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Traumpaar der Wall-Street-Gemeinde unter Insider-Verdacht
Lehman-Analystin Holly Becker hat ihrem Ehemann möglicherweise Vorab-Informationen über bevorstehende Studien gegeben
von Martin Halusa
New York - Die Internetbubble ist Geschichte, einst gefeierte Webfirmen vom Handel genommen, pleite oder ein Schatten ihrer selbst. Und noch immer werden an Wall Street die Scherben weggekehrt, die der Boom 2000 sowie die Tage der Champagnerpartys und des Gelegenheitsdiebstahls hinterlassen haben.
Der Staatsanwalt von New York einigt sich mit den großen Investmentbanken auf die Zahlung von 1,2 Mrd. Dollar - weil diese im eigenen Interesse Aktien in den Himmel gejubelt haben. Das FBI spürt Dutzenden von Deals nach, die von Übermütigen abgeschlossen wurden, die glaubten, der Nebel des Erfolgs werde ihre krummen Geschäfte schon verschleiern. Immer wieder treten Zeugnisse der Gier zu Tage, die einst durch die Finanzalleen von Manhattan wehte.
Die Börsenaufsicht - der nichts entgeht, die jede Order schwarz auf weiß besitzt - ist derzeit wieder einem Pärchen auf der Spur, das möglicherweise versucht hat, die Gunst der Stunde zu nutzen. Die beiden, Holly Becker (36) und Michael Zimmerman (33), sind keine dunklen Gestalten, sondern gehören der Upper Class der New Yorker Finanzgemeinde an. Er ist Portfolio Manager bei einem Hedge Fonds; sie ist Analystin beim Geldhaus Lehman Brothers - ihre illustren Stationen davor: Harvard Business School, McKinsey, Salomon Brothers.
1998 wechselt Holly Becker von der Beobachtung des Marktes für Verbrauchsartikel in die heiße Branche der Internetaktien. Schnell wird sie berühmt, tritt in den Finanzkanälen auf, Magazine holen Beckers Rat ein, fast schafft sie es zur gleichen Popularität wie Mary Meeker von Morgan Stanley (der „Queen of the Web“) und dem inzwischen gefeuerten Internetguru Henry Blodget von Merrill Lynch. Ihr erster Arbeitstag bei Lehman ist der Tag, an dem die Nasdaq auf Allzeithoch steht: 5048,62 Punkte.
Doch Holly Becker ist nicht bekannt für ihre optimistischen Empfehlungen, sondern für ihre warnenden Worte. Sie wird eine der ersten, die öffentlich die Perspektiven für die wundersamen Internetaktien in Frage stellen. Im Juni 2000 stellt sie ihre Bewertung von Yahoo auf „Neutral“ um, am Tag danach sinkt das Papier um acht Prozent. Im Oktober 2000 senkt sie ihr Rating für America Online - prompt verliert die Aktie 30 Prozent, 40 Mrd. Dollar an Marktwert werden in wenigen Handelsstunden ausradiert.
Doch Holly Becker, so lautet zumindest der Verdacht der SEC, habe auch auf den eigenen Vorteil geachtet. Sie soll ihrem Mann vorab Informationen über zu erwartende Abwertungen von Aktien gegeben haben. Im Juni 2000 etwa - als ein negativer Report Lehmans über Amazons Börsenbewertung veröffentlicht wurde - war es am Tag zuvor bereits zu einem Kursrutsch um neun Prozent und zu ungewöhnlich starken Handelsaktivitäten gekommen. Die Ermittler überprüfen nun, ob Zimmerman Zugang zu den Reports hatte und ob er oder seine Firma Vorteile aus den Informationen zogen. Zimmermans Firma SAC Capital Advisors besaß im ersten Quartal 2000 rund 45 000 Aktien von Amazon, am Ende des zweiten Quartals keine einzige mehr.
Wie die New York Times schreibt, hatte Lehman seiner Mitarbeiterin zu Hause einen Computer installiert, von dem aus sie mit dem Firmennetzwerk verbunden war. Über den Computer sei der Zugang zu verschiedenen Studien möglich gewesen sowie das Einklinken in Projekte, die sich noch in Arbeit befanden. Sollte die Analystin - die sich seit Mitte 2002 in Mutterschaftsurlaub befindet und nicht arbeitet - ihre Informationen weitergegeben haben, wäre dies ein Verstoß gegen die Regeln der Börse und ihres Arbeitgebers. Sollte Zimmerman die Informationen hingegen genutzt haben, wäre dies Insiderhandel - und darauf stehen hohe Strafen.
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