JLL
15.02.2003, 15:47 |
OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks Thread gesperrt |
-->Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist den Strippenziehern hinter den Kulissen, vor allem eines zuwider, dass sich eine große Macht ohne Gegenspieler herausbildet. Man füttert also vereinfacht gesagt immer zwei Seiten an und läßt sie dann aufeinander los. So gesehen dürfte die Desintegration der Sowjetunion und der Verbleib der USA als"alleiniger Supermacht" ziemlich problematisch sein. Was aus dieser Sicht dann notwendig gewesen wäre, ist die USA in Abenteuer zu stürzen, die sie schwächen, bis erneut ein adäquater globaler Gegner erwachsen ist (=China). Ein dämlicher Präsident mit einer gierigen Clique an der Seite, die sofort nach dem ersten Braten springen, den man vor ihrer Nase baumeln lässt, würde die Sache ungemein erleichtern. Vor allem ließe sich der eigentliche Antagonist für die nächsten 50 Jahre in der Zwischenzeit ungestörter hochziehen. Es ist auch erstaunlich, wie regelmäßig Nord-Korea gerade jetzt wieder von sich Reden macht. Diese Karte könnte dann jederzeit ausgespielt werden, um ein Zwei-Fronten-Szenario zu eröffnen, wobei die USA geschwächt würde, ohne dass der eigentliche Gegenspieler China auch nur die Bühne zu betreten bräuchte.
Im Prinzip sind die USA spätestens gestern im Sicherheitsrat frontal in das sorgfältig vorbereitete offene Messer gelaufen. Der Boden ist sowohl dafür bereitet, dass die USA ohne Gesichtsverlust nicht mehr zurückstecken können, als auch dafür, dass sie letztlich fast alleine dastehen, wenn sie losschlagen. Die Idee ist mir gestern gekommen als ich den Gesichtsausdruck von Powell gesehen habe, den ich nebenbei für den einzigen Fuchs in dieser Regierung halte. Dem sind die Züge nach der französichen Rede und dem allgemeinen Beifall so entglitten, wie jemandem, dem schlagartig bewußt geworden ist, dass er in drei Zügen matt ist.
Nur mal so ein Gedanke zum Wochenende
Ein schönes solches:-)
JLL
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Tempranillo
15.02.2003, 16:45
@ JLL
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Re: Ich bin nicht angesprochen, antworte trotzdem ;-))) |
-->Hi JLL,
ich betrachte mich nach wie vor nicht als Verschwörungsfreak. Sofern ich in derartigen Gewässern geschippert bin, dann immer gegen meinen eigentlichen Willen. Derartiges habe ich nur dann herangezogen, wenn mir andere Erklärungsversuche noch weniger überzeugend zu sein schienen. Verschwörungstheorien sind für mich argumentative Krücken. Wenn es ohne geht, umso besser.
Wer wie ich schon beim Wort Verschwörungstheorie Gefahr läuft, von Übelkeit heimgesucht zu werden, der sei daran erinnert, dass ein Anklagepunkt der Nürnberger Prozesse auf"Verschwörung und Vorbereitung zum Angriffskrieg" lautete. So ganz an den Haaren herbeigezogen scheint es also nicht zu sein.
> Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist den Strippenziehern hinter den Kulissen, vor allem eines zuwider, dass sich eine große Macht ohne Gegenspieler herausbildet.
Nicht, wenn es sich um die"richtige" Macht handelt, die sich die Errichtung der"New World Order" (Bush sen. & jun.), der Eine-Welt-Regierung auf die Fahnen geschrieben hat.
> Man füttert also vereinfacht gesagt immer zwei Seiten an und läßt sie dann aufeinander los.
Ja, damit am Ende der Auseinandersetzungen die"richtige" Macht übrigbleibt. Teile und herrsche, lautet das Motto.
> So gesehen dürfte die Desintegration der Sowjetunion und der Verbleib der USA als"alleiniger Supermacht" ziemlich problematisch sein.
Nein, genau das nicht; s. Bush sen. & jun. Als Anregung mal den 1-Dollar-Schein auf die Rückseite drehen und lesen. Da steht etwas von"Novus Ordo Saeclorum", heißt wörtlich, hoffentlich mach` ich jetzt keinen groben Schnitzer, Neue Ordnung der Jahrhunderte. Die Ähnlichkeit mit New-World-Order ist sicher mehr als nur eine konstruierte.
> Was aus dieser Sicht dann notwendig gewesen wäre, ist die USA in Abenteuer zu stürzen, die sie schwächen, bis erneut ein adäquater globaler Gegner erwachsen ist (=China).
Nein, wenn Du mal - rein hypothetisch, natürlich - davon ausgehst, dass die USA die"richtigen" Interessen vertreten.
> Ein dämlicher Präsident mit einer gierigen Clique an der Seite, die sofort nach dem ersten Braten springen, den man vor ihrer Nase baumeln lässt, würde die Sache ungemein erleichtern. Vor allem ließe sich der eigentliche Antagonist für die nächsten 50 Jahre in der Zwischenzeit ungestörter hochziehen. Es ist auch erstaunlich, wie regelmäßig Nord-Korea gerade jetzt wieder von sich Reden macht. Diese Karte könnte dann jederzeit ausgespielt werden, um ein Zwei-Fronten-Szenario zu eröffnen, wobei die USA geschwächt würde, ohne dass der eigentliche Gegenspieler China auch nur die Bühne zu betreten bräuchte.
Die von Dir angenommene, beabsichtigte Schwächung der USA dürfte die entscheidende Fehleinschätzung sein. Sage das selbstverständlich nur als reine Vermutung.
>Im Prinzip sind die USA spätestens gestern im Sicherheitsrat frontal in das sorgfältig vorbereitete offene Messer gelaufen. Der Boden ist sowohl dafür bereitet, dass die USA ohne Gesichtsverlust nicht mehr zurückstecken können, als auch dafür, dass sie letztlich fast alleine dastehen, wenn sie losschlagen.
Das ist ein schwerwiegender Einwand. Warum die USA, das wahre Schwert des Glaubens, vor aller Welt die Maske fallen lassen, ist mir auch ein Rätsel? Soll das auf einen vorzeitigen Endkampf, ein Armageddon praecox hinauslaufen, können sich Bush und Konsorten nicht zurückhalten? Warten wir´s ab. Sollte sich der Verschwörungsqualm eines Tages als reines Hirngespinst herausstellen, wäre darüber niemand glücklicher als ich.
> Die Idee ist mir gestern gekommen als ich den Gesichtsausdruck von Powell gesehen habe, den ich nebenbei für den einzigen Fuchs in dieser Regierung halte. Dem sind die Züge nach der französichen Rede und dem allgemeinen Beifall so entglitten, wie jemandem, dem schlagartig bewußt geworden ist, dass er in drei Zügen matt ist.
Abwarten, wer demnächst matt ist.
Ebenfalls ein schönes WE
Tempranillo
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Turon
15.02.2003, 17:11
@ JLL
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Re: OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks |
-->>Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist den Strippenziehern hinter den Kulissen, vor allem eines zuwider, dass sich eine große Macht ohne Gegenspieler herausbildet. Man füttert also vereinfacht gesagt immer zwei Seiten an und läßt sie dann aufeinander los.
Dafür gibt es jedenfalls interssante Hinweise.
Hinweis
a) Die amerikanische Rüstungsindustrie baut mehr Waffen, als der Rest der Welt;
Auch wenn angeblich und offiziell der kalte Krieg vorbei ist;
b) Trotz angeblichen wirtschaftlichen Chaos in Rußland, werden weiterhin Atomuboote in Rußland gebaut - zuletzt soll einer vom Stapel runtergekommen
sein, wie der U-Boot der verschollen ist und zuletzt wieder gehoben wurde.
Die"Kursk" - Version die wir kennen, deckt sich allerdings nicht mit Version angeblicher Augenzeugen - laut diesen Menschen soll sie mind zwei Mal getroffen worden sein.
Wie dem auch sei - offenbar rüsten die Russen weiterhin mit unverminderter Stärke auf.
So gesehen dürfte die Desintegration der Sowjetunion und der Verbleib der USA als"alleiniger Supermacht" ziemlich problematisch sein. Was aus dieser Sicht dann notwendig gewesen wäre, ist die USA in Abenteuer zu stürzen, die sie schwächen, bis erneut ein adäquater globaler Gegner erwachsen ist (=China).
Ich möchte mich zu diesem Thema nicht äußern, allerdings sage ich es so:
Vieles, wirklich sehr Vieles stimmt bei unserer Berichterstattung nicht zu.
Ob China schon derart stark ist - um eine ebenbürtige Weltmacht zu sein, bezweifle ich - nichts desto trotz - Amerika blamiert sich derartig, in letzter Zeit - als wäre man entweder erpresst, oder unter Koks.
Also entweder steht hinter dem Terrorkrieg in Wahrheit, ein hinterhältiger
Krieg der vereinigter Gegner USA´s, oder Amerika spürt eigenen Untergang -
und versucht sich in dem alten Spiel: teile und herrsche - was ihr nun mal in letzter Zeit kaum gelingt.
Ein dämlicher Präsident mit einer gierigen Clique an der Seite, die sofort nach dem ersten Braten springen, den man vor ihrer Nase baumeln lässt, würde die Sache ungemein erleichtern. Vor allem ließe sich der eigentliche Antagonist für die nächsten 50 Jahre in der Zwischenzeit ungestörter hochziehen. Es ist auch erstaunlich, wie regelmäßig Nord-Korea gerade jetzt wieder von sich Reden macht.
Dem kann ich nur zustimmen. Bush verhält sich derart auffällig, als hätte man
ihm entweder Heroin verabreicht, oder wie ein kleines Trotzkind, dem man sein
Lieblingsspielzeug wegzunehmen versucht.
Man darf auch nicht vergessen, daß der eine Mann der tatsächlich Abrüstung wollte, entführt worden ist und als er zurückkam hatte er schon fast nichts mehr zu sagen - seitdem wissen in Wahrheit gar nichts - was hinter den Kulissen gespielt wird.
Diese Karte könnte dann jederzeit ausgespielt werden, um ein Zwei-Fronten-Szenario zu eröffnen, wobei die USA geschwächt würde, ohne dass der eigentliche Gegenspieler China auch nur die Bühne zu betreten bräuchte.
Wenn man USA wirtschaftlich und militärisch schwächen will, sollte man nichts unternehmen. Das weiß allerdings USA selbst ganz genau, und deswegen kann man unterstellen, daß sie Krisenherde aufzieht, und Konfliktpotentiale aufbaut, um eben doch einen Krieg zu verursachen.
Im Prinzip sind die USA spätestens gestern im Sicherheitsrat frontal in das sorgfältig vorbereitete offene Messer gelaufen. Der Boden ist sowohl dafür bereitet, dass die USA ohne Gesichtsverlust nicht mehr zurückstecken können,
Richtig - für USA gibt es keinen Zurück mehr - egal wie sie das Spiel spielen. Ein wesentlich kleinerer Gesichtsverlust - wäre da Rückkehr zu Friedenspolitik - doch das wird schwierig sein, denn womöglich ist USA politisch längst unterwandert. Das wer dazu in der Lage wäre, und wer so etwas tut ist vorerst nebensächlich. Fakt aber ist - der erste Verdacht richtet sich gegen Zahlende und somit Habende. Wenn diese Gruppe nämlich nichts tut - wird sie ganz klar komplett ihre Macht verlieren.
Es ist darüberhinaus ausgesprochen einfach auf von der anderer Seite
zu manipulieren - mit der Androhung wir ziehen Kapital von Wall Street ab.
Da hat schon mal Japan zum Beispiel durchaus mit USA eine Rechnung offen,
wie alle anderen auch.
als auch dafür, dass sie letztlich fast alleine dastehen, wenn sie losschlagen. Die Idee ist mir gestern gekommen als ich den Gesichtsausdruck von Powell gesehen habe, den ich nebenbei für den einzigen Fuchs in dieser Regierung halte. Dem sind die Züge nach der französichen Rede und dem allgemeinen Beifall so entglitten, wie jemandem, dem schlagartig bewußt geworden ist, dass er in drei Zügen matt ist.
Korrekt. Irgendwann weiß der Verlierer, daß das Spiel aus ist. Adolf wußte das schon 1943.
Um es ein wenig auf die Spitze zu treiben. Womöglich gehört Powell gar nicht
zu diesem Unternehmen, hat es aber deswegen befürwortet, weil es so angeordnet war. Powell ist jedenfalls (bitte keinen Rassismus wittern) der Farbige in dieser Regierung - und das unter den Texanern?
Man kann viele ominöse Wahrscheinlichkeitsrechnungen dafür aufstellen. Aber eines steht fest. Wie es Bush sagte: seit dem September 2001, sickern keine
- nicht einmal ansatzweise richtige, wahrheitswahrscheinliche Aussagen über.
Je tiefer wir nach der Wahrheit graben, desto mehr Desorientierung erfahren wir. Es stimmt Vieles nicht - wenn eben nicht zufällig alles nicht stimmt.
Das ergibt natürlich Spielraum für Spekulationen: und die reichen mittlerweile
hin zum Absurd, wobei es jedoch keine Anhaltspunkte dafür gibt, das das was uns absurd erscheint, auch absurd ist.
Vielmehr tauchen immer mehr Zeitzeugen auf, die einem erzählen, daß wir eher in einem Matrixgebilde leben. Wie dem auch sei: die Matrixtheorie - vollzog seit dem September 2001 eine Art geistiger Revolution.
>Nur mal so ein Gedanke zum Wochenende
>Ein schönes solches:-)
>JLL
Ebenso.
MfG.Turon
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tas
15.02.2003, 18:28
@ JLL
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Re: OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks |
-->zwar auch nicht angesprochen, aber... abwarten, the fox is on the run.
könnte doch sein, dass die medien und kanzler auch nur teil des spiels sind.
friedvolles wochenend, tas
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Euklid
15.02.2003, 19:21
@ JLL
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Re: OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks |
-->>Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist den Strippenziehern hinter den Kulissen, vor allem eines zuwider, dass sich eine große Macht ohne Gegenspieler herausbildet. Man füttert also vereinfacht gesagt immer zwei Seiten an und läßt sie dann aufeinander los. So gesehen dürfte die Desintegration der Sowjetunion und der Verbleib der USA als"alleiniger Supermacht" ziemlich problematisch sein. Was aus dieser Sicht dann notwendig gewesen wäre, ist die USA in Abenteuer zu stürzen, die sie schwächen, bis erneut ein adäquater globaler Gegner erwachsen ist (=China). Ein dämlicher Präsident mit einer gierigen Clique an der Seite, die sofort nach dem ersten Braten springen, den man vor ihrer Nase baumeln lässt, würde die Sache ungemein erleichtern. Vor allem ließe sich der eigentliche Antagonist für die nächsten 50 Jahre in der Zwischenzeit ungestörter hochziehen. Es ist auch erstaunlich, wie regelmäßig Nord-Korea gerade jetzt wieder von sich Reden macht. Diese Karte könnte dann jederzeit ausgespielt werden, um ein Zwei-Fronten-Szenario zu eröffnen, wobei die USA geschwächt würde, ohne dass der eigentliche Gegenspieler China auch nur die Bühne zu betreten bräuchte.
>Im Prinzip sind die USA spätestens gestern im Sicherheitsrat frontal in das sorgfältig vorbereitete offene Messer gelaufen. Der Boden ist sowohl dafür bereitet, dass die USA ohne Gesichtsverlust nicht mehr zurückstecken können, als auch dafür, dass sie letztlich fast alleine dastehen, wenn sie losschlagen. Die Idee ist mir gestern gekommen als ich den Gesichtsausdruck von Powell gesehen habe, den ich nebenbei für den einzigen Fuchs in dieser Regierung halte. Dem sind die Züge nach der französichen Rede und dem allgemeinen Beifall so entglitten, wie jemandem, dem schlagartig bewußt geworden ist, dass er in drei Zügen matt ist.
>Nur mal so ein Gedanke zum Wochenende
>Ein schönes solches:-)
>JLL
Vor einem halben Jahr habe ich in einem Beitrag davon gesprochen daß ich das Gefühl habe daß Bündnisse geschmiedet werden.
Wenn eine Frau immer wieder geschlagen wird ist es kein Wunder wenn sie dem erstbesten offen in die Arme rennt.
Ob der sie nicht auch schlägt ist natürlich noch lange nicht raus.
Amerika hat aber einen ganzen Harem verhauen wollen;-)
Gruß EUKLID
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HB
15.02.2003, 19:42
@ JLL
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Scholl-Latour über USA und Rußland |
-->Lambroschini hatte sich zwei Wochen zuvor in Rußland
aufgehalten und war mit engen Beratern Wladimir Putins
zusammengekommen. Welche außenpolitische Linie wohl der
Kreml-Chef verfolge, wenn er den Amerikanern freien Zutritt zu
den ehemals sowjetischen Teilrepubliken Zentralasiens -
Usbekistan, Kirgistan - gewähre, frage ich ihn. Unlängst hat
sich die Militärpräsenz der USA noch auf das kaukasische
Georgien ausgeweitet, und überall entstehen stark befestigte, mit
modernstem elektronischem Gerät ausgestattete Stützpunkte und
Horchposten unter dem Sternenbanner, ganz zu schweigen von
den Erdöl- und Erdgas-Ressourcen dieser Region, die nunmehr
den amerikanischen Multis zur Ausbeutung offenstehen. »Es
gibt zwei Hypothesen, die sich nur oberflächlich
widersprechen«, meint der Franzose. Für seine weiterhin von
russischem Nationalismus und sowjetischer Nostalgie geprägten
Kritiker halte Putin das Argument parat, er warte nur darauf, daß
die USA sich in dieser extrem schwierigen
Umgebung, wo das koranische Engagement weiter
Bevölkerungsteile die postkommunistischen Regime der neuen
»Groß-Khane« und »Emire« langsam, aber unaufhaltsam
unterhöhle, in einen unbegrenzten Abnutzungskrieg, einen »war
of attrition«, verwickeln. Demnach würden die globalen
Hegemonialansprüche George W. Bushs am Ende eine
Verzettelung der ungeheuren Kapazität Amerikas bewirken und
dem geschwächten Rußland eine Last abnehmen, die seine
eigenen Kräfte - siehe Tschetschenien - überfordere. Wenn US-Generale
in Taschkent verkündeten, »we are here to stay«, so
entsprächen sie ahnungslos diesem strategischen Kalkül, erweise
sich doch schon in Afghanistan, daß die dominante Supermacht
den sich anbahnenden Partisanen- und Stammesfehden nur
bedingt gewachsen sei.
Gleichzeitig sei jedoch beim neuen Zaren Wladimir der
Wunsch vorhanden, engen Schulterschluß mit dem Westen - mit
Amerikanern und Europäern -, kurz gesagt, mit den Nationen
»weißer Rasse« vorzunehmen. In Moskau lebe man weiterhin in
der traumatischen Erinnerung an das »Tataren-Joch«, an die
endlose Vasallisierung Rußlands durch die Mongolen und
Türken der »Goldenen Horde«, deren Groß-Khane sich schon
sehr früh zur Lehre Mohammeds bekehrt und die Heilige
Orthodoxie dem Halbmond untergeordnet hatten. Der Blick in
die Zukunft bereite dem Kreml böse Ahnungen. Als Folge von
Geburtenrückgang, Alkoholismus und steigendem
Drogenkonsum zeichne sich eine dramatische Verminderung
des slawischen Bevölkerungsanteils der Russischen Föderation
ab, die mit 140 Millionen Menschen ohnehin hoffnungslos
unterbesiedelt sei. Gleichzeitig finde jedoch bei den
überwiegend türkischislamischen Völkerschaften des
zentralasiatischen Raums - nicht nur in den GUS-Republiken,
sondern auch bei jenen 25 Millionen Muselmanen, die weiterhin
innerhalb der russischen Grenzen leben - eine demographische
Explosion statt.
Auf diese ethnische Erosion zu Lasten der europäischen
Russen zwischen Kazan an der Wolga, Ufa im Südural bis zur
Grenze der Mongolei hatte mich schon der inzwischen bei
einem Hubschrauberunfall umgekommene General Alexander
Lebed sorgenvoll aufmerksam gemacht. Noch beängstigender
erscheint den Moskowitern offenbar das Erstarken des
chinesischen Riesenreichs, das im Begriff stehe, die
Mandschurei als vorgeschobene Schanze künftiger
Unterwanderung der russischen Fernostprovinz und Ostsibiriens
zu nutzen. Schon heute gerieten diese entlegenen,
menschenleeren Besitzungen in den Schraubstock des Reichs
der Mitte, ins Expansionsfeld der »gelben Gefahr«. Wir
diskutieren darüber, wie sich die russischamerikanische
Annäherung auf die Europäische Union auswirken werde, die
sich in endlosen Geburtswehen quält. Die Gefahr eines
Kondominiums der beiden Kolosse über das Abendland wäre
nicht mehr auszuschließen im Rahmen einer neuen NATO-
Struktur, die die weltumspannende Dimension der OSZE, der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa,
zwischen Vancouver und Wladiwostok annähme.
|
HB
15.02.2003, 19:47
@ HB
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Scholl-Latour über USA und China |
-->CHINA
Das letzte Gefecht
Rückkehr der Rinderteufel
Sind gegen die Volksrepublik wieder »die Rinderteufel und
Schlangengeister« losgelassen, vor denen Mao Zedong warnte
und die das Reich der Mitte periodisch heimsuchen? Peking
fühlt sich bedroht durch den amerikanischen Anspruch auf
Weltherrschaft, durch den Taumel der Allmacht, der - so sieht
man es in Ostasien die Bush-Administration überkommen hat.
Ganz aus der Luft gegriffen sind diese Befürchtungen ja nicht.
In Washington besteht eine merkwürdige Diskrepanz zwischen
den dröhnenden Kriegsdrohungen, die gegen alle präsumptiven
Komplizen des internationalen Terrorismus, alle Produzenten
von Massenvernichtungswaffen ausgestoßen werden - wobei
mit detaillierten Schilderungen der projizierten Feldzüge nicht
gespart wird -, und der Nachrichten-Abschottung, der
systematischen Desinformation, die gegenüber den atlantischen
Alliierten, mit Ausnahme der Briten, praktiziert wird.
So hat tatsächlich ein ranghoher und einflußreicher Berater
des Präsidenten vor amerikanischen Journalisten angekündigt,
daß die Bereinigung der Konfliktsituation im Nahen und
Mittleren Osten nur das Vorspiel, die Vorbedingung sei für die
schicksalhafte Konfrontation, die über kurz oder lang mit China
um die Kontrolle des Westpazifik ausgetragen werden müsse.
Im Regierungsviertel von Zhongnanhai, am Rande der
Verbotenen Stadt, sind solche Sprüche nicht ungehört verhallt.
Als am 11. September 2001 New York durch einen Hauch
von Apokalypse gestreift wurde, hat sich die Volksrepublik
China aus voller Überzeugung in die Front der
Terroristenbekämpfung eingereiht. Eine barbarische Gewalttat
wie die Vernichtung des World Trade Center erschüttert
unweigerlich die Ordnung zwisehen Himmel und Erde, auf die
die roten Konfuzianer von Peking im Unterbewußtsein immer
noch eingeschworen sind. Andererseits erkannte Staatspräsident
Jiang Zemin sofort den Nutzen, den er aus der weltweiten
Entrüstung für sich selbst ziehen konnte. Peking hatte ja auch
seine Probleme mit der muslimischen Minderheit der Uiguren in
der äußersten Westprovinz Xinjiang. Nunmehr wäre es ein
leichtes, die schwelende Aufruhrstimmung dieser isolierten
Turkstämme gegen die Fremdherrschaft des Staatsvolkes der
Han mit den Umtrieben von El Qaida in Zusammenhang zu
bringen, zumal eine begrenzte Zahl uigurischer Freischärler
tatsächlich in Afghanistan zu »Gotteskriegern« ausgebildet
worden war.
Um die Aufsässigkeit der Tibeter war es still geworden, und
jetzt bot sich sogar die Gelegenheit, die taoistisch inspirierte
Sektenbewegung von »Falun Gong«, die den neuen Mandarinen
von Peking - gemessen an ein paar versprengten islamistischen
Attentätern - weit mehr Sorgen bereitete, als gefährlich
konspiratives Element mit Nachdruck zu bekämpfen, ohne daß
in den amerikanischen Medien Schreie der Empörung laut
würden.
Auf der anderen Seite sah man im amerikanischen
Engagement, im Ausbau von US-Stützpunkten in Zentralasien
den groß angelegten strategischen Entwurf, die Volksrepublik
China von allen Seiten einzukreisen und mit Hilfe elektronischer
Abhöranlagen ihre geheimsten Aktivitäten auszuspionieren. Die
regierende Kommunistische Partei und vor allem die
Volksbefreiungsarmee fühlten sich durch einen fast lückenlosen
Ring amerikanischer Basen umschlossen. Zu Südkorea, Japan,
Okinawa, Taiwan, den Philippinen im Osten gesellten sich die
Insel Diego Garcia und die neuen US-Anlagen in Pakistan im
Süden. Dieses System ließe sich jederzeit durch die indische
Kooperationswilligkeit ergänzen. Im Westen boten Kandahar
und Bagram in Afghanistan, Karshi in Usbekistan, Bischkek in
Kirgistan dem Pentagon ungehemmte Entfaltungsmöglichkeiten.
Im Norden schließlich, in Sibirien und der russischen
Fernostprovinz, schien Wladimir Putin nur allzu bereit, seine
Kenntnisse über das Reich der Mitte seinen neuen Partnern aus
der Neuen Welt zu vermitteln. Selbst Vietnam, das in seine
atavistische Abwehrstellung gegen die Hegemonialansprüche
Pekings zurückgeworfen wurde und einen Territorialstreit um
die Spratley- und Paracel-Inseln im Südchinesischen Meer
austrug, stünde dem früheren Kriegsgegner USA diskret zur
Verfügung.
Aus autorisierter amerikanischer Quelle ahnte die Führung der
Volksbefreiungsarmee, was sich gegen sie zusammenbraute.
Das ballistische Abwehrsystem, zu dessen Ausbau George W.
Bush sich entschlossen hatte, war in erster Linie gegen die
Interkontinentalraketen konzipiert, über die China noch in
unzureichender Zahl verfügte. Man konnte sich jedoch darauf
verlassen, daß es der rastlosen Tätigkeit der chinesischen
Wissenschaftler gelingen würde, diese Unterlegenheit in
Rekordfrist zu verringern. Die Vereinigten Staaten von Amerika
sollten in einen permanenten Zustand der Ungewißheit, in das
Gefühl eigener Verwundbarkeit versetzt werden. In dieser
Hinsicht wirkte sich natürlich das Sicherheitsfiasko vom 11.
September, insbesondere die Teilvernichtung des Pentagon, als
psychologische Trumpfkarte aus.
Der Vater des jetzigen amerikanischen Präsidenten besaß als
ehemaliger CIA-Chef und Botschafter in Peking eine solide
Kenntnis der Volksrepublik. Ob er dieses Wissen seinem Sohn
vermitteln konnte, bleibt zweifelhaft. Der Volltreffer in der
chinesischen Botschaft von Belgrad während des Kosovo-Krieges
- angesichts der verblüffenden Präzision, mit der die
Cruise Missiles ihre übrigen Ziele in der serbischen Hauptstadt
anvisiert hatten, konnte es sich mit Sicherheit nicht um eine
Panne des Nachrichtendienstes handeln - hatte nicht zum
diplomatischen Bruch geführt. Die erzwungene Landung eines
amerikanischen Spionageflugzeugs auf der Insel Hainan konnte
ebenfalls heruntergespielt werden. Aber in Washington weiß
man offenbar, daß gewisse Grenzen respektiert werden müssen,
daß der chinesische Drache nicht über Gebühr gereizt werden
darf.
Im Korea-Krieg, der 1950 ausbrach, hatte die
Volksbefreiungsarmee - ärmlichst bewaffnet - die US-Divisionen
von der mandschurischen Grenze auf den 38.
Breitengrad zurückgeworfen. Im Februar 1962 hatten die
Soldaten Mao Zedongs, als sich die Grenzübergriffe indischer
Gebirgstruppen im Himalaya häuften, mit einer vernichtenden
Gegenoffensive reagiert und Nehru zutiefst gedemütigt. Nach
der Besetzung des mit Peking verbündeten Kambodscha durch
das wiedervereinigte, siegestrunkene Vietnam waren die
Chinesen Anfang 1979 zu einer militärischen »Strafaktion« im
nördlichen Tonking eingefallen. Die Erben Ho-Tschi-Minhs
hatten zwar ihren nördlichen Erbfeinden schwere Verluste
beigebracht und deren miserable Waffentechnologie
bloßgestellt, aber mit der teuer erkauften Einnahme der
Schlüsselstellung Langson hatten die Chinesen sich den Weg
nach Hanoi praktisch freigekämpft.
In allen drei Konfrontationen zeichnete sich die Kriegführung
Pekings durch strenge Begrenzung ihrer Zielsetzung aus: An der
alten Demarkationslinie in Korea hatten die Divisionen Mao
Zedongs haltgemacht; beim Himalaya-Konflikt mit Indien
hütete sich Peking, den schmalen Territorialschlauch zur
Außenprovinz Assam abzuschneiden, was ohne weiteres
möglich gewesen wäre; bei der Strafaktion gegen Vietnam
begnügten sich die chinesischen Eindringlinge mit
bescheidenem Geländegewinn, bevor sie sich in künstlich
aufgebauschten Siegesfeiern auf ihre Ausgangsposition
zurückzogen. Ihr Ziel hatten sie ja erreicht: Wenig später
mußten die im Partisanenkampf gegen die »Roten Khmer«
ausgelaugten »Bo Doi« der Demokratischen Volksrepublik
Vietnam ihre kambodschanische Beute wieder preisgeben.
Zweimal hatte die Volksrepublik am Rande des
Nuklearkrieges gestanden. Im Jahr 1951 wollte General
MacArthur als Reaktion auf den Durchbruch der Chinesen am
Yalu die Mandschurei mit Atombomben belegen. Es gehörte der
Mut des Präsidenten Harry S. Truman dazu, dem Volkshelden
MacArthur in den Arm zu fallen, ihn von seinem Kommando
abzuberufen, um ein Inferno zu verhindern. Während der großen
Kulturrevolution, als es 1969 zu blutigen Zwischenfällen
zwischen Sowjetrussen und chinesischen Rotgardisten am
Ussuri kam, hatte der damalige Generalsekretär der KPdSU,
Leonid Breschnew, ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, einen
Nuklearschlag großen Ausmaßes gegen das Reich Mao Zedongs
auszulösen. Damals waren es die Amerikaner, die den Chinesen
Warnungen und Informationen zukommen ließen, um dem
Vernichtungseifer des Kreml - der Kalte Krieg war ja noch in
vollem Gange - Einhalt zu gebieten.
Der »Große Steuermann«, wie Mao hieß, war stets auf das
Schlimmste gefaßt gewesen. Er rechnete so sehr mit einem
atomaren Überfall von Seiten des »Polarbären«, wie man die
Sowjetunion damals nannte, daß er den Bau der U-Bahn von
Peking zu einem System atomsicherer Bunker und Stollen
riesigen Ausmaßes erweiterte. Mao Zedong war angeblich
bereit, im Extremfall den Verlust von zwei- oder dreihundert
Millionen seiner Landsleute in Kauf zu nehmen, und er verließ
sich darauf, daß Moskau vor einem militärischen Versacken in
den gelben Massen zurückschrecken würde. Menschenleben
zählten für ihn gering, hatte er doch beim wahnwitzigen
Experiment des »Großen Sprungs nach vorn« eine Hungersnot
ausgelöst, der schätzungsweise zwanzig Millionen seiner
Untertanen zum Opfer fielen. Die proletarische
Kulturrevolution, die er in den sechziger Jahren entfachte,
forderte insgesamt etwa fünf Millionen Tote.
Der Herrscher am Tien Anmen suchte sein Vorbild in dem
unerbittlichen Drachen-Sohn Qin Shi Huangdi, dem
machtvollen Gründer und Einiger des Reichs der Mitte im
dritten Jahrhundert vor Christus, der den starren
konfuzianischen Sittenkodex auszumerzen gesucht hatte wie
Mao Zedong nach ihm. Mit Hilfe seiner Legalisten hatte Qin Shi
Huangdi, der im Westen vor allem durch die Ausgrabung der
Ton-Armee von Xian berühmt wurde, eine extrem zentralisierte
Despotie errichtet, die in mancher Beziehung als imperialer
Kommunismus bezeichnet werden kann. Wer vermochte schon
Mao Zedong zu ergründen, der seine rätselhaften Gedichte in
der gelehrten Sprache der Tang-Dynastie verfaßte, der von sich
selbst sagte: »Ich bin ein alter Mönch unter einem
zerschlissenen Regenschirm«, und der sich von dem
hochgebildeten Schriftsteller und Goethe-Übersetzer Guo
Moruo als Ikonoklast und Idol zugleich feiern ließ. »Ich bete
den schöpferischen Geist an«, so äußerte sich Guo Moruo über
den Großen Steuermann; »ich bete an die Kraft, das Blut und
das Herz; ich verehre Bomben, Trauer und Zerstörung, ich
verehre die Bilderstürmer, ich bete mich selbst an, denn ein
Bilderstürmer bin ich ja auch.«
Es war das historische Verdienst Henry Kissingers, daß er die
Reise Richard Nixons nach Peking im Jahr 1973 einleitete und
eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und
Rot-China durchsetzte. Ein großes Wagnis hatte Nixon auf sich
genommen. Ich erinnere mich noch sehr präzis an die
Gespräche, die zu Beginn des amerikanischen Vietnam-Feldzugs
1965 bei den Offizieren der US-Marines am 17.
Breitengrad üblich waren. Man sei doch nicht in Danang an
Land gegangen, um gegen das lächerliche Puppenregime von
Hanoi einen vorprogrammierten Sieg zu erringen. Die
tatsächliche strategische Absicht Washingtons richte sich gegen
die Volksrepublik China und auf die Beseitigung der dort
wütenden kommunistischen Tyrannei, so wurde damals
schwadroniert. Diese leichtfertige Form der
Selbstüberschätzung, die seinerzeit gang und gäbe war, sollte
man in Anbetracht der heutigen Situation ins Gedächtnis rufen.
Die Volksbefreiungsarmee von heute hat mit dem Massenheer
Mao Zedongs nicht mehr viel gemeinsam. Es war mir vergönnt,
zu Beginn des Jahres 1979 den entscheidenden psychologischen
Bruch mitzuerleben, der die chinesische Generalität zwang, von
ihren antiquierten Vorstellungen Abschied zu nehmen. Aus
Peking war eine Gruppe ausländischer Journalisten speziell in
die Südprovinz Yünan eingeflogen worden, um der
vietnamesischen Behauptung, die 27. Chinesische Armee habe
sich in Tonking blutige Nasen geholt, entgegenzuwirken. Man
hatte uns sogar in Richtung Grenze bis Pan Qi reisen lassen, um
vietnamesische Kriegsgefangene zu besichtigen. Diese Bo Doi
hatten den Pressebesuch in ihrem Lager, wo sie einer intensiven
maoistischen Gehirnwäsche unterzogen wurden, mit dem
trotzigen nationalen Kampflied empfangen: »Vietnam! Ho-Tschi-
Minh! Vietnam! Ho-Tschi-Minh!«, das mir ach so
vertraut war.
In der Provinzhauptstadt Kunming wurde uns später im
Konferenzsaal unseres Hotels eine kleine Gruppe chinesischer
Soldaten präsentiert, die sich besonders bewährt hatten. Ein
Transparent war über die Rückwand gespannt: »Wir begrüßen
den großen Sieg bei unserer Aktion der Selbstverteidigung.« Die
Gesichter der »Helden« der Volksbefreiungsarmee, so wurden
sie offiziell vorgestellt, waren starr und ausdruckslos unter den
grünen Ballonmützen mit dem roten Stern. Die Soldaten hatten
ihre Lektion gut gelernt. »Die revisionistische Le-Duan-Clique
von Hanoi hat behauptet«, so begann der erste, »daß ein
vietnamesischer Soldat dreißig Chinesen wert sei. Wir haben
den Provokateuren gezeigt, daß sie Papiertiger sind.« Le Duan
war damals der Generalsekretär der KP Vietnams.
Nahkampfszenen wurden beschrieben. Ein Unteroffizier hatte
mit der bloßen Hand ein feuerndes Maschinengewehr aus einer
feindlichen Höhle gerissen. Seine Finger waren dabei verbrannt.
Wie sie sich verhalten hätten, wenn sie in Gefangenschaft
geraten wären, fragten wir. Die Antwort kam prompt. »Ich hätte
mit allen Mitteln versucht auszubrechen«, trug ein Held vor;
»wenn das unmöglich gewesen wäre, hätte ich den Freitod
gesucht, aber vorher mindestens einen revisionistischen Feind
umgebracht.«
Nach einer Serie wirrer Intrigen und der Entmachtung der
»Viererbande«, die dem Tod Mao Zedongs 1976 gefolgt war,
hatte sich Deng Xiaoping, als neuer starker Mann in Peking
durchgesetzt. Von den vier Modernisierungen, die diesem
bedeutenden Staatslenker vorschwebten, war die letzte, die
gründliche Reform der Streitkräfte, am zögerlichsten angepackt
worden. Nun konnte Deng, der als Veteran des »Langen
Marsches« nicht nur als kommunistischer Spitzenkader, sondern
auch als erfolgreicher Heerführer über hohes Prestige verfügte,
die erdrückenden Vorgaben seines großen Vorgängers
abschütteln. Für diesen klugen Neuerer war die militärische
Schlappe bei Langson ein Geschenk des Himmels.
Mao Zedong, dessen Spruch »Die Macht kommt aus dem
Lauf der Gewehre« so oft zitiert wird, hatte ja auch bei der
Aufstellung der Volksbefreiungsarmee in Yenan mit den
verhaßten Vorstellungen des Konfuzianismus gebrochen. War
bei Meister Kong der Soldat ein geringgeschätzter, fast
verachteter Außenseiter innerhalb einer hochgesitteten
Gesellschaft gewesen - meist ein Barbar oder ein Bandit -, so
hatte Mao ihn zum leuchtenden Vorbild erhoben, zur
Verkörperung aller Tugenden der solidarischen Hingabe an das
Volk und seinen revolutionären Elan. Es war seine Absicht
gewesen, eine militärische Elite »proletarischer Samurais« zu
züchten. Das Prestige der Streitkräfte, deren Werdegang mit
dem der Kommunistischen Partei Chinas von Anfang an so gut
wie identisch war, stand in den späten Jahren der
Kulturrevolution in seinem Zenit. Jedesmal, wenn ich beim
Besuch einer Schule die Knaben mit dem roten Halstuch nach
ihrem Lebensziel und Idealberuf fragte, sagten die
aufgewecktesten unter ihnen: »Ich will Soldat der
Volksbefreiungsarmee werden.«
Deng Xiaoping und seine Genossen in der Zentralen
Militärkommission konnten nach der »Strafaktion« von 1979 die
Konsequenz daraus ziehen: Die Zeit des maoistischen
Volksbefreiungskrieges, der Glaube an den unwiderstehlichen
Schwung des revolutionären Massenaufgebots gehörten der
Vergangenheit an. Luftwaffe war bei den Kämpfen gegen
Vietnam so gut wie nicht eingesetzt worden. Die chinesische
Truppe litt nicht nur unter der Unzulänglichkeit ihrer
Panzerwaffe und ihrer Artillerie. Das Versagen der
Fernmeldetechnik und der operationellen Koordinierung hatte
sich stellenweise katastrophal ausgewirkt. Das Offizierskorps
war überaltert und in selbstgefälliger Dogmatik erstarrt.
Konfusion entstand auch durch die totale optische
Gleichschaltung der Ränge. Ein Bataillonskommandeur war nur
durch persönliche Kenntnis seiner Untergebenen von einem
Gemeinen zu unterscheiden.
Am Ende hatte sich der chinesische Drache als ein recht
schwerfälliges Ungeheuer erwiesen. Die Lorbeeren Mao
Zedongs schienen verwelkt zu sein. Von nun an entwickelte sich
die Armee im Reich der Mitte neben einer durch
Vetternwirtschaft und Korruption diskreditierten Partei zum
Rückgrat des Staates. Ihre aktive Beteiligung am
wirtschaftlichen und industriellen Aufschwung verschaffte ihr
zusätzliches Gewicht. Mao Zedong war »zu Marx gegangen«,
wie er selber zu spötteln pflegte. In dem Maße, wie die
kommunistische Ideologie durch einen typisch chinesischen
Pragmatismus und das Verlangen nach Lebensqualität abgelöst
wurde, versuchte die neue oberste Führung des riesigen
Imperiums im sich abzeichnenden Kräftemessen mit Amerika
den alteingefleischten Nationalismus, ja Chauvinismus der Han-Rasse
zur dominierenden Staatsdoktrin zu machen. Das sollte
nicht schwer sein, hatten doch die »Söhne des Himmels« -
selbst zur Zeit ihrer demütigenden Unterjochung durch die
langnasigen »Barbaren« aus dem Westen - das Gefühl ihrer
eigenen kulturellen Überlegenheit nie preisgegeben.
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nereus
16.02.2003, 12:01
@ JLL
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Re: OT: Mal 'ne Frage an die Verschwörungsfreaks - wenn ich auch mal darf |
-->Hallo JLL!
Hast Du bei einigen anderen Postern gelesen wie sich präventiv entschuldigen nicht zu den Verschwörungstheoretikern zu gehören, dennoch der Versuchung nicht widerstehen können ihre Meinung zu artikulieren.
Lustig, gell! Es ist also immer noch ein Makel sich ernsthaft mit einem derart wichtigem Thema zu befassen.
Dabei ist die Verschwörung das"zweitälteste Gewerbe" der Welt.
Na ja, auch beim ältesten Gewerbe tut man sich in dieser Beziehung - sprich Ã-ffentlichkeitsarbeit - etwas schwer.
Schröder spielt wirklich eine riskante Partie, doch ich wünsche ihm vollen Erfolg auf diesem Weg in die Emanzipation. Alles andere ist verabscheuungswürdige Katzbuckelei und kann nur noch mit SED-Zeiten und Befehlsempfang aus Moskau verglichen werden.
Unter diesem Aspekt sollten sich CDU-Politiker zukünftig in Einschätzung alter DDR-Verhältnisse nicht mehr so weit aus dem Fenster hängen.
Andererseits traue ich den anderen Partnern noch nicht so recht über den Weg. Gerade Frankreich sollte man viel eher im Fokus behalten als z.B. Russland.
Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser. Lenin hatte diesbezüglich vollkommen recht.
Ich hoffe dennoch mein Misstrauen besteht zu Unrecht.
Entweder geht Schröder lediglich als Nein-Sager in die Geschichte ein und bleibt damit eine Randnotiz oder er markiert den Beginn einer neuen Ära.
Nur mal so ein Gedanke zum Wochenende
Das waren sehr interessante Gedanken. Die Bedeutung dessen, was wir gerade erleben, können wir vielleicht erst in einigen Jahren ermessen.
Ich hoffe es führt in eine bessere Welt.
Hoffentlich kommt jetzt kein Ultra-Liberaler des Weges und fragt mich was ich unter einer besseren Welt eigentlich verstehe. [img][/img]
Schönes Wochenende zurück.
mfG
nereus
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QuertreiBär
16.02.2003, 14:09
@ Turon
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Interessante Frage von JLL und durchdachte Antwort von Turon, weiterer Gedanke: |
-->zunächst zu JLL: der JVH hat sich bei dir - meine ich - inzwischen mehr als bei mir niedergeschlagen ;-)
Einen Gedanken möchte ich noch in den Raum werfen?
1.
Daß den Bush und Co. den Krieg auf Biegen und Brechen wollen, muß - so meine Meinung - nicht mehr diskutiert werden. Allzu viel Zeit dürfen sie sich dabei aber nicht mehr lassen,--> Hitze ab April, Demoralisierung der Truppe, Gesichtsverlust usw.
2.
Die Stimmung gegen den Krieg (weltweit 6 Mio. Demonstranten) ist momentan so überwältigend und dürfte sich vermutlich noch weiter aufschaukeln, wenn...
...ja wenn nicht eine unvorhergesehene Wende in diesem Spiel herbeigeführt wird.
Denn Punkt 1. und Punkt 2. sind miteinander unvereinbar.
Aus Erfahrung weiß ich, daß wenn zwei in etwa gleich große Kräfte gegeneinander wirken, wird in der Regel etwas"unvorhergesehenes" passieren, welches man als Ventil dieser Patt-Situation bezeichnen könnte.
Was könnte ein solches Ventil sein?
Ein großes Attentat a la WTC (immerhin haben wir Alarmstufe orange)? - Glaub ich persönlich nicht. Das wäre so offensichtlich, daß die gesamte Welt ins Lager der Verschwörungstheortiker überlaufen würde.
Was also könnte es sonst sein? Laut Astrologie soll ab heute bis nächsten Freitag etwas gewaltiges anstehen. Ich verstehe zu wenig davon, habe aber das Gefühl, daß sich bald etwas ereignen wird, was die entgegenstehenden Kräfte aus der Bahn zu wirft. Nachdem das passiert ist, könnte die Welt dann schon wieder ganz anders aussehen, wobei zu befürchten bleibt, daß die neu entstandene Kräfte-Konstellation schnell zum Irak-Krieg
führen wiird.
Zu deutsch: irgendwas sagt mir, daß die Partei der Kriegsgegener, die ja zumindest zahlenmäßig weit überlegen ist, überwältigt von einem Ereignis verstummt oder aber ins andere Lager überläuft.
Ich hab hier ein bißchen rumgesponnen, trotzdem würden mich Eure Meinungen hierzu interessieren.
QTB
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