Die Aktienkurse führender Investmentbanken haben in letzter Zeit empfindliche Kursverluste erlitten. Dabei kursierten vorab Gerüchte über Milliardenverluste der Instituteam Markt für hochverzinsliche Anleihen von Firmen mit bescheidener Bonität. An diesem Markt herrscht derzeit zweifellos ein frostiges Klima, doch die Probleme scheinen zum Teil unverhältnismässig drastisch dargestellt worden zu sein.
Tz. New York, 17. Oktober
Seit die in den achtziger Jahren zunehmend vom Junk-Bond-König Michael Milken dominierte Investmentbank Drexel Burnham Lambert im Jahre 1990 zusammengebrochen ist, haben sich Investmentbankiers darum bemüht, dass Firmenobligationen mit einer minderwertigen Bonität möglichst als hochverzinsliche Firmenanleihen bezeichnet werden. In letzter Zeit sind diese High-Yield-Bonds jedoch wieder häufig als Junk- Bonds, das heisst als reine «Ramsch»-Anleihen, abgekanzelt worden. Die Kurse führender Investmentbanken litten unter Gerüchten über Milliardenverluste im Geschäft mit der Emission wie auch im Handel von solchen Obligationen. Der «Economist» warnte in seiner letzten Ausgabe gar davor, dass sich bei den Junk-Bonds eine noch «erschreckendere Geschichte» als an der Nasdaq- Börse «abgezeichnet haben könnte».
Frostiges Klima
Die Emittenten von High-Yield-Bonds sind zumeist junge Unternehmen, die noch gar keine solide Ertragsgeschichte vorweisen können, erst auf einer schmalen Kapitalbasis operieren und entsprechend eine überdurchschnittliche «Mortalität» aufweisen. Gemäss den Skalen der Ratingagenturen weisen Papiere solcher Gesellschaften bloss eine «spekulative» Kreditwürdigkeit auf (BB und weniger bei Standard & Poor's), so dass sie von Pensionskassen und anderen Institutionen mit fiduziarischen Pflichten gar nicht gehalten werden dürfen. Ein stark diversifiziertes Junk- Bond-Portfolio streut jedoch diese Risiken erheblich und kann sich als sehr lukrative Anlage erweisen. Umgekehrt konnte der «High-Yield»-Markt,der in Konkurrenz zur herkömmlichen Kreditfinanzierung der Banken steht, bedeutendeStarthilfe an zahlreiche dynamische Jungunternehmen leisten.
Am Junk-Bond-Markt herrscht nun aber seit etlichen Monaten tatsächlich ein frostiges Klima. Die Emissionstätigkeit hat sich stark verlangsamt. Gemäss Angaben von Thomson Financial Securities Data hat sich das Emissionsvolumen in den ersten neun Monaten dieses Jahres auf 38,1 Mrd. $ halbiert, gegenüber 76,8 Mrd. $ in der gleichen Periode im Vorjahr. Am Sekundärmarkt mussten empfindlichere Kursverluste registriert werden, die gemäss dem einschlägigen Merrill- Lynch-Index zu einer Verteuerung der Renditen auf 12,84% geführt haben, gegenüber einem 12- Monate-Tief von 10,66%; und der Zinsspread zwischen High-Yield-Papieren und Staatsanleihen hat sich auf über 720 Basispunkte und damitauf ein Niveau erhöht, das bereits an die Turbulenzen im Herbst 1998, nach der russischen Finanzkrise, erinnert.
Im bisherigen Jahresverlauf waren High-Yield- Obligationen das am schlechtesten abschneidende Segment des amerikanischen Bond-Marktes. Per Ende letzter Woche lag die Gesamtrendite (Kursentwicklung plus Zinsen) um gut 1,5% im Minus, gegenüber positiven 8% bei Staatsanleihen und einem Plus von 5,6% bei allen Firmenbonds. Der Markt für Firmenanleihen hat in letzter Zeit aber doch auch allgemein etwas gelitten. Gemäss Angaben von Credit Suisse First Boston hat sich selbst die Zinsspanne zwischen hochkarätigen Schuldnern mit einem AAA-Rating und Staatsanleihen von rund 100 Basispunkten Anfang Jahr auf mittlerweile 180 Basispunkte ausgeweitet. Analytiker von Salomon Smith Barney meinten in einer soeben erschienenen Analyse, dass der Markt für Firmenbonds «null Toleranz gegenüber negativen Nachrichten und Kreditunsicherheit» aufweise. Tatsächlich werden mittlerweile auch die Bonds einer Reihe von Unternehmen, die von den Ratingagenturen anlagewürdig («Investment Grade») taxiert werden, wie Junk-Bonds gehandelt. Dazu gehören insbesondere Papiere von Xerox, J. C. Penney oder Crown Cork & Seal.
Die Turbulenzen am Bond-Markt werden ziemlich genau jenen Faktoren angelastet, die bereits die Aktienmärkte überschatten und den Nasdaq-Composite gegenüber seinem Höchst im letzten März um rund 40% gestutzt haben. Als negative Einflüsse nennen Händler nämlich ebenso die Gewinnwarnungen vieler Unternehmen, den schwachen Euro, die hohen Erdölpreise und die allgemein verstärkte konjunkturelle Unsicherheit. Dabei litt der High-Yield-Markt auch darunter, dass die Ratingagentur Moody's kürzlich bekanntgab, dass sie im dritten Quartal 75 Unternehmen zurückstufte und bloss 29 Firmen eine höhere Bonität zumessen konnte.
Übersteigerte Furcht?
Die hier kurz skizzierten Probleme scheinen in letzter Zeit eher unverhältnismässig grosse Ängste ausgelöst zu haben. Jedenfalls befürchtet an der Wall Street noch kaum jemand eine «harte Landung» der Konjunktur, und die zitierte Vergrösserung der Zinsspreads dürfte noch immer im Bereich der von der Notenbank effektiv angestrebten Trennung der Spreu vom Weizen liegen. Eskann noch kaum von einer generellen Liquiditätskrise wie im Herbst 1998 gesprochen werden. Zumindest die Zinsspreads zwischen erstklassigenFirmenobligationen und Staatsanleihen waren damals noch weit grösser, und die Notenbankwurde vor zwei Jahren in erster Linie dadurch beunruhigt, dass sich unter Staatsanleihen höchst ungewöhnliche Zinsspannen öffneten und die Absicherungsstrategien bedeutender Marktteilnehmer sprengten.
Auch die über Erwarten guten Quartalsabschlüsse, die Merrill Lynch und die Citigroup-Tochter Salomon Smith-Barney am Dienstag vorlegen konnten, schienen auf keinerlei Klumpenrisiken hinzuweisen, sondern eher zu bestätigen,dass diese Investmentbanken in der Diversifikation und Risikokontrolle Fortschritte erzielen konnten. Dabei zählten diese zwei Institute im dritten Quartal gemäss Thomson Financial immerhin zu den sechs führenden Gesellschaften im Underwriting von Junk-Bonds. Morgan Stanley, die Nummer drei, meldete übrigens bereitsletzte Woche vor dem Hintergrund wilder Gerüchte über Grossverluste, dass sie im High- Yield-Segment effektiv bloss verhältnismässig marginale 89,7 Mio. $ ans Bein streichen musste. Das Unwetter am Junk-Bond-Markt ist wohl a priori auch insofern etwas zu relativieren, als auf dieses Segment effektiv bloss knapp 20% aller ausstehenden Firmenbonds in den USA entfallen; die Quote von Telekom-Titeln lag im zweiten Quartal im High-Yield-Sektor bei 18%.
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