Baldur der Ketzer
08.03.2003, 12:24 |
Befreiung mit ein paar unwesentlichen Kollateralschäden Thread gesperrt |
-->aus dem Hunsrück
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Das schreiben Zeitzeugen zu diesem Thema:
Arno Lang
Wiltrud König (Daniel)
Zeitzeuge Hans-Otto Michel
Ich war im zweiten Schuljahr, und wir hatten schon einige Zeit keinen Unterricht mehr gehabt. Im ganzen Dorf war Unruhe. An einigen Hauswänden waren die Buchstaben LBR mit weißer Farbe angeschrieben: Luftschutzraum". Es waren mehrere schmale Gräben ausgehoben worden, und in deren Nähe waren Pfähle mit weißen Tuchlappen versehen: Luftschutzgräben.
Soldaten der deutschen Wehrmacht zogen am 15. März durch unser Dorf in Richtung. Bacharach. Feindliche Flugzeuge flogen Angriffe, von der Rheinböllerhütte her war eine furchtbare Explosion zu hören.
Mein Vater, der zu dieser Zeit auf der Rheinböllerhütte arbeitete, kam am späten Nachmittag nach Hause. Er nahm eine Leiter und montierte in der Abenddämmerung am Gasthaus"Gute Quelle" das Straßenschild mit der Aufschrift"Adolf-Hitler-Straße" ab.
Einige Stunden später, es war nach Mitternacht und stockdunkel, nahmen wir unseren Handwagen und zogen über den Wiesenweg, entlang des Bellbaches, der damals noch nicht verrohrt war, in Richtung Bunker, im Flohwäldchen. In der Nähe der kleinen Brücke über den Guldenbach, dem"Gähsebrickelche" hörten wir in der Dunkelheit eine Männerstimme: ein alter Mann ohne jegliches Gepäck kam uns entgegen; er hatte sich offenbar verirrt. Wir nahmen ihn mit ins Wäldchen, zum Bunker.
Wie viele andere -Einwohner verbrachten wir die restlichen Nachtstunden und den Vormittag des 16. März in diesem Bunker, der schon Wochen vorher für diesen Zweck hergerichtet worden war. Mein Vater, der zum Volkssturm kommandiert war, mußte in dieser Nacht im Dorf bleiben und mit anderen Männern die Panzersperren zu machen. Als wir - nachdem das Dorf von den Amerikanern eingenommen war und schon schwarze Rauchwolken aufstiegen - unseren Schutzraum verlassen und nach Hause gehen durften, wußten wir noch nicht, was uns erwartete. Zusammen mit unserer Nachbarin, Helene Conrad, trat ich den Heimweg an. Als wir uns dem Dorf näherten, sah ich unsere Kirche brennen, und als wir 200 Meter vor dem Dorf, etwa dort, wo heute das neue evgl. Pfarrhaus steht, waren, kam uns der Onkel von Frau Conrad entgegen und sagte ihr, daß ihr Elternhaus brennen würde und niemand mehr hinein könne. Sie warf die Aktentasche mit den Dokumenten, die sie in der Hand trug, weg und fing an, laut zu weinen. Am Haus Schorsch angekommen, sah ich, wie die An Wesen Genheimer und Conrad lichterloh brannten.
Im Kuhstall der Conrads lagen die im Rauch erstickten Kühe, dick aufgedunsen, noch mit den Ketten an den Futterkrippen angebunden. Vor dem Haus Schorsch standen mehrere Menschen, unter anderem auch Frau Saueressig und ihre Tochter und heulten so laut, wie ich bis dahin noch keine erwachsenen Menschen habe weinen hören. Ihr Vater und Großvater, Philipp Auler, damals 76 Jahre alt, war zu Hause geblieben und während des morgendlichen Viehfütterns in den Flammen umgekommen.
Ständig fuhren schwere amerikanische Panzer an den brennenden Häusern vorbei. Wenn die Fahrzeuge anhielten, steckten sich die Soldaten Zigaretten an, zogen ein-, zweimal daran und warfen die noch langen Kippen in die am Wegrand stehenden Menschen. Sie freuten sich und lachten, wenn sich die jungen Männer gierig auf die angerauchten Zigaretten stürzten.
Wir mußten unsere Wohnung in der Bäckerei schnell verlassen, damit nachrückende Besatzungssoldaten dort untergebracht werden konnten.
<ul> ~ stammt von hier</ul>
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Baldur der Ketzer
08.03.2003, 12:37
@ Baldur der Ketzer
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Re: Befreiung mit ein paar unwesentlichen Kollateralschäden Teil 2 |
-->>aus dem Hunsrück
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Das schreiben Zeitzeugen zu diesem Thema:
Arno Lang
Wiltrud König (Daniel)
Hans-Otto Michel  Rheinböllen, Freitag, 16. März 1945
Der schwärzeste Tag in der Geschichte der Gemeinde war der 16. März 1945. -jedenfalls soweit sich die Ortschronik zurückverfolgen läßt.
In den letzten Tagen und Wochen hatte man auch in Rheinböllen mit banger Sorge die Entwicklung verfolgt, die sich an der Westfront anbahnte und machte sich nicht allzu große Illusionen über das Kommende. Weil die von der Westfront kommenden deutschen Soldaten für ihren Rückmarsch die am Ortsrand vorbeiführende Bahnhofstraße benutzten, konnten die Rheinböllener das mitverfolgen: es war kein gutes Zeichen. Niemand hätte jedoch daran gedacht, daß die Kampfhandlungen über den Ort hinweggehen würden.
Für die obere Kriegsführung auf beiden Seiten bildete strategisch wichtigen Straßenknotenpunkt. So war dann aufzuhalten.
Die kommenden Ereignisse zeichneten sich schon am Donnerstag, 15. März durch starke Tieffliegertätigkeit ab. Dabei wurde ein auf der Rheinböllerhütte abgestellter Munitionszug angegriffen und so getroffen, daß zwei Wagen in die Luft flogen. Die Explosion war der Anlaß, daß verschiedene Gebäude dort vollständig niederbrannten und die Kapelle über der Kirsch-Puricelli'schen Gruft zur Hälfte zerstört wurde. Am Abend des 15. März war die amerikanische Panzerspitze bis Kastellaun und zur Hunsrückhöhenstraße vorgedrungen, wo sich erbitterte Kämpfe abspielten. In der Nacht vom 15. auf 16. März räumten die in Rheinböllen liegenden deutschen Truppen, unter anderem ein in der evangelischen Schule untergebrachtes Feldlazarett, den Ort und gingen über den Rhein zurück. Eine zurückbleibende kleine SS-Abteilung hatte den Auftrag, Rheinböllen als Stützpunkt zu verteidigen.
In den Morgenstunden des 16. März bewegten sich die amerikanischen Panzer, von Kastellaun über Kisselbach und Liebshausen kommend, auf den Ort zu und erreichten gegen 09.00 Uhr die dem Friedhof vorgelagerte Gemarkung Rheinböllens. Da in der Höhe des Friedhofs ein amerikanischer Panzer abgeschossen worden war, stoppte der Vormarsch. Die Panzer formierten sich gefechtsmäßig zum Angriff auf Rheinböllen von Westen her in der Flur"Bell", zwischen der heutigen Bundesstraße 50 und der Mörschbacher Straße. Artilleriefeuer konzentrierte sich besonders auf die Ortsausgänge zum Rhein, die Erbacher- und Bacharacher Straße. Die ersten Häuser und Gebäude am Nordrand des Ortes gingen in Flammen auf.
Durch den gleichzeitigen Panzerbeschuß von der Bell her wurde hauptsächlich die Wehrstraße in Mitleidenschaft gezogen. 15 Häuser und landwirtschaftliche Gebäude brannten bis auf die Grundmauern nieder; weitere Gebäude wurden schwer beschädigt.
Innerhalb der Ortslage wurden weitere elf Gebäude restlos zerstört, andere sehr stark beschädigt. Die evangelische Kirche wurde ein Raub des Feuers, als ein Phosphorgeschoß das alte Eichengebälk des Turmes. In Sekundenschnelle in helle Flammen versetzte. Sie brannte völlig aus, nachdem der Turm auf das Kirchenschiff gestürzt war. Von der einst so schönen Dorfkirche blieben nur noch die Umfassungsmauern stehen.
Auch die katholische Kirche sollte vermutlich als besonderer Beobachtungspunkt ausgeschaltet werden. Der ca. 40 m hohe Turm wurde beschossen, hielt aber stand, obwohl er mitunter bedenklich schwankte und wurde stark beschädigt. Ein alter Landwirt verbrannte in seinem Anwesen. Die meisten Bewohner des Ortes hatten sich in Vorahnung des Kommenden mit notdürftig zusammengeraffter Habe, teils auf Handwagen, schon in den frühen Morgenstunden in Sicherheit gebracht: Sie saßen in den Bunkern im sogenannten Flohwäldchen und am alten Friedhof, ehemaligen, tief in den Felsen gehauenen Bierkellern. Andere kauerten in eigenen gut gebauten Kellern. Und einige waren in die nahegelegenen Waldungen am Volkenbacher Weiher geflüchtet, wurden aber von Tieffliegern, die die zurückgehenden deutschen Truppen verfolgten, überrascht. Dabei waren ein Toter und verschiedene Schwer- und Leichtverletzte zu beklagen.
Als dann die amerikanischen Truppen in den Ort eingedrungen waren und sich die ersten Bewohner wieder aus ihren Verstecken wagten, bot sich ihnen ein schauriges und schreckliches Bild: der gesamte Ort war in ein dichtes, schwarzes Qualm- und Rauchmeer gehüllt, aus welchem meterhoch die Flammen schlugen. Dazwischen brüllte das Vieh in den Ställen, das in den Rauchschwaden der brennenden Häuser noch nicht erstickt war. Die Rettungsversuche an den brennenden Häusern wurden zum größten Teil im Keime erstickt, da das Kampfgeschehen noch in vollem Gange war und die amerikanischen Truppen sie auch verschiedentlich verhinderten. In den Nachmittagsstunden des 16. März sprengten die Amerikaner die Brücke über den Guldenbach, bei den Industriewerken, wodurch die Hauptleitung der Wasserversorgungsanlage zerstört wurde. Der brennende Ort war ohne das dringend zum Löschen notwendige Wasser: ein Chaos.
Die Stromzufuhr war zerstört. Dreißig Familien waren obdachlos und ohne Hab und Gut. Der Gestank des verbrannten. Viehs lag über dem völlig dunklen Ort, als sich der schreckliche 16. März seinem Ende zu neigte.
Anmerkung Baldur: müssen wir Herrn Bush, Herrn Fleischer, Herrn Wolfowitz nicht ewiglich dankbar sein und uns vor Verzückung in den Straßenstaub werfen?
Ähnliches wird wohl demnächst etwas weiter weg stattfinden, und wieder wird es glorreich verbrämt werden, hier die Guten, dort die Bösen......
beste Grüße vom Baldur
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Sushicat
08.03.2003, 21:58
@ Baldur der Ketzer
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Re: Befreiung mit ein paar unwesentlichen Kollateralschäden Teil 2 |
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Hallo Baldur,
was für furchtbare Geschichten.
Manchmal denke ich, man sollte die Nationalitäten ausklammern. Dann kann man doch am besten sehen, was Menschen einander antun können.
Aber das wird dem nicht gerecht.
Je mehr ich in letzter Zeit lese, desto mehr hasse ich meinen damaligen Geschichtslehrer. Ich würde mich gerne noch einmal in seiner Klasse wiederfinden. Auf die Diskussionen würde ich mehr sehr freuen.
Und zum Thema"unsere amerikanischen Freunde" hätte mir mein Opa sicher einiges erzählen können, ich erinnere mich dunkel an Bemerkungen seinerseits, wenn ich als Jugendliche ganz begeistert von den USA sprach. Aber natürlich habe ich ihn nie zu dem Thema befragt, weil ich diesen"Mythos" niemals in Frage gestellt hätte.
So albern es klingt und so naiv ich es mittlerweile finde: damals war für mich alles, was die USA darstellten, ohne Frage 100%ig positiv.
Als ich noch ein Kind war, habe ich meinen Opa immer und immer wieder mit Fragen über den Krieg gelöchert. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum auch dieser herzensgute, liebevolle Mensch einer von den deutschen Soldaten gewesen war, die so schreckliche Dinge getan haben. Weil ich noch klein war, antwortet er nicht gerne, auch wenn er nichts zu verbergen hatte.
Mein Opa mußte nach Rußland. Gottseidank war er vor dem Krieg Bäcker gewesen, wurde zum Brot backen für die Kompanie eingeteilt und mußte deshalb nicht ins Feld.
Trotzdem hat er viele schreckliche Dinge gesehen. Aber er hat immer gerne die Geschichte erzählt, als er einen Kameraden verprügelt und gemeldet hat, der einfach einen hungernden Russen erschoß, weil dieser versucht hatte, Brot zu stehlen.
Aber ich stelle fest, daß ich nie genau wissen wollte, was er mit seiner Familie am Ende des Krieges erlebt hat. Meine Großeltern mußten ihren Hof in Schlesien verlassen. Mehr weiß ich eigentlich nicht.
Im Geschichtsunterricht habe ich immer nur gelernt,"wir" waren durch und durch böse und hatten keine Gnade verdient.
Und nach dem Krieg kamen dann ja auch gleich die Care-Pakete und das Wirtschaftswunder.
In den letzten Tagen muß ich sehr oft an meinen Opa denken. Ich möchte ihn jetzt noch so viel mehr fragen.
Aber am liebsten würde ich sein Gesicht sehen, wenn er die Schlagzeilen liest, daß einige Amerikaner zum Boykott deutscher und französischer Waren aufgerufen haben. Und daß ein deutsches Unternehmen einen Kunden verloren hat, weil es eben ein deutsches Unternehmen ist.
Warum das?
Ich habe einmal an einem Schulaustausch mit Glendora, Kalifornien, teilgenommen. Als mein amerikanischer Austauschpartner Daniel meinen Opa fragte, warum die Deutschen damals mitgemacht haben, jüdische Geschäfte zu boykottierten, wußte mein Opa keine Antwort.
Aber so sind die Menschen eben, ganz egal welcher Nationalität und welcher Religion sie angehören.
Diese Einteilungen sind"Krücken", um sich gegenseitig je nach Bedarf zu verteufeln. Und man wäre naiv zu glauben, daß sich jemals etwas ändert, daß das jemals aufhört. Zyklen. Räuber-Beute-Populationen. Und jetzt ist es wieder mal so weit.
Wenn man die enormen Schieflagen betrachtet, die hier am Board schon länger angeprangert werden, beschleicht mich das Gefühl, daß es eines ganz großen Knalls bedarf, um den Schlamassel wieder auf 0 zu bringen, damit das Spielchen von vorne beginnen kann. Wie sonst sollte es gehen? Durch Verzicht? Besonnenheit?
Dann erklärt es sich für mich auch, warum ganz bewußt und unbeirrt am Pulverfaß weitergezündelt wird. Silvereagle hatte vor ein paar Monaten einen so brillianten Gedanken: es sind gar nicht unbedingt die USA, denn die USA sind im Prinzip nichts anderes als eine Spielfigur für das große Geld.
Hoffentlich habe ich keinen Quatsch geschrieben. Habe mir wohl eine Erkältung eingefangen und bin etwas unkonzentriert.
Wünsche Dir und allen noch eine gute Nacht und einen schönen Sonntag
Sushicat
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Baldur der Ketzer
08.03.2003, 22:42
@ Sushicat
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Re: Befreiung mit ein paar unwesentlichen Kollateralschäden Teil 2 |
-->Hallo, Sushicat,
ich würde auch noch einmal liebend gerne in die Schule gehen, ich wäre der Alptraum aller Deutsch-, GeCHichts- und Religionslehrer, was sicher irgendwann mit einem Schulverweis, also einem Rausschmiß, geendet hätte (nebenbei, mit unter 14 Jahren greift kein 130er ;-).-----)
Dabei sollten wir uns nichts vormachen, ich bekam in den Arbeiten, in denen ich meinen inneren Ketzer rausließ, durchweg schlechte Noten. Da ich stets Klassenbester war, nur ne 4, keine 6, die wäre zu krass aufgefallen, aber immerhin, es war das Zeichen, Jong, treibs nicht zu bunt.
Ein Schulkamerad war ein fixes Kerlchen und sehr schlagfertig.
In Kunst sollten wir ein Denkmal für Max Lieberman entwerfen und zeichnen, und er malte einen Galgen mit einem Schild dran, ich warte auf Max Lieberman.
Wir konnten alle das Gedöns um irgendwelche Dichter und Literaten nicht mehr ertragen.
In der Klasse war das eine super Lachnummer, alle waren begeistert. Bloß die Kunsttussie nicht, er kriegte eine 6, wegen Themenverfehlung - er sollte ja ein Denkmal FÜR ihn machen, nicht GEGEN ihn.
Er ging zum Direktor, der fand die Zeichnung unter vier Augen klasse, aber sagte, er könne nichts tun, nicht intervenieren, weil Max Lieberman nun mal.............und deswegen sei das offenkundig unantastbar, er habe etwas ganz ganz schlimmes begangen - dabei wußte er nicht mal, daß er.......war.
Indoktrination und Umerziehung auf ganzer Linie.
Immer schön das Gänsehautgefühl hochhalten, immer schön den Verbrechenserben einimpfen, immer schön ein schlechtes Gewissen anfachen - erinnert mich an die Erbsünde.
Egal, bei mir hats versagt. Ich war aber einer der wenigen Ausnahmen.
Ich kenne noch ein paar Kriegsteilnehmer und weiß von denen genug, um die Amis nicht als die lieben Befreier zu sehen. Die waren bloß nicht ganz so schlimm wie die Verbündeten, die vom Osten kamen.
Die Amis haben Zivilisten und Kriegsgefangene an die Russen ausgeliefert, sie haben Halt gemacht, um den Frontverlauf nach Fahrplan zu gewährleisten, sie haben Thüringen wieder aufgegeben, usw. ich habe das nicht vergessen.
Und ich habe auch nie gedacht, daß die die armen deutschen Menschen befreien wollten vom bösen Adolf.
Ich hab ja schon mal geschrieben, daß mein Vater als Kind am Land beim Einmarsch der Amis von Tieffliegern wie ein Karnickel beschossen wurde, und ich kenne einen ehemaligen Kampfflieger, der mir glaubhaft schilderte, welchen Spaß sich die Yanks daraus machen, auf ausgestiegene Piloten am Fallschirm zu ballern.
Meine Uroma hatte eine Gastwirtschaft, dorthin kamen dann die Besatzungssoldaten, und die waren freundlich und gut zu den Kindern. Aber sie gingen am Anfang immer mit in die Küche und paßten auf, daß Uroma nicht vorher die Pfannen vergiftete, wenn sie ihnen was zu essen machte.
Wir sollten klar sehen, daß Krieg immer eine schmutzige Sache ist, die immer zu grausamem Elend bei den Wehrlosen führt - auch wenn auf der Flagge steht, wir bringen Euch bloß Eierkuchen .
Im übrigen sehen für mich heute die Ereignisse von 1912-1919 und 1930-1949 ganz anders aus, als uns in den Schulbüchern verklickert wird. Für mich ist das ein einziges Geschehen, das einem roten Faden nachläuft.
Und dieser Faden ist noch lange nicht zuende ;-(.
Übrigens, die Care-Pakete oder auch die Qäkerspeisung waren segensreich, aber das waren PRIVAT-Aktionen, keine Staatshilfen.
meine Vorfahren kriegten auch private Spenden von ausgewanderten verwandten, die das Überleben ermöglichten.
Dennoch haben die Amis meinen Opa aus seiner Amtsstube geholt (als Invaliden und kriegsuntauglich), ohne Jacke, auf einen Truck verladen und zur Verhungerung nach Bad Kreuznach deportiert.
Wir müssen nach vorn sehen, aber die Raster und Muster stammen aus der Vergangenheit, und sie passen noch heute wie die Faust aufs Auge.
Leider.
beste Grüße vom Baldur
P.S.: ich hab noch ganz andere Texte über die Vertreibung im Osten oder über das, was den Frauen angetan wurde, als die *hüstel* **Befreier*** kamen
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Tassie Devil
09.03.2003, 00:45
@ Sushicat
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Re: Befreiung mit ein paar unwesentlichen Kollateralschäden Teil 2 |
-->>Ich habe einmal an einem Schulaustausch mit Glendora, Kalifornien, teilgenommen. Als mein amerikanischer Austauschpartner Daniel meinen Opa fragte, warum die Deutschen damals mitgemacht haben, jüdische Geschäfte zu boykottierten, wußte mein Opa keine Antwort.
Hallo Sushicat,
hat denn Dein Opa heute eine Antwort?
Weisst Du die Antwort?
>Wünsche Dir und allen noch eine gute Nacht und einen schönen Sonntag
>Sushicat
Danke ebenfalls
TD
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Sushicat
09.03.2003, 10:31
@ Tassie Devil
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eine gute Frage...... |
-->Hallo Tassie,
meinen Opa kann ich leider nicht mehr fragen, weil er nicht mehr lebt.
Ich selber habe mir schon sehr oft die Frage gestellt: was hätte ich damals getan?
Eigentlich bin ich sicher, daß ich auch im KZ gelandet wäre, weil ich nicht den Mund gehalten hätte, weil ich trotzdem in ein jüdisches Geschäft einkaufen gegangen wäre, weil ich vielleicht jüdische Freunde gehabt hätte, denen ich ohne Frage geholfen hätte.
Aber weiß ich das wirklich?
Ich kenne nur das behütete, friedliche Leben seit 1969.
Gedankenspiele sind schön und einfach. Was aber wäre, wenn ich mich aufgrund meiner Einstellung wirklich einer Gefahr aussetze, ich meine, einem Risiko, das man mit Folter oder sogar mit dem Leben bezahlt?
Fällt einem Menschen die Entscheidung dann immer noch so leicht? Ich betone, ich kann es nicht beurteilen, weil ich nur in friedlichen Zeiten leben durfte.
Ich hoffe aber ganz sehr, wenn ich einmal in einer solchen Situation bin, immer noch menschlich und mitfühlend handeln kann.
Beginnt es nicht schon in der Straßenbahn, wenn ein fremdländisch aussehender Mitbürger von Nazis angepöbelt wird?
Man nennt es Zivilcourage. Handeln gemäß dem Gewissen, ohne an Konsequenzen zu denken. Und das können leider nur wenige Menschen, weil sie die Konsequenzen fürchten. Denn oftmals stehen sie alleine da, ohne Unterstützung der anderen Fahrgäste, und befinden sich selbst in Gefahr. Zivilcourage ist ein wirklich spannendes Thema.
Und zu der Frage des Einkaufens:
Ich wundere mich hier in Bochum sehr oft, warum ich fast immer die einzige Deutsche bin, die in türkischen Lebensmittelgeschäften einkauft. Das Sortiment kann es eigentlich nicht sein, denn Gemüse und Obst, Schafskäse und Oliven z. B. sind in diesen Geschäften erheblich preiswerter als im Supermarkt, von den Halsabschneidern auf dem Markt einmal ganz abgesehen. Außerdem ist die Qualität ausgezeichnet. Oder bin ich immer zur falschen Zeit da? Keine Ahnung.
Und mein Mann geht zu einem türkischen Friseur, der nett, gut und günstig ist. Auch da sieht man kaum deutsche Kunden.
Ich weiß, daß diese beiden Vergleiche in Hinblick auf die Situation ab 1933 hinken. Sie fielen mir nur unabhängig dazu am Rande ein.
Naja, bei uns gibt es heute jedenfalls leckere Falafeln im Fladenbrot mit leckerer Joghurt-Knofi-Sauce (mjam)
Wünsche Dir und allen auch etwas ganz leckeres zum Mittag
Sushicat
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