-->ABB-Mandat holt Rumsfeld ein
Als ABB im Januar 2000 von Nordkorea den Auftrag erhielt, zwei Atomkraftwerke zu bauen, sass Donald Rumsfeld im Verwaltungsrat des Konzerns.
Von Daniel Meier
Was wusste Donald Rumsfeld über den Bau von Atomkraftwerken in Nordkorea? Diese Frage beschäftigt zurzeit einige amerikanische Medien - und ABB. Der heutige US-Verteidigungsminister sass von 1990 bis zu seiner Berufung durch George W. Bush im Februar 2001 im Verwaltungsrat des Elektrotechnikkonzerns. Und deshalb gerät ein Auftrag vom Januar 2000 erneut ins Interesse der Ã-ffentlichkeit. Vor gut drei Jahren erhielt ABB den Zuschlag für zwei Atomkraftwerke, die in Kumho an der Ostküste für 200 Millionen Dollar gebaut werden.
Allerdings sorgte der Auftrag schon damals für Aufsehen. Schliesslich ging er direkt auf den 1994 zwischen den USA und Nordkorea geschlossenen Vertrag zurück, in dem sich die Regierung in Pyongyang verpflichtete, zwei Atomanlagen stillzulegen, die zur Herstellung von waffenfähigem Uran benutzt wurden. Als Gegenleistung wurde vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zugestanden, dass zwei Kernkraftwerke mit so genannten Leichtwasserreaktoren gebaut werden dürfen. Der Auftrag an ABB galt deshalb Anfang 2000 auch als Symbol für die weitere Entspannung im Verhältnis zwischen dem kommunistischen Land und dem Westen.
Die Annäherung an Nordkorea ist jedoch von der damaligen republikanischen Opposition stets kritisiert worden. Auch Rumsfeld hat noch im Juli 1998 als Vorsitzender einer Kommission, die sich mit der Bedrohung durch ballistische Raketen befasste, darauf hingewiesen, dass Nordkorea «ein aktives Programm für Massenvernichtungswaffen betreibt, das auch Nuklearwaffen umfasst». Liesse sich nun aber belegen, dass Rumsfeld im Januar 2000 als ABB-Verwaltungsrat den Auftrag für die zwei Atomkraftwerke abgesegnet hat, dann müsste sich der Verteidigungsminister den Vorwurf der Doppelmoral gefallen lassen.
Wacklige Argumentation
Eine solche Argumentation steht aber auf wackligen Beinen. Erstens ist unklar, ob das in solchen Kraftwerken eingesetzte nukleare Material überhaupt für Waffen eingesetzt werden kann. Experten verweisen auf die Möglichkeit, so genannte schmutzige Bomben zu fertigen, also die radioaktive Substanz in konventionelle Sprengkörper einzubauen. Zweitens werden die Brennstäbe erst am Ende der Bauzeit geliefert, und das wird nicht vor 2007 sein.
Trotzdem wirken die heutigen Erklärungsversuche aus dem Ministerium unbeholfen. Auch wenn eine Sprecherin inzwischen erklärte, Rumsfeld könne «sich nicht erinnern, dass es jemals vor dem ABB-Verwaltungsrat behandelt wurde», so ist doch klar, dass er zumindest davon wusste. Gerade auf Grund seiner Arbeit zum Thema Nordkorea konnte es ihm nicht entgangen sein, dass ausgerechnet jene Firma den brisanten Auftrag erhielt, in deren Verwaltungsrat er sass.
ABB hat übrigens den Bereich Atomkraftwerke im Februar 2000, kurz nach dem Auftrag aus Nordkorea, an die britische BNFL verkauft. Rumsfeld, so wird heute bei ABB bestätigt, sei regelmässig zu den vierteljährlichen Sitzungen in Zürich erschienen. Ob er von dem brisanten Projekt gewusst habe, könne man nicht sagen: «Die Sitzungsprotokolle sind vertraulich.»
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