moneymind
04.11.2002, 23:05 |
Beitrag zur Eigentumsdebatte Thread gesperrt |
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Hallo zusammen,
vielleicht kann ich einen kleinen Beitrag zur Klärung des Streits um den Begriff „Eigentum“ leisten.
Was Galiani unter Eigentum versteht, hat er mehrfach beschrieben: „daß einer Person von der Allgemeinheit zugestanden wird, über eine bewegliche oder unbewegliche Sache ausschließlich verfügen zu können“.
Diese Begriffsbestimmung ist die im Alltag verbreitete, und selbst Juristen scheinen den Eigentumsbegriff oft in dieser Bedeutung zu verwenden, selbst wenn sie innerhalb des Zivilrechts zwischen Eigentum und Besitz unterscheiden. Galiani kann sich also auf der sicheren Seite fühlen und unendlich viele Zitate finden, die ihn zu bestätigen scheinen.
Wenn man „Eigentum“ so versteht - und die meisten Menschen verstehen es so - dann ist es selbstverständlich richtig, daß es das schon immer gab und in allen Gesellschaftsformen gibt.
Doch Heinsohn/Steiger und dottore nennen das, was Galiani „Eigentum“ nennt: „daß einer Person von der Allgemeinheit zugestanden wird, über eine bewegliche oder unbewegliche Sache ausschließlich verfügen zu können“, anders:
BESITZ.
Und selbstverständlich wissen sie, daß es „das Recht über eine bewegliche oder unbewegliche Sache ausschließlich verfügen zu können“ schon immer gegeben hat. Sie nennen es nur nicht „Eigentum“, sondern „Besitz“, auch wenn das nicht der allgemeine Sprachgebrauch ist -- und das aus gutem Grund (dazu unten mehr).
EIGENTUM
gibt es für H/S, dottore et.al, so weit ich das verstehe, erst im Kontext eines Rechtssystems, das a) Vertragsfreiheit und b) Vermögenshaftung beinhaltet. Eigentum ist ein Vermögensrecht. Nur etwas, an dem man Eigentumsrechte hat, kann man auch zu seinem VERMÃ-GEN rechnen. Es gehört zum Vermögen des Berechtigten, ob er es nun besitzt oder nicht. Besitzt jemand etwas, ohne Eigentumsrechte daran zu haben, stellt dieser Gegenstand für ihn kein VERMÃ-GEN dar. Nur dieses Vermögen ist aber das, womit gewirtschaftet wird.
Denn es macht a) kreditwürdig und verpflichtet b) dazu, für Schulden/Verluste gegebenenfalls mit diesem Vermögen einzustehen - zu haften. Beispiele dazu hat dottore ja viele gepostet.
Daß es weder in Stammes- noch in Feudalgesellschaften UNTERNEHMER gibt, die ihr Vermögen dafür riskieren, eine Idee umzusetzen, hat seinen einfachen Grund darin, daß es dort kein Eigentum, sprich: keine Haftung gibt. Das Phänomen der Haftung beschreibt etwas, das es in Stammes- und Feudalgesellschaften so nicht gibt. Dort wird das Einhalten von Verpflichtungen auf andere Weise gesichert!
Mit ihrer Unterscheidung von Eigentum und Besitz - und vor allem mit der Anwendung dieser Unterscheidung auf verschiedene Gesellschaftsformen - liegen H/S, dottore et. al. quer zum allgemeinen Sprachgebrauch. Sie greifen damit eine Unterscheidung auf, die aus dem Zivilrecht stammt. Juristen sind sich aber durchaus im klaren darüber, daß Eigentum und Besitz streng unterschieden werden müssen: Besitz als „tatsächliche Verfügungsmacht“, Eigentum als"rechtliche Verfügungsmacht". Darauf hebt ja dottore immer ab, wenn er darauf besteht, Besitz beziehe sich auf die tatsächliche Sache, Eigentum auf den Titel (die rechtliche Verfügungsmacht).
Trotzdem verwenden fast alle Juristen diese Unterscheidung nur im Kontext des Zivilrechts. Sobald sie auf andere Gesellschaften schauen als die eigene, verwenden sie (inkonsequenterweise) nur noch den Begriff"Eigentum".
Dieselben Juristen, die eben noch darauf bestanden haben, daß man Eigentum und Besitz streng auseinanderhalten müsse, reden für Gesellschaften, in denen es die für Eigentum charakteristische Haftung gar nicht gibt, nur noch unterschiedslos von „Eigentum“ - vergessen also ihre eben noch getroffene Unterscheidung zwischen Eigentum und Besitz völlig.
Ein Grund dafür mag darin liegen, daß sich kaum ein Jurist je mit Rechtsethnologie oder Rechtsgeschichte befaßt hat (sind nach Auskunft eines mit mir befreundeten Juristen absolut randständige Fächer, für die sich kaum ein Student interessiert und die kaum gefördert werden).
Das Vergessen dieser Unterscheidung ermöglicht ihnen dann,"Eigentum" in jeder Gesellschaft und zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte zu „entdecken“ (bzw. es dort hinzuprojizieren).
Diese Unterscheidungsschwäche hat Methode - erlaubt sie doch, die alte bürgerliche Ideologie vom"Naturrecht auf Eigentum", mit der die Vordenker der modernen bürgerlichen Gesellschaft diese gegenüber den feudalen (befehlswirtschaftlichen) Verhältnissen legitimiert und durchgesetzt hatten, munter weiterzuspinnen und jeden Kritiker der heutigen Eigentumsverhältnisse mundtot zu machen. Sie können dann sagen: „wenn der heutige Zustand „natürlich“ ist und es immer schon so war, ist er dann nicht auch richtig und gut, und ist dann nicht jeder Versuch, ihn zu ändern, unnatürlich und unmenschlich“?
Und damit die „Eigentum“ definierende differentia specifica der heutigen Wirtschaft - Haftung und Konkursrisiko nämlich, inclusive Arbeitslosigkeit als Folge von Konkursen etc. - vornehm unterschlagen.
Sobald die Juristen dann doch einmal einen ernsthaften Blick auf anders strukturierte Gesellschaften wagen (was selten genug passiert - eigentlich leisten sich sowas nur spezialisierte Rechtshistoriker und Rechtsethnologen, und derer gibt´s nur wenige), merken sie dann aber doch schnell, wie unpassend der Eigentumsbegriff dort tatsächlich ist. Ein Jurist, der sich in seiner Dissertation mit Landrechten der australischen Aborigines beschäftigt hat, hat beispielsweise folgende Beobachtung gemacht:
"Eine... Besonderheit besteht darin, daß das einem Stamm oder einem lokalen Klan gehörende Gebiet nicht übertragbar ist. Obzwar die meisten Autoren in diesem Zusammenhang vom"Landeigentum" der Ureinwohner sprechen, ist es in jedem Fall nach der eigenen Rechtsordnung der Aborigines unveräußerlich. Damit fehlt dem der indigenen lex loci zugrundeliegenden Landeigentum nach europäischem Verständnis eine wesentliche Eigenschaft. Für die Aborigines ist Eigentum an Land jedoch stets Gemeinschaftseigentum. Eigentumsrechte im Sinne von persönlichen, absoluten - die Veräußerung umfassenden - Rechten, kennen sie nicht. (FN: Koll, 94; irreführend insoweit Spitz, 6 und Rössel, Natur 2 (1988), 34 (41), die davon sprechen, daß die Aborigines kein Wort für"Privateigentum" kennen. In jedem Fall verfügen Aborigine-Sprachen über Possesivpronomen wie"mein" oder"dein", vgl. Odermann, 37. Mit Bezeichnungen wie"mein Speer" oder"mein Wild" werden Eigentumsverhältnisse bezeichnet, ohne daß es auf einen Oberbegriff wie"Privateigentum" ankäme. Auch sind Vokabeln für"Klangebiet","Land des lokalen Klans" oder"Landeigentum" bekannt, vgl. Odermann, 26 m.w.N. Odermann, 86, weist auch darauf hin, daß - obgleich Träger des Eigentums an Land immer eine Gruppe ist."
(Quelle: Lutz Münnich: Landrechte der Ureinwohner Australiens. Geschichte und Gegenwart. Münster: Lit 1996, S. 13. Die Studie ist als Dissertation an der Universität Münster angenommen worden und ist im Rahmen der"Münsteraner Studien zur Rechtsvergleichung" erschienen)
Er sieht also, daß der Begriff Eigentum auf die Gebräuche und Rechtsvorstellungen der Aboriginies überhaupt nicht paßt, kommt dann aber nicht darauf, daß der Begriff des Besitzes mehr Sinn machen würde, sondern verwendet weiterhin - ganz gewohnheitsmäßig - den Begriff „Eigentum“.
Ein anderer Jurist, der Rechtshistoriker William Seagle, dagegen, denkt auch begrifflich konsequent und macht die gängige begriffliche Inkonsequenz nicht mit. Er schreibt über „Eigentumsverhältnisse“ in Stammesgesellschaften:
"Auf die primitiven Einrichtungen paßt der Begriff"Besitzes" weit besser als der des Eigentums. Ein Eigentum in unserem Begriffe kann sich nur aus einem langen kontinuierlichen und ungestörten Besitz entwickeln, und auch dann erst, wenn man beginnt, den Besitz öfter zu übertragen, nachdem sich Rechtsgeschäfte herausgebildet haben, die solche Besitzübertragungen ohne Aufgabe des Rechts an der Sache ermöglichen, wie z.B. die Verpfändung. Ehe die Begründung von Schuldverhältnissen üblich wurde, war für ein Rechtsinstitut wie das des Eigentums gar kein Bedürfnis gegeben." (Quelle: William Seagle: Weltgeschichte des Rechts. München: C.H. Beck 1967, S. 84)
Da haben wir´s! Seagle sieht deutlich, daß der Begriff Eigentum nur im Kontext von Schuldverhältnissen einen Sinn macht und nennt sogar ganz eindeutig - wie Heinsohn/Steiger - die Verpfändung als Merkmal, ohne das Eigentum nicht nötig wäre. Er spricht für Stammesgesellschaften konsequenterweise nur von Besitz - nicht von Eigentum.
Heinsohn und Steiger sind ebenfalls auf diese Idee gekommen. Sie erkennen - ganz im Einklang mit der Rechtswirklichkeit und im Kontrast zu den üblichen, unscharfen Eigentumsdefinitionen auch der Juristen, daß die Pflicht zur Haftung und die Möglichkeit der Verpfändung/Belastung das ausmachen, was Eigentum von bloßem Besitz unterscheidet. Und sie sehen, daß das, was es in nichtbürgerlichen Gesellschaften selbstverständlich auch gibt und immer gegeben hat - nämlich die Zuordnung von Sachen zu Menschen oder Gruppen von Menschen mit den Begriffen"MEIN" und"DEIN" und damit verbundenen Verfügungsrechten - viel treffender BESITZ nennt. Daß man von Eigentum nur da sprechen sollte, wo es Schuldverhältnisse inclusive Haftung (mit Verlustrisiko etc.) gibt.
Kann man diese Begriffe nun"auf andere Gesellschaften anwenden", wenn die die Menschen dort die Unterscheidung Eigentum/Besitz gar nicht treffen? Wenn wir uns dafür interessieren, wo die wesentlichen Unterschiede dieser Gesellschaften liegen, die sie im Hinblick auf ihre Entwicklungdynamik so verschieden machen, selbstverständlich!
Die dem Zivilrecht entlehnte Unterscheidung Eigentum/Besitz verhilft nämlich zu mehr Klarheit (d.h. Unterscheidungsfähigkeit) im Hinblick auf Eigentums- und Besitzverhältnisse nicht nur im Kontext des Zivilrechts, sondern auch im Vergleich verschiedener Gesellschaftsstrukturen: Mit dieser neuen Definition können wir verschiedene Eigentums- und Besitzformen in verschiedenen Gesellschaftsformen differenzierter betrachten und Klarheit in die Verwirrung um den Eigentumsbegriff bringen.
EIGENTUMSGESELLSCHAFTEN:
Dort gibt es sowohl Eigentum als auch Besitz - und zwar sowohl Individual- ("Privat-") Gemeinbesitz, und auch Individual- und Gemeineigentum.
Individualbesitz, ohne den Eigentumstitel zu halten:
Mein Mietwagen
Gemeinschaftsbesitz, ohne den Eigentumstitell zu halten:
Das von einer WG gemeinsam genutzte Badezimmer einer Mietwohnung.
Individualeigentum und gleichzeitig Individualbesitzin einer Eigentumsgesellschaft:
Das Inventar eines Einzelunternehmens (Handwerker).
Gemeinschaftseigentum in einer Eigentumsgesellschaft:
a) Inventar und Vermögen einer Aktiengesellschaft (Eigentümer haben physisch nichts mit dem Unternehmen zu tun, sind also nicht"Besitzer")
b) Inventar und Vermögen einer Genossenschaft (Eigentümer betreiben das Unternehmen gemeinschaftlich, sind also auch Besitzer/Nutzer des Inventars).
STAMMES- UND FEUDALGESELLSCHAFTEN:
In Stammes- und Feudalgesellschaften gibt es kein Eigentum (keine Haftung mit dem dazugehörigen Verlustrisiko bei Unfähigkeit, einen Kredit zurückzuzahlen). Natürlich gibt es aber sowohl Individual- wie Gemeinschaftsbesitz:
Individualbesitz:
Speer und Schild eines Indianerkriegers.
Gemeinschaftsbesitz:
Das Stammesgebiet, das der Stamm als"seines" beansprucht (siehe dazu auch nochmal das Münnich-Zitat oben).
Diese Unterscheidungen bringen Klarheit in die Verwirrung, die in der Literatur über die Begriffe Eigentum und Besitz besteht. Es wird klar, daß für Wirtschaft nicht die Unterscheidung von individueller und kollektiver Zuordnung von Sachenrechten besteht - beides gibt es in allen Gesellschaften. Sondern in der Unterscheidung zwischen Besitz (Recht der Verfügung über die NUTZUNG einer Sache) und Eigentum (Titel, der als Kreditsicherheit verpfändet werden kann und Gegenstand der Haftung ist, unabhängig davon, wer ihn nutzt).
In dem das Kriterium der Haftung als Definitionsmerkmal des Eigentums eingebracht wird, das es von bloßem Besitz unterscheidet, haben wir nun Definitionen, die mit der wirtschaftspraktischen Realität genauso im Einklang stehen wie mit der wirtschaftsethnologischen und wirtschaftshistorischen Forschung. Sie erlauben es auch, die in diesen Disziplinen bestehende Verwirrung um den Eigentumsbegriff zu beheben und kann diesen Disziplinen ganz neue Fragestellungen eröffnen.
Sie ermöglichen es auch, die Frage nach dem historischen Ursprung von Eigentum wieder sinnvoll zu stellen: es geht nämlich darum, wie es zu der für Eigentum charakteristischen Vertragsfreiheit/Privatautonomie und der dazugehörigen Haftung kam, die den längerfristig unauflöslichen verwandtschaftlichen Solidarbeziehungen in Stammesgesellschaften und den Abgaben- und Schutzpflichten in Feudal/Befehlsgesellschaften so diametral gegenüberstehen.
Und es ermöglichen es meiner Meinung nach auch, ein einfaches und schlüssiges Modell des Zusammenhangs von Eigentum, Vertrag (inclusive Haftung), Kredit, Zins, Geld und Entwicklungsdynamik zu entwickeln, das die Dynamik unserer westlichen Geldwirtschaften besser erklärt als jedes andere Modell, das ich kenne.
Gruß Moneymind
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silvereagle
04.11.2002, 23:45
@ moneymind
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Klasse Beitrag! |
-->Als Jurist kann ich dazu nur sagen: Hut ab! Letztlich entzieht sich der tiefere Sinn der ganzen Debatte (auch wenn sie wirklich höchst interessant zu verfolgen ist) meiner bescheidenen Auffassungsgabe. Ich sehe dabei jeweils folgende Ausgangspositionen bzw. Motivationen:
Worum es Galiani samt Anhängern geht:
Zuordnung von Materie zu Personen ist auch ohne usurpierende, abgabenfordernde"Macht" möglich und sinnvoll.
Worum es dottore samt Anhängern geht:
Eigentum als unabdingbarer Bestandteil heutigen (und damit auch historischen)"Wirtschaftens" entstand unzweifelhaft aufgrund von Abgabenzwang der"Macht".
Ich sehe darin persönlich keinerlei Widerspruch: Denn ich kann (als naiv-traumtänzelnder Libertärer) mir eine"Eigentums"ordnung ohne Staat und"Macht" genauso problemlos vorstellen (das Leben entwickelt sich weiter!), wie ich die Herkunft bzw. Entwicklung des heutigen Zustandes bar jeglicher Illusion den Machenschaften des Zwingherrn zuschreiben kann.
Viel spannender wäre für mich folglich eine Diskussion, ob auch bis in alle Zukunft die Verbindung"moderne, arbeitsteilige Wirtschaft" und"usurpierender, gewalttätiger Staat" weiterbestehen muss, sofern ich auch dann noch gelegentlich Aspirin und Schuhcreme erwerben können will.
Gruß, silvereagle
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Tassie Devil
05.11.2002, 00:33
@ silvereagle
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Re: Genau! (owT) |
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Uwe
05.11.2002, 00:51
@ moneymind
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Danke für diesen Beitrag, Moneymind,... |
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... der u.a. m.E. an Galani nochmals die Bitte unterstreicht, die vermeintliche Allgemeingültigkeit seiner Sicht des"Naturrechts" nach Art und Umfang zu erläutern, denn ich kann mir noch nicht vorstellen, dass, wenn das"Naturrecht" über die lebenserhaltenen Bedürfnisse hinausgeht, es ohne Macht als"natürliches Recht" bestehen kann.
Gruß,
Uwe
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Fürst Luschi
05.11.2002, 13:06
@ moneymind
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Re: Beitrag zur Eigentumsdebatte |
-->>Daß man von Eigentum nur da sprechen sollte, wo es Schuldverhältnisse inclusive Haftung (mit Verlustrisiko etc.) gibt.
...
>Eigentum (Titel, der als Kreditsicherheit verpfändet werden kann und Gegenstand der Haftung ist, unabhängig davon, wer ihn nutzt).
...
>In dem das Kriterium der Haftung als Definitionsmerkmal des Eigentums eingebracht wird, das es von bloßem Besitz unterscheidet, haben wir nun Definitionen, die mit der wirtschaftspraktischen Realität genauso im Einklang stehen wie mit der wirtschaftsethnologischen und wirtschaftshistorischen Forschung...
...
>..er für Eigentum charakteristischen Vertragsfreiheit/Privatautonomie und der dazugehörigen Haftung kam
jetzt will ich zwar nicht mit dem umdefinieren anfangen, aber mit einem Pfand zu haften kann ich mir nur bei einem Faustpfand vorstellen. Wie die Haftung des Eigentums aussehen soll, bleibt mir rätselhaft.
Die eigene Immobilie beleihen - der Titel wird zu einem anonymen Titel - man bleibt Besitzer auf Kreditlaufzeit. Ohne einen Anonymisator würde ich Gefahr laufen den Titel zu verlieren, weil jemand vielleicht nur gerade an diesem Titel interessiert ist und ihn nur erwirbt um ihn nach Laufzeit endgültig zu haben. Gibt es mehrere Gelder - dann geh ich zum grössten Anoymisator = Bank = Eigentums-Pool. Oder zu einem Privaten als Mittelsmann, der sein Eigentum in den (für mich richtigen) Pool geschmissen hat, und mir jetzt Kredit (weiter)gibt.
Habe ich mein Haus beliehen, und das Geld(=anonymisierte Eigentumsanteile auf ebenjenes Haus) ausgegeben, dann bin ich noch Teileigentümer mit vielen anonymen Miteigentümern - die ich mir in einer bestimmten Zeitspanne wieder vom Halse schaffen muss.
Im Kredit ist das Eigentum schon weg und anonym unterwegs und muss in vereinbarter Laufzeit wiederhergestellt werden, sonst ist es über Vollstreckung endgültig verloren und mit ihr fast immer auch der Besitz. Es haftet nicht noch mal extra - der andere hat es schon. Und weil zu einem anonymen Titel mutiert - kann man"sein" Eigentum mit jedem anderen marktbewerteten anonymen Titel gleicher Art(desselben Eigentum-Pools) wiederherstellen. Wenn ich mir das anonym-machen anschaue, kann ich natürlich sagen, dass der Titel als Pfand für die kleinergestückelten anonymen Titel haftet, die ihn nur vertreten. Aber dieses virtuelle haften an seinen anonymen Vertretern als"Definitionsmerkmal des Eigentums"? Haftet der Titel für ein Null-Geld oder haben die kleinen anonymen Kerlchen seine Essenz ausgesaugt und nehmen sie mit auf ihren Weg.
Grüsse
FL
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-- ELLI --
05.11.2002, 15:38
@ moneymind
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Re: Beitrag zur Eigentumsdebatte / Danke für diesen Beitrag!!! (owT) |
-->
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Popeye
05.11.2002, 16:05
@ moneymind
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Re: Beitrag zur Eigentumsdebatte - Schöner Beitrag (!), hier eine Bestätigung... |
-->für einen Teilaspekt:
Schuld und Haftung
Schuld und Haftung - Naturalobligationen
a) Leistensollen und Einstehenmüssen: Wer etwas schuldet, haftet
heute grundsätzlich auch selbst für diese Verpflichtung / Schuld; dh es
steht nicht in seinem Belieben, ob er das Geschuldete erbringt / zahlt
oder nicht. Gschnitzer:"Der Schuldner schuldet, soll leisten, ist zu
leisten verpflichtet [Leistensollen]. Er haftet aber auch, muß leisten,
kann zur Leistung gezwungen werden [Einstehenmüssen]."
Das war nicht immer so. Die für das moderne (Privat)Recht
charakteristische innere Verbindung von Schuld und Haftung fehlte in
alten Recht(sordnung)en. Sollte in ihnen ein Schuldner nicht nur
(schuldrechtlich) verpflichtet sein, sondern auch haften, mußte diese
Haftung durch eigenen Rechtsakt begründet werden. Das alte
germanische und deutsche Recht baute auf der Dichotomie von Schuld
und Haftung auf und kannte bspw die sog Vergeiselung für eigene oder
fremde Schuld als persönlichen Haftungsgrund. In alten
Recht(sordnung)en gab es nämlich eine persönliche eo ipso-Haftung nur
für begangene Delikte. Die Entdeckung der Unterscheidung von Schuld
und Haftung stellt eine Leistung germanistischer Rechtshistorie dar; Karl
v Amira, Otto v Gierke. Diese Einsicht führte auch zur Entdeckung der
zunächsthier aufgezeigten Unterscheidung im altgriechischen, ja
babylonischen und schließlich auch im Römischen Recht (R. Hübner).
Quelle:
<ul> ~ http://info.uibk.ac.at/c/c3/c305/zivilonline/schrat/schuldverhaeltnis.html</ul>
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Dimi
05.11.2002, 16:18
@ moneymind
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Re: Beitrag zur Eigentumsdebatte - und was sind die Tiere einer Karawane?? |
-->Hallo Moneymind,
der Mensch hüpfte nicht von der Altsteinzeit in die Moderne. Die maßgeblichen steinzeitlichen Lebensweisen sind:
- Jagen
- Sammeln
- Fischen
- Ackerbau
- Viehzucht
- und Mischformen
Ein Fischer hat ein Boot, ein Ackerbauer einen Garten, und ein Viehzüchter sein Vieh.
Was ist das Vieh?
Gehört es in die Kategorie zu 'Speer', oder zu 'Stammesgebiet'? Oder nicht doch eher zu 'Handwerkerinventar'?
Gruß, Dimi
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moneymind
05.11.2002, 22:16
@ Dimi
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Re: Was sind die Tiere einer Karawane?? |
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Hallo Dimi,
Du schreibst:
>der Mensch hüpfte nicht von der Altsteinzeit in die Moderne.
Stimmt!
Hatte ich ja auch nicht behauptet. Von Steinzeit hatte ich auch nichts geschrieben - sondern ich habe den Begriff"Stammesgesellschaften" benutzt. Damit habe ich Gesellschaften wie zum Beispiel die der australischen Aborigines gemeint, mit deren Landrechten sich der von mir zitierte Rechtsethnologe Lutz Münnich beschäftigt hat. Oder die Gesellschaften der nordamerikanischen Ureinwohner. Diese Gesellschaften gibt´s heute, und können von Ethnologen"live" erforscht werden (z.B. teilnehmende Beobachtung etc.). Es ging mir nicht um eine Einteilung von Geschichtsepochen, sondern um den Vergleich verschiedener Gesellschaftsstrukturen.
Du schreibst weiter:
Die maßgeblichen steinzeitlichen Lebensweisen sind:
>- Jagen
>- Sammeln
>- Fischen
>- Ackerbau
>- Viehzucht
>- und Mischformen
>Ein Fischer hat ein Boot, ein Ackerbauer einen Garten, und ein Viehzüchter sein Vieh.
>Was ist das Vieh?
>Gehört es in die Kategorie zu 'Speer', oder zu 'Stammesgebiet'? Oder nicht doch eher zu 'Handwerkerinventar'?
Das Vieh gehört - wenn man die von H/S vorgeschlagene Unterscheidung anwendet - in jedem Fall in die Kategorie"Individualbesitz".
Ob es auch sein Eigentum ist, hängt davon ab, ob er im Geltungsbereich einer zivilen Rechtsordnung lebt, die Vertragsfreiheit garantiert und Gläubigern die Möglichkeit einräumt, ihre Forderungen zwangsvollstrecken zu lassen.
Lebt er ausserhalb des Geltungsbereichs einer solchen zivilen Rechtsordnung mit Vertragsfreiheit und Schuldrecht (inclusive allgemeiner Vermögenshaftung), gibt es (wenn man die von H/S vorgeschlagene Unterscheidung von Eigentum und Besitz konsequent anwendet) keine Eigentumsrechte an den Viechern (wohl aber Besitzrechte).
Wenn er im Geltungsbereich einer solchen zivilen Rechtsordnung lebt, gehört nach der von H/S vorgeschlagenen (und m.E. sinnvollen) Definition des Eigentumsbegriffs das Vieh auch in die Kategorie"Eigentum".
Denn dann kann ein Gläubiger, demgegenüber er vertraglich vereinbarte Forderungen nicht fristgerecht erfüllt hat, auf Erfüllung klagen und seine Forderungen zwangsweise durchsetzen (vollstrecken) lassen. Er geht aufs Amtsgericht, das schickt dem Bauer den Gerichtsvollzieher, der versteigert sein Vieh, den Erlös bekommt der Gläubiger. Der Bauer muß von Rechts wegen die Zwangsvollstreckung dulden. Denn er haftet mit seinem Vermögen für die Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen, die er eingegangen ist (allgemeine Vermögenshaftung).
Gruß moneymind
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moneymind
06.11.2002, 00:07
@ silvereagle
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Re: Klasse Beitrag |
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Hallo Silvereagle,
danke für die „Blumen“ erstmal.
Du schreibst:
>Letztlich entzieht sich der tiefere Sinn der ganzen Debatte
Ob die Debatte einen tieferen Sinn hat, weiß ich nicht - das mag jeder für sich selbst entscheiden. Interessant wäre vielleicht, auch mal über die Erkenntnisinteressen der Theoretiker zu reden, die hinter der wirtschaftstheoretischen Begriffsakrobatik stehen. Ausgangspunkt für mich war die Frage danach, wie es eigentlich zu der enormen Entwicklungsdynamik unserer modernen westlichen Gesellschaften kommt und welche Rolle das Geld dabei spielt. Dabei bin ich schließlich in dieser Debatte"gelandet", wo ich für mich viel befriedigendere (aber auch nüchternere) Erklärungsmodelle dafür gefunden habe als in den an den Unis gelehrten Modellen oder bei Marx.
Du schreibst weiter:
>Worum es Galiani samt Anhängern geht:
>Zuordnung von Materie zu Personen ist auch ohne usurpierende, abgabenfordernde"Macht" möglich und sinnvoll.
Sehe ich genauso. Besitz gibt es auch in Stammesgesellschaften - ganz ohne zentrale Macht.
>Worum es dottore samt Anhängern geht:
>Eigentum als unabdingbarer Bestandteil heutigen (und damit auch historischen)"Wirtschaftens" entstand unzweifelhaft aufgrund von Abgabenzwang der"Macht".
Das ist nicht meine Sicht der Dinge, und das kann ich (bisher) auch nicht nachvollziehen. Mir ist klar, daß eine Eigentumswirtschaft eine zentrale Macht braucht, die von allen (formell, vor dem Recht) freien und gleichen Eigentümern anerkannt wird und die Gläubiger leistungsunfähiger Schuldner nutzen können, um ihre vertragliche Forderungen per Zwangsvollstreckung durchzusetzen. In diesem Sinne braucht es eine zentrale Macht (Rechtsstaat).
Was die Erstentstehung von Eigentum betrifft, macht für mich bisher eher die Hypothese Sinn, daß Eigentum und Vertragsfreiheit bei ihrer Erstentstehung revolutionär GEGEN eine feudale Macht durchgesetzt wurden, wie das ja auch im Übergang vom mittelalterlichen Feudalsystem zum modernen Kapitalismus war. Vermutlich von Männern, die stolz auf ihre Freiheit und Unabhängigkeit waren und sich diese auch erhalten wollten. Dazu scheint mir ich das (hypothetische) Szenario, das Heinsohn in seinem 1984er Buch „Privateigentum, Patriarchat, Geldwirtschaft“ skizziert hat, am plausibelsten.
>Ich sehe darin persönlich keinerlei Widerspruch: Denn ich kann (als naiv-traumtänzelnder Libertärer) mir eine"Eigentums"ordnung ohne Staat und"Macht" genauso problemlos vorstellen
Hmm, hört sich auf den ersten Blick gut an, aber wie könnte die denn konkret aussehen? Wer soll dann garantieren und nötigenfalls erzwingen, daß Verträge auch eingehalten und ihre Einhaltung notfalls auch durchgesetzt wird? Meiner Erfahrung nach funktionieren solche Dinge auf rein freundschaftlicher Basis nur im engsten Umkreis, also bestenfalls lokal (lasse mich aber durch Gegenbeispiele gern eines besseren belehren, mir fallen bloß keine ein).
Damit meine ich nicht, daß eine solche Ordnung unmöglich wäre - bloß wäre es halt keine"Eigentumsordnung" mehr. Denn die enthält eben nicht nur Freiheiten, die die liberalen Theoretiker immer so gern betonen, sondern eben auch Zwänge und Pflichten und funktioniert erbringt eben auch wegen dieser Zwänge (Haftung eben - und das damit verbundene Risiko des Verlusts der eigenen Existenzgrundlage) so"gut" (Güterreichtum etc.).
Wenn Verträge nicht mehr durchzusetzen sind, muss man Versprechen irgendwie anders absichern. Die traditionellen Mittel sind ja verwandtschaftliche Solidarität, oder eben die direkte Gewalt, die in Gebieten ohne bürgerliche Rechtsordnung an der Tagesordnung ist, wie z.B. Cowboy-Methoden zu Beginn der Besiedlung Nordamerikas, oder die Mafia-Methoden, die jetzt in Rußland gang und gäbe sind.
>Viel spannender wäre für mich folglich eine Diskussion, ob auch bis in alle Zukunft die Verbindung"moderne, arbeitsteilige Wirtschaft" und"usurpierender, gewalttätiger Staat" weiterbestehen muss, sofern ich auch dann noch gelegentlich Aspirin und Schuhcreme erwerben können will.
Sicher eine spannende Diskussion. Statt des"ob" wäre es dann aber vielleicht sinnvoller, das konkrete"wie" einer Alternative zu entwerfen und dann auch auszuprobieren. (Ich muss zugeben, daß ich keine Idee habe, wie so was aussehen könnte und gegenüber solchen Utopien eher skeptisch geworden bin).
Gruß moneymind
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moneymind
06.11.2002, 00:07
@ Fürst Luschi
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Re: Beitrag zur Eigentumsdebatte |
-->Hallo Fürst,
Du schreibst:
>Wie die Haftung des Eigentums aussehen soll, bleibt mir rätselhaft.
Sie sieht so aus, daß ein Schuldner, der nicht leisten kann, den zwangsweisen Zugriff auf sein Eigentum dulden muß. Er kann also sein Eigentum und damit im Extremfall seine gesamte Existenzgrundlage verlieren.
Dazu ein paar Zeilen aus einem Lehrbuch des Schuldrechts:"Die Rechtsordnung begnügt sich in der Regel nicht damit, dem Schuldner nur eine Verpflichtung aufzuerlegen und demgemäß dem Gläubier ein Rechta fu die Leistung zuzuerkennen; sie trägt auch dafür Sorge, daß der Gläubiger sein Recht notfalls realiseren kann. Zwar schreitet die Rchtsgemeinschaft nicht schon von sich aus gegen den säumigen Schuldner ein; sie überläßt es dem Gläubiger, ob und wann er sein Recht verfolgen will. Aber sie stellt ihm, für den Fall, daß er sich zur Rechtsverfolgung entschließt, ihre Autorität und Macht zur Verfügung, gegen den Schuldner auf die Leistung zu klagen und, wenn der Schuldner daraufhin zur Leistung verurteilt wird, die Zwangsvollstreckung gegen ihn durchzuführen... sein gesamtes Vermögen unterliegt, von den erwähnten Ausnahmen abgesehen, dem möglichen Zugriff des Gläubigers in der Zwangsvollstreckung. Der Schuldner HAFTET, wie wir sagen, mit seinem Vermögen für seine Schuld... die unbegrenzte Vermögenshaftung bildet die Regel... nach heutiger Auffasung hat, wer eine schuldrechtliche Verpflichtung eingeht, im Falle der Nichterfüllung MIT ALLEM, WAS IHM GEHÃ-RT, EINZUSTEHEN. WER SCHULDET, HAFTET AUCH. Die Haftung ist zwar von der Schuld, dem Leistensollen, begrifflich zu sondern, aber sie folgt ihr gleichsam wie ein Schatten nach. WER EINE SCHULDVERPFLICHTUNG EINGEHT, NIMMT DAHE RNICHT NUR EINE RECHTLICH BINDENDEN PFLICHT EINES IHN BINDENDEN"SOLLENS" AUF SICH - SONDEN BEGIBT SICH AUCH IN GEFAHR, SEIN VERMÃ-GEN ODER TEILE DESSELBEN DURCH ZWANGSVOLLSTRECKUNG ZU VERLIEREN" (Karl Larenz - Lehrbuch des Schuldrechts, Band I, München 1983, S. 19ff).
Damit, Haftung zu einem Definitionsmerkmal des Eigentums zu erklären, wollte ich nur nochmal drauf hinweisen, daß Eigentum die Pflicht beinhaltet, bei Zahlungsunfähigkeit den legalen Verlust des Eigentums (per Zwangsvollstreckung) dulden zu müssen. Im Rahmen eines Modells, in dem Geld kreditär geschaffen wird und eine Forderung darstellt (also eine Schuld für den Schuldner, ein Guthaben für den Gläubiger), und ausserdem über Zins knappgehalten wird, entsteht daraus natürlich ein"existenzieller Druck", das Verlieren des eigenen Vermögens zu verhindern - und hier liegt meiner Meinung nach eben einer der wichtigsten Gründe für den"Drive" der Eigentumswirtschaft, für den Leistungsdruck, den sie erzeugt.
Den Rest Deines Postings möchte ich nochmal in Ruhe lesen, wenn ich etwas mehr Zeit habe, bevor ich antworte - bin mir nicht sicher, ob schon einigermaßen richtig verstanden habe was Du meinst.
Gruß moneymind
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Dimi
06.11.2002, 00:26
@ moneymind
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Re: Was sind die Tiere einer Karawane?? |
-->Hallo moneymind,
>>Was ist das Vieh?
>>Gehört es in die Kategorie zu 'Speer', oder zu 'Stammesgebiet'? Oder nicht doch eher zu 'Handwerkerinventar'?
>Das Vieh gehört - wenn man die von H/S vorgeschlagene Unterscheidung anwendet - in jedem Fall in die Kategorie"Individualbesitz".
Das Vieh ist kein Gemeinschaftseigentum wie das Stammesgebiet, es ist indiviuduell, im Unterschied zum Speer aber darüberhinaus unmittelbares Produktionsmittel - wie eine Werkstatt.
>Ob es auch sein Eigentum ist, hängt davon ab, ob er im Geltungsbereich einer zivilen Rechtsordnung lebt, die Vertragsfreiheit garantiert und Gläubigern die Möglichkeit einräumt, ihre Forderungen zwangsvollstrecken zu lassen.
Ob eine römische Kutsche ein Fortbewegungsmittel war, hängt davon ab, ob sie im Geltungsbereich einer Straßenverkehrsordnung eingesetzt wurde?
>Denn dann kann ein Gläubiger, demgegenüber er vertraglich vereinbarte Forderungen nicht fristgerecht erfüllt hat, auf Erfüllung klagen und seine Forderungen zwangsweise durchsetzen (vollstrecken) lassen.
Leihvorgänge gibt es auch in Gesellschaften ohne amtliche Vollstreckung, auch wenn diese wohl das Geschäft belebt.
Es kommt doch nur darauf an, ob ein Geschäft zustandekommt, und nicht, ob dies in einem dem unseren ähnlichen Umfeld geschieht.
Gruß Dimi
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moneymind
06.11.2002, 12:21
@ Dimi
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Re: Was sind die Tiere einer Karawane?? |
-->Hallo Dimi,
>Das Vieh ist kein Gemeinschaftseigentum wie das Stammesgebiet, es ist indiviuduell, im Unterschied zum Speer aber darüberhinaus unmittelbares Produktionsmittel - wie eine Werkstatt.
Das Stammesgebiet kann man nicht sinnvoll als Gemeinschaftseigentum bezeichnen - es kann nicht als Kreditsicherheit verwendet und dann durch Zwangsvollstreckung verloren werden! Es ist GemeinschaftsBESITZ!
Noch ein Erklärungsversuch: BESITZ bezieht sich immer auf den GEBRAUCHSWERT einer Sache. EIGENTUM bezieht sich immer auf den VERMÃ-GENSWERT. Vermögen wird in Geld gemessen und in Bilanzen verbucht. Schon mal einen Stamm gesehen, der einem anderen Stamm sein Stammesgebiet verkauft oder verpfändet und per staatlicher Zwangsvollstreckung verloren hätte?
Dazu vielleicht später noch ein paar mehr Zeilen, bin grad in Eile.
>Ob eine römische Kutsche ein Fortbewegungsmittel war, hängt davon ab, ob sie im Geltungsbereich einer Straßenverkehrsordnung eingesetzt wurde?
Natürlich nicht! Ob die Kutsche einen VERMÃ-GENSWERT hat, ob sie der Kutscher also ins Leihaus bringen, verpfänden und dafür Geld bekommen kann und, wenn er das Geld dann nicht zurückbringen kann, das Eigentum an der Kutsche verliert, hängt davon ab, ob er im Geltungsbereich einer zivilen Rechtsordnung lebt.
Kennst Du Marx (Du verwendest den Begriff"Produktionsmittel", könnte ja ein Hinweis drauf sein)? Seine Unterscheidung von Gebrauchswert-Ebene und Tauschwert-Ebene ist hier recht nützlich - irrenführend ist nur, daß Marx sich auf den Tausch bezieht und dann eine Tauschtheorie konstruiert, die nicht funktioniert und v.a. die Dynamik der bürg. Ges. nicht erklärt.
Deswegen schlage ich vor: Gebrauchswert-Ebene (Besitz&materielle Nutzung) und Vermögenswert-Ebene (Verpfändung, Verbuchung in Geldwerten, Zwangsvollstreckung) analytisch streng trennen!
Sorry, muß jetzt los, vielleicht später mehr.
Danke für die Einwände/den Widerspruch!
Gruß moneymind
>>Denn dann kann ein Gläubiger, demgegenüber er vertraglich vereinbarte Forderungen nicht fristgerecht erfüllt hat, auf Erfüllung klagen und seine Forderungen zwangsweise durchsetzen (vollstrecken) lassen.
>Leihvorgänge gibt es auch in Gesellschaften ohne amtliche Vollstreckung, auch wenn diese wohl das Geschäft belebt.
>Es kommt doch nur darauf an, ob ein Geschäft zustandekommt, und nicht, ob dies in einem dem unseren ähnlichen Umfeld geschieht.
>Gruß Dimi
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Dimi
06.11.2002, 18:42
@ moneymind
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Re: Sind die Tiere einer Karawane kein Eigentum? - Moneymind |
-->Hallo Moneymind,
ich möchte mal darauf hinweisen dürfen, daß 'Eigentum' in diesem Kontext ein suboptimaler Begriff ist, der mehr verschleiert, als er offenbart, denn 'Eigentum' läßt sich nicht beobachten. Beobachten lassen sich hingegen 'Verleihen', 'Vermieten', 'Pfand' usw..
Der Unterschied Eigentum-Besitz ist hier somit von sekundärer Natur.
>>Ob eine römische Kutsche ein Fortbewegungsmittel war, hängt davon ab, ob sie im Geltungsbereich einer Straßenverkehrsordnung eingesetzt wurde?
>Natürlich nicht!
Die Analogie sollte darauf hinweisen, daß es erst das 'Eigentum' (bzw. die es begründenden Sachverhalte) gibt, und dann die 'zivile Rechtsordnung' dazu.
>Ob die Kutsche einen VERMÃ-GENSWERT hat, ob sie der Kutscher also ins Leihaus bringen, verpfänden und dafür Geld bekommen kann und, wenn er das Geld dann nicht zurückbringen kann, das Eigentum an der Kutsche verliert, hängt davon ab, ob er im Geltungsbereich einer zivilen Rechtsordnung lebt.
Nein. - Ich kann Dir ohne weiteres etwas ohne zivile Rechtsordung leihen. Wenn Du Deinen Verpflichtungen nicht nachkommst, kündige ich Dir die Freundschaft, schwärze Dich an, zerstöre Dein Hab und Gut, töte Dich. Das nennt man dann wohl unzivile Rechtsordnung ;-)
- Ich tue es natürlich nicht, aber deratige Dinge waren Usus und wurden als 'Recht' aufgefaßt.
>Kennst Du Marx (Du verwendest den Begriff"Produktionsmittel", könnte ja ein Hinweis drauf sein)?
Mehrere seiner Begriffe sind brauchbar. - Ein Unterschied zwischen Jagdwaffe und Vieh ist doch, daß Vieh die Milch etc. selber gibt, während die Waffe etwas anderes (Wild) besorgen hilft. Deswegen ist Vieh viel wertvoller, und es ergeben sich in viehhaltenden Gesellschaften andere wirtschaftliche und sonstige Umstände.
>Deswegen schlage ich vor: Gebrauchswert-Ebene (Besitz&materielle Nutzung) und Vermögenswert-Ebene (Verpfändung, Verbuchung in Geldwerten, Zwangsvollstreckung) analytisch streng trennen!
Ich würde die 'strenge Trennung' nicht übertreiben.
Gruß, Dimi
<ul> ~ Rohöl-Signal: fallend seit 16.10. - www.seasonalcharts.de</ul>
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