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"Schulte-Noelle hat die Allianz entzaubert"
Nach zwölf Jahren an der Spitze der Allianz hat sich Vorstandschef Henning Schulte-Noelle am Dienstag auf der Hauptversammlung in München verabschiedet. Der einst mächtigste Manager Deutschlands erntete nicht nur Lob für seine Arbeit.
Massive Kritik angesichts eines Kursverfalls von mehr als 60 Prozent im vergangenen Jahr erntet Schulte-Noelle insbesondere von den Aktionärsschützern."Das Jahr 2002 war ein Jahr des Schreckens für die Allianz-Aktionäre", sagte der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), Klaus Schneider.
Für die Probleme der Allianz waren nach Ansicht von Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz auch Führungsschwächen und zögerliches Handeln des Vorstandes verantwortlich. Bei der Tochter Dresdner Bank habe Schulte-Noelle trotz eines Milliardenverlusts viel zu spät durchgegriffen. Auch die Wucht des Abschwungs an der Börse habe die Allianz kalt erwischt."Die Allianz muss doch besser vorbereitet sein als ein Kleinanleger." Durch das Debakel mit der Dresdner Bank und den Kursverfall der Aktie sei die insgesamt gute Arbeit Schulte-Noelles als Vorstandschef in den Jahren davor neutralisiert worden. Lange Zeit sei die Versicherung die feinste Adresse Deutschlands gewesen."Inzwischen ist die Allianz entzaubert."
Wie auch SdK-Chef Schneider verweigerte sie dem Vorstand die Entlastung für 2002 und übte scharfe Kritik am geplanten Wechsel Schulte-Noelles zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats."Damit laufen Sie Gefahr, ihr eigenes Lebenswerk in Frage stellen zu müssen." Seinen Nachfolger Diekmann hatte Schulte-Noelle in den vergangenen Monaten bereits auf den neuen Posten vorbereitet. Diekmann (48) hatte sich bei der Allianz vor allem durch den Aufbau des Asien-Geschäfts und die Sanierung der US-Tochter Fireman's Fund profiliert.
Mit dem neuen Konzernchef Michael Diekmann will die Allianz nach einem Milliardenverlust 2002 aber wieder besseren Zeiten entgegensteuern."Das Schlimmste dürfte hinter uns liegen", sagte der langjährige Firmenchef Henning Schulte-Noelle am Dienstag in seiner Abschiedsrede auf der Hauptversammlung in München. Trotz der anhaltenden Konjunkturflaute müsse und werde die Allianz die Rückkehr zu schwarzen Zahlen schaffen.
Auch im ersten Quartal 2003 droht der größten deutschen Versicherung erneut ein Verlust. Operative Verbesserungen des Ergebnisses im Versicherungsgeschäft und bei der Dresdner Bank würden voraussichtlich von Abschreibungen in einer Größenordnung von 800 Millionen Euro überlagert, sagte Schulte-Noelle. Nennenswerte Gewinnrealisierungen seien nicht vorgenommen worden. Im vergangenen Jahr verbuchte die Allianz wegen der Börsenkrise, der Dresdner Bank und des Jahrhunderthochwassers einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro.
Schulte-Noelle hatte seinen Rücktritt im Dezember vergangenen Jahres auf dem Höhepunkt der Turbulenzen um die Allianz angekündigt. In seiner Abschiedsrede vor mehr als 7000 Aktionären begründete er den Schritt erneut mit seiner persönlichen Lebensplanung.
Nach Einschätzung von Branchenkennern wollte er mit dem Rücktritt aber auch massiver öffentlicher Kritik wegen des Debakels mit der Dresdner Bank zuvorkommen, da er die Übernahme zu verantworten hatte. Schulte-Noelle stand seit 1991 an der Spitze des Allianz-Konzerns und hatte während dieser Zeit vor allem die internationale Expansion voran getrieben. Auch durch die große Zahl der Firmenbeteiligungen der Allianz galt er als mächtigster Manager Deutschlands.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,246688,00.html
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