Poseidon
05.05.2003, 22:55 |
Sayonara Tokio Thread gesperrt |
-->Sayonara Tokio: Investmentbanken kehren Japan den Rücken
Immer mehr ausländische Brokerhäuser wenden sich desillusioniert vom größten und teuersten Finanzplatz Asiens ab
von Bernd Weiler
Tokio - Die größte Finanzmetropole Asiens fürchtet einen Exodus: Desillusionierte Brokerhäuser kehren Tokio den Rücken oder verkleinern ihre Handelsabteilungen. Schuld ist die seit nunmehr 13 Jahren herrschende Bären-Stimmung auf dem Markt; auch die japanischen Wertpapier-Töchter der Commerzbank und der WestLB zählen deshalb zu jenen, die sich von einem Tokioter Aktienhandel nichts mehr versprechen. Weil zudem der Kostendruck in der teuersten Stadt der Welt immens ist, schließen sie ihre Abteilungen.
"Das ist kein Markt, für den ich mich stark machen würde", sagt Leila Heckman. Ihre Beratungsgesellschaft, Heckman Global Advisors, stuft Tokio als den unattraktivsten von 23 etablierten Finanzplätzen ein. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Merrill Lynch: Die Investmentbank befragte 314 Fondsmanager, welchen Markt sie überdurchschnittlich gewichten würden und welcher lokale Aktienindex besser abschneiden könnte als der weltweite Durchschnitt. Das fatale Ergebnis: Tokio landete wieder ganz unten.
Vor fünf Jahren kamen ausländische Finanzspezialisten noch in Heerscharen in die japanische Hauptstadt: Marktschranken fielen, die Investmentbanker versprachen sich durch die Schwäche der japanischen Finanzindustrie gute Chancen für Fusionen oder Übernahmen, und im Privatkundengeschäft lockte das riesige Sparvolumen der japanischen Haushalte. Merrill Lynch übernahm damals große Teile der gestrauchelten Yamaichi Securities, Online-Broker schossen wie Pilze aus dem Boden und eine Flut von Gemeinschaftsunternehmen brachte neue Anlageinstrumente auf den Markt. Doch aus dem großen Geschäft ist nichts geworden: Die Société Générale gab ihren japanischen Online-Broker auf, Charles Schwab zog sich zurück, selbst Merrill Lynch musste seine Yamaichi-Expansion den tristen Realitäten anpassen. Einige ausländische Broker stellten das Privatkundengeschäft in Tokio ein, übergaben den japanischen Aktienhandel oder die Aktienanalyse ihren Niederlassungen in Singapur oder Shanghai.
Mehr denn je scheuen japanische Privatanleger das Risiko. Das jüngste 20-Jahres-Tief vom Nikkei-Aktienindex gibt ihnen Recht. Seit Ende 1989 hat der Kursverfall umgerechnet mehr als 1,8 Billionen Euro vernichtet.
Auch die Brokerhäuser orientieren sich um, halten sich an den Handel oder die Emission von festverzinslichen Wertpapieren als solide Umsatz- und Gewinnbringer. Unter den 20 börsennotierten japanischen Brokerhäusern konnte im vergangenen Geschäftsjahr (zum 31. März 2003) bislang nur Nomura Securities einen Konzerngewinn ausweisen: 119,91 Mrd. Yen (908 Mio. Euro). Damit aber lag der Branchenprimus 29 Prozent unter dem Vorjahresergebnis, bei einem Umsatzschwund von 54 Prozent.
Auch die japanischen Finanzhäuser bauen daher Personal ab, und große ausländische Institute wie J.P. Morgan Chase, Credit Suisse First Boston und Morgan Stanley begnügen sich mit einer kleineren Präsenz in Tokio. Innerhalb eines Jahres haben die Broker in Japan fast acht Prozent ihrer Angestellten"eingespart". Die ausgedünnte Branche beschäftigt zwar immer noch 89 300 Menschen. Aber selbst die in Japan so erfolgreiche Citibank erwägt derzeit kräftige Einschnitte: Sollte sich der Konzern aus dem Konsumentenkredit-Geschäft zurückziehen und mehrere Filialen schließen, könnten bis zu 2000 Angestellte ihren Job verlieren."Für uns ist Japan heute kein Platz von herausragender Bedeutung, es sei denn als Experimentier-Labor in Sachen Deflation", sagt Alexander Kinmont, ein Japan-Stratege von Nikko Salomon Smith Barney.
In den Tiefen der Kurse und Preise keimen dennoch immer wieder Hoffnungen: Sie kommen von denen, die jetzt die Talsohle erkennen wollen, zum billigen Einkauf raten und in japanischen Aktienkursen größeres Potenzial sehen als in europäischen oder amerikanischen. Diese vereinzelten Stimmen haben aber noch keine Trendwende eingeleitet, vielmehr hoffen die Börsianer derzeit - wieder einmal - auf ein marktstützendes Hilfsprogramm der Regierung.
Auch die Deutsche Securities wittert Morgenluft und will daher die Zahl ihrer Investmentbanker in Tokio von 60 auf 70 erhöhen. Das Brokerhaus der Deutschen Bank, die insgesamt etwa 1300 Angestellte in Japan hat, hofft auf neue Aufträge im Beratungs- und Konsortialgeschäft. Japan-Chef John Macfarlane sucht allerdings noch nach einem großen Wurf. Es wird gemunkelt, dies könnte die siebte Aktienemission des Telekomm-Riesen NTT sein, an dem der Staat mit gut 45 Prozent beteiligt ist.
Tokios Immobilienmakler indes, die sich auf die zahlungskräftigen Kunden von ausländischen Unternehmen konzentrieren, klagen laut, seit sie die harten Sitten in den angelsächsischen Brokerhäusern kennen gelernt haben. Ein etwa 140 Quadratmeter großes Appartement im Botschaftsviertel Minato-ku oder im feinen Shoto von Shibuya sei für 1,5 Mio. Yen (gut 11 000 Euro) im Monat kaum noch zu vermieten, stöhnt ein Vertreter von Ken Real Estate. Noch vor drei Jahren habe man viele solcher Objekte vermittelt, jetzt sei die Nachfrage eingebrochen. Nach dem Sommer wird eine weitere Kündigungswelle ausländischer Mieter befürchtet. Viele könnten im Heimaturlaub plötzlich erfahren, dass sie gar nicht mehr nach Tokio zurück müssen.
<ul> ~ Sayonara Tokio</li></ul>
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CRASH_GURU
05.05.2003, 23:16
@ Poseidon
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Re: Sayonara Tokio Bottom? Da kann man wohl langsam mal wieder einsteigen?? |
-->>Sayonara Tokio: Investmentbanken kehren Japan den Rücken
>Immer mehr ausländische Brokerhäuser wenden sich desillusioniert vom größten und teuersten Finanzplatz Asiens ab
>von Bernd Weiler
>Tokio - Die größte Finanzmetropole Asiens fürchtet einen Exodus: Desillusionierte Brokerhäuser kehren Tokio den Rücken oder verkleinern ihre Handelsabteilungen. Schuld ist die seit nunmehr 13 Jahren herrschende Bären-Stimmung auf dem Markt; auch die japanischen Wertpapier-Töchter der Commerzbank und der WestLB zählen deshalb zu jenen, die sich von einem Tokioter Aktienhandel nichts mehr versprechen. Weil zudem der Kostendruck in der teuersten Stadt der Welt immens ist, schließen sie ihre Abteilungen.
>"Das ist kein Markt, für den ich mich stark machen würde", sagt Leila Heckman. Ihre Beratungsgesellschaft, Heckman Global Advisors, stuft Tokio als den unattraktivsten von 23 etablierten Finanzplätzen ein. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Merrill Lynch: Die Investmentbank befragte 314 Fondsmanager, welchen Markt sie überdurchschnittlich gewichten würden und welcher lokale Aktienindex besser abschneiden könnte als der weltweite Durchschnitt. Das fatale Ergebnis: Tokio landete wieder ganz unten.
>Vor fünf Jahren kamen ausländische Finanzspezialisten noch in Heerscharen in die japanische Hauptstadt: Marktschranken fielen, die Investmentbanker versprachen sich durch die Schwäche der japanischen Finanzindustrie gute Chancen für Fusionen oder Übernahmen, und im Privatkundengeschäft lockte das riesige Sparvolumen der japanischen Haushalte. Merrill Lynch übernahm damals große Teile der gestrauchelten Yamaichi Securities, Online-Broker schossen wie Pilze aus dem Boden und eine Flut von Gemeinschaftsunternehmen brachte neue Anlageinstrumente auf den Markt. Doch aus dem großen Geschäft ist nichts geworden: Die Société Générale gab ihren japanischen Online-Broker auf, Charles Schwab zog sich zurück, selbst Merrill Lynch musste seine Yamaichi-Expansion den tristen Realitäten anpassen. Einige ausländische Broker stellten das Privatkundengeschäft in Tokio ein, übergaben den japanischen Aktienhandel oder die Aktienanalyse ihren Niederlassungen in Singapur oder Shanghai.
>Mehr denn je scheuen japanische Privatanleger das Risiko. Das jüngste 20-Jahres-Tief vom Nikkei-Aktienindex gibt ihnen Recht. Seit Ende 1989 hat der Kursverfall umgerechnet mehr als 1,8 Billionen Euro vernichtet.
>Auch die Brokerhäuser orientieren sich um, halten sich an den Handel oder die Emission von festverzinslichen Wertpapieren als solide Umsatz- und Gewinnbringer. Unter den 20 börsennotierten japanischen Brokerhäusern konnte im vergangenen Geschäftsjahr (zum 31. März 2003) bislang nur Nomura Securities einen Konzerngewinn ausweisen: 119,91 Mrd. Yen (908 Mio. Euro). Damit aber lag der Branchenprimus 29 Prozent unter dem Vorjahresergebnis, bei einem Umsatzschwund von 54 Prozent.
>Auch die japanischen Finanzhäuser bauen daher Personal ab, und große ausländische Institute wie J.P. Morgan Chase, Credit Suisse First Boston und Morgan Stanley begnügen sich mit einer kleineren Präsenz in Tokio. Innerhalb eines Jahres haben die Broker in Japan fast acht Prozent ihrer Angestellten"eingespart". Die ausgedünnte Branche beschäftigt zwar immer noch 89 300 Menschen. Aber selbst die in Japan so erfolgreiche Citibank erwägt derzeit kräftige Einschnitte: Sollte sich der Konzern aus dem Konsumentenkredit-Geschäft zurückziehen und mehrere Filialen schließen, könnten bis zu 2000 Angestellte ihren Job verlieren."Für uns ist Japan heute kein Platz von herausragender Bedeutung, es sei denn als Experimentier-Labor in Sachen Deflation", sagt Alexander Kinmont, ein Japan-Stratege von Nikko Salomon Smith Barney. > In den Tiefen der Kurse und Preise keimen dennoch immer wieder Hoffnungen: Sie kommen von denen, die jetzt die Talsohle erkennen wollen, zum billigen Einkauf raten und in japanischen Aktienkursen größeres Potenzial sehen als in europäischen oder amerikanischen. Diese vereinzelten Stimmen haben aber noch keine Trendwende eingeleitet, vielmehr hoffen die Börsianer derzeit - wieder einmal - auf ein marktstützendes Hilfsprogramm der Regierung.
>Auch die Deutsche Securities wittert Morgenluft und will daher die Zahl ihrer Investmentbanker in Tokio von 60 auf 70 erhöhen. Das Brokerhaus der Deutschen Bank, die insgesamt etwa 1300 Angestellte in Japan hat, hofft auf neue Aufträge im Beratungs- und Konsortialgeschäft. Japan-Chef John Macfarlane sucht allerdings noch nach einem großen Wurf. Es wird gemunkelt, dies könnte die siebte Aktienemission des Telekomm-Riesen NTT sein, an dem der Staat mit gut 45 Prozent beteiligt ist.
>Tokios Immobilienmakler indes, die sich auf die zahlungskräftigen Kunden von ausländischen Unternehmen konzentrieren, klagen laut, seit sie die harten Sitten in den angelsächsischen Brokerhäusern kennen gelernt haben. Ein etwa 140 Quadratmeter großes Appartement im Botschaftsviertel Minato-ku oder im feinen Shoto von Shibuya sei für 1,5 Mio. Yen (gut 11 000 Euro) im Monat kaum noch zu vermieten, stöhnt ein Vertreter von Ken Real Estate. Noch vor drei Jahren habe man viele solcher Objekte vermittelt, jetzt sei die Nachfrage eingebrochen. Nach dem Sommer wird eine weitere Kündigungswelle ausländischer Mieter befürchtet. Viele könnten im Heimaturlaub plötzlich erfahren, dass sie gar nicht mehr nach Tokio zurück müssen.
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<ul> ~ Sayonara Tokio</li></ul>
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