Dimi
16.04.2003, 10:51 |
Niquet: Es wird keine Inflation geben! (Artikel) Thread gesperrt |
-->Dr. Bernd Niquet
Es wird keine Inflation geben!
Der Irrtum der Ã-konomen dauert bereits hunderte von Jahren und begann mit der Quantitätsgleichung. Doch die daraus abgeleitete Theorie, nach der viel Geld viel Inflation bedeutet, ist ebenso falsch, als wolle man heute einen Schlaganfallspatienten anstatt mit modernster Technologie zu behandeln einfach nur „zur Ader lassen“. Der Unterschied zwischen der Medizin und der Ã-konomie ist also: Die Mediziner haben ihre Kenntnisse im Zeitablauf verbessert, die Ã-konomen hingegen nicht. Und wenn man auf die Amateur-Ã-konomen an der Börse blickt, kann einem sogar ganz schlecht werden.
Von vielen Seiten hört man heute, die „überschießende“ Geldmengenentwicklung in den USA, Japan und Europa würde recht bald zu einer deutlich ansteigenden Inflation führen. Am ausgeprägtesten ist dieses Argument bei der Goldlobby - kein Wunder, schließlich verfügt sie über keine weitere Begründung, aus der sie zukünftige Goldpreissteigerungen ableiten kann.
Das beliebteste Argument hinsichtlich des (erhofften) Inflationseffektes lautet folgendermaßen: (Dieses Beispiel stammt von Frank Veneroso.) Angenommen, wir hätten eine Goldwährung, und plötzlich kommt ein Alchemist, der die Goldmenge verdoppelt. Was würde passieren? Es würde das selbe passieren, was auch in Friedmans Hubschrauber-Beispiel passiert, wenn ein Hubschrauber plötzlich so viel Geld abwirft, dass die Geldmenge sich verdoppelt: Die Preise würden sich ebenfalls verdoppeln.
Doch beide Beispiele treffen nicht die Realität. Denn ersten gibt es keinen Alchemismus - und zweitens wird Geld nicht von einem Hubschrauber abgeworfen. Würde Geld tatsächlich von einem Hubschrauber abgeworfen werden, dann könnte eine höhere Geldmenge in der Tat die Preise steigern, weil die Leute nämlich plötzlich mehr Geld haben ohne gleichzeitig auf etwas anderes (nämlich auf die Verfügung über andere Vermögensgegenstände) zu verzichten.
In einer realen Geldwirtschaft kommt Geld jedoch nicht per Hubschrauber in die Welt, sondern dadurch, dass die Wirtschafter es von der Zentralbank erhalten, indem sie parallel dazu dort Vermögenswerte hinterlegen - Wechsel, Devisen, Bonds oder auch Gold. Die höhere Geldmenge kommt also nur dadurch in Umlauf, indem die Wirtschaftssubjekte parallel dazu auf die Verfügung über andere Vermögensgegenstände verzichten. Bilanztechnisch gesprochen ist eine derartige Geldmengenerhöhung also keine Bilanz- und Eigenkapitalerweiterung wie im unrealistischen Hubschrauber-Beispiel, die natürlich preistreibend wirken wird, sondern vielmehr ausschließlich ein Aktivtausch in der Wirtschaft, der jedoch per se keinerlei Preiseffekte haben kann.
Warum? Weil jeder, der etwas kaufen will, dazu primär entweder Vermögen oder Kredit braucht. Das Geld ist dabei nur eine sekundäre Größe, denn noch niemals in der (jüngeren) Wirtschaftsgeschichte hat auch nur ein Mensch auf einen Kauf verzichten müssen, weil zu wenig Geld da war, um einen Kredit auszuzahlen oder ein Aktivum zu monetisieren.
Als Quintessenz dieser Überlegungen ergibt sich: Die Höhe der Geldmenge in einer Volkswirtschaft ist in Hinsicht auf die Inflationshöhe eine irrelevante Größe. Und wer aus ihr quantitätstheoretisch Preiseffekte ableiten will, geht ebenso in die Irre, wie ein Arzt, der den Gesundheitszustand eines Patienten an der Menge der Haare auf dessen Kopf ablesen wollte. Kaufentscheidungen von Menschen entscheiden sich an realwirtschaften Dingen und nicht an monetären Mengengrößen, die sich ohnehin aus der Sicht eines Haushalts oder eines Unternehmens niemals beobachten lassen.
Die Quantitätsgleichung stimmt freilich trotzdem immer, schließlich ist sie eine Tautologie, die nicht mehr aussagt als dass alles, was physisch verkauft wird, auch mit Geld bezahlt werden muss. Das ist richtig, aber auch unendlich trivial. Ist viel Geld da und wird wenig gekauft, dann reduziert sich die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes. Und steigen die Umsätze an, dann erhöhen sich die Preise nur dann, wenn realwirtschaftlich einiges darauf hindeutet, was derzeit jedoch keineswegs der Fall ist. Ansonsten erhöht sich schlicht und einfach nur die Geschwindigkeit, mit der das Geld in der Wirtschaft umläuft.
Bernd Niquet, im April 2003.
berndniquet@t-online.de
Bernd Niquet ist Börsenkolumnist und Buchautor. Von ihm sind gegenwärtig folgende Bücher erhältlich:
"Der Crash der Theorien", Börsenmedien Verlag, Kulmbach 1997.
"1000 Prozent Gewinn. Euphorie und Crash der Hightech-Aktien im Spiegel des Zeitgeistes", FinanzBuch Verlag, München 2000.
"Die Welt der Börse", Campus Verlag, Frankfurt/M., New York 2000.
"Der Zauberberg des Geldes", FinanzBuch Verlag, München 2001.
"Das Orwell Haus. Aus dem Innenleben der Erbengeneration", Allitera Verlag, München 2002.
"Keine Angst vorm nächsten Crash", aktualisierte Taschenbuchausgabe, Piper Verlag, München 2003.
15.04.2003
<ul> ~ http://nachrichten.boerse.de/anzeige.php3?id=5beb0bda</ul>
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SchlauFuchs
16.04.2003, 11:32
@ Dimi
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Nicht ganz dumm |
-->Ausser acht aber laesst der Autor nur, dass die Inflation des Dollars nur deswegen aufgeschoben wurde, weil Dollar und amerikanische Staatsanleihen als"Werterhaltungsmittel", Staatsanleihen und Devisenreserven in den Tresoren gelandet ist (oder meinetwegen auch auf Konten). Sollte das Vertrauen in Dollar abflauen und die Leute auf"sicherere" Werterhaltungsmittel wechseln wuerde der Dollar fallen. Und zwar deutlich.
ciao!
SF
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kingsolomon
16.04.2003, 12:34
@ Dimi
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Re: Aktivtausch??? |
-->für wie blöd hält der eigentlich seine Kundschaft?!
Immerhin gesteht er ihr in seinem neuesten Machwerk ein gewisse Erinnerungsfähigkeit zu und gesteht, dass ihm seine Internet-Manie
peinlich sei ( nein, sowas kauf ich nicht, ich hab's nur in ner Buchhandlung überflogen )
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igelei
16.04.2003, 12:40
@ Dimi
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der Typ wird auch immer dümmer... mkT |
-->... sicher stimmt die Gleichung. Was Niquet nur, wie die meisten Deppen, nicht beachtet ist folgende Tatsache: Die gemessene Inflationsrate hat nichts damit zu tun, wie die reale Inflation aussieht.
Schauen wir ins Jahr 98 zurück, Greenspan weitete die Geldmenge aus und es folgte eine beispiellose Asset-Inflation, in keinem CPI zu finden. Beispiel jetzt, diem Kohle wandert halt in Immos. Also nährungsweise passt es immer mit der Gleichung. Nur wenn man Assets und Immos nicht in der Gleichung drin hat, funxt es nicht. Nur Schwachmaten hehaupten, dass wäre keine Infla.
MfG
igelei
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Nachfrager
16.04.2003, 13:06
@ igelei
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Aber, aber! |
-->Ich glaube Herrn Niquet.
Das ungenierte Heißlaufenlassen der Notenpresse hat schließlich noch nie zur Inflation geführt. Und das Einführen von Währungen mit sozialistischem Einschlag (EURO) erst Recht nicht.
Aber auch in anderer Hinsicht stimme ich Herrn Niquet vorbehaltlos zu, weckt er doch süsse Erinnerungen an mein erstes Jahr VWL (ich saß neben Hatice, einer ungemein hübschen Türkin):
"Ist viel Geld da und wird wenig gekauft, dann reduziert sich die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes. Ansonsten erhöht sich schlicht und einfach nur die Geschwindigkeit, mit der das Geld in der Wirtschaft umläuft."
Genau! Statt z.B. 5 jetzt 20 km/h.
Bei uns klang das in VWL so: wenn Peter Steve 1 Dollar für eine Cola gibt. Und Steve diesen Dollar für Taschentücher an Mary weiterreicht. Mary wiederum den selben Dollar in einen Hotdog von Rudy investiert. Und Rudy als letztes Glied der Kette den Dollar wieder an Peter zurück gibt - für eine Zeitung. Dann hat dieser eine Dollar aufgrund der hohen Umlaufgeschwindigkeit eine Kaufkraft von 4,-Dollar gehabt.
Einleuchtend, nicht wahr?
Nur diesen Satz der ansonsten brillanten Ausführung von Herrn Niquet verstehe ich nicht:
"Die Quantitätsgleichung stimmt freilich trotzdem immer, schließlich ist sie eine Tautologie..."
Warum ist die Quantitätsgleichung doppelt gemoppelt (tautologisch)? Vielleicht hilft mir ja einer. Ich habe diese Fremdwörter noch nie richtig verstanden.
Gruß
Nachfrager
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Miesespeter
16.04.2003, 14:03
@ Dimi
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@dottore - Bitte um Beurteilung |
-->In der Tat ist es klar (und bekannt), dass eine Inflation nicht zwangslaeufig auf eine Geldmengenausweitung folgt, solange letztere durch tatsaechliche Wertschoepfung 1:1 begleitet wird.
Mir scheint der Einwand Niquets durchaus berechtigt zu sein, wenn auch nicht neu.
Allerdings nur solange die Geldmengenausweitung auf Schuldner zurueckgeht, die auch tatsaechlich zur Leistung faehig (und willens) sind.
Ist das bei der Notenbank beliehene Aktivum hingegen ein Regierungspapier, staatlich Garantie oder ein hoffnungslos ueberbewerteter Titel (Bankforderung an AOL-Time Warner), dann ist der Effekt ebendar justament, als haette die Notenbank zusaetzliches Geld mit dem Hubschrauber abgeworfen.
Ein Realgut, dass dem Geld entgegenstehen koennte, wird im Anschluss an die Geldmengenausweitung hierbei im zweiten Schritt nicht produziert.
Auch wird ein solcher Kredit nie durch Leistung getilgt, sondern auf diverse Art 'umgeschuldet', d.h. aufgebucht. Die entstandene Geldmenge bleibt also ohne Deckung in der Welt.
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R.Deutsch
16.04.2003, 14:33
@ Dimi
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Unfair Dimi - den Niquet so blos zu stellen:-) (owT) |
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dottore
16.04.2003, 16:14
@ Miesespeter
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Re:"Geldmenge" wird per se falsch berechnet |
-->>In der Tat ist es klar (und bekannt), dass eine Inflation nicht zwangslaeufig auf eine Geldmengenausweitung folgt, solange letztere durch tatsaechliche Wertschoepfung 1:1 begleitet wird.
Hi,
gekauft wird immer nur auf Kredit. Mit Geld wird der Kredit abgelöst. Das muss man nur gedanklich"entzerren", dann haut's schon hin.
Über die Preise (ergo Inflation hier) entscheidet nicht das"vorhandene" Geld, dennn das dient nur dazu um bereits bestehende Kredite abzulösen. Entscheidend ist und bleibt die Kreditsmme bzw. deren Entwicklung.
>Mir scheint der Einwand Niquets durchaus berechtigt zu sein, wenn auch nicht neu.
Ja der erste Teil ist olle Kamelle.
>Allerdings nur solange die Geldmengenausweitung auf Schuldner zurueckgeht, die auch tatsaechlich zur Leistung faehig (und willens) sind.
Dann ist es eben keine Geldmengen-, sondern eine Kreditsummenausweitung (Du sprichst selbst von Schuldner). Die Leistungsfähigkeit des Schuldners besteht darin, mit GZ leisten zu können und zwar immer erst nach dem Kaufkontrakt (entweder sofort oder eben nach Jahren).
>Ist das bei der Notenbank beliehene Aktivum hingegen ein Regierungspapier, staatlich Garantie oder ein hoffnungslos ueberbewerteter Titel (Bankforderung an AOL-Time Warner),
AOL-Papiere sind nicht ZB-fähig.
>dann ist der Effekt ebendar justament, als haette die Notenbank zusaetzliches Geld mit dem Hubschrauber abgeworfen.
Ja, aber es muss zurückgezahlt werden. In der Hyperinflation von 1923 lag der Stand der Staatsschulden, die in der ZB gelandet waren (im Gegenzug gab's zuletzt noch einseitig bedruckte Minischeine) am Ende am höchsten (RB-Bilanz 1 106992 603 Billionen M). Hätte der Staat dies zurückgezahlt, hätte es eine entsprechende Steuer erheben müssen (die Scheine dann zurück in die RB) und es wäre wieder das Preisnviveau von früher gekommen.
>Ein Realgut, dass dem Geld entgegenstehen koennte, wird im Anschluss an die Geldmengenausweitung hierbei im zweiten Schritt nicht produziert.
Die"Geldmenge" besteht - außer aus ZB-Geld - zu mehr als 97 % aus Krediten (spätere Fälligkeit), was Obiges unterstreicht. Wenn von"Geldmenge" die Rede ist, handelt es sich um Kreditsummen.
Als Witz kommt noch dazu: Die"Geldmenge" wird falsch berechnet, weil die in der ZB liegenden Titel (gegen die ZB-Geld herauskommt) in M3 nochmals erscheinen, da niemand weiß, welche Titel (z.B. Bankobligationen) in der ZB liegen.
Käse also.
>Auch wird ein solcher Kredit nie durch Leistung getilgt, sondern auf diverse Art 'umgeschuldet', d.h. aufgebucht. Die entstandene Geldmenge bleibt also ohne Deckung in der Welt.
Die"Geldmenge" ist eine Kreditsumme. Ob die Kredite durch am Markt realisiertes BIP später einmal erfüllt werden ("dann"gedeckt" sind), ist offen.
Dieser Passus von Niquet ist Unsinn:
"Die Quantitätsgleichung stimmt freilich trotzdem immer, schließlich ist sie eine Tautologie, die nicht mehr aussagt als dass alles, was physisch verkauft wird, auch mit Geld bezahlt werden muss."
Der Preis wird beim Verkauf (Kaufkontrakt) gemacht, ob er später (und sei das"Später" Sekunden) erfüllt wird - wer weiß?
>"Das ist richtig, aber auch unendlich trivial. Ist viel Geld da und wird wenig gekauft, dann reduziert sich die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes."
Ds ist ganz falsch, da Geld und Kauf nichts miteinander zu tun haben. Es kann heute 1000 Geld geben und 100000 auf Kredit gekauft werden - ohne dass sich ein Geldschein bewegt. Umlaufgeschwindigkeit des Geldes = Null. Umgekehrt kann mit 1000 Geld (in hintereinander liegenden Geschäften z.B.) 100000 gekauft werden (also sofortige Bezahlung). Umlaufgeschwindigkeit = 100.
>"Und steigen die Umsätze an, dann erhöhen sich die Preise nur dann, wenn realwirtschaftlich einiges darauf hindeutet, was derzeit jedoch keineswegs der Fall ist. Ansonsten erhöht sich schlicht und einfach nur die Geschwindigkeit, mit der das Geld in der Wirtschaft umläuft."
Die Umsätze haben mit Geld absolut nichts zu tun und ergo auch nichts mit der Umlaufgeschwindigkeit.
Stell Dir vor, alle Deutschen versuchen, sich Morgen ein Cabrio zu kaufen, Preise steigen wie irre, da zu wenig erhältlich - Summe sagen wir dennoch 500 Mio €. Und alle kaufen die Cabrios auf Pump, den Kredit räumen die Verkäufer ein, Zahlungsziel 3 Monate...
Geldumlaufgeschwindigkeit = Null.
Gruß!
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Miesespeter
16.04.2003, 16:59
@ dottore
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Vielen Dank!(owT) |
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Nachfrager
16.04.2003, 17:05
@ dottore
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Frage zur Kreditablösung und Darstellung im Kontenrahmen |
-->Hi,
der Vorgang der Geldentstehung durch Kredit ist gar nicht so einfach auf Anhieb zu verstehen.
Wäre es nicht möglich, diesen Vorgang in einem klassischen Kontenrahmen darzustellen, um die Vorgänge auf Anhieb transparent zu machen?
Gruß
Nachfrager
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Turon
16.04.2003, 21:37
@ Dimi
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Der Dimi - die Achse des Bösen - Du gehörst jetzt dazu! ;) |
-->Welcome in the Pleasure Dome ;)
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