Baldur der Ketzer
22.03.2003, 15:28 |
Das Wort zum Krieg Thread gesperrt |
-->Liebe Lesende,
die hitzige Diskussion läßt sich an einem Wort festmachen: Verlogenheit , meinetwegen auch etwas demokratischer als Inkonsequenz zu bezeichnen.
Wie ich lesen konnte, seien Indianer und Sklaven nun mal Geschichte, aber der Irak sei Gegenwart.
Abgesehen davon, daß dies nicht auf die heutigen Nachkommen und deren quasi Fort-Enterbung angestammter Rechte und Ländereien zutrifft, womit jedes Unrecht zwangsläufig über Generationen fortwirkt, ist es obendrein verlogen, bzw. pardon, es mißt mit zweierlei Maß:
die organisierte Verschleppung und Zwangsarbeit von zusammengefangenen Leuten aus Afrika soll bitteschön gnädigst von der GeChichte bedeckt werden, keinesfalls aber dürfen die von Deutschland ausgegangenen Verbrechen jemals in irgendeiner Form ihre einzigartige Dimension verlieren - letzteres kann man wohl so dem Schutzzweck der BRD-Strafnormen entnehmen.
Unrecht bleibt Unrecht, egal, von wem und wann begangen. Und es läßt sich nicht eliminieren, höchstens von den Betroffenen vergeben.
Ich möchte es als geschmacklos bezeichnen, wenn die letzten Kampagnen von Eizenstad, Fagan und Co. gegen die deutschsprachigen Länder noch nach frischer Druckfarbe riechen, und hier heute von jemandem gefordert wird, man solle aber auf alle Fälle den Blick von der Vergangenheit in die Gegenwart und Zukunft richten, wenn es um die Alliierten geht.
Zweierlei Maß gibt es nur im Über-/Unterordnungsverhältnis.
Es mag gute Gründe geben, warum die Bush-Administration es für angebracht hält, diese Aktion durchzuführen, samt den noch folgenden Anschlußhandlungen.
Aus heutiger Sicht mögen die Chancen sogar die Risiken bei weitem überwiegen.
Es dürfte aber für alle erkennbar sein, daß die vorgeschobenen Gründe für den Angriff nicht mal das Format eines Kresseblattes haben, von wegen Feigenblatt.
Wenn es den Gutmenschen um die Erleichterung menschlichen Leides ginge, so wäre es doch wirklich kein Problem, den Hunger in der Welt binnen einer einzigen Woche abzustellen. Zweifelt irgendjemand hieran?
Wenn es um die Einhaltung von Menschenrechten ginge, dürfte ganz Afrika und der nahe Osten bereits unter dem Sternenbanner zur Freiheit gefunden haben, in jedem Land dort gibt es in mehr oder weniger ausgeprägter Form jeweils Despotie, Willkür, Unrecht, Korruption, Gewaltherrschaft, Ausbeutung und Folter. Man kann dies getrost auch auf Mittel- und Südamerika übertragen.
Ich höre nicht, daß dies irgendjemanden stören würde, mit Ausnahme der kurdischen Proteste gegen türkische Verfolgung, die offensichtlich zur Zeit überhaupt niemanden stören.
Guantanamo hat nichts mit Dachau zu tun, denn man hat am Eingang ja kein schmiedeeisernes Tor, sondern einen Maschendraht.
Der Patriots Act hat auch nichts mit dem Ermächtigungsgesetz zu tun, denn er ist in englischer Sprache geschrieben und beinhaltet noch viel mehr derjenigen Gesetze und Verordnungen, die vor sechzig Jahren auf deutschem Boden immerhin ein paar Jahre brauchten, um nacheinander wirksam zu werden.
Auch der Angriff auf Afghanistan und den irak hat natürlich nichts mit amerikanischen Interessen zu tun, sondern dient ausschließlich der Durchsetzung der Menschenrechte auf Teilhabe am Patriots Act.
Adolf hingegen, und Stalin gleichermaßen, haben ihre Interessen hingegen nicht verfolgt, ihnen ging es darum, die Menschenrechte in den eroberten Ländern abzuschaffen. Wieso dies dann allerdings in der Ukraine zu Selbstverwaltungen führte oder im Falle von Stalin als Geschenk der Freiheit vor den imperialistischen Unterdrückern bezeichnet wurde, wollen wir nicht weiter untersuchen sollen.
Fest steht, es gibt nur eine Nation of Gods own, in God they trust, with gun they must.
Alle anderen haben halt nicht den Durchblick oder werden als Achse des Bösen definiert, was den Verlust jeglicher Rechte zur Folge hat.
Dies ist ein Forum mit deutscher Adresse, und wenn es etwas gibt, was die Deutschen als Vermächtnis mit in die Wiege gelegt bekommen haben, dann ist es die hundert Jahre von 1889 bis 1989, ihre Ursachen, Mechanismen und Folgen, sie zu kennen, und vor allem Wiederholungen wiederzuerkennen - das Gesetzeswerk strotzt vor Warnungen und ermahnenden Zeigefingern, bereits ABC-Schützen werden damit indoktriniert.
Interessanterweise würde eine Verdoppelung dieser hundert Jahre zum Jahr 1789 führen, dem Jahr, das das alte Europa nachhaltig prägte.
Jetzt auf einmal soll die ganze Moral nicht mehr gelten.
Während die Sowjetunion ein ihr genehmes Marionettenregime nicht unterstützen sollen durfte (Afghanistan), soll dies den USA als geradezu selbstverständlich zustehen.
Warum stand es Hitler nicht zu? Stalin nicht? Mussolini nicht? Kim Jong Il nicht? Mao-tse-Dong nicht? Warum stand es Churchill zu? Roosevelt zu?
Warum darf Sharon, was Hussein nicht soll?
Wieso darf die Türkei die Kurden unterdrücken, aber Hussein darf es nicht?
Warum gewährt man Korsika keine Eigenständigkeit, oder dem Baskenland?
Wieso gibt es die englische Besatzung in Belfast?
Weswegen hatten nur wenige etwas gegen die persische SAVAK einzuwenden, die später waltenden Revolutionswächter waren dann aber nicht mehr gelitten?
Wieso besteht das US-Handelsembargo gegen Kuba? Und warum bekommt Nordkorea Atomreaktoren geschenkt?
Die Geschichte der letzten hundert Jahren ist voller Verlogenheit und zweierlei Maß.
Aufgrund welcher Begründung durfte man Rudolf Heß lebenslänglich einsperren, ihn später sogar frühableben, der doch an den wirklich heftigen Aktionen gar keinen Anteil haben konnte, weil bereits gefangengenommen?
Wieso hängte man Keitel auf, der doch *nur* die Wehrmacht führte und keine Sondertruppen?
Warum bediente man sich den BevölkerungsinSChreckenSetzern von Puttkamer und von Braun mit ihren V1 und V2, warum übernahm man Gehlen in eigene Dienste, statt sie ebenfalls in Nürnberg zu richten?
Weswegen bleieb alliierte Greueltaten ungesühnt?
Die ehrliche Antwort hierzu ist, Macht geht vor Ethik, Recht ist geronnene Macht, und Geschichte schreiben die Sieger. Leichen können nicht mehr anklagen und vor allem kein Wissen mehr preisgeben.
Zu keinem Zeitpunkt geschahen irgendwelche weltpolitischen Dinge aus purer Menschenliebe, immer gab es handfeste Interessen, die den Grund lieferten.
Es müssen keine nationalen Interessen, es können auch rein persönliche, auch niedere Motive der jeweiligen Machthaber gewesen sein.
Wenn wir ehrlich sind, haben wir das Zeitalter der Despotie nie hinter uns zurückgelassen, nur der Grad der Offenkundigkeit und der Heftigkeit der Bürgerunterdrückung waren variabel, sowie die Art, dies zu bewirken.
Zuckerbrot ist besser als Peitsche, bloß sitzen die Affen, die beides bekommen, noch immer im Affenhaus und handeln nicht *artgemäß*, wie sie dies gern täten.
Es gilt ja nicht mal mehr der Grundsatz, das anschafft, wer zahlt. Deutlicher kann ein Besatzungsstatus ja nicht verdeutlicht werden.
Wäre man so ehrlich zu sagen, wie Scholl-Latour dies tut, daß die Zeiten des Moralgeschwafels vorbei seien und wieder pure Machtinteressen Platz greifen, wäre man wenigstens ehrlich.
Kampf um Ã-l, Wasser, Lebensraum, Gesundheitsversorgung.
Vor langer Zeit gab es das Zeitalter der Romantik, der schwärmerischen Verklärung, es gab das finstere Mittelalter der Inquisition, vor kurzem hatten viele im westlichen Landesteil die Illusion von Schlaraffia, und jetzt ist eben das Zeitalter des unverblümten Realismus angebrochen.
Was nicht bezahlbar ist, ist nicht machbar.
Was nicht dem Eigennutz dient, wird nicht gemacht.
Was dem Eigennutz schadet, wird verhindert.
Wer eigenen Interessen schadet, muß weichen.
Wer nicht weichen will, wird entfernt.
Dies führt zwangsläufig zur Kantonisierung, wie dies dottore schon darlegte, und zu einem Zustand des permanent-revolvierenden Weltkleinkriegs jeder gegen jeden, mit wechselnden Allianzen und verschiedensten Kriegsschauplätzen, vor allem auch wirtschaftlich-finanzieller Art.
Wir sind in der brutalen Wirklichkeit angekommen, die niemals real gewordene Vorstellung der 68er Gutmenschen haben ihre bloße Virtualität zugeben müssen. Sie sind verpufft. Die Welt der Täuschung und Lüge war die Welt unserer Vorfahren, es ist die unsere, und es wird die unserer Nachfahren sein.
Der Quantensprung zum höheren hat nie stattgefunden.
Es kann der brävste nicht in Frieden leben, wenn der böse Nachbar es nicht will.
Solche Nachbarn kennen wir alle.
Wieso sollte im Großen funktionieren, was schon in der Nachbarschaft nicht geht?
Je schneller wir uns darauf einstellen, daß wir unwiederbringlich die Phase der wenigstens berechenbaren Umstände verlassen haben, umso weniger Frust werden wir bekommen.
Das ist kein versöhnliches Wort zum Krieg, sondern ein realistisches.
Wenn die Verlogenheit vor lauter Übertreibung geplatzt ist und fast jeder die dahinterwirkende Fratze sehen kann, ist schon viel positives erreicht.
Platzen wird noch mehr: die Rende iss nich sichä, die Versicherungen, die Bankguthaben, die Errungenschaften, die Gesundheitsversorgung, die ganze Volksheim-Ideologie der staatlichen Verhätschelung zum Nulltarif, die multikulturelle Zielvorstellung als Friede-Freude-Eierkuchen-Wahn, die demokratische Gottesgleichheit, alles platzt nacheinander wie die Luftballons am Schießbudenstand der Krimes.
Mehr kann man derzeit nicht erwarten, als diese schonungslose Offenlegung.
Schon gar keine Patent-Rezepte, wie man den ganzen Mist denn übergeordnet wieder in eine lebenswerte Ordnung formen soll.
Und das ganze verlogene, unendlich dumme Geschmarr, warum habt ihr das denn zugelassen, warum habt ihr den Anfängen nicht gewehrt...... , liegt auch endlich im Mülleimer.
Das Problem besteht jetzt für jeden nachempfindbar darin, daß wir aus diesem Zug nicht aussteigen können, und die Notbremse funktioniert auch nicht. Abspringen geht auch nicht, weil die Türen verriegelt sind.
Uns geht es ganz so wie unseren Großeltern und Eltern zuvor - wir sind in der Wirklichkeit angekommen.
Die Macht scheißt auf Demonstrationen. Und wenn sie das nicht mehr tut, schießt sie halt. Seit es die Menschheit gibt.
meint der Baldur etwas ernüchtert und desillusioniert und grüßt
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- Elli -
22.03.2003, 15:36
@ Baldur der Ketzer
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Re: Das Wort zum Krieg / das kommt in die Baldur-Sammlung (owT) |
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stocksorcerer
22.03.2003, 15:44
@ Baldur der Ketzer
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Nobelpreis für Literatur und GeCHichte bitte an Baldur!:-) (owT) |
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Tempranillo
22.03.2003, 16:31
@ Baldur der Ketzer
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Re: Wir müssen den Argumenten eine andere Richtung geben |
-->>Die organisierte Verschleppung und Zwangsarbeit von zusammengefangenen Leuten aus Afrika soll bitteschön gnädigst von der GeChichte bedeckt werden, keinesfalls aber dürfen die von Deutschland ausgegangenen Verbrechen jemals in irgendeiner Form ihre einzigartige Dimension verlieren - letzteres kann man wohl so dem Schutzzweck der BRD-Strafnormen entnehmen.
Hallo Baldur
In alter Kampfeslust trifft man sich wieder in der Arena.
Nachdem ich meine Antwort an Cosa geschrieben habe, ist mir etwas eingefallen. Machen wir nicht alle einen kapitalen Fehler, wenn wir glauben, die anti-deutsche Propaganda habe die Vergangenheit im Blick?
Vielleicht ist es genau umgekehrt, und wir müssen den Argumenten nur eine andere Richtung geben, nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft?
Es wäre vorstellbar, daß die ganzen abstoßenden Erscheinungen aus dem Umfeld von Knopp und Co., die deutsche"Vergangenheitsbewältigung", nicht das Echo auf das Dritte Reich sind, sondern - ganz, aber wirklich ganz anders - das Präludium zu dem, was da noch kommen wird, der propagandistische Vorgriff auf die Zerstörung/Auflösung D-Lands.
Alles wie gehabt"avilir, apres demolir".
Tempranillo
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stocksorcerer
22.03.2003, 16:34
@ Tempranillo
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Vorstellbar ist mittlerweile doch wirklich alles |
-->...aber was bringt das unter dem Strich auf der Rechenmaschine, wenn Du richtig liegst?
winkääää
stocksorcerer
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Herbi, dem Bremser
22.03.2003, 20:29
@ - Elli -
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Re: Baldur-Sammlung ** Wo wird sie angelegt? Unter seinem Wort zum Sonntag? (owT) |
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LHH
23.03.2003, 15:24
@ Baldur der Ketzer
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wie verhielten sich die deutschen im 2 WK im osten? |
-->deine Worte machen den Eindruck das die deutschen sich im osten während dem 2 WK ganz gut verhielten. Bisher habe ich gedacht ihr grösster Fehler war, das sie den Osten zu ihrem Feind gemacht haben durch ihr verhalten. Wie war es wirklich?
Was das mit dem Hunger und Frieden usw. angeht, glaube ich nicht das es ganz so einfach wäre, wenn die USA nur wollte, aber sicher wesentlich besser. Eine wahre veränderung würde aber schon in der kindheit beginnen, da die meisten schlimmen Menschen ihre prägung dazu schon in der kinheit bekammen.
Um wirklich was zu erreichen müsste sich die Moral und die Werte verändern und zwar nicht nur in den Worten sondern auch gelebt werden. Die frage ist wollen das die Menschen und wenn ja können sie es auch. Möglichkeiten zum Einfluss gäbe es genug, es ist nur eine Frage des wollens und der eigenen Werte.
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Baldur der Ketzer
23.03.2003, 15:55
@ LHH
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Re: wie verhielten sich die deutschen im 2 WK im osten? |
-->>deine Worte machen den Eindruck das die deutschen sich im osten während dem 2 WK ganz gut verhielten. Bisher habe ich gedacht ihr grösster Fehler war, das sie den Osten zu ihrem Feind gemacht haben durch ihr verhalten. Wie war es wirklich?
Hallo, LHH,
was die Wehrmacht an russischen Kriegsgefangenen verbrochen hat, rächte sich kurz darauf in gleicher Weise. Die ganzen vorgebrachten Rechtfertigungsgründe mögen ja zutreffen, aber sie können es nicht entschuldigen, was sich zutrug.
Die verbrannte Erde, die man hinterließ, und auch die Belagerung von Leningrad, in gleicher Weise. Aber, wie gesagt, es sollte sich kurz darauf bitter rächen, und die Opfer waren wiederum meist unschuldige Zivilisten, und Soldaten, die nichts dafür konnten.
Turon hat jedoch darauf hingewiesen, daß per Saldo die Rangliste verbrecherischen Handelns durch kämpfende Truppen von anderen angeführt wird, hier sind insbesondere auch die jugoslawischen Partisanen zu nennen.
>
>Was das mit dem Hunger und Frieden usw. angeht, glaube ich nicht das es ganz so einfach wäre, wenn die USA nur wollte, aber sicher wesentlich besser. Eine wahre veränderung würde aber schon in der kindheit beginnen, da die meisten schlimmen Menschen ihre prägung dazu schon in der kinheit bekammen.
Weltweit wird nicht mal 1% von den Rüstungsaufwendungen für Hilfe aufgewendet.
Wir haben hier Flächenstilllegung.
Mach ein Programm, Nahrung für Hungernde und zahle mit einem Teil von dem, was die gutmenschigen Amis für ihren Rüstungswahn berappen, und nimm die B-52, um Wasser, Dünger, Saatgut, KOnserven abzuwerfen.
Dann ist der Hunger ist einer Woche vom Tisch.
Daß wir dann die ganzen restlichen Strukturen von lokalem Handel und Anbau kaputtgemacht hätten, stehts auf einem anderen Blatt, aber der Hunger wäre erstmal vom Tisch.
Kurzsichtig?
Ja, genauso kurzsichtig wie der Gedanke, man könnte den Irak zusammenbomben und es wäre Frieden auf der Welt.
Ich wollte nur den vorgebrachten Willen in Frage stellen. Daß man Frieden nur haben wird, wenn es überall den Willen dazu hat, ist ein ganz anderes Thema, und Friedenswillen kann man von außen schon gar nicht erzwingen. Siehe Ex-Jugoslawien.
>Um wirklich was zu erreichen müsste sich die Moral und die Werte verändern und zwar nicht nur in den Worten sondern auch gelebt werden.
absolut zutreffend - dazu gehört Wohlstand, denn den will niemand gefährden; und es gehört Aufrichtigkeit dazu, ein Vorleben dieser Werte - da ist weithin Fehlanzeige.
>> Die frage ist wollen das die Menschen und wenn ja können sie es auch. Möglichkeiten zum Einfluss gäbe es genug, es ist nur eine Frage des wollens und der eigenen Werte.
Ich denke, daß zunächst jeder Mensch gerne Frieden und Wohlstand anstrebt, und erst, wenn man ihm die Chance dazu verwehrt, kommt es zum Plan B.
Ein Neugeborenes ist keine geborene Kampfmaschine, man macht es dazu, wenn die Umstände dies erlauben.
Irgendwann muß man einmal anfangen, die Gewaltspirale anzuhalten, das kann durchaus auch eine Besatzung sein, die für ein paar Jahre zum Innehalten zwingt. Gelingt es in dieser Zeit, den Leuten Verbesserungen zu bringen, wird sich der angestammte Haß hoffentlich legen.
Nur wenn dieser Haß von ideologisch oder religiös motivierten Anstachlern ganz einfach zu fördern ist, weil Ursachen hierfür von jedem sichtbar sind, wird das nix.
beste Grüße vom Baldur
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LHH
23.03.2003, 16:33
@ Baldur der Ketzer
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Re: wie verhielten sich die deutschen im 2 WK im osten? |
-->das partisanen sich schlimm verhalten, erstaunt mich nicht, da waren die deutschen wohl selber schuld. Wie ist den die rangliste an grausamkeiten der offizielen kriegsparteien im umgang mit zivilisten und kriegsgefangenen?
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-- Elli --
23.03.2003, 20:34
@ Herbi, dem Bremser
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Re: Baldur-Sammlung ** Wo wird sie angelegt? Unter seinem Wort zum Sonntag?/ JA (owT) |
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Tassie Devil
23.03.2003, 20:57
@ LHH
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Re: wie verhielten sich die deutschen im 2 WK im osten? |
-->>das partisanen sich schlimm verhalten, erstaunt mich nicht, da waren die deutschen wohl selber schuld. Wie ist den die rangliste an grausamkeiten der offizielen kriegsparteien im umgang mit zivilisten und kriegsgefangenen?
Hallo,
eine Rangliste der Grausamkeiten kann ich nicht liefern, dennoch hier etwas mehr Butter bei die Fische.
Zunaechst, die Meinung, dass die Deutschen (wer auch immer davon beteiligt gewesen sein mag) wohl selber schuld daran gewesen seien, dass sich Partisanen schlimm verhalten haetten, finde ich reichlich naiv.
Mit ihrem Agieren, oftmals unter dem Motto"der Zweck heiligt die Mittel", beabsichtigen Partisanen nicht nur, bestimmte Ziele verfolgend zu erreichen, sie folgen damit auch stets ihren Machtideologien. Letzteres bewirkt, dass sie letztendlich buchstaeblich nichts schonen, sofern es ihnen zweckdienlich erscheint. Konkret heisst das, dass sie auch ggf. weder sich selbst noch die eigene Zivilbevoelkerung noch eigene Ressourcen beliebiger Art dann schonen, wenn sie mit ihrem Handeln dem feindlichen Gegner angemessenen Schaden zufuegen koennen.
Nun die Butter bei die Fische anhand nachfolgendem Beispiel, das mir u.a. verfuegbar ist.
Die Person, mit der ich mich persoenlich im Zeitraum 1967 - 1971 oft u.a. ueber Angelegenheiten und Umstaende, die die deutsche Wehrmacht betrafen, im 4 Augengespraech ausgetauscht habe, war mein Onkel vaeterlicher Seite, i.e. der einzige Bruder meines leiblichen Vaters.
Ich selbst wurde im Jahre 1967 19 Jahre alt und besuchte zu diesem Zeitpunkt noch die gymnasiale Oberstufe.
Zunaechst zu den Zahlen dieses meines Onkels: Jahrgang 1911, geboren in PFORZHEIM (hallo Tempranillo, klingelt da etwas bei Dir? [img][/img] ), er besuchte in seiner Geburtsstadt zunaechst das Gymnasium. Nach dem Schulabschluss mit Abitur wechselte er auf eine Universitaet und studierte Medizin. Nach meinen Erinnerungen schloss er bereits im Jahre 1933 sein Erststudium als Doktor med. erfolgreich ab, er war damals der juengste Kandidat seines Jahrganges in ganz Deutschland. 1935 schloss er erfolgreich sein Zweitstudium zum Doktor dent. ab, leistete danach seinen Dienst bei der Wehrmacht und eroeffnete dann seine Arztpraxis, die er jedoch bereits nach knapp 2 Jahren wieder schliessen musste, weil er Ende 1939 zum Kriegsdienst einberufen wurde.
Mein Onkel diente bei der Wehrmacht im Heer, sein hoeherer Offiziersrang, den er inne hatte, nannte sich Stabsoberarzt oder etwas in dieser Groessenordnung, leider kann ich mich nicht mehr exakt der Details daran erinnern, kurz, er hatte in hoeherer Position dienend zu operieren.
Zunaechst nahm er am Frankreichfeldzug teil, 1942 wurde er nach Russland verlegt.
Mein Onkel kehrte 1951 aus russischer Kriegsgefangenschaft in seine Geburts- und Heimatstadt zurueck, eroeffnete kurz danach in einer nahen Ortschaft seine Zahnarztpraxis, die er bis zu seinem Tode im Jahre 1971 erfolgreich betrieb.
Dieser mein Onkel berichtete mir und liess mich bei unseren Gespraechen wissen, dass es in der gesamten deutschen Wehrmacht eine Art"Berufsehre/Berufsethos" gab, das alle, von den Mannschaften bis in die Spitzen, saeuberlichst zu pflegen hatten, einschliessend Pflichtbewusstsein, Verantwortung, Fleiss/Einsatz (sog. preussische Tugenden) etc. etc.
Eigenmaechtiges Handeln, weil rangmaessig nicht zustehend, wurde ebenso wie z.B. unehrenhaftes Handeln teilweise mit schwersten Strafen geahndet, in Abhaengigkeit von der Schwere der Tat.
Konkretes Beispiel: haette ein Wehrmachtsangehoeriger ein weibliches Zivilopfer aus niederen Beweggruenden (z.B. sexuelle Gelueste, Sadismus, pure Machtdemonstration/-ausleben usw.) willentlich/wissentlich verletzt oder sogar getoetet, er waere unweigerlich vor einem Kriegsgericht der Wehrmacht gelandet und verurteilt worden, so denn seine Tat durch Beweis (Sach-/Zeugenbeweise) nachweisbar/nachvollziehbar war.
Die schwerste Suehne war das standrechtliche Erschiessen, weil Moral/Zucht/Ordnung der gesamten Wehrmachtstruppe auf moeglichst hohem Stand aufrecht zu erhalten war.
Kriegstechnische Massnahmen gehobenem Umfanges, strategische Detailhandlungen eingeschlossen, waren immer zuvor von hoeheren/hohen Raengen abzusegnen.
Konkret heisst das, das bereits das reine Okkupieren eines Dorfes mit wenigen hundert Einwohnern ohne direkte Anwendung/Einwirkung von Waffengewalt - LKW, Kuebel, Krad, ggf. Panzer rollten einfach auf den Dorfplatz und hielten an, Buergermeister wartete dort bereits zum oft kurzen Verhandlungsgespraech, beklagte danach sein Schuhdruecken mit der Bitte um moegliche Abhilfe, und das war es dann auch schon - bereits als Massnahme gehobenem Umfanges zu interpretieren ist.
Es galt auch der Grundsatz bei der Wehrmacht, die Zivilbevoelkerung, die des oefteren von den Soldaten der eigenen Truppen stark geschaendet/missbraucht/verheizt wurden, und ihr Habe moeglichst zu schonen. Gerade beim Russlandfeldzug passierte es schon mal oefters, dass eintreffende Angehoerige der Wehrmacht bei ihrem Vormarsch freudig von der Zivilbevoelkerung eines kleinen russischen Dorfes begruesst wurden, weil die sich zurueckziehenden russischen Truppen aus kriegsstrategischen Gruenden die Technik der"verbrannten Erde" ausgiebig zur Anwendung gebracht hatten.
Last but not least: aufgrund seines abgelegten hypokratischen Eides, der keinesfalls in Widerspruch zu beliebigen Angelegenheiten der Wehrmacht stand, ganz im Gegenteil, sah sich mein Onkel des oefteren dazu veranlasst, auch Angehoerige der Zivilbevoelkerung aerztlich zu behandeln und ggf."unter dem Messer" zu operieren. Dass dabei auch schon mal ein schwer verletzter gegnerischer Soldat in die Gruppe der zivilen Opfer mit reingerutscht ist, das darf ich hier nicht schreiben.
Ich zweifle sehr stark daran, dass die heutzutage in der BRDDR lebenden Generationen, soweit sie nicht bereits etwas fortgeschrittenen Alters sind (ab Alter 50 - 55), mental dazu in der Lage sind, Begriffe wie"Ehre" oder"Ethos", die die Generation meines Onkels auch in wehrtechnischer Hinsicht umzusetzen und zu beachten bereit war, ueberhaupt zu erfassen und gewichtend zu bewerten.
Gruss
TD
P.S. Die russischen Truppen waren nicht zu wenig (einmal vorsichtig ausgedrueckt) bei der eigenen Zivilbevoelkerung vor allem auf dem Lande, verhasst.
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LHH
27.03.2003, 15:36
@ Tassie Devil
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Re: wie verhielten sich die deutschen im 2 WK im osten? |
-->sehr interessant und wie war das mit dem verhalten der SS usw.? Sind diese filme wo russen und andere berichten was die deutschen im 2WK mit ihnen gemacht haben den alles propaganda?
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Tassie Devil
28.03.2003, 13:31
@ LHH
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Re: wie verhielten sich die deutschen im 2 WK im osten? |
-->>sehr interessant und wie war das mit dem verhalten der SS usw.? Sind diese filme wo russen und andere berichten was die deutschen im 2WK mit ihnen gemacht haben den alles propaganda?
Hallo,
ich bitte zu beachten, dass die deutsche Wehrmacht und die Waffen-SS zwei voellig getrennte Paar Stiefel waren, beide Gruppen hatten auf direkte Weise, i.e. auftragsmaessig und operativ, nichts mit einander zu tun, auch wenn Angehoerige der SS des oefteren an den gleichen Plaetzen und in den gleichen Gebieten zu Gange waren wie Truppen und Angehoerige der Wehrmacht.
Leider ist mein Wissen ueber die SS nicht annaehernd so gut ausgepraegt wie das ueber die Wehrmacht, auch hatte ich nie die Gelegenheit, mich mit einem ehemaligen Angehoerigen der SS in personam auszutauschen, um mehr und bessere Informationen zu erhalten, was denn tatsaechlich Sache war.
Tatsache ist jedoch, dass die Waffen-SS eine"special-operation-force", eine Spezialistengruppe war, die auch schon des oefteren hinter den feindlichen Linien (aus Sicht des Wehrmachtoberkommandos) zu agieren hatte.
Ich moechte nicht im Einzelnen auf die Aufgaben der SS eingehen, auch weil mir diesbezuegliche Detailkenntnisse fehlen, jedoch waren die Angehoerigen der SS durchgaengig aus groeberem Spezial-Holz geschnitzt, waren sie doch bei der Durchfuehrung ihrer Auftraege manchmal mutterseelen allein auf sich gestellt. Feindzersetzung, Unterwanderung feindlich gesinnter Partisanengruppen, Feindsabotageaktionen mit strategischem Wertvorteil, solche Angelegenheiten implizierten immer brandgefaehrliche Aspekte u.a. auch fuer das Ueberleben der SS-Leute selbst, und sie waren nicht jedermanns Sache.
So ist davon auszugehen, dass die SS-Leute infolge ihrer Auftraege, ihres Status Quo und unter Beachtung ihrer operativer Bedingungen durchwegs haerter zugreifen/durchgreifen mussten, um die Erfuellung ihrer Auftraege sicher zu stellen und ueberlebend zu bestehen.
Von Einzelfaellen einmal abgesehen, die sicherlich auch unter der Motorhaube der Wehrmacht auftraten, moechte ich generell Blutraeusche und sinnlose Zerstoerungswut seitens der Waffen-SS gerade und vor allem auch zu Lasten der Zivilbevoelkerung ausschliessend verneinen. Schliesslich und endlich konnte auch nicht jeder Angehoerige der SS tun und lassen, was er gerade wollte und was ihm gerade in den SSinn kam.
Menschliche Aspekte sind in Kriegszeiten sehr oft aeusserst duenn gesaeht, so ist das halt mal, niemand wird das je aendern, und es gilt fuer jede der Kriegsparteien.
Aber es gibt auch ein Danach, und deshalb sind die Kriegsparteien daran interessiert, muessen daran interessiert sein, sich das Danach schon waehrend der Kriegszeit nicht voellig zu verbauen, d.h. schon waehrend der Kriegszeit wirken strategische Massnahmen im Hinblick auf die Zeit danach. Nichts kann fuer einen Kriegssieger schlimmer sein als nach dem Ende der Kriegshandlungen permanent die Besiegten in jeder Form gegen sich aufgebracht zu haben, so etwas ist und wird fuer Sieger immer sehr teuer und kann durchaus auch Folgekriege nach sich ziehen.
Genau diese Danach-Aspekte hatten, mussten die Machthaber des deutschen Reiches waehrend des WK II zu visualisieren, denn sie wollten verstaendlicher Weise nach dem Ende der Kriegshandlungen des WK II auf dem Podest der Sieger stehen. Dass und warum dieser Wunsch der deutschen Machthaber nicht in Erfuellung ging, das wiederum ist eine andere GeChichte, jedoch halte ich es fuer pragmatisch und authentisch gesichert, dass die deutschen Machthaber kein Interesse daran haben konnten, ihre (internationale) Reputation durch mengenmaessig massive Untaten seitens ihrer Wehrmacht und/oder ihrer Waffen-SS beschaedigt oder unterhoelt zu wissen.
Auch schreiben die GeChichte immer die Sieger, also das, was tatsaechlich geschehen und was gewesen sein soll. Vor allem"authentisches" Material visueller Art, wie Filme, Videos etc., welches, nach dem Krieg angefertigt durchweg die Sicht der GeChichte aus der Perspektive der Sieger wiedergibt, ist immer etwas mehr oder weniger propagandistisch gefaerbt, auch wenn gelegentlich, aus opportunistischen Gruenden, vereinzelte Ausschnitte visueller Orginale eingepasst wurden, um damit"beweisend" die einseitige Wahrheit der geChichtlichen Ueberlieferung zu dokumentieren.
Kriegssieger muessen immer ein Interesse daran haben, und das gilt vor allem fuer die Zeit nach dem Krieg, dass sie selbst dann mit bestmoeglicher Figur dastehen, i.e. mit den Attributen siegreich, glorreich, heldenhaft, Freiheit bringend etc. etc., wogegen dem Gegner/Feind moeglichst die schlechteste aller Figuren zu eigen machend verpasst wird, diese schliesst immer und stets Unmenschlichkeit, Animalismus, Teufeleien satanischster Art und Weise etc. etc. ein.
Im uebrigen sollte man daran denken, dass auch die anderen Kriegsparteien, die Gegner und Feinde"der Deutschen", ihre Kriegstruppen und Spezialistengruppen, wie die auch immer geheissen haben moegen, unterhalten und ins Feld gebracht haben.
Nur Menschen naivster Bauart glauben den GeChichten der Sieger, dass deren eigene Armeen, Luft- und Seestreitkraefte incl."special-operation-forces", die es ganz selbstverstaendlich auch dort gab, sich ausschliesslich aus heiligenscheinbewehrten Aposteln, Propheten, Juenger und Kreuztraeger rekrutierten.
Nein, es ist fuer mich keine Frage, dass z.B. auch die ach so siegreiche, glorreiche, heroische rote Armee nicht unter in russischen Sandkaesten spielenden Kindern der Traurigkeit ihre Angehoerigen rekrutierte, nur wird darueber nicht viel Federlesens, wenn ueberhaupt, gemacht, weil es nur und ausschliesslich im russischen Eigeninteresse ist und sein kann, als Kriegssieger zwar jede Menge Dreck an den Stecken der Kriegsverlierer ortend auszumachen, nicht und keinesfalls jedoch bei sich selbst.
Ich kann nur anraten, weiterhin darauf zu achten, was die Oeffnung der russischen Archive in Moskau ans Tageslicht bringt.
Gruss
TD
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LHH
28.03.2003, 14:08
@ Tassie Devil
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Re: wie verhielten sich die deutschen im 2 WK im osten? |
-->dann kan man also davon ausgehen, das die Menschen im osten als Menschen zweiter Klasse angesehen wurde, reine nachkriegspropaganda ist?
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Tassie Devil
29.03.2003, 15:22
@ LHH
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Re: wie verhielten sich die deutschen im 2 WK im osten? |
-->>dann kan man also davon ausgehen, das die Menschen im osten als Menschen >zweiter Klasse angesehen wurde, reine nachkriegspropaganda ist?
Nein, keinesfalls.
Das grundlose Desavouieren, Deklassieren, Herabsetzen von Menschen, Gruppen von Menschen und vollstaendigen Gesellschaften fremder Laender ausserhalb der eigenen Machteinflussbereiche ist ein beliebtes Propagandamittel von Machthabern, die einen Krieg in Gang bekommen wollen, oder doch zumindest eine Option darauf zu halten wuenschen. Selbstverstaendlich findet dieses Propagandamittel auch waehrend des Kriegsablaufes opportunistische Anwendung seitens aller Machthaber kriegfuehrender Parteien.
Diese Art von Propaganda zielt bereits in Vorkriegszeiten immer darauf ab, moeglichst alle Mitglieder der machtzueigenen Gruppen, welches Mitglieds-Individuum auch immer zu diesem Zeitpunkt dazu und darunter gezaehlt wird, als zeitlich spaetere Kaempfer zu motivieren, i.e. zuvor deren Gewissen und Moral"positiv" (im Sinne der Gruppenmacht) zu beeinflussen und im Anschluss moeglichst lange, ggf. bis auf Widerruf von Seiten der Gruppenmacht, in diesem Machtsinne bei Laune zu halten.
Das Gewissen und die Moral von aktivierten Kriegern steht zweifellos auf einem hoeheren, jedoch real-imaginaeren Niveau, soweit ihr (Unter-)Bewusstsein der Superioritaet ueber"Untermenschen" oder"menschliche Animalien" anderer Laender rechtzeitig mittels dieses Propagandamittels machtinduziert erfolgreich praepariert werden konnte.
Letztendlich, und nur das ist letztlich das Entscheidende, liegt es an den per Machteinfluss manipulierten Menschen selbst, gleichgueltig auf welcher Seite und auf welcher Position sie sich jeweils befinden, ob sie den machtinduzierten Angriffen auf ihre Moral und auf ihr (Unter-)Bewusstsein jederzeit erfolgreich widerstehen bzw. widerstehen koennen.
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