Miesespeter
06.05.2003, 23:49 |
Erheblicher Klaerungsbedarf: Unternehmensverschuldung Dottore vs Xsurvivor Thread gesperrt |
-->Das intensive Streitgespraech laesst bei mir einige Fragen offen. So schreibt Dottore:
'Die Passivseiten der deutschen Unternehmen in allen Wirtschaftsbereichen und allen Rechtsformen weisen als Summe 2150 Mrd € aus. Der gesamte Umsatz: 3367,5 Mrd. €'
hingegen Xsurvivor:
'... bei über 3400 mrd. Euro Unternehmensverschuldung....(3406)'
Selbst wenn Xsurvivor Passiva mit zinsbelasteten Verbindlichkeiten verwechselt, so besteht immer noch eine gewaltige Differenz (50%) zwischen diesen Zahlen.
Beide berufen sich auf den Bundesbankbericht.
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Desweiteren schreibt dottore:
'Als langfristige Verbindlichkeiten, die grundsätzlich verzinslich sind, haben wir 346,5 Mrd., davon 233,5 gegenüber Banken. Rest gegenüber den Haltern entsprechender Titel, die über den Kapitalmarkt gelaufen sind (u.a. Unternehmensanleihen).'
Bei aller Hochachtung, und meines Mangels an empirischen Daten bewusst: dies erscheint mir doch sehr unwahrscheinlich angesichts der bekannten Tatsache, dass allein die Telekoms zur Finanzierung ihrer UMTS Visionen knapp 50 Mrd DM verzinslich aufgenommen haben.
Sicherlich wird die Bundesbank nicht Aktiva gegen Passiva saldieren, und somit verzinsliche Forderungen von Unternehmen A und verzinsliche Verbindlichkeiten von Unternehmen B gegeneinander saldieren. Wie kommt es also zu einer derart geringen Summe?
Desweiteren:
'Dann haben wir passiv noch die eigentlichen Verbindlichkeiten in Höhe von 1347,5 Mrd, worunter 1000,7 Mrd. kurzfristig sind. Gegenüber Kreditinstituten finden wir nur 205,5 Mrd., und nur diese 205,5 Mrd. kommen als"verzinslich" in Betracht.'
Natuerlich sind auch kurzfristige Verbindlichkeiten bis zu einem Jahr zinsbewert. Bei den angegebenen Zinsaufwendungen von 49,5 Mrd. €! ergaebe sich im Schnitt ein Zinssatz von 3,6 %.
Ein solcher Zinssatz mag vielleicht von Triple A -Adressen (gibts die noch?) bei direkter Plazierung an einem sehr sonnigen Tag mal erzielbar sein, als Durchschnittszinssatz ueber alle Unternehmen gerechnet ist er aber sicher sehr weit vom Schuss.
Zuguterletzt sollte nicht unerwaehnt bleiben, dass auch Kreditorenverbindlichkeiten nicht unverzinslich sind. Im Allgemeinen werden Verzugszinsen nach Ablauf der vereinbarten Zahlungsfrist faellig. Auch dort fallen also noch weitere Zinszahlungen an.
Angesichts dieser Unstimmigkeiten ergibt sich erheblicher Klaerungsbedarf.
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Baldur der Ketzer
07.05.2003, 04:31
@ Miesespeter
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Re: Erheblicher Klaerungsbedarf: verzinsliche Kreditorenverbindlichkeiten |
-->
>Zuguterletzt sollte nicht unerwaehnt bleiben, dass auch Kreditorenverbindlichkeiten nicht unverzinslich sind. Im Allgemeinen werden Verzugszinsen nach Ablauf der vereinbarten Zahlungsfrist faellig. Auch dort fallen also noch weitere Zinszahlungen an.
Hallo, Miesespeter,
die werden, wenn überhaupt, ja nur im Zwangsvollstreckungsverfahren realisiert, ansonsten ist der Lieferant die billigste Bank, weil eben keine Verzinsung erfolgt.
Es ist aber die Frage interessant, woher die Bundesbank überhaupt die Daten bezieht - sind es Meldungen von Banken, oder sind es ausgewertete eingereichte bzw. veröffentlichte Bilanzen?
Auch hieraus dürfte sich ein Unterschied ergeben. Die meisten Kleinbetriebe veröffentlichen ihre Bilanzen nicht, entgegen dem Bilanzrichtliniengesetz, oder was immer da greift.
Dann hat auch die Bundesbank keinen Einblick. Auch statistisch meldepflichtig sind nur bestimmte größere Firmen.
Also, woher stammen die Daten? Welche UNternehmen werden wirklich erfaßt, und was wird nur hochgerechnet?
Alles sehr berechtigt.
Schließlich kennen wir alle das Problem, sich in den veröffentlichten Dingen nicht wiederzufinden, siehe Inflationsrate, Wahlergebnisse etc. - wieso sollten ausgerechnet die Verschuldungszahlen auf einmal stimmen (das kann weider bloß vom Ketzer stammen)?
beste Grüße vom Baldur
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King Henry
07.05.2003, 06:12
@ Miesespeter
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Dazu kommen noch Verzugszinsen |
-->Hallo,
Du hast völlig Recht! Ich warte auch auf Klärung deiner Fragen!
Ob sich jemand bereit erklärt, hier zu antworten?
Wenn Verbindlichkeiten nicht rechtzeitige beglichen werden, es sind doch meist vier Wochen, jedenfalls bei den Rechnungen, die ich bekommen, sind Verzugszinsen (so um die elf Prozent) fällig - oder sind das keine Zinsen?
Und immer häufiger werden Rechnungen mit Verspätung bezahlt (wenn überhaupt)
Müßte man noch dazurechnen.
Ich finde die Summen auch merkwürdig, das muß geklärt werden!
Beste Grüße
Henry
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King Henry
07.05.2003, 06:17
@ Baldur der Ketzer
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Erst antworten - dann lesen, Sorry! |
-->Hallo Baldur,
gut das du antwortest, ich habe sie nicht gelesen sondern gleich mein Posting wegen den Verzugszinsen geschrieben, wollte eben nicht von anderen bei meiner Antwort beeinflusst werden.
Aber du hast Recht: Es ist nicht klar, ob die gesamte deutsche Wirtschaft gemeint ist, oder nur ein Teil.
Beglückwünsche Dich zur Gründung der Ketzer-Bank! [img][/img]
Beste Grüße
Henry
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Dieter
07.05.2003, 10:48
@ Miesespeter
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Kreditoren-Verbindlichkeiten |
-->sind in aller Regel kostenlos. Es ist die Aufgabe des Einkäufers, passende Konditionen auszuhandeln.
Typisch wäre nach meiner Beobachtung 3 Monate Zahlungsziel mit 3% Skonto, oder 6-9 Monate Zahlungsziel ohne Skonto, oder sofortige Zahlung mit höherem Skonto. Ob der Lieferant Zinsen einkalkuliert hat oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Die Preise und Geflogenheiten diktiert der Markt.
Marktbeherschende Firmen dürften deutlich bessere Konditionen aushandeln. Es gibt etliche Firmen, die sich komplett über"kurzfr. Lieferantenverbindlichkeiten" kostenlos finanzieren, mit Laufzeit bis zu einem Jahr.
Beispiel:
Wenn Du bei Praktiker oder Marktkauf als neuer Lieferant auftreten möchtest, wirst Du wahrscheinlich zuerst sämtliche Warenbestände, die in der von Dir beanspruchten Fläche stehen, aufkaufen müssen, Deine eigene Ware für 1 Jahr vorfinanzieren und zusätzlich noch Standmiete (für 5m Regal) zahlen.
So ist die Welt heute.
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schlaffi
07.05.2003, 11:31
@ Miesespeter
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Re: Erheblicher Klaerungsbedarf: Unternehmensverschuldung Dottore vs Xsurvivor |
-->> dass allein die Telekoms zur Finanzierung ihrer UMTS Visionen knapp 50 Mrd DM verzinslich aufgenommen haben.
Jawoll, und die Telekom muss dabei ihre Anleihen mit 6-7 Prozent Zinsen bedienen - aber all das ist für dottore kein Problem.
gruss
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Popeye
07.05.2003, 11:57
@ schlaffi
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Re: Erheblicher Klaerungsbedarf: Unternehmensverschuldung Dottore vs Xsurvivor |
-->Hallo, @schlaffi, das sind doch zum allergeringsten Teil BANKKREDITE. Das meiste sind ANLEIHEN BEIM PUBLIKUM.
Grüße
Popeye
>> dass allein die Telekoms zur Finanzierung ihrer UMTS Visionen knapp 50 Mrd DM verzinslich aufgenommen haben.
>Jawoll, und die Telekom muss dabei ihre Anleihen mit 6-7 Prozent Zinsen bedienen - aber all das ist für dottore kein Problem.
>gruss >
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Miesespeter
07.05.2003, 12:13
@ Popeye
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Unerheblich |
-->>Hallo, @schlaffi, das sind doch zum allergeringsten Teil BANKKREDITE. Das meiste sind ANLEIHEN BEIM PUBLIKUM.
>Grüße
>Popeye
Trotzdem muessen sie verzinst werden, es fallen also Zinsaufwendungen an. In den Zinsaufwendungen sind ausdruecklich auch Aufnahmen am Kapitalmarkt miteingeschlossen. Ich habe doch die entsprechende Stelle zitiert....
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dottore
07.05.2003, 16:47
@ schlaffi
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Re: Nein, kein Problem |
-->Die UMTS-Kreditaufnahme war die mit Abstand größte aller Zeiten.
Und wie wir im übrigen sehen, sind die Zinsaufwendungen der deutschen Unternehmen von 2000 auf 2001 von 49,5 auf 55,5 Mrd € gestiegen. Nicht mal mit den Zinserträgen saldiert!
Damit lagen die Zinsaufwendungen der Unternehmen noch immer weit unter den Zinsaufwendungen des Staates.
Mit dem kleinen Unterschied, dass die Unternehmen ihre Zinsen vorher am Markt verdienen mussten, während der Staat seine Zinszahlungen (lt. VGR in Bundesbank S. 53*: 67,8 Mrd €!) mit Hilfe der Aufnahme neuer Schulden unschwer bedienen kann.
Und wenn man die Umsätze (Erträge abzgl. Bestandsveränderungen) vergleicht - schaurig!
Die Unternehmen haben 2001 3417,5 Mrd € umgesetzt.
Der Staat, der bekanntlich nur <b<Steuern[/b] als Erträge ausweisen kann (plus minimale Summen als Gebühren usw.) hat 2001 dagegen nur ganze 446,2 Mrd € umgesetzt.
Die entsprechenden Prozentzahlen (Zinszahlungen / Ertrag bzw. Umsatz) kannst Du Dir ganz einfach selber ausrechnen:
55,5 zu 3417,5 (Wirtschaft, ohne Zinserträge!) gegen 67,8 zu 446,2 (Staat, der per se so gut wie keine Zinserträge hat).
Gruß!
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