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von Robert Fisk
Letzten Monat fragte mich in North Carolina eine Frau, die an einer meiner
Vorlesungen teilnahm, wann Amerika mit dem Krieg gegen den Irak beginnen
würde. Ich empfahl ihr, auf den Titelseiten der"New York Times" und der
"Washington Post" nach den ersten Verleumdungskampagnen gegen die
UN-Inspekteure zu schauen. Und Bingo, genau zur rechten Zeit haben diese
Verleumdungskampagnen begonnen.
Man hat jetzt festgestellt, dass einer der UN-Inspekteure, der auf Geheiß des
US-Außenministeriums ernannt worden war, mit Pornografie in Verbindung gebracht wird. Ein
weiterer hoher Beamter, der ebenfalls auf Drängen des US- Außenministeriums ernannt wurde, so
wird uns mitgeteilt, war vorher von seiner Position als Leiter einer Agentur für nukleare Sicherheit
abberufen worden. Ich frage mich, warum beriefen die Amerikaner diese Männer in das Team der
Inspekteure? Um sie später zu diskreditieren?
Tatsächlich hat das offizielle Einschlagen auf die UN-Inspekteure bereits im September begonnen,
als Judith Miller in der"New York Times" ankündigte, dass sich die ursprüngliche Gruppe der
Inspekteure auf einer"unmöglichen Mission" befände. Als Quelle dafür wurden"einige
Regierungsbeamte" (sic) und frühere Inspekteure genannt. Momentan drischt Präsident Bush
wieder auf die Flugabwehrverteidigung der Iraker ein, die auf amerikanische und britische Piloten
schieße, obwohl die Flugverbotszonen weder etwas mit den UN- Inspekteuren, noch überhaupt
etwas mit der UNO zu tun haben. Es scheint, als ob die Inspektionen in Bagdad ungehindert
ablaufen. Und was sagt uns George Bush?"Bis jetzt sind die Zeichen nicht ermutigend."
Was bedeutet das? Einfach, dass die USA planen, den Krieg zu führen, was immer auch die
UN-Inspekteure herausfinden. Die"New York Times", die momentan nicht mehr als ein
Sprachrohr für eine Vielzahl anonymer"US-Regierungsbeamter" ist, hat sich selbst überzeugt, dass
die arabischen Nachbarn des Iraks"darauf vorbereitet zu sein scheinen, die militärische Aktion der
Amerikaner zu unterstützen." Trotz aller Warnungen arabischer Führer, die sie immer wieder,
Monat für Monat wiederholt haben, und die USA dazu drängen, keinen Krieg zu führen, wird
derartiger Quatsch in den USA als Gerücht verbreitet.
Und jetzt hat die britische Regierung wieder eines ihrer berüchtigten"Dossiers" über Saddams
Menschenrechtsverletzungen aus der Tasche gezogen. Ja wieder, wir wissen alle wie boshaft
Saddam ist. Wir wussten von seinen Vergewaltigungsräumen, seinen Hinrichtungen und seinen
Folterungen, als wir seine Invasion des Iran im Jahre 1980 eifrig unterstützten. Warum werden
diese Fakten immer wieder aufgewärmt?
Schauen wir uns nur einen Punkt im neuesten britischen"Dossier" an. Es enthüllt, dass ein gewisser
Aziz Salah Ahmed, ein"Kämpfer der Volksarmee", den Rang des"Vergewaltigers der Ehre der
Frauen" inne hatte. Nun erinnere ich mich zufällig an den Namen. War das nicht der gleiche Azis
Saleh Ahmed, der in einem 1993 erschienenen Buch von Kanan Mekiya, der sich früher Samir
al-Khalil nannte, auf Seite 287 auftauchte? Warum, tatsächlich handelte es sich um ihn. Aziz Saleh
Ahmed wird als"Kämpfer der Volksarmee" aufgeführt und - sie dürften es erraten haben - als
"Vergewaltiger der Ehre der Frauen".
Es kam damals zu einer Kontroverse wegen der Übersetzung, aber ich habe keinen Zweifel, dass
es in Saddams Irak Vergewaltigungsräume gibt. Ich habe 1991 einen in der Stadt Dohuk im
Norden des Irak betreten; einen, in dem immer noch Frauenunterwäsche auf dem Fußboden lag.
Aber die Frage ist doch, warum die Geschichte über Aziz Saleh Ahmed immer wieder aufgewärmt
wird, als ob sie gerade ans Licht der Ã-ffentlichkeit gelangt sei, wo sie doch mindestens acht Jahre
alt ist und nach Makiya zum ersten Mal vor mehr als einem Jahrzehnt bekannt wurde.
Und erneut versuchen die Amerikaner Verbindungen zwischen Osama bin Laden und Saddam
Hussein herzustellen, um in einem verzweifelten Versuch den"Krieg gegen den Terror" an den
Krieg für Ã-l (um den es natürlich bei der"Irakkrise" geht) anzukoppeln. Vize-Präsident Cheney hat
den gleichen Quatsch über"Terroristenführer" und Saddam nachgeplappert, obwohl Bin Laden den
irakischen Führer verabscheut. Niemand, aber auch niemand hat den geringsten Beweis
beigebracht, dass Saddam irgendetwas mit den internationalen Verbrechen gegen die
Menschlichkeit vom 11. September zu tun gehabt hat. Aber trotzdem werden wir gezwungen, uns
diesen Unsinn anzuhören.
Vor Weihnachten oder danach? Ich weiß es nicht. Ich glaube fest daran, dass die 1.
US-Infanterie-Division die Brücke des Tigris nach Bagdad innerhalb einer Woche nach Beginn der
Invasion überqueren wird. Die ersten Fotos werden Iraker zeigen, die das V-Zeichen für Sieg auf
US-Panzer malen. Auf dem zweiten Schwung Bilder werden Mitglieder der Baath-Partei gezeigt,
die von der Bevölkerung, die sie seit Jahren unterdrückt haben, an Laternenpfählen aufgehängt
wurden.
Wir werden vermutlich abgereichertes Uran gegen die irakische Armee verwenden, das gleiche
abgereicherte Uran, dass vor elf Jahren in den Wüsten im Süden Iraks benutzt wurde, an dem
Kinder jetzt noch an seltsamen und unerklärlichen Krebsarten erkranken. Und wir werden - ich
wiederhole das hundertfach - das Ã-l nicht erwähnen.
Die irakische Armee wird immer wieder den Standpunkt vertreten, sie habe keine Atom- und
chemischen Waffen und höchstens als Antwort auf eine Invasion mit einem verirrten Treffer einen
Tarnkappenbomben abschießen. Wer, lohnt es sich zu fragen, kennt heute den Namen des
Soldaten Zoltan Bercik, den Jugoslawen ungarischer Herkunft aus der Vojvodina, der am 27. März
1999 eigenhändig eine Neva-Rakete auf einen amerikanischen Tarnkappenbomber geschossen hat.
Der einzige Mensch, dem es bisher gelungen ist, einen Tarnkappenbomber herunterzuholen - und
doch bleibt sein Name unveröffentlicht, seine Geschichte unbekannt. Aber dies erinnert an einen
anderen Krieg, für den die Ursache des Konflikts die ethnische Säuberung der Kosovo-Albaner
war, der dann auf subtile Weise seine Gestalt änderte, sobald der Krieg begonnen hatte und die
ethnische Säuberung losging.
In der Zwischenzeit sind die außenpolitischen Berater von Mr Bush damit beschäftigt, den Konflikt
der Zivilisationen zu planen. Nehmen wir Kenneth Adelman, der im Verteidigungsausschuss des
Pentagons sitzt. Er hat wiederholt gesagt, dass es Mr Bush"immer schwerer falle, den Islam als
friedliche Religion" zu bezeichnen. In den Augen von Mr Adelman ist der Islam"militaristisch".
"Schließlich war der Begründer der Religion, Mohammed, ein Krieger, kein Friedensverfechter wie
Jesus."
Dann ist da noch Eliot Cohen von der Johns Hopkins School for International Studies, der ebenfalls
im Pentagonausschuss sitzt. Er behauptet neuerdings, der"Feind" der USA sei nicht der
Terrorismus, sondern der"militante Islam". Mr Adelman und Mr Cohen haben ihre eigene Religion
keines Blickes gewürdigt, sondern zielen damit ganz klar auf den Islam ab.
Der religiöse Radiosprecher Pat Robertson, der eine nichtswürdige Radiostation im Süden des
Libanon betrieb, die Drohungen gegen die muslimischen Dorfbewohner und UN-Truppen
aussprach, sagt, dass"Adolf Hitler schlimm war, aber schlimmer sei das, was die Muslime den
Juden antun." Jerry Falwell, einer der übelsten Figuren auf der religiösen Rechten, nannte den
Propheten Mohammed einen"Terroristen", während Franklin Graham, der Sohn des Billy Graham,
der jene antisemitischen Bemerkungen auf den Tonbändern Nixons machte, den Islam als"bösartig"
bezeichnete. Und erinnern sie sich, Graham sprach bei Bushs Amtseinführung.
Wir ignorieren das gesamte gefährliche Gerede auf eigene Gefahr. Ignoriert Mr Blair es? Ist er sich
nicht bewusst, dass sich in der Umgebung von George Bush einige unheimliche Menschen
aufhalten? Glaubt er wirklich, die Briten gehen mit großer Begeisterung in diesen Krieg, wenn man
nur"Dossiers" vorlegt und Saddams Verbrechen wieder aufwärmt? Wollen wir nicht, dass die
UN-Inspekteure ihre Arbeit erledigen?
Nein, ich glaube vielmehr, dass wir uns auf einen Krieg einstellen müssen, dass sich die Briten den
Amerikanern bei der Invasion des Iraks anschließen werden, was immer auch die Inspekteure
entdecken. Tatsächlich werden wir auf die schreckliche, unglaubliche, unaussprechliche
Möglichkeit, dass die UN- Inspekteure absolut keine Massenvernichtungswaffen im Irak finden,
vorbereitet. Das lässt nur einen Schluss zu: sie haben ihre Arbeit nicht gut gemacht. Sie hätten doch
lieber im Ã-lgeschäft arbeiten sollen.
[ Übersetzt von: Tony Kofoet | Orginalartikel:"We Are Being Set Up For A War Against Iraq" ]
Quelle: ZNet
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