durch Gewaltakt, somit menschenrechtswidrig und zu restituieren.
Die Nachbarn und Freunde werden die ganze Zeit davon gesprochen haben, das Haus ist das vom Moishe, nicht, das ist das vom Goldfasan Graf Kocks.
Ein Bekannter aus Holland hat noch Hinterlassenschaften von deportieren Nachbarn im Keller, seit 60 Jahren, die sieht er noch immer als Eigentum der damaligen Besitzer.
DAS ist auch eine Form von Eigentum, nämlich das dem Gesetz vorhergehende Empfinden der Billig und gerecht denkenden.
Dennoch war natürlich mit dem Eigentum während der 1000 Jahre nichts anzufangen, und was blieb, war oft genug Trümmer und Asche.
Somit kann man auch sagen, das Eigentum war widerrechtlich übergangen auf den neuen Eigentümer.
Ist das so?
Ist ein bösgläubiger Eigentumserwerb bzw. -wechsel als solcher anzuerkennen, nur, weil er formal korrekt nach einem geltenden Gesetz erfolgt?
Deskriptiv ja, aber doch niemals normativ.
Also, das mit Eigentum, Macht und Titel verursacht mindestens bei Despotien Bauchschmerzen, und die kennen wir ja zur genüge ;-(.
Würde mich über Gedanken hierzu freuen.
Beste Grüße vom Baldur
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Popeye
04.11.2002, 20:59
@ Baldur der Ketzer
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Re: Macht, 'Recht', Eigentum, Willkür - Arisierungen, Beschlagnahmen, Schalck-Gol. |
-->Hallo, @ Baldur
>Also, das mit Eigentum, Macht und Titel verursacht mindestens bei Despotien Bauchschmerzen, und die kennen wir ja zur genüge ;-(.
Das seh ich genau so - Mißbrauch des positiven Rechts führt zum selben Ergebnis wie blanke Gewalt.
Grüße Popeye
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- ELLI -
04.11.2002, 21:04
@ Galiani
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nu isser wieder beleidigt und wird unfair (owT) |
-->
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Galiani
04.11.2002, 21:25
@ - ELLI -
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nu isser wieder beleidigt - Nö! Nur weder Lust noch Zeit um weiterzumachen! (owT) |
-->
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Jochen
04.11.2002, 21:53
@ Galiani
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Re: Warum war es notwendig zu dokumentieren? |
-->>Ja! Sie haben das brav gelernt mit dem Unterschied zwischen Besitz und Eigentum!
Das Problem, um das es mM nach geht, ist das Nachweisproblem. Wie beweist man, daß einem etwas gehört? Da allein der Besitz einer Sache dieses noch nicht beweist, braucht es eine rechtliche Kategorie. Dottore hat dies an Beispielen dargestellt (dottore: Ich habe selbst solche Tontafeln (Verkauf, Beleihungen, Erbgang), worin genau beschrieben wird, welches Grundstück es ist und wer der verfügungsberechtigte Eigentümer ist. Diese Verfügung wurde von der"Allgemeinheit" anerkannt, weil dies in den öffentlich-rechtlichen Gesetzen über den Ablauf dieser Geschäftsvorgänge so geregelt war.
Also kann man sehen, daß die Notwendigkeit bestand, auf Tontäfelchen zu beschreiben, um welches Grundstück es sich handelte. Es wäre nicht notwendig, wenn es allgemein anerkannt wäre. Wozu aufschreiben, was eh jeder weiß.
Es schließt sich allerdings die Frage an, wie es dazu kam, daß es notwendig wurde zu dokumentieren, was jemandem gehörte. Diese Frage ist z.B. für die Mittelalter-Phantomjahre-Debatte immens wichtig, vielleicht sogar entscheidend.
>Ich hab nicht nur das von Hudson u. Levine herausgegebene Werk, sondern ein ganzes Bücher-Regal (mit den Arbeiten insbesondere von Zaccagnini über Nuzi) durchgeforstet und nirgendwo bei den Nuzi in Mesopotamien auch nur eine Spur einer Bezugnahme auf"öffentlich-rechtliche Gesetze", auf ein Grundstücks-"Kataster", auf eine"Garantie" oder eine sonstige auf Grundstücksgeschäfte oder -streitigkeiten bezogene Ingerenz durch irgendeinen König gefunden.
Die Frage ist mErachtens, wer garantierte, daß in die Tontäfelchen vollstreckt werden konnte.
Da Eigentum und Besitz abstrakte juristische Begriffe sind, sind sie auf damalige Gesellschaften genauso anzuwenden, wie auf heutige. Ebendies ist auch die Methode der Forscher, die nach Eigentum in alten Gesellschaften fahnden (Malinowski, Polanyi usw.). Oder z.B. Arnold Künzli in seiner großen Studie zur Eigentumsfeindschaft"Mein und Dein - Zur Geschichte der Eigentumsfeindschaft".
Gruß
Jochen
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Tassie Devil
05.11.2002, 00:18
@ Baldur der Ketzer
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Re: Macht, 'Recht', Eigentum, Willkür - Arisierungen, Beschlagnahmen, Schalck-Gol. |
-->Ahoi Baldur ;-),
bitte lass mich kurz ein paar Gedanken einflechten:
>Galiani fordert (m.E. zurecht), daß es einen dem Menschen angeborenen Respekt >vor Eigentum geben muß, der sich z.B. im Kindersandkasten zeigt, oder in einem >angeschiedenen Dorf, wo jeder jeden kennt und sich alles auf Vertrauen >gründet, also auf Handschlag und im guten Glauben gehandelt wird statt mit >Titeln und Zessionen (gibt so Paradiese heut noch?).
An Galianis Forderung auf Respekt vor rechtmaessig erworbenem Eigentum (sic!) in unserer heutigen Zeit habe ich nicht das geringste auszusetzen. Der gleiche Respekt ist auch dem rechtmaessig angeeigneten Besitztum entgegen zu bringen.
Ich vermag nur dort Galianis Ausfuehrungen nicht zu folgen, wo er, teilweise auch andere zitierend, den angeblichen Beweis antritt, dass es Eigentum seit Menschengedenken immer gegeben habe.
Keine Frage, der rechtmaessige Besitz, hergeleitet aus dem"Naturrecht", ihn gibt es seit es Menschen gibt.
>dottore sagt, soweit ich es verstanden habe, ohne formales Gesetz der Macht >existiert kein Eigentum mangels Titels darauf.
Richtig. Aber Vorsicht, nicht jede Macht garantiert Eigentum, oder laesst solches ueberhaupt zu.
Besitz gab und gibt es mit oder ohne Macht.
>Ist ein bösgläubiger Eigentumserwerb bzw. -wechsel als solcher anzuerkennen, >nur, weil er formal korrekt nach einem geltenden Gesetz erfolgt?
>Deskriptiv ja, aber doch niemals normativ.
Hmmm, Baldur, nicht jede Macht, die Gesetze macht und die ggf. dubios erworbenes und uebertragenes Eigentum in Folge schuetzt, ist de facto die Macht einer Eigentuemergesellschaft.
Das 1000 jaehrige Reich war keine solche Eigentuemergesellschaft sondern eine Diktatur, auch wenn es darin"diktiertes Eigentum" gab, das aber bei rechtem Licht besehen nur schlichter Besitz war: die Macht hat Eigentum/Besitz konfiszierend okkupiert und danach anderen die"Eigentumsrechte" uebertragen.
Solche sog."Eigentumsuebertragungen" in angeblicher"Eigentuemergesellschaft" sieht nur nach Eigentum aus, es ist jedoch alles andere als Eigentum.
Besitz ist es allemal.
>Also, das mit Eigentum, Macht und Titel verursacht mindestens bei Despotien >Bauchschmerzen, und die kennen wir ja zur genüge ;-(.
Eben, Baldur, genau!
Rechtmaessiges Eigentum als solches kann nur zustande kommen, wenn auch das"Naturrecht" zur Anwendung gelangt. Eigentum uebertragen ausschliesslich per Ordre de Mufti, wobei das"Naturrecht" aussen vor bleibt, nennt der frischgebackene"Eigentuemer" gern"Eigentum", der Mufti hat ihm ja bestaetigend den"Eigentums"-Titel verliehen, mitnichten handelt es sich aber um Eigentum sondern um unrechtmaessigen Besitz.
>Würde mich über Gedanken hierzu freuen.
>Beste Grüße vom Baldur
Herzlichst
TD
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Burning_Heart
05.11.2002, 04:52
@ Galiani
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Noch ein Beispiel... |
-->Ich gehe zum Angeln an meinen Lieblingssteg.Da sitzt aber schon einer.Kann ich ihm beweisen,das ich der Besitzer des Steges bin,darf ich ihn vertreiben.
Kann ich es nicht,muss ich woanders Angeln gehn.
So ist das heute,so war das bevor es das erste Geld gab.
; )
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dottore
05.11.2002, 10:14
@ Galiani
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Re: Vielleicht reicht's noch für einen Blick in die EB (Stichwort Nuzi): |
-->Grüß Gottle,
wir lesen in der EB zum Thema"eigentumslose Nuzi" dieses:
"The kingdom of Mitanni was a feudal state led by a warrior nobility of Aryan or
Hurrian origin. Frequently horses were bred on their large landed estates. Documents
and contract agreements in Syria often mention a chariot-warrior caste that also
constituted the social upper class in the cities.
The aristocratic families usually
received their landed <font color="FF0000">property</font> as an inalienable fief.
(Das allseits bekannte"Obereigentum des Staates").
Consequently, no documents
on the selling of landed property are to be found in the great archives of Akkadian
documents and letters discovered in Nuzi, near Kirkuk.
The prohibition against
selling landed property was often dodged, however, with a stratagem: the previous
owner “adopted” a willing buyer against an appropriate sum of money.
The wealthy
lord Tehiptilla was “adopted” almost 200 times, acquiring tremendous holdings of
landed property in this way without interference by the local governmental
authorities."
Also:
1. Es gab Eigentum ("landed property").
2. Es durfte nicht übertragen werden - per Kauf.
3. Ausweg: Man adoptierte den"Käufer" und übertrug so das Eigentum.
Diese Methode ist bestens bekannt, sehr schön auch in der lex salica geregelt ("Ankindschaft").
Der reiche Landeigentümer Tehiptilla - war er nun Besitzer oder Eigentümer?
Manchmal ist es schon sehr mühsam, das arme Eigentum zu verteidigen.
Damit es übrigens keine Missverständnisse gibt: Das Eigentum der Nuzi ließ sich zwar über den Trick mit den vorgeblichen Erben (Adoptionen) übertragen, aber ähnlich wie das Grundeigentum etwa der ost-elbischen Junker nicht beleihen (weil es beim Leihe-Ausfall eine Vollstreckung gegeben hätte und ergo einen Eigentümerwechsel), was Friedrich II. dann mit Hilfe der Pfandbriefe zu beseitigen versuchte, wobei in den Grund und Boden selbst nicht vollstreckt werden konnte, um den Junkern die Existenzbasis nicht zu rauben (Offizierskorps-Problem), weshalb wir dann das schöne Instrument des Fiedeikomisses bestaunen konnten.
Mein Familie hat dies noch genutzt. Es waren Fabrikanten, die ihre Firma nach 1840 in ein Fiedeikommis-Gut einbrachten und somit quasi eine GmbH (Haftunsbeschränkung) konstruierten.
Alles geht also - aber am Eigentum ("landed property") führt halt leider kein Weg vorbei. Never, ever.
Gruß!
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Galiani
05.11.2002, 12:31
@ Jochen
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@Jochen: Darf ich Dich auf meine |
-->>>Ja! Sie haben das brav gelernt mit dem Unterschied zwischen Besitz und Eigentum!
>Das Problem, um das es mM nach geht, ist das Nachweisproblem. Wie beweist man, daß einem etwas gehört? Da allein der Besitz einer Sache dieses noch nicht beweist, braucht es eine rechtliche Kategorie. Dottore hat dies an Beispielen dargestellt (dottore: Ich habe selbst solche Tontafeln (Verkauf, Beleihungen, Erbgang), worin genau beschrieben wird, welches Grundstück es ist und wer der verfügungsberechtigte Eigentümer ist. Diese Verfügung wurde von der"Allgemeinheit" anerkannt, weil dies in den öffentlich-rechtlichen Gesetzen über den Ablauf dieser Geschäftsvorgänge so geregelt war.
>Also kann man sehen, daß die Notwendigkeit bestand, auf Tontäfelchen zu beschreiben, um welches Grundstück es sich handelte. Es wäre nicht notwendig, wenn es allgemein anerkannt wäre. Wozu aufschreiben, was eh jeder weiß.
>Es schließt sich allerdings die Frage an, wie es dazu kam, daß es notwendig wurde zu dokumentieren, was jemandem gehörte. Diese Frage ist z.B. für die Mittelalter-Phantomjahre-Debatte immens wichtig, vielleicht sogar entscheidend.
>>Ich hab nicht nur das von Hudson u. Levine herausgegebene Werk, sondern ein ganzes Bücher-Regal (mit den Arbeiten insbesondere von Zaccagnini über Nuzi) durchgeforstet und nirgendwo bei den Nuzi in Mesopotamien auch nur eine Spur einer Bezugnahme auf"öffentlich-rechtliche Gesetze", auf ein Grundstücks-"Kataster", auf eine"Garantie" oder eine sonstige auf Grundstücksgeschäfte oder -streitigkeiten bezogene Ingerenz durch irgendeinen König gefunden.
>Die Frage ist mErachtens, wer garantierte, daß in die Tontäfelchen vollstreckt werden konnte.
>Da Eigentum und Besitz abstrakte juristische Begriffe sind, sind sie auf damalige Gesellschaften genauso anzuwenden, wie auf heutige. Ebendies ist auch die Methode der Forscher, die nach Eigentum in alten Gesellschaften fahnden (Malinowski, Polanyi usw.). Oder z.B. Arnold Künzli in seiner großen Studie zur Eigentumsfeindschaft"Mein und Dein - Zur Geschichte der Eigentumsfeindschaft".
>Gruß
>Jochen
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Galiani
05.11.2002, 12:35
@ Jochen
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@Jochen: Darf ich Dich auf meine spät Nachts verfaßte Replik (s.o.) verweisen?! (owT) |
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Galiani
05.11.2002, 12:38
@ dottore
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Diese Befunde widersprechen total den neueren Arbeiten insbes. von Zaccagnini (owT) |
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