-->SPD-PARTEIAUSTRITT
"Kotau vor dem Zentralrat"
Von David Heimburger und Michaela Schießl
Als Berliner Repräsentant des"Bundesanzeigers" ist Claus Harmsen indirekt dem Justizministerium unterstellt. Das hält das langjährige SPD-Mitglied allerdings nicht davon ab, seinen jetzigen Parteiaustritt öffentlich mit antisemitischen Argumenten zu begründen.
Berlin - Eigentlich ein ganz normaler Vorgang: Ein Austritt aus der SPD. Ein Schritt, der bei der schwindenden Popularität der Sozialdemokraten nicht verwundert. Ungewöhnlich ist es allerdings, seine Austrittserklärung nicht nur an die Parteizentrale sondern auch an die Medien zu verschicken. Einzigartig wird es, wenn der Austritt in dem Schreiben unter anderem mit der Politik der Bundesregierung gegenüber dem Zentralrat der Juden und dem Staat Israel begründet wird. Wenn man dann noch den"Bundesanzeiger Verlag" vertritt und damit indirekt dem Justizministerium untersteht, wird die Sache ganz und gar delikat.
Claus Harmsen ist Rechtsanwalt und leitet die Berliner Vertretung des"Bundesanzeigers", einem Verlag, der zu 35 Prozent dem Bund gehört und in dem Drucksachen des Bundesrats und Bundestags veröffentlicht werden. Seit 25 Jahren ist der 53-Jährige Mitglied der SPD. Herbert Wehner persönlich habe ihn im Ortsverein Hamburg-Harburg geworben. Am Dienstag hat er seinen Austritt aus der Partei erklärt.
Auf zwei Seiten listet Harmsen in seiner Austrittserklärung - die SPIEGEL ONLINE vorliegt - seinen Unmut über die Linie der Bundesregierung in entscheidenden Politikfeldern auf - Arbeitsmarkt, Steuern, Gesundheit, Soziales, Bildung und Außenpolitik. Er vermisst eine langfristige Vision, ein klares programmatisches Konzept und eine Vereinfachung des Steuerrechts. Auf einen Kritik-Punkt jedoch geht er ganz ausführlich ein.
"Damit bin ich bei den Juden. Um ganz ehrlich zu sein, neben den o. g. Fakten hat die Tatsache, dass die Bundesregierung dem Zentralrat der Juden 3,0 Millionen Euro für die Förderung des Judentums in Deutschland zur Verfügung gestellt hat, bei mir das Maß voll gemacht." Angesichts leerer Staatskassen sei dieser"Kotau vor dem Zentralrat" nicht nötig gewesen, schreibt Harmsen in seiner Austrittserklärung vom 10. Dezember an"Lieber Genosse Schröder, lieber Gerhard".
"Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Juden die bessere Lobby haben", schreibt Harmsen. Er wirft dem Zentralrat der Juden, insbesondere dem Vorsitzenden Paul Spiegel und seinem Vize,"diesem furchtbaren Herrn Friedman", vor, nicht müde zu werden, die Regierung zu kritisieren und zu beschimpfen."Die dürfen ihre politische Meinung über unser Land ja sagen, aber dann nimmt man kein Geld an", sagte Harmsen gegenüber SPIEGEL ONLINE.
Die Abneigung des Journalisten, der als Gast in der Bundespressekonferenz und im Bundestag akkreditiert ist, entzündet sich besonders an der Person des stellvertretenden Vorsitzenden Michel Friedman."Friedman ist die Personifizierung der Provokation", sagt er."Provozieren tut mich das ständige Aufwärmen und Vermitteln des schlechten Gewissens." Doch das scheint nicht alles zu sein. Seine schriftlichen Erklärungen enden mit:"Doch wenn man auf der Buchpräsentation des Herrn Sigmar Gabriel erfährt, dass er erstens Herrn Friedman duzt und sich coram publico von diesem permanent berühren lässt, dann fällt einem wirklich nichts mehr ein."
Nur wenige Stunden vor seinem Austritt hatte Harmsen in Berlin die Präsentation des Buches"Mehr Politik wagen" besucht. Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel, SPD, hat das Werk geschrieben, Michel Friedman stellte es bei der gemeinsamen Veranstaltung vor. Gegenüber SPIEGEL ONLINE bekräftigte Harmsen nochmals sein Unbehagen:"Das widerliche Angefasse, da läuft es einem kalt den Rücken runter." Besonders ärgert es ihn, dass sich Gabriel von Friedman zu dessen Selbstdarstellung nutzen lasse."Ich würde mich als möglicher Kanzler so integer halten, dass ich nicht in den Verdacht gerate, mit irgendjemanden rumzukungeln", so Harmsen.
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Gegen den ehemaligen Zentralratsvorsitzenden Ignatz Bubis, der bis zu seinem Tod ebenfalls oft in der Ã-ffentlichkeit auftrat, hatte Harmsen indes keine Ressentiments."Der hat sein Geschäft verstanden", findet er. Interessant war für ihn allerdings, dass Bubis, wie er im Handelsregister entdeckt habe, die Hotelkette Steigenberger gehört habe."Das muss man alles wissen."
Was geht in Claus Harmsen vor? Er habe nichts gegen Juden, auch nichts gegen andere Gruppen wie etwa Homosexuelle oder Sinti und Roma. Zwei seiner Großeltern seien selbst im Konzentrationslager gewesen weil sie Bibelforscher, Zeugen Jehovas waren. Aber:"Von denen hörte man keine Klagen", sagt Harmsen. Sicherlich, die Vergangenheit will auch er nicht vergessen oder beschönigen. Aber man müsse ja auch nicht ständig daran erinnern. Nach vorne müsse gedacht werden. Und nun, da die Staatskassen leer sind, sei"der Zeitpunkt nicht angemessen", so viel Geld für das Judentum in Deutschland auszugeben."Das müssen Sie mal in der Außenwirkung sehen."
Aber heute, so Harmsen,"darf man ja nichts mehr sagen." Zugegeben, die Äußerung von Hertha Däubler-Gmelin, die den US-Präsidenten Bush indirekt mit Hitler ("Adolf Nazi") verglichen hatte, sei"unglücklich" gewesen, aber letztendlich doch"eine Marginalie". Und Möllemann"ist geschasst worden, weil er die Politik Scharons kritisierte." Auch er, Harmsen, würde den"Krieg der Juden",in dem unschuldige Kinder sterben, nicht unterstützen. Man bedenke nur, dass"Israel seine Basis auf einem Völkerrechtsbruch hat". Trotz der schrecklichen Vergangenheit muss"ein kritisches Wort doch erlaubt sein", findet Harmsen.
Sein Arbeitgeber sieht das anders. Im Verlag des"Bundesanzeigers" zeigte man sich am Freitagmorgen entsetzt über das Austrittsschreiben Harmsens."Der Parteiaustritt ist seine Privatangelegenheit", sagte Geschäftsführer und Sprecher des Bundesanzeigers, Rainer Diesem."Die Passage über die Juden missbillige ich. Das halte ich für völlig daneben und persönlich halte ich es für unsäglich." Ob es zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen kommen wird? Harmsen hatte als Absender des Briefes die Adresse des Bundesanzeigers verwendet."Niemand wird den"Bundesanzeiger" repräsentieren können, der antisemitische Äußerungen von sich gibt", sagt Diesem. Auch Ministerialdirektor Gerrit Stein aus dem Bundesjustizministerium, Aufsichtsratsvorsitzender des Bundesanzeiger-Verlags, lässt den Vorgang jetzt prüfen."Es wird niemand den"Bundesanzeiger" vertreten können, der in den Verdacht kommt, antisemitische Äußerungen zu tätigen."
Claus Harmsen kann die ganze Aufregung nicht verstehen. Er habe doch nur seine Meinung geäußert, sagte er am Freitagmorgen. Und bei der bleibe er.
<ul> ~ http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,226912,00.html</ul>
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-->Hi,
mir war es ein ewiges Rätsel, was mit dem immerwährenden Warmhalten der deutschen Vergangenheit bezweckt werden soll. Bis ich vor kurzem in den Briefen Bismarcks folgende Passage gefunden habe, deren Inhalt den Blick in Abgründe frei gint, auch wenn der Ton, den diplomatischen Gepflogenheiten des 19. Jahrhunderts ensprechend, ein sehr, ich möchte sagen, vorbildlich gepflegter ist.
In einem Brief, den Bismarck anno 1857 aus Paris an Leopold von Gerlach schreibt, berichtet er eine Konversation mit Napoleon III, der, den Offenbach in seinen Operetten persifliert hat (Bismarck, Briefe, hrsgg. v. W. Windelband u. W. Frauendienst, Erster Band, Berlin 1933).
Originalton Otto von Bismarck::
>>... und (Napoleon III) meinte, daß man über die siegreichen Kriege von (18)13 dasjenige, was ihnen vorherging, endlich vergessen könne;"si tout le monde voulait s`attacher a la politique des souvenirs, deux nations, qui une fois ont ete en guerre, devraient l`etre pour toute l`eternite; c`est l`avenir qui doit occuper les hommes politiques."<< (Wenn alle Welt eine Politik der Erinnerung betreiben will, müssen zwei Nationen, die einmal miteinander im Kriegszustand gewesen sind, es weiter sein bis in alle Ewigkeit; es ist die Zukunft, mit der sich die Politiker beschäftigen sollten.)
"Die siegreichen Kriege von (18)13" bezieht sich auf die Völkerschlacht bei Leipzig und den Sieg einer preussisch-, österreichisch-, russischen Militärallianz über Napoleon.
Die Ähnlichkeiten des heutigen Deutschlands mit dem Frankreich von Napoleon III (um 1860 herum), der für die Schandtaten seines Onkels, Napoleon I, genauso wenig verantwortlich ist wie wir für die Verbrechen unserer, sind doch eklatant. Stelltz sich die Frage, was mit dem ewigen Herumreiten auf dem Dritten Reich (Mahnmal, Gedenktage, Dr. Guido Gobbels-Knopp und seine TV-Sendungen etc.) in Wahrheit bezweckt werden soll?
Vermutlich Krieg gegen Deutschland? Aber im Moment eher ein kalter, denn ein heisser Krieg, eher der wirtschaftliche und finanzielle Ruin als die physische Vernichtung. Das jedenfalls sind meine schwärzesten Befürchtungen. Kalten Krieg haben wir bereits, den Ruin Deutschlands mittels Euro und EU
Osterweiterung, Türkeibeitritt), fragt sich, wann der heisse ausbrechen wird?
Bush hat sich doch vehement für einen Türkeibeitritt eingesetzt, weil dieser im amerikanischen Interesse liege. Dass jetzt ganz Europa kuscht, sogar Griechen und Italiener, nicht unbedingt die eingeschworensten Türken-Freunde, nährt den Verdacht, dass Bush seinen Wunsch mit massiven Drohungen untermauert hat.
Warum sollte es beim Euro nicht genauso gewesen sein? Ich fürchte, der Euro, die Osterweiterung und der Türkeibeitritt haben einen gemeinsamen Ursprung, amerikanische Atomraketen.
Gute Nacht Deutschland, bonne nuit l´ europe
Tempranillo
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-->>SPD-PARTEIAUSTRITT
>Gegen den ehemaligen Zentralratsvorsitzenden Ignatz Bubis, der bis zu seinem Tod ebenfalls oft in der Ã-ffentlichkeit auftrat, hatte Harmsen indes keine Ressentiments."Der hat sein Geschäft verstanden", findet er. Interessant war für ihn allerdings, dass Bubis, wie er im Handelsregister entdeckt habe, die Hotelkette Steigenberger gehört habe."Das muss man alles wissen."
Jaja der Ignatz Bubis hat so einige Geschäfte in seiner Karriere sehr gut verstanden, da kann es schon mal passieren das so ein SPD-Apperatschik vor Neid platzt.
Ich habe kürzlich ein nicht uninterressantes Interview mit Bubis von ´99 auf der Homepage von Bettina Roehl(Tochter von Ulrike Meinhoff) gefunden, worin er auch den Antisemitiscmus von Links anspricht.
http://www.bettinaroehl.de/Ignatz_Bubis/ignatz_bubis.html
Auszüge aus dem bisher unveröffentlichten Interview mit dem damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland Ignatz Bubis vom 9.7.99 über den Antisemitismus der Linken, die Frankfurter Häuserbesetzerszene und ihren Angriff auf den sogenannten „jüdischen Spekulanten“ und ihre Verwicklung mit dem palästinensischen Terrorismus, über die FDP und das Verhältnis der Deutschen zu den Juden.
Von Bettina Röhl
Röhl: Was sagen Sie zu dem doch auch stark antisemitischen Element in der Hausbesetzerszene der Siebziger Jahre?
Bubis: Dass es auch einen linken Antisemitismus gibt, steht für mich schon lange fest, nicht erst seit heute. Die haben sich schnell gewandelt damals. Von einem Tag auf den anderen. Im Juni 1967 sind sie auf die Straße gegangen für Israel - es hieß damals die Israelis sollen ins Meer geworfen werden und dagegen gab es vom Frankfurter Asta Demonstrationen - im September 1967 haben sie dagegen den israelischen Botschafter hier an der Uni - die gleichen Leute - mit Tomaten und Eiern beworfen. Und da haben sie die armen Palästinenser entdeckt. Da hatten sie wieder einen, für den sie sich einsetzen konnten......( ) und noch etwas passierte, nämlich, dass die Israelis sich selber geholfen haben, ohne die Hilfe der deutschen Linken oder der französischen Linken. Und da erkennen Sie das Wesen der Sorte Gutmenschen; Die sind nur dann für jemanden da, wenn Du ganz tief in der Scheiße sitzt oder wenn sie glauben, dass Du tief drin sitzt und sie glauben, man müsse Dir helfen. Aber jemand, der sich selber helfen kann, für den interessiert sich dieser Typ Gutmensch nicht mehr.
Röhl: Wie meinen Sie dies genau?
Bubis: Die Israelis wissen sich selbst zu helfen, sie sind eine Macht. Sie haben eine hervorragende Armee, eine Armee, die in der Lage war zu siegen.... ().. ich habe nur gesagt, Gott sei Dank hat Israel es damals und später vorgezogen, sich selbst zu helfen und nicht zu warten, bis die deutsche oder die französische Linke ihnen hilft, denn dann wäre nur ein Bedauern dabei heraus gekommen. Diese Gutmenschen wären auf die Straße gegangen zu Hunderttausenden und hätten geweint um die Juden, die man ins Meer geworfen hat. Aber nachdem die Juden sich selbst verteidigt haben und sich nicht ins Meer werfen ließen, da sind die Juden für dieselben Linken plötzlich die bösen Geister, da sind sie plötzlich die „Aggressoren“.
Röhl: Herr Bubis, für die Frankfurter linke Spontiszene waren Sie der „Spekulant“, der „Kapitalist“, das „Schwein“. Ist das nicht auch eine Form des Antisemitismus gewesen?
Bubis: Aber natürlich, natürlich, sehen sie, und dieser Antisemitismus, der ging quer durch alle Parteien. Da kam auf mich z.B. die Frau Balser, eine sehr ehrenwerte Frau, ich weiß nicht, ob Sie sie kennen, aus Frankfurt, zu. Sie war bei der Aktionsgemeinschaft Westend, siie war mal eine kurze Zeit Bundestagsabgeordnete der SPD, sie war viele Jahre Stadtverordneten-Vorsteherin des Frankfurter Stadtparlaments, und die kam mal auf mich zu, zusammen mit einem Parteifreund von mir, Dieter Rudolph, der auch bei der Aktionsgemeinschaft engagiert war, an sich ein Stockkonservativer, aber den hätte man als Joker auch überall reinstecken können- ich war damals stellvertretendes Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde - und dann kamen sie also die beiden und sagten: Herr Bubis, können sie nicht auf ihre Glaubensbrüder einwirken, dass sie von der Spekulation lassen sollen. Und da hab ich zu denen gesagt: ich kenne zufällig einen anderen Häuserbesitzer- wie hieß der noch, der hat hier mehrere Bordells gehabt- Schütz glaube ich oder so ähnlich, und ich sage: es tut mir leid, daß ich nicht weiß, ob er katholisch oder evangelisch ist, vielleicht ist er ja auch Buddhist, ich weiß es nicht. Was ich zufällig weiß, ist, daß er kein Jude ist. Und dann frage ich, der hat da im Westend Häuser auch gekauft, Bordells gemacht usw.: Haben sie versucht, sich mal zu informieren, ob sie darüber mit Bischof Lehmann oder mit Bischof Engelhardt sprechen sollen? Wäre ihnen diese Idee gekommen? Aber die würden nie sagen, daß sie etwa antisemitisch seien, dann heißt es gleich, um Gotteswillen, sie täten das, weil es dabei um die Verhinderung des Antisemitismus ging, deshalb tun sie das. Heuchlerischer geht es nicht mehr - aber es ist vielleicht auch nicht mal heuchlerisch, sie kapieren es nicht.
Röhl: Wie hat man in Israel damals auf die plötzlich propalästinensische Linke, reagiert?
Bubis: Der israelische Geheimdienst hat immer gewusst, wer wo ist - eigentlich. Ob es jetzt von der rechten Szene - da gab es die Zeit mit den Briefbomben - oder von der linken Szene Unterstützungen, Ausbildungen gegeben hat - das hat man in Israel nicht als bedeutsam angesehen, auch politisch nicht als bedeutsam gesehen. Aus zweierlei Gründen: 1. weil die Bundesregierung jederzeit Unterstützung gewährt hat, wenn die Israelis in dieser Richtung Informationen haben wollten und das ging auf Gegenseitigkeit. Auch was Mogadischu und Schleyer anging, gab es den ständigen Kontakt zwischen Helmut Schmidt und der israelischen Regierung Es gab immer diese Zusammenarbeit auf Geheimdienstebene. So dass man diese Dinge nicht überbewertet hat, sondern als das gesehen hat, was es wirklich war. Romantik, Abenteurertum.
Röhl: aber es hat auch Anschläge gegeben, die revolutionären Zellen und die Zusammenarbeit mit dem Terroristen Carlos.
Bubis: Ich habe das Schicksal und die Motive dieser Linken, die sich in den Terrorismus verstrickt haben, nicht verfolg. Mit den revolutionären Zellen habe ich mich beschäftigt, ich weiß, dass es auch in den besetzten Häusern revolutionäre Zellen gegeben hat, die mit den Palästinensern alliiert waren. Carlos war ein Top - Terrorist, bei dem gab es keinen Idealismus, vielleicht bei den Deutschen ja, die konnte man am besten mit Idealismus einfangen. Ich habe das alles im Grunde genommen immer als Terrorgruppe bezeichnet. Ich sehe da keinen Unterschied zwischen den heutigen DVU - und NPD - Schlägern, ich sehe da kaum irgendwelche Unterschiede.
Röhl: Wußten Sie damals etwas von einer ganz massiven, palästinensischen, logistischen Unterstützung für den deutschen Terror?
Bubis: Es hat natürlich diese palästinensische Unterstützung gegeben, auch mit Geld, das hat es immer gegeben, dass es diesen Austausch gegeben hat, das wusste ich. Nicht nur vom Hörensagen, nicht vom Hörensagen. Da hat der israelische Geheimdienst auch die jüdischen Gemeinden gewarnt, dass es diese Zusammenarbeit zwischen den Linken und den Palästinensern gibt und dass man damit rechnen muß, dass es auch Anschläge gegen jüdische Einrichtungen geben würde. Davor haben sie gewarnt. Auch hier in Frankfurt. Ich weiß, dass auch ein paar Mal Razzien mit Waffenfunden durchgeführt worden sind, ich weiß, dass die Hinweise von Israelis gekommen sind.
Röhl: es hat wahrscheinlich Agenten gegeben, die sich in der Szene aufgehalten haben..
Bubis: Da haben es die Israelis leicht gehabt, denn es gibt genügend Israelis, die als Palästinenser auftreten können, weil sie fließend arabisch sprechen aus dem Raum kommen..
Röhl: Es hat ja auch Frankfurter Spontis gegeben, die plötzlich mit Top - Terrorist Carlos zusammen gearbeitet haben, zum Beispiel die Sache mit dem Bruder des früheren Ministerpräsidenten Benjamin Nettanyao...
Bubis: der ist gefallen in Entebbe...
Röhl: Die beiden Frankfurter Spontis und Kumpanen von Fischer Winfried Böse und Christiane Kuhlmann hatten diese Flugzeugentführung durchgeführt, die dann in Entebbe blutig endete und bei dem Jonathan Nettanayo erschossen wurde. Hat es da nicht ein größeres Interesse seitens Israel gegeben den deutschen Verwicklungen mit dem palästinensischen Terrorismus nach zu gehen?
Bubis: Natürlich hat Nettanayo sich mit dem deutschen Terrorismus beschäftigt, allerdings war ihm der irakische Terrorismus noch wichtiger. Aber er hat ein Forschungsinstitut gegen Terrorismus eingerichtet, dem er den Namen seines Bruders gegeben hat, der war ja der Kommandeur der Einheit, die das enführte Flugzeug in Entebbe befreien sollte.
Ich bin nicht mit Nettanayo befreundet, wie ich mit Barak befreundet bin, wie ich mit Peres befreundet bin, das ist nicht vergleichbar. Aber ich habe keine Probleme mit ihm. Ich habe seine Meinung nicht geteilt, aber ich habe ihn nicht so verteufelt, wie es andere getan haben. Ich habe auch Respekt vor seinen Vorstellungen gehabt, dass für ihn Sicherheit ein ganz wichtiger Faktor war. Ich habe mehr Probleme mit Sharon, nicht weil Sharon der Schärfere ist,sondern weil Sharon der schlimmere Opportunist ist.
Röhl: Der Terrorist Hans Joachim Klein, ebenfalls ein früherer Freund von Fischer, der mit Top - Terrorist Carlos und anderen deutschen Terroristen das Opec - Attentat 1975 in Wien verübte, schrieb damals ein Buch, in dem er erwähnte, dass auch Anschläge und Attentate auf jüdische Einrichtungen und Würdenträger geplant waren.
Bubis: Es hat eine Rolle gespielt. Es hat eine Rolle gespielt. Sie haben ja nach Symbolfiguren gesucht. Man hat nicht nur morden und umbringen und Terror ausüben wollen, das war nicht das Ziel, sondern es sollte immer eine Symbolfigur sein. Ein Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde. Dabei war damals nicht ich der Vorstandsvorsitzende, sondern Galinsky. Es gab zwar damals eine Situation, da dachte man, ich sei gemeint gewesen, aber bei Klein taucht der Name Galinsky als mögliches Attentatopfer auf, nicht Bubis.
Röhl: Haben Sie irgendwelche Maßnahme getroffen?
Bubis: nein, nie.
Röhl: Sie sind also immer normal auf die Straße gegangen.
Bubis: Heute habe ich Polizeischutz, aber den habe ich, weil der Staat Angst hat, wenn dem Vorsitzenden des Zentralrates der Juden etwas passiert. Was wird, Gott behüte, das Ausland sagen. Das spielt in Deutschland eine große Rolle.
Röhl: Der stark anti - israelische Kurs der Linken, hat die Politik in Deutschland verändert..
Bubis: Natürlich hat sich die Politik dadurch verändert und heute sind es plötzlich die Rechten, die sich der armen Palästinenser annehmen.
Ich habe immer gesagt und ich habe das gesagt zurückgehend bis 1933, bis 1932: es gibt immer eine Gruppe von Menschen, die in den extremen Rändern sitzen, die sich am Ende sehr nah und austauschbar sind. Wir haben es erlebt, 1932/33, da war einer heute bei der SA, morgen bei dem Kommunistischen Bund, mal war bei irgendeinem Ferientrupp dabei und es gab viele Kommunisten, ich sage das - Kommunisten in Anführungszeichen - die plötzlich bei der SA auftauchten, keine Verallgemeinerung. Ich benutze nicht gerne den Begriff Faschismus, das ist für mich ein verbrauchter Begriff, denn das war schon damals eineMischung, wo sich alles gegen alles verstecken konnte. Wir haben es erlebt, daß plötzlich gute Nationalsozialisten 1935 bei der KPD oder bei der SED auftauchten, das hat es alles gegeben und deshalb sage ich, für mich sind die Extremen Leute, die kann man irgendwo hinstecken, sie werden sich wiederfinden. Wer heute bei den extremen Linken war, von dem ist nicht auszuschließen, dass er morgen bei der NPD auftaucht oder auch umgekehrt.
Röhl: Wie zum Beispiel der frühere RAF - Terrorist Horst Mahler, der heute bei der NPD ist..
Bubis: Wie Horst Mahler. Dabei hat sowohl bei den Rechten wie bei den Linken noch etwas eine Rolle gespielt: Die deutsche Schuld ist nicht einmalig, die Juden sind auch nicht besser, spielt unterschwellig die ganze Zeit eine Rolle, bei den Linken wie bei den Rechten. Und es gibt ja noch einen zweiten Spruch: Die Deutschen können den Juden Ausschwitz nicht verzeihen. Dadurch sind sie schuldig geworden
Wie haben Sie die Zeit der Häuserbesetzungen unter der Ägide von Fischer und Cohn - Bendit erlebt?
Bubis:Ich wurde zum Buhmann. Ich hatte im Frankfurter Westend ein einziges Haus gebaut, das mir zu 50 % gehörte, in der Ulmenstraße - und ich habe ein einziges geplant in dieser Ecke, die Bockenheimer, die zu 25 % mir gehörte, aber der Name Bubis war sozusagen ein Buhmann. Eine Zeitlang gab es einen Buhmann Selmi. An Selmi haben sie das Interesse verloren, als sich herausstellte, dass er kein Jude sei.
Röhl: sondern Perser.
Bubis: Ich habe keine Angst, wenn mich jemand „Spekulant“ nennt. Dann frage ich zurück:, haben Sie schon mal drei Aktien besessen? Sozialspekulant,Oder: warum haben Sie die Aktien gekauft, die verkaufen Sie doch wieder, wenn sie entsprechend hoch sind. Und nur, weil es dann hieß „jüdischer Spekulant“, da habe ich ein Problem.
FORTSETZUNG mit
Frage: Welchen Eindruck hatten Sie von der Frankfurter Szene um die Häuserbesetzer herum?
Bubis: Da gab es den Kern der RAF, die eigentlich einen
gibts dann auf http://www.bettinaroehl.de/Ignatz_Bubis/ignatz_bubis.html
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