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Die EU setzt die Eidgenossen unter Druck / Deutsche Zöllner filzen Reisende bis auf die nackte Haut
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Schweizer Bankgeheimnis nicht zu erschüttern
Von WINFRIED MÜNSTER
BERLIN. Die Schweiz hat sich durchgesetzt. Kontrollmitteilungen, in denen die Schweizer Banken dem deutschen Finanzamt die Zinserträge namentlich genannter deutscher Kapitalanleger melden, wird es nicht geben. Der für die Steuerpolitik der EU verantwortliche Brüsseler Kommissar Frits Bolkestein hat Bundesfinanzminister Hans Eichel gestern in Berlin darüber unterrichtet, dass der Schweiz keine weiteren Zugeständnisse mehr abgehandelt werden könnten. Der Verpflichtung zu Kontrollmitteilungen verweigerten sich die Eidgenossen beharrlich.
Eichels Zöllner bleiben somit vorerst aktiv. So, wie die Kapitalflucht seit den Steuererhöhungen der rot-grünen Koalition zunimmt, so häufen sich die Berichte, in denen deutsche Reisende bis auf die Unterhose ausgezogen werden, damit Bargeld oder Belege mit Schweizer oder Luxemburger Kontonummern zum Vorschein kommen. Nach Angaben der Zollfahndung Bitburg sind bei Reisenden von und nach Luxemburg im Monat Oktober 500 000 Euro Bargeld gefunden worden. Im September sollen es nur 200 000 gewesen sein.
Vielleicht werden die Zöllner aber bald abgezogen, denn die Steuerflucht wird sich aller Voraussicht nach trotz des Schweizer Widerstandes bald nicht mehr lohnen. Um der EU entgegenzukommen, hat der Berner Finanzminister Kaspar Villiger Bolkestein ein Angebot unterbreitet: Die Schweizer Banken werden - wenn alle Länder mitmachen - verpflichtet, auf die Zinserträge ausländischer Kapitalanleger bis zu 35 Prozent Quellensteuer zu erheben und an das Heimatland abzuführen. Diese Steuer erhebt die Schweiz seit jeher auf einheimische Wertpapiere, nicht aber auf die Kapitalerträge aus ausländischen Akien oder Anleihen. Das Recht, eine Kontrollmitteilung zu verlangen, gewährt die Schweiz dem Bankkunden, nicht der EU. Er kann sich zwischen anonymer Quellensteuer und Mitteilung an sein Finanzamt in Deutschland entscheiden. Die Kontrollmitteilung lohnt sich für ihn dann, wenn sein persönlicher Einkommensteuersatz unter dem Quellensteuer-Satz liegt. Die Schweizer Banken müssen dem deutschen Fiskus bei Verdacht auf Steuerbetrug Auskunft geben, nicht aber bei Steuerhinterziehung. Fälscht ein Unternehmer seine Bücher, um Steuern zu vermeiden, so begeht er Steuerbetrug und handelt nach Schweizer Recht kriminell."Vergisst" er lediglich, Einkünfte in seiner Steuererklärung anzugeben, so begeht er Steuerhinterziehung. Dies ist für Bern kein Delikt, sondern nur ein Rechtsverstoß.
Villiger hatte im Poker mit Bolkestein die besseren Karten. Der EU-Kommissar ist von der Gipfelkonferenz beauftragt, bis Jahresende einen Richtlinienentwurf darüber zu unterbreiten, dass sich alle EU-Staaten spätestens vom Jahre 2011 an gegenseitig Kontrollmitteilungen über die Zinserträge der Anleger aus den jeweiligen Ländern schicken. Bis dahin soll ihnen die Wahl zwischen Quellensteuer und Kontrollmitteilung bleiben. Bolkestein soll bis zum Jahresende mit den sechs Drittstaaten Schweiz, USA, Monaco, Liechtenstein, San Marino und Andorra aus handeln, dass sie dann ebenfalls Kontrollmitteilungen"oder Gleichwertiges" einführen. Von diesen Verhandlungen hängt das Wohl und Wehe der Richtlinie ab. Die EU-Länder Ã-sterreich, Luxemburg und Belgien, die ihrerseits bereits anomyme Quellensteuer - mit Sätzen von 25 sowie 15 Prozent - erheben, erkennen keine Richtlinie an, wenn die sechs Drittstaaten nicht mitmachen.
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