orwell
09.05.2003, 14:13 |
eine ungewöhnliche gerichtsverhandlung Thread gesperrt |
--> Gerichtsverhandlung. Aufgeschrieben nach einer
tatsächlichen Begebenheit aus dem Jahre 2000.
Nur der Name wurde verändert.
Vorsitzender:
Bitte die Plätze einzunehmen. Die Verhandlung ist eröffnet. Es ist Herr Müller
angeklagt wegen Leugnung des nationalsozialistischen Völkermordes (§ 185
StGB), wegen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 189 StGB
und § 194 StGB).
Angeklagter, stehen Sie auf!
Sie sind Otto Herrmann Müller..
Müller:
Nein!
Vorsitzender:
Was denn, sind Sie nicht Otto Herrmann Müller?
Müller:
Nein, ich bin Otto Friedrich Müller.
Vorsitzender: (spricht leise mit dem Gerichtsschreiber).
Also da ist wohl etwas falsch aufgeschrieben worden. Also Otto Friedrich
Müller, geboren am 17. Juli 1922..
Müller:
Nein!
Vorsitzender:
Was denn nun schon wieder? Sind Sie nicht am 17. Juli 1922 geboren?
Müller:
Ich bin am 17. Juni 1922 geboren.
Vorsitztender:
Also gut. Sie haben die Staatsangehörigkeit der BRD.
Müller:
Nein!
Vorsitzender: (nervös)
Sind Sie etwa Chinese?
Müller:
Ich habe die Staatsangehörigkeit des Deutschen Reiches.
Vorsitzender:
Unfug, heute haben wir hier die BRD.
Müller:
Als ich geboren wurde, gab es die BRD nicht. Ich erhielt die
Staatsangehörigkeit des Deutschen Reiches durch Geburt. Sie ist mir nie
aberkannt worden. Vielleicht haben Sie den Falschen geladen.
Vorsitzender:
Lassen Sie die dummen Scherze!
Müller:
Ich soll doch die Wahrheit sagen.
Vorsitzender:
Also zur Sache: Ihnen wird vorgeworfen, den Völkermord an den Juden durch
die Nationalsozialisten geleugnet zu haben.
Müller: ———
Vorsitzender:
Was haben Sie dazu zu sagen?
Müller:
Ich konnte gar nichts leugnen, denn es hat mir ja niemand einen Völkermord
vorgeworfen.
Vorsitzender:
Sie wissen, daß die Nazis etwa sechs Millionen Juden ermordet haben.
Müller:
Nein!
Vorsitzender:
Was - nein? Haben die das etwa nicht getan?
Müller:
Sie haben mich gefragt, ob ich es weiß. Und ich muß die Wahrheit sagen, also:
Ich weiß es nicht.
Vorsitzender:
Sie bestreiten also den Judenmord?
Müller:
Nein!
Vorsitzender:
Eben wollten Sie von diesem schrecklichen Völkermord nichts gewußt haben,
und nun sagen Sie, daß Sie nichts bestreiten. Was soll das?
Müller:
Ich kann nichts bestreiten, was ich nicht weiß.
Vorsitzender:
Diese entsetzlichen, menschenverachtenden Massenmorde sind offenkundig,
und das heißt, sie sind allgemein bekannt.
Müller:
Ich weiß nicht, was anderen bekannt ist. Ich weiß nur das, was mir bekannt ist.
Und ich weiß auch genau, was mir nicht bekannt ist.
Vorsitzender:
Dann möchte ich Sie daran erinnern, daß diese furchtbaren Dinge tausendfach
dokumentiert sind und daß jedermann diese grauenhaften Einzelheiten in hun-
derten von Büchern nachlesen kann.
Müller:
Ich kann mich an solche Sachen nicht erinnern.
Vorsitzender:
Dann mache ich Sie auf die Worte unseres früheren Herrn Bundespräsidenten
Doktor Richard von Weizsäcker aufmerksam, der sagte: „Wer sich der Un-
menschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Anstek-
kungsgefahren“.
Müller:
Was ich erinnere und was ich nicht erinnere, das tue ich mit meinem eigenen
Kopf. Dafür brauche ich den Weizsäcker nicht.
Vorsitzender:
Sie meinen sicher den früheren Herrn Bundespräsidenten Freiherrn Richard
von Weizsäcker!
Müller:
Genau den.
Vorsitzender:
Kommen wir zurück auf die Frage, ob Sie die Judenmorde bestreiten oder
nicht.
Haben Sie denn noch nie von diesen menschenverachtenden Vorgängen
gehört?
Müller:
Doch. Das hört man ja jeden Tag im Fernsehen und das liest man in jedem
Käseblatt.
Vorsitzender:
Drücken Sie sich gefälligst etwas gewählter aus!
Müller:
Entschuldigung!
Vorsitzender:
Sie haben also von diesen unvorstellbaren Untaten gehört und gelesen. Und da
wollen Sie immer noch nichts davon wissen?
Müller:
Es wird viel erzählt. Das muß man doch nicht alles glauben.
Vorsitzender:
Wollen Sie damit sagen, daß Sie das alles nicht glauben?
Müller:
Da tu ich mich halt schwer.
Vorsitzender:
Also nun raus mit der Sprache: Zweifeln Sie etwa an den Berichten, den
Zeugenaussagen und den Dokumenten über den Judenmord?
Müller:
Mein Vater hat mir gesagt: Junge, zweifle an allem, was man Dir zu glauben
befiehlt.
Vorsitzender:
Hier gibt es nichts zu zweifeln, das ist alles längst bewiesen.
Müller:
Soll das heißen, daß es verboten ist, zu zweifeln? Angeklagt bin ich, weil ich
geleugnet haben soll und weil ich das Andenken verstorbener Juden
verunglimpft haben soll. Und nun soll ich sogar bestraft werden, weil ich mit
meinen Zweifeln nicht fertig werde?
Vorsitzender:
Genau darauf läuft es hinaus: Wer diese Judenmorde bezweifelt, der verun-
glimpft das Ansehen..
Müller:
Herr Vorsitzender, das verstehe ich nicht.
Vorsitzender: (ungeduldig):
Angeklagter, Sie treiben es zu weit!
Müller:
Ich wollte ja nur fragen, ob es verboten ist, an irgend etwas zu zweifeln. Bitte
darf ich diese Frage stellen?
Vorsitzender:
Natürlich dürfen Sie diese Frage stellen, es kommt nur darauf an, woran Sie
zweifeln.
Müller:
Ach so.
Vorsitzender:
Wir müssen die Sache zu Ende bringen: Haben Sie nun die Judenmorde geleug-
net oder nicht. Bitte die Zeugen hereinzuholen.
Müller:
Ich habe doch schon gesagt, daß ich gar nichts leugnen kann.
Vorsitzender:
Aber Sie haben öffentlich Zweifel geäußert. Warum haben Sie das getan?
Müller:
Weil ich das Ganze eben nicht glaube.
Vorsitzender:
Da haben wir es: Sie bestreiten also hier vor Gericht die Judenmorde!
Müller:
Nein, aber ich glaube sie einfach nicht. Ist das denn auch verboten?
Der Gerichts-Berichter:
Ja, es ist verboten, jedenfalls in Deutschland, und jedenfalls noch!
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Baldur der Ketzer
09.05.2003, 15:34
@ orwell
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Re: eine ungewöhnliche gerichtsverhandlung - Nachfrage |
-->Hallo, orwell,
weißt Du, mit welchem Urteil das Verfahren endete, und, wurde es so rechtskräftig?
Ferner, der Angeklagte verweist offenbar auf seine KRR-Staatsbürgerschaft - lt. KRR-Seiten würden alle Verfahren diesbezüglich eingestellt, um ja keinen Präzidenzfall zu schaffen - war das hier thematisiert?
Ich habe in einer uralten Verwaltungssache Einspruch gegen einen Bescheid eingelegt, u.a. mit der Begründung, daß ja durch Wegfall des Art. 23GG Grundgeschwätz etc. nix mehr gilt. Noch immer ist der Einspruchsbescheid nicht ergangen, denn man wartet auf ein Grundsatzurteil, aber ich rechne mit einer Zurückweisung, wie könnte es auch anders sein.
Dann werde ich vor dem Verwaltungsgericht klagen und die ganze KRR-Sache als KLagebegründung vorbringen.
Ich bin gespannt, wie es dann ausgeht, denn klein bei gib ich nicht.
Das will ich aktenkundig haben, wie man sich offiziell dazu stellt.
Repressalien greifen bei mir ja nicht.
Nochmal zu der Mitschrift des Gerichtsverfahrens, es ist doch echt der Hammer, wenn man eine Zahl pauschal glauben muß.
Nicht zu glauben, heißt ja nicht, sie in Abrede zu stellen.
Ich glaube beispielsweise nicht, daß die Ehefrau eines guten Freundes von mir sehr lange liebevoll mit ihm umspringen wird, sondern sich bald als Problemgiftwurzel entpuppen wird.
Deswegen aber verleumde ich sie doch nicht, ich sag nur, daß ich nicht an das gedeihliche Fortbestehen der Ehe glaube.
Tja, und mein Onkel glaubt nur, daß drei Pfund Fleisch eine gute Suppe ergeben, während er die Existenz von Wasseradern als völlig offenkundig unsinnig ansieht.
Es ist echt ein Problem mit dem Glauben.
Als Ketzer hat man seine Reaktion darauf eh gefunden. Ich bin keines Religionswächters Untertan.
Beste Grüße vom Baldur
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Euklid
09.05.2003, 15:39
@ Baldur der Ketzer
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Re: eine ungewöhnliche gerichtsverhandlung - Nachfrage |
-->Normalerweise gilt bei Gericht daß man nur das aussagt was man selbst gesehen hat.
Alles andere kann man doch gar nicht zu Protokoll geben.
Das Gesetz ist eine absolute Farce und nötigt Dinge auszusprechen die man nicht gesehen hat und auf Gedeih und Verderb zu glauben hat.
Man wird Kraft Recht zum Glauben verurteilt.
Dieses Gesetz ist Ersatzreligion der perversesten Art.
Gruß EUKLID
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orwell
09.05.2003, 15:48
@ Baldur der Ketzer
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Re: eine ungewöhnliche gerichtsverhandlung - Nachfrage |
-->>Hallo, orwell,
>weißt Du, mit welchem Urteil das Verfahren endete, und, wurde es so rechtskräftig?
>Ferner, der Angeklagte verweist offenbar auf seine KRR-Staatsbürgerschaft - lt. KRR-Seiten würden alle Verfahren diesbezüglich eingestellt, um ja keinen Präzidenzfall zu schaffen - war das hier thematisiert?
>Ich habe in einer uralten Verwaltungssache Einspruch gegen einen Bescheid eingelegt, u.a. mit der Begründung, daß ja durch Wegfall des Art. 23GG Grundgeschwätz etc. nix mehr gilt. Noch immer ist der Einspruchsbescheid nicht ergangen, denn man wartet auf ein Grundsatzurteil, aber ich rechne mit einer Zurückweisung, wie könnte es auch anders sein.
>Dann werde ich vor dem Verwaltungsgericht klagen und die ganze KRR-Sache als KLagebegründung vorbringen.
>Ich bin gespannt, wie es dann ausgeht, denn klein bei gib ich nicht.
>Das will ich aktenkundig haben, wie man sich offiziell dazu stellt.
>Repressalien greifen bei mir ja nicht.
>Nochmal zu der Mitschrift des Gerichtsverfahrens, es ist doch echt der Hammer, wenn man eine Zahl pauschal glauben muß.
>Nicht zu glauben, heißt ja nicht, sie in Abrede zu stellen.
>Ich glaube beispielsweise nicht, daß die Ehefrau eines guten Freundes von mir sehr lange liebevoll mit ihm umspringen wird, sondern sich bald als Problemgiftwurzel entpuppen wird.
>Deswegen aber verleumde ich sie doch nicht, ich sag nur, daß ich nicht an das gedeihliche Fortbestehen der Ehe glaube.
>Tja, und mein Onkel glaubt nur, daß drei Pfund Fleisch eine gute Suppe ergeben, während er die Existenz von Wasseradern als völlig offenkundig unsinnig ansieht.
>Es ist echt ein Problem mit dem Glauben.
>Als Ketzer hat man seine Reaktion darauf eh gefunden. Ich bin keines Religionswächters Untertan.
>Beste Grüße vom Baldur
hallo baldur,kann dir nur den link geben,wo ich es herhabe.ziemlich gute seite,wie ich finde.wenn du vors verwaltungsgericht gehen solltest,würde mich der ausgang der sache sehr interessieren. http://www.kaiserkurier.de/kurier03...ehliche_gerichtsverhandlung.html gruss orwell
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marocki4
09.05.2003, 16:22
@ orwell
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eine Frage lieber orwell: |
-->hast du den kaiserkurier im abo? ist der so lesenswert wie die internetseite?
vielen dank und gruß
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Der Husky
09.05.2003, 16:33
@ marocki4
|
Ja, der ist lesenswert! (owT) |
-->
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orwell
09.05.2003, 16:36
@ marocki4
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Re: eine Frage lieber orwell: |
-->>hast du den kaiserkurier im abo? ist der so lesenswert wie die internetseite?
>vielen dank und gruß
nein,hab ich nicht.weisst du,ich hab schon zuviel zeitschriften und 2zeitungen(eine tages-und eine wochenzeitung)im abo,da wird mir das zuviel.freut mich,wenn du ihn auch lesenswert findest.gruss orwell
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LenzHannover
10.05.2003, 18:07
@ orwell
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*LOL*, naja Freiherr Richard von Weizsäcker |
-->hatte -soweit ich es noch zusammen bekomme- auch gewisse Probleme mit seiner Rolle als Chef in einer Dioxin / Agent Orange Fabrik.
Ich glaube es war? in Hamburg, stand vor so 10 Jahren mal im Spiegel. Kam wohl auch nix nach.
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