Morpheus
06.02.2003, 14:04 |
Schleichender oder plötzlicher Tod? Thread gesperrt |
-->Meine Antwort auf die Frage ob Deflation oder Inflation:
Es kommt darauf an, was du mit Deflation und Inflation genau meinst. Schon hier beginnt die Diskussion. Für die einen ist Inflation die Ausweitung der Geldmenge, für andere die Ausweitung der Kredite,"normalerweise" wird unter Inflation Preissteigerung verstanden. Ich denke, es sieht so aus: Kreditaufblähung => Geldmengenaufblähung => Preissteigerungen, Fehlinvestition. Deflation entsprechend entgegengesetzt: Pleiten, Entlassungen, Kreditausfälle => Schrumpfen der Kredite, Geldmengenrückgang => fallende Nachfrage, fallende Preise.
Die Deflation, die wir seit 2 Jahren sehen, ist primär anderer Natur: es sind Preisnachlässe wegen der Globalisierung und Folgen der geplatzten Börsenblase. China exportiert Deflation zu uns, die USA profitieren von der vorangegangen Inflation ihrer Währung und können über den fallenden US-Dollar einen Teil der Preisdeflation an Europa weitergeben (wir haben demnach die schlechteste Position). Hinzu kommt eine steigende Nachfrage nach Rohstoffen aus China. Der Clou ist also: China erzeugt Deflation und Inflation gleichzeitig, wenn man diese Phänomene als Preisveränderung ansieht - dabei spielen die Kreditentwicklungen noch gar keine große Rolle. Daher steigen die Rohstoffpreise in einem deflationären Umfeld, denn Rohstoffe werden bei uns auch in einer Rezession verbraucht und in China wächst eben die Nachfrage schneller, als sie bei uns nachgibt.
Die wirklich gefährliche Deflation, die aus Kreditausfällen und Reduzierung der Kredit- und Güternachfrage hervorgeht, hat meines Erachtens gerade erst angefangen. Wir sehen sie in Deutschland schon etwas länger, weil wir ein Volk von Hortern sind. Den USA steht das aber auch noch bevor. Die Verschuldung der US-Bürger wird dazu führen, der Staat wird dies durch eine höhere Staatsverschuldung versuchen zu kompensieren. Das alles wird den US-Dollar belasten. Die anderen Notenbanken, vor allem die japanische, werden den US-Dollar kaufen, um ihre Währungen nicht zu stark werden zu lassen, damit nicht auch noch die Exportwirtschaft zusammenbricht.
Ich habe ein ziemlich klares aber düsteres Bild für die Zukunft: der Bärenmarkt hält noch 10 Jahre an, die Arbeitslosigkeit steigt, vor allem in Europa, noch deutlich an. In den USA wird es soziale Unruhen geben, aber auch hier wird sich Unzufriedenheit breit machen. Die Staaten verschulden sich solange, bis die Zinslast ganz offensichtlich nicht mehr gezahlt werden kann. Spätestens dann wird die Krise der Papierwährungen offensichtlich. Wer dann noch Vermögen hat, will etwas Greifbares. Daher wird Gold in jedem Fall interessant bleiben. Der Trumpf des Geldes ist seine Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel, der Trumpf des Goldes der Schutz vor Kaufkraftverlust. In einer Deflation kann der Trumpf des Geldes stärker sein, ich glaube aber es kommt auf den Typ und die Entwicklung der Deflation an. So merkwürdig das klingen mag: solange es Banken bzw. ein funktionierendes Bankensystem gibt, denke ich, dass Gold das Geld schlagen wird. Erst in einem völligen Fiasko mit Bankpleiten und Chaos verliert das Gold gegen Geld, aber ich halte es für wahrscheinlichr, dass wir in den nächsten Jahren eher einen"schleichenden" als einen"plötzlichen Tod" sehen werden. Die Ursache dafür liegt in staatlichen Interventionen, die das System am Leben erhalten werden, notfalls durch Verstaatlichung. In Japan sieht man sehr schön, wie die Entwicklungen verlaufen könnten.
Der"schleichende Tod" wird später Reformen ermöglichen bzw. erzwingen und womöglich Gold wieder in die Währungsordnung einbinden. Nur im"plötzlichen Tod" des Systems, in einem schnellen Zusammebruch, ist das Gold der Verlierer und Bargeld der Gewinner - temporär.
Wir werden es sehen.
Morpheus
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Palstek
06.02.2003, 14:31
@ Morpheus
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Re: Inflations-/Deflations-Debatte |
-->Dazu auch das (hab' mir erlaubt es auf wesentliches zu kürzen):
Quelle
Wellenreiter Frühausgabe
Donnerstag, den 06. Februar 2003
Guten Morgen!
Die Strompreise erhöhen sich wohl um durchschnittlich 5%, so schreiben die Zeitungen. Das Niveau vor der Deregulierung des Strommarktes im Jahr 2000 sei wieder erreicht.
Diese Meldung ist Anlaß, auf die Inflations-/Deflations-Debatte einzugehen. Gemäß ökonomischen Gesetzmäßigkeiten scheint eins klar: Dinge, die einen Preisdruck fast unabhängig von der Nachfrage aufrecht erhalten können, werden teurer, Artikel oder Leistungen ohne Preisdruck verbilligen sich.
Zur ersten Kategorie gehören Steuern, Strom, Mietnebenkosten, Fernsehgebühren, Renten, gesetzliche und private Versicherungen. Zur zweiten Kategorie gehören Konsumgüter wie Autos, Häuser, Lebensmittel, Computer, Kleidung.
Der Bürger wird sich in dieser Schere zunehmend unwohl fühlen. Es findet eine Verlagerung der finanziellen Ausgaben statt. Das, was er in der zweiten Kategorie an Ausgaben spart, muß er in der ersten Kategorie zusätzlich abführen. Da die Arbeits-losigkeit steigt, aber das Lohnniveau gleichbleibt oder sogar sinkt, muß der Bürger die Kosten aus einem insgesamt geringer werdenden Budget bestreiten. Zusätzlich möchte er die Sparquote erhöhen, um für schlechte Zeiten gerüstet zu sein.
Das hat Auswirkungen für die nicht monopolisierte Wirtschaft. Sie gerät in eine Deflationsspirale. Da hier ein Großteil der Arbeitsplätze sitzt, wird die Arbeitslosigkeit in diesen Sektoren steigen.
Der Arbeitsplatzabbau bei Staat und Monopolbetrieben (zu letzteren kann man die Stomversorger ruhig hinzuzählen) wird zunächst kaum merklich sein. Im Gegenteil: Man wird durch staatliche Maßnahmen versuchen, die Arbeitslosen von der Straße zu holen. Insgesamt wird der Anteil von Staat und Monopolbetrieben an der Beschäftigung von Erwerbstätigen zunehmen.
Anders als in den dreißiger Jahren kann man den neuen Arbeitslosen, die sich meist aus dem tertiären (Dienstleistungs-) Sektor rekrutieren werden, nicht mehr die Schaufel in die Hand drücken. Die großen Infrastrukturprogramme der 30er Jahre (USA:Hoover-Dam, Tennessee-Valley-Stausee; Deutschland: Autobahnen) wurden größtenteils mit entlassenen Industriearbeitern (tertiärer Sektor) durchgeführt.
Was werden die neuen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sein? Vielleicht die Altenpflege? Oder die Eintreibung von Steuern? Oder die Durchführung von Aufräumarbeiten bei Umweltkatastrophen (Hochwasser!). Meine Fantasie reicht nicht aus, um hier Klarheit zu haben.
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dottore
06.02.2003, 15:11
@ Palstek
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Re: Ganz genau so ist es, so kommt es - Danke für den Text! (owT) |
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McShorty
06.02.2003, 15:28
@ Morpheus
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Re: Schleichender oder plötzlicher Tod? - auf der sushi road! |
-->Hallo,
ich möchte mich dem weitgehend anschließen. Ab dem Irakkrieg wird es speziell für uns Europäer erst werden.
Ich denke die USA führen diesen Krieg hauptsächlich um ihr Schuldenproblem zu händeln. Einerseits haben sie dann das Ã-l als"Kriegsbeute" und zweitens werden sie über niedrigen Ã-lpreis und ausufernde Staatsschulden den Dollar drücken.
Mit anderen Worten, DEFLATION wird der Exportschlager der Amis!
Und wer kauft das Zeug? Na die dummen Europäer + Japaner! Netter Nebeneffekt: die Amis inflationieren ihre Schulden (weg) und wir kaufen/stützen den Dollar damit unsere Exportind. nicht den Bach runtergeht.
Wie Dottore hier schon oft geschrieben hat: die Sushi Road wird unsere sein! Auf der wird es dann mehr Tote (Konkurse, Suizide...) geben, als auf dt. Strassen.
Wenn das Spiel des Grauens dann nach 1-2 Decaden vorbei ist, stehen die Amis vielleicht mal wieder glänzend da, weil wir so blöd gewesen sind, deren grüne Zettel zu kaufen und dafür unsere Exportind. (hauptsächl. den Mittelstand) kaputt gemacht haben und uns die Defla in den Pelz zu setzen.
Nebenbei bemerkt, sollte der Dollar neue Tiefstände machen oder unter die akt. Bewertungen in den Bilanzen der europ. NotenbankEN fallen, drohen hier nette Verluste! Also mal wieder keine Überweisungen an die Finanzminister. Die Schweizer Notenbank läßt grüßen. Das wird die Abwärtsspirale noch verschärfen.
> So merkwürdig das klingen mag: solange es Banken bzw. ein funktionierendes Bankensystem gibt, denke ich, dass Gold das Geld schlagen wird. Erst in einem völligen Fiasko mit Bankpleiten und Chaos verliert das Gold gegen Geld, aber ich halte es für wahrscheinlichr, dass wir in den nächsten Jahren eher einen"schleichenden" als einen"plötzlichen Tod" sehen werden. Die Ursache dafür liegt in staatlichen Interventionen, die das System am Leben erhalten werden, notfalls durch Verstaatlichung. In Japan sieht man sehr schön, wie die Entwicklungen verlaufen könnten.
>Der"schleichende Tod" wird später Reformen ermöglichen bzw. erzwingen und womöglich Gold wieder in die Währungsordnung einbinden. Nur im"plötzlichen Tod" des Systems, in einem schnellen Zusammebruch, ist das Gold der Verlierer und Bargeld der Gewinner - temporär.
>Wir werden es sehen.
>Morpheus
Morpheus, liegt hier viell. ein Schreibfehler vor? In der Defla meinst du liegst du mit Gold besser als mit Cash im Rennen? Ich würde meinen bei"normalem" Bankensystem sollte das doch anders herum sein. Glaube das auch so in Dottores Cash Buch gelesen zu haben.
Gruß aus HH
McShorty
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Morpheus
06.02.2003, 16:08
@ McShorty
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Echte Liquiditätskrise ohne Bankenzusammenbrüche? |
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Hallo McShorty,
nein, ich denke, dass die Frage ob Bargeld oder Gold in einer DeDe die bessere Anlage im Sinne eines Kaufkrafterhaltes ist, davon abhängt, wie schnell und dramatisch die DeDe verläuft. Solange es ein intaktes Bankensystem gibt, ist Gold meines Erachtens dem Bargeld überlegen. Das Bargeld ist zwar gesetzliches Zahlungsmittel, aber für diejenigen, die genug davon haben, bietet sich eher Gold an. Der Punkt ist der: Dottore geht davon aus, dass wegen des Kredit-auf-Kredit-Systems ein Schneeball-System startet, das letztlich dazu führt, dass Liquidität generell knapp wird und man wegen der mangelnden Liquidität letztlich auch Gold verkaufen wird, um etwas bezahlen zu können. Ich sehe es aber so, dass es soweit nur kommen kann, wenn die Banken kippen. In der heutigen Zeit des Non-Cash-Zahlens laufen die meisten Zahlungen über Buchgeld. Solange dies sicher gestellt ist, wüsste ich nicht, warum Bargeld an Wert gewinnen sollte, denn man kann ja eben auch mit Buchgeld bezahlen. Erst wenn es zu Bankenzusammbrüchen kommt, die Konten gesperrt sind o.ä., dann kann es dazu kommen, das für das knappe Gut Geld auch Gold verkauft wird.
Außerdem stellt sich mir die Frage, warum ausgerechnet jene Gold haben sollten, die eine schwache Liquidität haben. Es ist doch viel wahrscheinlicher, dass diejenigen Gold kaufen, die ohnehin über eine hohe Liquidität verfügen. Ich setze hier Liquidität mit dem Buchvermögen gleich, was ich allerdings eben solange als legitim ansehe, wie eben das Bankensystem noch steht, denn solange kann Buchgeld in Bargeld gewandelt werden. Es wird ja gerade nicht der Gold kaufen, der schon jetzt kaum Vermögen hat. Es werden jene sein, die ihr Vermögen schützen wollen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie es in unserem heutigen Buchgeldsystem zu einer Liquiditätskrise kommen kann, die jene dazu nötigen würde, Gold zu verkaufen die offensichtlich genug Geld haben um Gold kaufen zu können.
Das meinte ich eben mit schleichendem Tod. Ich sehe eine massive Liquiditätskrise nur dann als möglich an, wenn viele Banken aufgrund eines schnellen Zusammenbruchs schließen müssen. Sicher wird es in der DeDe massive Kreditausfälle geben, aber ich bin davon überzeugt, dass der ganze Prozess dazu führen wird, dass der Staat immer mehr Anteil an der Wirtschaft haben wird und womöglich sogar die Banken indirekt verstaatlicht werden, so wie es in Japan der Fall ist, wo der Staat die faulen Kredite kauft.
Gerade in Japan zeigt sich, was ich meine: gerade wegen der Deflation verschuldet sich der Staat immer weiter und die Banken fallen nicht in sich zusammen, weil sie staatlich"geschützt" werden. Und gerade deswegen haben die Japaner überhaupt die Möglichkeit, Gold zu kaufen. Der Yen verliert an Vertrauen, nicht das Gold, Gold schlägt Geld.
Morpheus
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Jagg
06.02.2003, 19:38
@ Palstek
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Re: Inflations-/Deflations-Debatte |
-->>... Was werden die neuen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sein? Vielleicht die Altenpflege? Oder die Eintreibung von Steuern? Oder die Durchführung von Aufräumarbeiten bei Umweltkatastrophen (Hochwasser!). Meine Fantasie reicht nicht aus, um hier Klarheit zu haben. >
Der unvergleichliche Stanislaw Lem hatte in seinen (unvergleichlichen)
Sternentagebüchern gewissermassen empfohlen die Fischwerdung des
Menschen zu betreiben. Es wird dann jeden Tag der Wasserstand etwas
angehoben bis man in seinem Wohnzimmer nicht mehr aufrecht stehen kann.
Dann haben die Leute die Nase voll, revoltieren... propagieren
die Normalität und alles beginnt von vorn...
scnr - gruss
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