-->Wir müssen uns alle noch ganz warm anziehen
Der Unterschied zwischen Radio und Fernsehen ist, dass man im Fernsehen genau erkennen kann, wie die handelnden Personen gekleidet sind. Das zwingt den Zuschauer dazu, sich Gedanken zu machen. Warum trägt der „Tagesschau“-Sprecher eine rosa-grün gestreifte Krawatte, mit einer Art Stacheldrahtmuster? Was will er uns damit signalisieren? Steht der Stacheldraht für die Grenze der Belastbarkeit, an der die deutsch-amerikanischen Beziehungen angekommen sind? Warum trägt die ZDF-Reporterin einen Rollkragenpullover unter dem Jackett? Will sie damit andeuten, dass der Irak demnächst überrollt wird? Oder heißt das eher: Wir müssen uns alle noch ganz warm anziehen? Weshalb hat Edmund Stoiber Gläser vor seinen Augen? Weil seine Politik so durchsichtig ist? Oder weil er alles transparenter machen möchte? Man versteht jedenfalls kaum den Sinn seiner Worte, weil man so viel über seine Kleidung nachdenken muss.
Im Radio lenkt immer noch der Klang der Stimme ab, nur das gedruckte Wort kann alle Informationen unverfälscht übermitteln. Der Leser wird durch nichts verwirrt. Oder bekommt dieser Text für Sie einen anderen Sinn, wenn wir Ihnen verraten, dass wir ihn fast nackt geschrieben haben? Wir hatten nur ein Paar braune Socken an.
Artikel erschienen am 12. Feb 2003
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