R.Deutsch
08.05.2003, 14:41 |
Mal was Grundsätzliches zum Zins Thread gesperrt |
-->Der Zins ist das entscheidende Steuerungsinstrument im Kapitalismus. Ohne Zins kann Kapitalismus nicht funktionieren.
Kapitalismus heißt, die Wirtschaft wird über die Kapitalrendite gesteuert, die auf freien Märkten erzielbar ist (und nicht über Beamte, Funktionäre etc. wie in der Zentralverwaltungswirtschaft). Wenn man also Kapitalismus und freie Marktwirtschaft will, gehört der Zins dazu, weil es die einzige Möglichkeit ist, gegenwärtigen Aufwand und künftige Erträge berechenbar und mit anderen Zahlungsströmen (Alternativzins) vergleichbar zu machen.
Die Forderung nach Abschaffung der Zinsen bedeutet also immer auch die Forderung nach einem zentral gelenkten Wirtschaftssystem. Die Gesellfritzen haben das wohl auch im Sinn, sagen es aber nicht offen.
Gruß
RD
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silvereagle
08.05.2003, 15:17
@ R.Deutsch
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warum nur... |
-->Hallo R.Deutsch,
warum nur müssen wir immer noch dieser Uralt-Marx'schen Dialektik"Kapitalismus-Kommunismus" anhängen? Ich halte die beiden Begriffe für schlicht überholt, wenn wir uns in der Ablehnung der Marx'schen Gedankenkonstrukte einig sind.
> Der Zins ist das entscheidende Steuerungsinstrument im Kapitalismus. Ohne Zins kann Kapitalismus nicht funktionieren.
>Kapitalismus heißt, die Wirtschaft wird über die Kapitalrendite gesteuert, die auf freien Märkten erzielbar ist (und nicht über Beamte, Funktionäre etc. wie in der Zentralverwaltungswirtschaft). Wenn man also Kapitalismus und freie Marktwirtschaft will, gehört der Zins dazu, weil es die einzige Möglichkeit ist, gegenwärtigen Aufwand und künftige Erträge berechenbar und mit anderen Zahlungsströmen (Alternativzins) vergleichbar zu machen.
Was ist denn der Unterschied zwischen"freier Marktwirtschaft" und"Kapitalismus"? Ich finde, Du könntest letzteren ganz einfach weglassen, und das, was Du sagen willst, bleibt umso mehr gültig: "Entweder gibt es einen freien Markt, oder es gibt zentrale Planwirtschaft".
In einem freien Markt wird die"Kapitalrendite" immer eine wichtige Rolle spielen, aber mitnichten die einzige. Man denke nur an Hayek's"Dritten Sektor", wo die"Rendite" so gut wie gar keine Rolle spielt. Im übrigen erscheint mir auch das sture Festhalten an"objektiven, wissenschaftlich-determinierbaren Größen" auf dem Weg zur"Weltformel" ein weiterer Ausfluss der Marx'schen Täuschung zu sein, wonach es auf der ganzen Welt immer nur um ökonomische (materielle) Dinge gehe... ;-)
>Die Forderung nach Abschaffung der Zinsen bedeutet also immer auch die Forderung nach einem zentral gelenkten Wirtschaftssystem. Die Gesellfritzen haben das wohl auch im Sinn, sagen es aber nicht offen.
Immerhin hat XS heute dem schlichten Verbot von Zinsen eine deutliche Absage erteilt. Das sollte man nicht ganz unter den Tisch fallen lassen. Auch Oldy wählt bislang den Weg über freie Vereinbarung. Zudem ist"Rendite" ja nicht ausschliesslich die Form von"Zins", über die sich Freiwirtschafter so alterieren: Das sogenannte"arbeitslose" Einkommen... ;-)
Es braucht mE nicht verordnete Zinsen, sondern realisierbare Gewinne - also nichts anderes als Aussicht auf Fortschritte für den Einzelnen.
Gruß, silvereagle
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sensortimecom
08.05.2003, 16:09
@ silvereagle
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Re: warum nur... |
-->silvereagle schrieb:
... Zudem ist"Rendite" ja nicht ausschliesslich die Form von"Zins", über die sich Freiwirtschafter so alterieren: Das sogenannte"arbeitslose" Einkommen... ;-)
>Gruß, silvereagle
Hallo.
Ja also dann hätte bei Einführung eines solchen Systems wohl kaum mehr jemand von den"Freiwirtschaftlern" untertags ZEIT um im Net zu surfen und an solchen Foren teilzuhaben;-)
(außer er arbeitet Nachtschicht;-)
mfg Erich B.
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mat
08.05.2003, 17:16
@ R.Deutsch
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Re: Mal was Grundsätzliches zum Zins |
-->Hallo!
>Der Zins ist das entscheidende Steuerungsinstrument im Kapitalismus. Ohne Zins kann Kapitalismus nicht funktionieren.
Der Zins ist ein Teil des Selbstregelungsmechanismus des Marktes. Dabei ist der Zins ansich eine Regelabweichung, die sich von selbst ausregulieren sollte.
Das heisst je schneller und optimaler der Markt auf Ungleichgewichte reagiert, desto kürzer ist die Zeit, bei der sich ein Zins ungleich Null ergibt.
>Kapitalismus heißt, die Wirtschaft wird über die Kapitalrendite gesteuert, die auf freien Märkten erzielbar ist (und nicht über Beamte, Funktionäre etc. wie in der Zentralverwaltungswirtschaft).
Ja, die Kapitalrendite ist unter anderem eine Ursache für ihr eigenes Verschwinden in funktionierenden Märkten. Verschwindet sie nicht, so ist der Markt auf jedenfall in einem Ungleichgewicht. Ich glaube sogar die"Mainstreamökonomen" gehen von einem Verschwinden der Kapitalrendite in funktionierenden Märkten aus. Die erklären sich den ewig positiven Zins glaube ich über die Zeitpräferenz, was ich aber nicht verstehe.
>Wenn man also Kapitalismus und freie Marktwirtschaft will, gehört der Zins dazu, weil es die einzige Möglichkeit ist, gegenwärtigen Aufwand und künftige Erträge berechenbar und mit anderen Zahlungsströmen (Alternativzins) vergleichbar zu machen.
>Die Forderung nach Abschaffung der Zinsen bedeutet also immer auch die Forderung nach einem zentral gelenkten Wirtschaftssystem. Die Gesellfritzen haben das wohl auch im Sinn, sagen es aber nicht offen.
Ich würde mich mal besser über das, was die"Gesellfritzen" so denken informieren. Die haben einen freieren funktionierenden Markt im Sinn, was man vom Monopolkapitalismus nicht behaupten kann. Nur durch Monopole kann man ewig Kapitalrenditen erhalten, weil sie nicht durch Konkurrenz bedroht sind.
mat
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R.Deutsch
08.05.2003, 20:04
@ silvereagle
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@Silvereagle - warum nur... |
-->Lieber Silvereagle,
Du schreibst:
warum nur müssen wir immer noch dieser Uralt-Marx'schen Dialektik"Kapitalismus-Kommunismus" anhängen? Ich halte die beiden Begriffe für schlicht überholt, wenn wir uns in der Ablehnung der Marx'schen Gedankenkonstrukte einig sind.
Nenn es wie Du willst, aber Du musst die unterschiedlichen Verfahren Wirtschaft zu steuern, unterscheiden und irgendwie benennen. Weiter schreibst Du:
Was ist denn der Unterschied zwischen"freier Marktwirtschaft" und"Kapitalismus"? Ich finde, Du könntest letzteren ganz einfach weglassen, und das, was Du sagen willst, bleibt umso mehr gültig:"Entweder gibt es einen freien Markt, oder es gibt zentrale Planwirtschaft".
Freie Marktwirtschaft bezieht sich auf die Preisbildung und Kapitalismus auf das Rechenverfahren für Investitionen. Du investierst einen Betrag in Fabrik, Maschinen, Arbeitskräfte etc., berechnest und vergleichst die damit verbundenen Zahlungsströme und das Ergebnis wird eben in der Kapitalrendite zusammengefasst. Ohne diese Zielgröße kannst Du ein Unternehmen nicht sinnvoll steuern. Soziale Gerechtigkeit z.B. ist keine rechenbare Zielgröße. Wenn Du einem Piloten sagst, er solle „sozial gerecht“ fliegen, weiß der nicht, wo er hinfliegen soll.
Wenn Du von realisierbaren Gewinnen sprichst, so ist das nur der Zähler. Du brauchst auch den Nenner (die Bezugsgröße) und dann bist Du bei der Kapitalrendite (3 pro 100 oder so). Also Fabrik A 4%, Fabrik B 8%, in welche investierst Du? Ob die Erwartungen dann eintreffen, ist eine ganz andere Frage, aber Du wirst vorher eine Rendite ausrechnen und dann Deine Entscheidung treffen. Dieses Verfahren nennt man Kapitalismus.
Gruß
R
Gruß
R
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silvereagle
08.05.2003, 21:33
@ R.Deutsch
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Re: warum nur... / darum ;-) |
-->Hallo R.Deutsch,
> Nenn es wie Du willst, aber Du musst die unterschiedlichen Verfahren Wirtschaft zu steuern, unterscheiden und irgendwie benennen.
"Gesteuert" wird ja ohnehin immer, wenn es um"Wirtschaft" geht. Was dabei aus meiner Sicht einzig und allein interessiert, ist: Wer steuert? Sind es möglichst viele (jeder für sich, mit freier Partnerwahl usw.), oder sind es Wenige. Ersteres bezeichne ich mit"Freier Marktwirtschaft", letzteres mit"zentralistische Planwirtschaft". Können wir uns darauf einigen? ;-)
> Freie Marktwirtschaft bezieht sich auf die Preisbildung und Kapitalismus auf das Rechenverfahren für Investitionen.
Ich wusste ja schon lang, dass im Grunde jeder unter"Kapitalismus" etwas anderes versteht... ;-) Aber als ein"Rechenverfahren für Investitionen", das ist auch für mich etwas ganz Neues... ;-) Nicht, dass es nicht durchaus einen gewissen Sinn ergäbe, aber ich glaube, da musst Du schon viele Leute auf der Straße ansprechen, bis Du eine auch nur eine annähernd ähnliche Definition hören wirst... Vielleicht sollten wir uns einen anderen Begriff ausdenken, der möglichst neutral besetzt ist, und nicht unbedingt einen, bei dem es 95 % der Bevölkerung die Nackenhaare aufstellt... ;-)
> Du investierst einen Betrag in Fabrik, Maschinen, Arbeitskräfte etc., berechnest und vergleichst die damit verbundenen Zahlungsströme und das Ergebnis wird eben in der Kapitalrendite zusammengefasst. Ohne diese Zielgröße kannst Du ein Unternehmen nicht sinnvoll steuern.
Da kann ich nur zustimmen.
> Soziale Gerechtigkeit z.B. ist keine rechenbare Zielgröße. Wenn Du einem Piloten sagst, er solle „sozial gerecht“ fliegen, weiß der nicht, wo er hinfliegen soll.
Naja, vielleicht weiss er es doch (vor allem, wenn man ihm ein paar Tips gibt ;-)), nur hat es mit wirtschaftlicher Tätigkeit nichts zu tun.
> Wenn Du von realisierbaren Gewinnen sprichst, so ist das nur der Zähler. Du brauchst auch den Nenner (die Bezugsgröße) und dann bist Du bei der Kapitalrendite (3 pro 100 oder so). Also Fabrik A 4%, Fabrik B 8%, in welche investierst Du? Ob die Erwartungen dann eintreffen, ist eine ganz andere Frage,
Richtig. Also ist es eine"bloße" Frage der Entscheidung, wo investiert wird. Die Frage"Wer steuert?" ist zur Beschreibung des Systems mE ungleich wichtiger, als alles andere. Für"Kapitalismus" sehe ich echt keinen Bedarf. ;-)
> aber Du wirst vorher eine Rendite ausrechnen und dann Deine Entscheidung treffen. Dieses Verfahren nennt man Kapitalismus.
Du hast ja oben selbst geschrieben:"Nenn es wie Du willst." Was würdest Du sagen, wenn ich es nun, sagen wir mal, "Mehrwerterzeugungsverfahren" nennen würde? ;-) Ich denke mal, das würde Dir nicht gerade sehr gut gefallen. ;-) Ganz ähnlich wird auch das Wort"Kapitalismus" kaum jemand in dieser weiten Welt gefallen. Warum das so ist? Frag doch die Reinkarnation von... naja, Du weisst schon wen ich meine [großes Meeressäugetier auf bewaldeter Anhöhe, 13 Buchstaben, senkrecht]. [img][/img]
Ganz im Ernst: Was hältst Du von "optimierter Erfolgsrechnung"?
Das Wort mit K sollte (wie sein Schöpfer) dort landen, wo es mE auch hingehört: Auf den Friedhof der Geschichte.
Gruß, silvereagle
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Frank
08.05.2003, 21:55
@ R.Deutsch
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Re: Mal was Grundsätzliches zum Zins/Stimmt genau |
-->>Der Zins ist das entscheidende Steuerungsinstrument im Kapitalismus. Ohne Zins kann Kapitalismus nicht funktionieren.
>Kapitalismus heißt, die Wirtschaft wird über die Kapitalrendite gesteuert, die auf freien Märkten erzielbar ist (und nicht über Beamte, Funktionäre etc. wie in der Zentralverwaltungswirtschaft). Wenn man also Kapitalismus und freie Marktwirtschaft will, gehört der Zins dazu, weil es die einzige Möglichkeit ist, gegenwärtigen Aufwand und künftige Erträge berechenbar und mit anderen Zahlungsströmen (Alternativzins) vergleichbar zu machen.
>Die Forderung nach Abschaffung der Zinsen bedeutet also immer auch die Forderung nach einem zentral gelenkten Wirtschaftssystem. Die Gesellfritzen haben das wohl auch im Sinn, sagen es aber nicht offen.
>Gruß
>RD
----------------------- Schönen Dank für die"Gesellfritzen", die etwas vom"Brakeatenmärchen faseln" (jetzt mal Zitat von dottore) - nur mal zum Nachdenken über die Netiketten
Dass es ohne Zins keinen Kapitalismus gibt, ist klarer als Kloßbrühe, denn Kapitalismus bedeutet eben das Primat des Kapitals - und dieses entsteht nur durch das gegenüber (im Wert vergänglichen) Waren und Dienstleistungen falsch konstruierte kapitalistische Geld, das seinen Wert in erster Näherung nicht verliert, daher Waren und Dienstleistungen überlegen ist (obwohl es eigentlich nur Hilfsfunktionen ausführen soll) und somit den Zins erpressen kann.
Doch dies ist alles bereits bestens bekannt und für denkende Menschen logisch nachvollziehbar...
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