manolo
16.05.2003, 11:57 |
o.t. Frage an die Obstbauern Thread gesperrt |
-->guten Tag,
wenn ich beim Aldi heutzutage (Mitte Mai) Birnen der Sorte knackige"Conference" aus Belgien kaufen kann und nebenan im Supermarkt knackige Äpfel der Marke"Delicious" aus Italien (Südtirol), bin ich mir ziemlich sicher, dass die noch nicht aus neuer Ernete kommen können.
Also aus alter Ernte, 2002.
Von ganz früher weiß ich, dass man Äpfel auf dem Schlafzimmerschrank zienmlich lange (also bis Januar/Feb.) lagern konnte, dann waren sie aber schon matschtig und schmeckten angefaul.
Aber, wie werden die heutzutage derartig haltbar gemacht? Etwa irgendwie mit Chemie oder nur durch Frost/Kühlhäuser? Warum denn aber nuir diese beiden Sorten?
Alle anderen Äpfel kommen nämlich aus Übersee, wo nun Herbst ist. Das ist inzwischen ja normal.
Wer von den Landwirten/Obstbauern kann mal helfen?Mir ist das nicht so ganz geheuer.
danke an die Naturfreunde
man.
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McMike
16.05.2003, 12:09
@ manolo
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Re: o.t. Frage an die Obstbauern |
-->Hi
Äpfel und Birnen halten sich enorm lange in luftdichtn und gekühlten CO2-Lagern.
Bei ausländischer Ware (meist Niederlande) wird zudem Obst und Gemüse leicht radioaktiv bestrahlt.
(In D verboten, tolle EU:))
Frag´ dich mal warum manche Tomaten, Erdbeeren u.ä. ewig lange Zeit halzbar sind, wo doch die frisch gepflückte aus dem Garten nach 2 Tagen verfault ist!
Äpfel und Birnen sind jedoch bei ausschliesslich CO2 Lagerung absolut unbedenklich!
mcmike
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Kaddii
16.05.2003, 12:24
@ manolo
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chemie hilft immer.... |
-->Hi Manolo
Die Lagerfähigkeit wird über verschiedene Wege künstlich verlängert, aber das ist nicht der entscheidene Faktor. Bei Äpfel und Birnen, Pflaumen usw. ist bereits bei der Produktion -so heißt das fachmännisch- derart viel Pflanzenschutzmittel im Einsatz, daß die Früchte erst nach Abwischen und gründliches reinigen mit Ã-l eßbar sind. Das bezieht sich auf die äusserliche Reinheit. Innen drin kannst Du nix verändern. Was heute in den Regalen liegt ist aus dieser Sicht höchst bedenklich. Das wissen die entsprechenden Einkäufern der grossen Ketten, aber Äpfel aus Tirol, oder Weintrauben aus Italien sind wenigstens"normal" gewachsen. Tomaten oder Paprika aus Belgien sind aus Nährsalzlösungen gezogen und haben keinerlei Nährwert. Also K.....
Aber was kannste heute noch mit ruhigem Gewissen essen?
Mein Tip, lege dir einen Garten zu und versuche wenigsten die Radieschen, Möhren und Gurken für den Sofortverbrauch selbst heranzuziehen. Den Rest des Jahres wirste aber weiterhin Chemie essen müssen, oder beim Ã-kobauern bedeutend mehr fürs selbe Gemüse zahlen müssen.
Gruß
Kaddii
Dresden, regnerisch, aber schön mild
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alberich
16.05.2003, 12:27
@ manolo
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Re: o.t. Frage an die Obstbauern |
-->ich bin zwar kein Obstbauer aber:
Hier ist Entwarnung angesagt. Keine Chemie sondern reine Physik und Kenntnis der Reifeprozesse.
Generell wird bei der Lagerung von Obst (vor allem bei Apfel und Birne) zwischen drei Lagerungsstufen unterschieden - Naturlager, Kuehllager und CA-Lager. Naturlager: Kuehle Erdkeller mit hoher Luftfeuchtigkeit eignen sich fuer die Lagerung von Obst im haeuslichem Bereich. Die Haltbarkeit im Hauskeller entspricht etwa der Lagerfaehigkeit im Naturkeller, kann aber bei hoher Temperatur und geringer Luftfeuchtigekeit die Lagerzeit bedeutend verkuerzen. Das heisst, eine regelmaessige Kontrolle und das Entfernen von faulen Fruechten ist unbedingt ratsam. Kuehllager: Kuehllager sind mit Kaeltemaschinen und haeufig mit Luftbefeuchtungsanlagen ausgestattet. Optimal ist eine Temperatur - je nach Sorte- von 6-0 Grad Celsius bei Aepfeln und 1 bis -1 Grad Celsius bei Birnen und generell ein Luftfeuchtigkeit von 90-94 Prozent. CA-Lagerung: Die CA-Lagerung erfolgt in gasdichten Kuehlraeumen. Hier erfolgt eine stetige Kontrolle von optimaler Temperatur und Luftfeuchtigkeit je nach Sorte. Ausserdem wird die Zusammensetzung der Lagerluft kontrolliert. Durch Verminderung des Sauerstoffgehaltes und Anreicherung der Lageratmosphaere mit Kohlendioxid (das auch von den Fruechten ausgeschieden wird), kann der Reifungsprozess hinausgezoegert werden. Eine Weiterentwicklung ist die sogenannte ULO (Ultra-Low-Oxygen) Lagerung. Hier wird mit einem extrem geringen Sauerstoffgehalt der Luft gearbeitet. Die meisten in CA-Lagern gehaltenen Fruechte erreichen ihre Genussreife erst nach einer Nachreifungsperiode. Diese Nachreifung geschieht in der Regel waehrend des Transportes vom Lagerhaus zum Supermarkt und durch die Lagerung im Supermarkt selbst.
(Quelle: http://www.foodplants.at/referencearticle.asp?index5=108)
Ich hoffe das beruhigt das aufgewühlte Gemüt.
Im übrigen ist mir aufgefallen (auch hier im Board) wie wenig der"Otto-Normal-Verbraucher" an allgemeinem Wissen über Nahrungsmittel hat. Sehr schnell werden dann üble Machenschaften der profitgierigen Bauern, Verarbeiter, Händler... usw. vermutet.
gruß
alberich
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alberich
16.05.2003, 12:45
@ Kaddii
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Re: chemie hilft immer.... NANA |
-->lieber kaddii,
ist Dir z.B. bekannt, daß die vielgeschmähten holländischen und belgischen Tomaten (das gilt auch für Gurken und Paprika u.a.) unter nahezu völligem Verzicht des Einsatzes von Insektiziden und Akariziden herangezogen werden?
Fungizide sind bei Beherrschung des Gewächshausklimas auch fast nicht mehr nötig!
Es ist nicht alles Gold was glänzt, es ist nicht alles K... was braun ist.
Ein bisschen mehr Wissen und Differenzierung tut Not.
Gruß
alberich
(Im Frühgemüsezentrum Kaditz /Dresden werden z.B. auch Nützlinge für biologischen Pflanzenschutz gezüchtet und auch selbst eingesetzt)
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McMike
16.05.2003, 13:00
@ alberich
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Re: chemie hilft immer.... NANA |
-->Es ist eine Mischung vieler Dinge.
Fungizide und Insektizide sind (leider?) nicht zu ersetzen.
Viele pflanzeneigene Abwehrstoffe sind zudem um ein tausendfach giftiger als der praktische Einsatz von Chemie.
In der Ldw. nennt sich das"gute fachliche Praxis"!
....und schon mal drüber nachgedacht, dass Betriebsmittel richtig Geld kosten.
Bei Weizen kostet allein die Bekämpfung von Mehltau einmalig ca. 50 Euronen, dazu noch Mann und Maschine.
Bei einem Gegenwert von ca. 9-10€/dt überlegt man sich genau ob man die Massnahme tätigt oder nicht.
Des weiteren ist ein Grossteil der Produkte bei mangelhafter innerer und äusserer Qualität NICHT zu vermarkten.
Versuch´ doch mal pilzbefallene Lebensmittel zu höheren Preisen (da weniger Ertrag/ha) zu verkaufen.
Kadii, du unterliegst hier scheinbar mainstreamartiger Künastpanikmache!
...alles halb so wild!
mcmike
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kizkalesi
16.05.2003, 13:01
@ Kaddii
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Re: chemie hilft immer.... und gerade in Tirol |
-->>Hi Manolo
aber Äpfel aus Tirol, oder Weintrauben aus Italien sind wenigstens"normal" gewachsen.
Gruß
Kaddii
Hi kaddi,
diesen Irrglauben muss ich dir aber zerstören, bzw. hast du indirekt Recht, dass die Früchte in Südtirol natürlich heranwachsen- aber auch nur das.
sie werden von morgens bis abends, 12 Stunden am Tag mit Insektiziden und wawas ich für Zeug eingenebelt.
Nirgendwo wird wohl mehr gespritzt als gerade da.
Da kämpf dich mal durch die Wolken um Bozen und Meran herum.
aws.
kiz
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NaturalBornKieler
16.05.2003, 13:30
@ Kaddii
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Ã-kokiste |
-->Hier in Bremen gibt's wie vielerorts die Ã-kokiste. Jede Woche eine Kiste Gemüse und Obst von Ã-kobauern aus der Region nach Hause geliefert. Funktioniert prima. Und man kriegt auch mal Sorten, die man sonst nicht kaufen würde (Pastinaken, Topinambur, Mairüben, Rote Bete etc.). Das bringt Abwechslung in die Küche.
Äpfel sind auch um diese Jahreszeit noch darunter, ich nehme daher an, sie lassen sich auch ohen Chemieeinsatz lagern. Ich habe zwar noch keine persönlichen Betriebsprüfungen vorgenommen, mein Vertrauen in die Ã-kolandwirtschaft ist aber noch ungebrochen.
Cheers und guten Appetit
NBK
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HB
16.05.2003, 13:45
@ McMike
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Gulasch aus Klärschlamm |
-->Aus"Grimm, Hans-Ulrich - Die Suppe lügt":
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10. Müll mit Maske: Aus Abfall werden
Lebensmittel prima Imitate
Die Metamorphose der Meeresbewohner: Wie sich ein
Leuchtkrebs in ein Frankfurter Würstchen verwandeln kann.
Wie aus Klärschlamm Gulasch wird. Und warum trotzdem alles
lecker schmecken kann.
Das Rezept ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Denn als
Ausgangsbasis dient: Klärschlamm. Man nehme die festen
Bestandteile der Brühe, ruhig auch das reichlich vorhandene
Toilettenpapier, verkoche es bei hohen Temperaturen zu
Granulat, mahle es sodann und füge einige Sojaproteine hinzu.
Fertig ist »Jinko Nikku«, ein neuartiger Fleischersatz.
Geschmacklich läßt die Kreation von Mitsuyuki Ikeda, einem
Wissenschaftler aus dem japanischen Okayama, noch etwas zu
wünschen übrig: Erste Testesser erinnerte sie an alte Hähnchen
mit einem leichten Hauch von Fisch. Das ließe sich aber regeln:
Die moderne Lebensmittelproduktion hat ja manches Mittel
entwickelt, um den Geschmack zu manipulieren und selbst
penetranten Hautgout zu maskieren.
Trotz kleinerer Mängel markiert die Erfindung einen neuen
Höhepunkt im Ingenieursschaffen. Doch großer Erfolg wird ihm
wohl nicht beschieden sein. Denn Herr Ikeda hat einen schweren
Fehler gemacht: Er ließ es zu, daß sein Erzeugnis öffentlich als
»Klo-Burger« geschmäht wurde, und er legte eine
unverzeihliche Offenheit an den Tag, plauderte ganz unbefangen
über seine Innovation. »Das wird sicher kein Verkaufserfolg«,
verkündete er bei der Präsentation, »wahrscheinlich werden die
Leute so was nur in Zeiten großer Hungersnot essen.« Er habe
überhaupt nur demonstrieren wollen, »daß das, was den Körper
unten verläßt, in recycelter Form oben wieder eingeführt werden
kann.«
Das klingt nicht sehr appetitlich. So produziert man keinen
Bestseller. Herr Ikeda hat die einfachsten Regeln der
Vermarktung mißachtet. Es fehlt die Eleganz und natürlich die
Diskretion. Dem Verbraucher ist das Endprodukt in den
schillerndsten Farben zu schildern, weniger der - bisweilen
unvermeidlich - unappetitliche Produktionsprozeß. Auf jeden
Fall ist zudem zu vermeiden, sich wie Herr Ikeda, der Mann aus
dem Land des Lächelns, bei der Präsentation vor der Presse mit
eher angewidertem Gesicht mit dem Produkt zu zeigen und so
für Bilder zu posieren, die dann technikfeindliche Organe wie
das Greenpeace-Magazin begierig publizieren.
Weil die Produzenten von Lebensmitteln in ähnlichen Fällen
ungleich professioneller vorgehen, sind sie beim Recycling
schon relativ fortgeschritten - ohne häßliche Negativ-Publicity.
Die Resteverwertung ist ja schließlich ein Gebot der Vernunft,
schon aus ökonomischer Sicht, weil diese Rohstoffe superbillig
sind. Zudem ist sie auch noch ökologisch sinnvoll, als
praktizierte Müllvermeidung. Mit der angemessenen Diskretion
vermarktet, werden Leckereien aus Müll schon heute zu
Bestsellern.
Man nehme beispielsweise Molke. Ein Abfallprodukt der
Landwirtschaft, es entsteht bei der Käseherstellung. Das
grünliche Abwasser wurde früher weggeschüttet oder an die
Schweine verfüttert. Vielleicht aus einer instinktiven
Abwehrreaktion: Denn neuere Studien deuten daraufhin, daß ein
Eiweißbestandteil der Molke an der Entstehung von Diabetes
beteiligt sein könnte. Andererseits hat die Molke Nährwert, und
diesen nutzt die moderne Nahrungsproduktion: Molkeneiweiß
findet sich als Zusatz-Stoff in Kindernahrung, Frischkäse,
Fertigsuppen. Oder als Ersatzeiweiß in japanischen Gelee-
Fischstäbchen. Das hat der Vorsitzende des Bundes Deutscher
Lebensmitteltechnologen höchstpersönlich erfunden: Ernst
Reimerdes, im Hauptberuf Lebensmittel-Forscher bei Nestle in
der Schweiz. Er versteht sich auch als »Food-Designer«. Und
ein »Grundprinzip des Food-Designs«, sagt Reimerdes, »besteht
darin, die Entsorgung zu gewährleisten und daraus hochwertige
Nahrungsbausteine zu gewinnen.«
Der Großmolkerei Müller im bayrischen Aretsried gebührt
das Verdienst, den flüssigen Nahrungsbaustein Molke, jenes
grünliche Abwasser, massenhaftem Genuß zugänglich gemacht
zu haben. Das war nicht ganz einfach: »Fünf Jahre lang haben
wir daran gearbeitet«, erzählte einer der Entwickler einem
Reporter vom Magazin der Süddeutschen Zeitung. Schließlich
hatten sie die Lösung: ein bißchen Molke, ein bißchen Wassser,
Coffein, Traubenzucker als Energiespender und künstliche
Süßstoffe als billigen Zucker-Ersatz.
Die Männer von Müller griffen zu Sunett, dem süßen
Kunststoff von Hoechst.
Denn Sunett ist Spezialist für solche Molkengetränke. Die,
sagt Dr. Guido Ritter von der Abteilung Lebensmitteltechnik in
der Food-Filiale des Chemieriesen, haben »ein positives Image«
beim Verbraucher. Die Herstellung ist ganz einfach, nach der
³Richtrezeptur« aus dem Hause Hoechst: Zum Molkenpulver
gebe man ein bißchen Sunett, dazu die Süßstoffe Aspartam und
Neohesperidin-DC, außerdem 0,2 Gramm Ascorbinsäure, also
das gesunde Vitamin C. Fertig ist der Fitnessdrink. Eine Prise
Geschmack kann noch hinzugefügt werden, denn Sunett
harmoniert »hervorragend mit Aromen, Geschmacksstoffen oder
Fruchtzubereitungen«. Das Abwasser erscheint dann in völlig
neuer Form, und in unerwarteten Geschmacksrichtungen, laut
Hoechst-Prospekt: »Auch bei den Aromen gilt, erlaubt ist, was
gefällt: Kirsche-, Pfirsich-, Aprikosen-, Mango- oder
Bananengeschmack.«
Die Zauberkünste der Geschmacks-Nachahmer haben die
Müllverwertung endlich von der anrüchigen Aura befreit, die sie
bisher umgab. Denn derlei Nahrungsimitate riefen in früheren
Generationen unangenehme Erinnerungen an Notzeiten wach, in
denen echtes Essen knapp war und der Magen knurrte.
Tatsächlich stammen viele der Erfindungen ja aus elendigen
Zeiten. Jenes Roggenbrot ohne Roggen beispielsweise oder die
blutgefärbte Ersatzwurst aus Soja, die sich der nachmalige
Bundeskanzler Konrad Adenauer patentieren ließ. Er hatte die
Pseudo-Produkte in der Zeit des Ersten Weltkriegs erfunden, um
kriegsbedingte Hungersnöte zu lindern.
Diese unangenehme Herkunft hing den Ersatzprodukten noch
lange nach. Auch neuere Imitate stießen deshalb nicht immer
auf die angemessene Begeisterung. Ein Patentantrag zur
»Verwertung von Nährwertabfallstoffen« wurde beispielsweise
noch im Jahre 1988 abgelehnt. Dabei sollten niedere
Ausgangsprodukte nutzbringend aufgewertet werden:
Schlachtabfälle, Blut, Federn und Borsten sollten nach dem
Willen des Erfinders als Grundstoff für die Gewinnung von
Proteinen und Fetten dienen.
Die Animositäten staatlicher Stellen scheinen mittlerweile
überwunden. Die Abfallverwertung erfreut sich neuerdings gar
aktiver öffentlicher Unterstützung. Das US-Department of
Agriculture hat beispielsweise einen neuen Fettersatzstoff
entwickelt, »Z-Trim« genannt - aus Abfallprodukten der
Landwirtschaft wie Hülsen von Hafer, Reis, Sojabohnen und
Erbsen. Sie werden getrocknet, gemahlen und zu einem
mikroskopisch feinen Pulver verarbeitet. Im Mund mit Spucke
versetzt, quillt das Zeug nach Angaben der Erfinder auf und
hinterläßt ein ähnliches Gefühl wie Fett. Nur macht es eben
nicht dick, sondern wirkt als Ballaststoff. Sehr gesund.
Doch auch Europa schläft nicht. Auch hier wühlen die
Forscher schon im Müll. Die Europäische Union hat das Projekt
»Abfallfreie Lebensmittelwirtschaft« ins Leben gerufen. Im
Rahmen dieses Unternehmens forscht etwa der
Lebensmitteltechnologe Benno Kunz an der Universität Bonn
nach Möglichkeiten der Verwertung von Preßrückständen aus
der Produktion von Karotten- und anderen Gemüsesäften. Über
100000 Tonnen dieser Reste wandern allein in Deutschland
alljährlich auf den Müll. »Zu schade zum Wegwerfen«, findet
Abfallverwerter Kunz. Auch »Rübenschnitzel,
Kartoffelnaßpülpe, Kleie oder Kakaoschalen« könnten, meint
Kunz, eigentlich noch verspeist werden, wenn sie in
ansprechender Form dargeboten würden. Der Bio-Müll könnte
beispielsweise getrocknet, gemahlen, ein bißchen aufbereitet
und handelsüblichen Fruchtsäften, Milchprodukten und
Backwaren beigemengt werden. Auch Brot ließe sich länger
frischhalten, Joghurt bekäme eine harmonische Note, wenn der
Abfall ein bißchen mit Milchsäurebakterien angesetzt würde.
Der besondere Clou: die preisgünstigen Zutaten verschaffen
dem Körper allerlei Wohltaten, die er ohnehin dringend braucht,
Ballaststoffe, Vitamine, Mineralien. »Gesundheit aus der
Mülltonne« gewissermaßen, wie das Magazin Geo im
November 1996 schrieb.
Nun könnte der Mensch natürlich auch Karotten essen,
Kartoffeln oder Rote Bete. Das wäre womöglich genauso
gesund und gar noch preisgünstiger, da die teure Arbeitskraft
der Lebensmitteltechnologen eingespart werden könnte. Aber es
geht ja nicht primär um den Menschen, sondern um die
Müllmenge der Industrie und die Suche nach
»emmissionsmindernden Verfahren zur
Lebensmittelproduktion« (Kunz). Denn die
Lebensmittelproduktion folgt mittlerweile ihren eigenen
Gesetzen, sie hat sich verselbständigt und weitgehend losgelöst
von den natürlichen Produkten. Die kommen, schon aus
Preisgründen, nur noch in winzigen Dosen in die Dose, vorher
zerteilt, aufgelöst, wieder zusammengebaut und mit allerlei
Kunststoffen gestreckt. Und weil für all diese technischen,
maschinellen, automatisierten Prozesse Millionen aufgewendet
werden müssen, suchen die Ingenieure fieberhaft nach immer
billigeren Grundstoffen. Der pure Zwang zur Einsparung, die
schiere Notdurft im Konkurrenzkampf.
Und Not macht bekanntlich erfinderisch. Die wundersamen
Patente auf ungezählte Ersatz-Lebensmittel lassen erahnen, wie
groß das Elend schon ist. Ein amerikanischer Food-Ingenieur
namens Eustathios Vassiliou hat beispielsweise eine »Simulierte
Roh-Ei-Komposition« patentieren lassen, ein wahres
Wundergebilde, das unter anderem aus Magermilchpulver,
Gelatine, Eigelbfarbe und Wasser besteht - in der Pfanne aber,
wie das natürliche Vorbild, eine Spiegelei-Form bildet.
Der Chemiekonzern Hoechst hat ein Rezept zur Patentierung
eingereicht, mit dem sich Bakterien zu Kaffeesahne oder
Schmelzkäse verarbeiten lassen. Dem US-Konzern General
Foods ist es gelungen, einen Kunst-Speck aus Wasser, Fett und
Proteinen herzustellen. Und die amerikanische Firma Athlon
erhielt ein Patent für die trickreiche Verwandlung von
Vogelfedern in einen Zusatz für Konfekt und Backwaren.
Schon die DDR hatte auf diesem Gebiet Weltniveau: Das
Institut für Hochseefischerei und Fischverarbeitung in Rostock
etwa erfand ein »Verfahren zur Herstellung körniger
Proteinformgebilde« - Kunst-Kaviar aus Schlachtblutplasma.
Der Leipziger Lebensmittelchemiker Klaus Valdeig avancierte
mit ähnlichen Innovationen gar, wie das Monatsmagazin Spiegel
spetial im April 1996 berichtete, zu einer »Stütze der einstigen
DDR-Wirtschaft«. Sein schönstes Kunststück gelang ihm mit
Konfekt: Er ersetzte die übliche Pralinenfüllung durch eine
Masse aus zähflüssig gekochten Erbsen, Zucker und Aromaten.
Noch Jahre nach dieser Pioniertat war der Mann stolz darauf, die
unscheinbare Erbse endlich ganz oben in der Hierarchie der
feinen Sachen angesiedelt zu haben: »Die Erbse ist eine
ernsthafte Konkurrenz zum Marzipan« geworden, sagte Valdeig
in vollem Bewußtsein des historischen Ranges seiner Erfindung.
Bei den sozialistischen Ersatzprodukten hatten die Erfinder
auch in anderer Hinsicht Welt-Standard erreicht: in Sachen
Diskretion. Die Zusammensetzung galt als Geheimsache, auf
dem Etikett erschienen nur analytische Daten, Fett,
Kohlehydrate, Kalorien. Ob das »kakaoähnliche Produkt« aus
roten Rüben hergestellt war (Patent-Nummer DD 226763 AI)
oder aus gezuckerten Getreidekeimen (Patent Nummer DD
245355 AI), ob gar Viehfutter oder Fischmehl beigemengt war,
das konnten die Bewohner des Arbeiter- und Bauern-Staates nur
erahnen - am Geschmack. Ein bißchen vom Ur-Stoff muffelte
indessen immer durch. Die täuschend echten Illusionen konnten
die Ost-Ingenieure noch nicht so recht erzeugen. Es fehlte das
Knowhow.
Die Avantgarde der kapitalistischen Imitatoren kann hingegen
aus nahezu beliebigen Rohstoffen nahezu jedes gewünschte
Nahrungsmittel erzeugen - und dafür sorgen, daß es so schmeckt
wie das Vorbild. So können endlich auch bislang ungenutzte
Rohstoffe in großer Vielfalt zum Einsatz kommen oder
unattraktive, von der Natur benachteiligte Lebewesen
aufgewertet werden. Aus der Tiefe des Meeres etwa kommen
enorm wandelbare Wesen. Der Mintai etwa, ein naher
Verwandter des Dorschs, führte auf dem Speisezettel bislang ein
Schattendasein. Der Krill kam gar nicht vor; die winzigen
Leuchtkrebse, die nach Schätzungen von Meeresforschern
gewichtsmäßig die Tiere mit dem weltweit größten Bestand
sind, dienten bislang vor allem dem Bartwal als
Sättigungsbeilage im Plankton. Unermüdlich arbeiten Forscher
daran, die gigantischen Bestände dem Verzehr zugänglich zu
machen. Denn durch industrielle Verarbeitung können die
Geschmähten zu ganz neuen Ehren gelangen: Zerlegt, gepreßt
und aromatisiert, heißen sie dann auch nicht mehr Mintai oder
Krill, sondern: »Surimi«. »Ziel der Surimi-Herstellung sind
standardisierte Blöcke aus zerkleinertem Fischfleisch ohne
fischtypischen Geschmack«, berichtete ganz nüchtern im Juni
1996 die Neue Zürcher Zeitung. Das Schweizer Blatt hat auch in
Erfahrung gebracht, wie die Roh-Fische in die Standard-Form
gebracht werden: »Zunächst entfernt man maschinell Kopf,
Eingeweide und den Hauptteil der Mittelgräte. Im nächsten
Arbeitsschritt wird der Fisch mehrmals gewaschen.
Wasserlösliche Proteine, verschiedene Enzyme sowie Salze und
weitere Verbindungen wie Formaldehyd, Blutfarbstoff, aber
auch Fischfett werden dabei entfernt. Nach der Entwässerung
durch eine Schraubenpresse setzt man Zucker, Sorbit und
Polyphosphat in geringen Mengen zu, damit die Masse besser
gefriert.«
Ein bißchen Gewalt muß schon sein. Aber nach der Tortur mit
Enthauptungsmaschine und Schraubenpresse können die zum
Standard-Block mutierten Meeresbewohner, gleichsam als Dank
und Ausgleich, zu einer Karriere antreten, die sie sich
ursprünglich nie hätten träumen lassen: In Salaten und Dosen
vertreten sie fortan vornehmste Meeresbewohner wie Hummer
oder Garnelen. In Amerika liegt der Surimi-Umsatz schon bei
über 500 Millionen Dollar, und auch in Deutschland treten die
Surrogate, häufig verdeckt, in Erscheinung. Bei einer Stichprobe
fand die Hamburger Bundesforschungsanstalt für Fischerei 1994
in sieben von zehn Garnelenfleisch-Proben Surimi.
Dank Aroma-Einsatz werden völlig verschüttete Talente der
Meerestiere gefördert. Denn mit Surimi lassen sich damit aber
nicht nur edle Meeresfrüchte imitieren. Mit ein paar
Kunstgriffen und veränderten Aromen kann das Zeug auch als
Rohstoff für Schweinswürste oder Frankfurter herhalten sowie
in Backwaren, Milchprodukten und Pasta zum Einsatz kommen.
»Die Möglichkeiten sind endlos«, schwärmt das Kunstnahrungs-
Fachblatt International Food Ingredients. Vor allem in
Restaurants könne das Kunstprodukt nutzbringend eingesetzt
werden, so das Blatt in schöner Offenheit, weil dort »seine
Imitat-Eigenschaft auf der Speisekarte versteckt werden kann.«
Die jeweils neuesten Surimi-Einsatzfelder werden alljährlich auf
der »Surimi-Technologie-Schule« an der amerikanischen
Oregon State University diskutiert. Studenten und erfahrene
Technologen treffen sich dort, gesponsert von Firmen wie dem
High-Tech-Pionier Monsanto, oder, das Jahr über, im Internet.
Adresse:
»http://www.orst.edu/dept/seafood/surimi.html.«
Die Verwandlung von Meeresbewohnern zu
Schweinswürstchen ist offenbar auch umkehrbar: Wie das
Journal of Food Science 1996 berichtete, können mit einem
neuen Verfahren aus Schweinefleisch Muscheln hergestellt
werden. Nur vom Nährwert gehe, aufgrund des ebenfalls
notwendigen extensiven Waschens, einiges verloren.
Die Amerikaner haben schon einen Fachausdruck für derlei
Imitate: »Fake Food«, Falschnahrung.
Die Verwendung von gefälschten Nahrungsmitteln ist
indessen nicht immer Ausdruck nackter Not oder der
verzweifelten Suche nach Einsparpotentialen im
Produktionsprozeß. Bisweilen müssen sich die Techniker ihre
Rohstoffe schlicht deshalb selber basteln, weil die fragilen
Naturerzeugnisse den harten Alltag in der Fabrik nicht
aushalten. Der liebe Gott hat die Früchte ja noch in
vorindustrieller Zeit an Bäume und Sträucher gehängt. Diese
paradiesischen Zeiten, da die Früchte frisch gepflückt in den
Mund wandern, sind indessen vorbei. Heute müssen sie erst
einmal über lange Fließbänder rollen, in Ã-fen hohe Hitze oder
im Gefrierschrank garstige Kälte ertragen. Und dann werden sie
noch in Maschinen malträtiert. Manch zartes Früchtchen
erweicht darob. Vor allem »weichere Früchte wie Erdbeeren
oder Himbeeren«, sagt der Forschungsleiter des Unilever-
Konzerns, können bei maschineller Verarbeitung »leicht
zermatschen«.
Sein Konzern hat deshalb ein Verfahren erfunden, mit dem
laut Patentschrift Nummer DE 2167271 C2 »die Absicht
verfolgt wird, natürliche Früchte vorzutäuschen«. Dazu wird
»Fruchtmaterial«, etwa »Himbeerabfälle« oder ausgepreßte
Reste von Beeren, mit einem Gelee aus Algenextrakt,
Geschmacks- und Farbstoffen zu einem bißfesten Etwas
rekonstruiert. Diesen »simulierten Früchten« (Patentschrift)
kann weder die Backhitze noch das »Eindosen« etwas anhaben.
Eigentlich eine pfiffige Idee, um stabilere Himbeeren zu
gewinnen, die auch das industrielle Milieu schon kennen und
sich davon nicht gleich erdrücken lassen. Allerdings: Der
Unilever-Konzern versichert, das Patent niemals ausgenutzt zu
haben. Das ist eigentlich schade, wenn die Geistesleistungen der
werkseigenen Ingenieure so ins Leere laufen müssen. Zumal
solche »Fruchtzubereitungen«, wie die Komposition hernach auf
dem Joghurtbecher genannt wird, ja häufig gebraucht werden.
Die Firma Rudolf Wild aus Heidelberg macht damit zum
Beispiel blendende Geschäfte. Sie setzt insgesamt 820 Millionen
Mark im Jahr um, hat 15 inländische Betriebe und 20 im
Ausland: unter anderem in Japan und Spanien, in Ungarn und
Polen, in England, Holland, in den USA. Dazu Repräsentanten
in 33 weiteren Ländern von Argentinien bis Vietnam. In aller
Welt werden die Früchte von Wild also in Quark und Joghurts
gefüllt. Doch die Kunden kriegen durchaus nicht immer das,
was sie glauben: Der Spiegel enthüllte im Herbst 1996
skandalöse Verfehlungen, vor allem hinsichtlich der
Fruchteinwaage: Zum Beispiel, so belegten »interne
Firmendokumente« (Spiegel) bestellte die Firma Südmilch, die
die Wild-Erzeugnisse unter anderem in ihre »Landliebe«-
Produkte rührt, im Jahre 1993 eine Fruchtzubereitung, die 70
Prozent Aprikosen enthalten sollte. Doch das, was »da am 14.
September bei Wild zusammengemischt wurde«, enthielt, wie
der Spiegel herausfand, »keine einzige Aprikose«, nur den
billigeren Pfirsich, und dazu Aprikosenaroma. Auch eine Mixtur
für die Kinderlieblingsnahrung »Fruchtzwerge« von Danone,
Geschmacksrichtung Erdbeere und Banane, enthielt keineswegs
die vertraglich vereinbarten 40 Prozent Fruchtanteil, sondern nur
die Hälfte. Da ward sogar der Spiegel von Mitleid ergriffen:
»Arme Fruchtzwerge«.
Arme Kinder. Denn selbst wenn die »Fruchtzubereitung« den
vertraglich vereinbarten Erdbeer- und Bananenanteil von 40
Prozent enthält, sind 60 Prozent eben keine Frucht, sondern
irgend etwas anderes. Vielleicht eine leckere Algen-Creme,
vielleicht ein bißchen Gelatine. So richtig böse waren die
betrogenen Lebensmittelhersteller nach der Enthüllung denn
auch nicht. Die Lieferverträge wurden nicht aufgekündigt, auch
von einer Anzeige wegen Betruges wußte das Blatt nicht zu
berichten. Die Marketing-Chefin von Danone meinte bloß, wenn
Wild von den vereinbarten Frucht-Anteilen abgewichen ist,
»hätte man uns das zumindest mitteilen müssen«. Und auch
Wild rechtfertigte sich, es sei durchaus üblich, bei einer
»Fruchtzubereitung« für Kirschjoghurt eventuellen
Kirschenmangel durch Traubensaft oder Röte-Bete-Saft
auszugleichen - auf Kundenwunsch. Will sagen: Wenn der
Joghurtesser und Quarkfreund schon an der Nase herumgeführt
wird, dann wollen die Joghurthersteller und Quarkproduzenten
dies gefälligst selbst tun.
Die Imitate haben unsere Kühlschränke und Gefriertruhen
erobert. Bunte Bildchen auf dem Etikett und phantasievolle
Bezeichnungen führen ein bißchen in die Irre. Nur Kundige
können die Chiffren deuten, jene subtilen Signale, die ein
Etikettendichter aussendet: »Fruchtzwerge«, das könnte
vielleicht bedeuten, daß Früchte bloß in Zwergenportiönchen
eingerührt wurden. Ansonsten gilt, was das amerikanische
Nachrichtenmagazin Newsweek schon 1985 über derlei Imitate
schrieb, für die im Amerikanischen auch ein deutsches
Lehnwort gebräuchlich ist: »Ersatz-Food: Looks Like, Tastes
Like...« Sieht aus wie, schmeckt wie: Die Eßkultur ist in die
Sphäre des Uneigentlichen entschwunden. Was wir verzehren,
wenn wir die Packungen mit den bunten Labels kaufen, ist nur
noch ein bloßes »als ob«.
In einigen seltenen Fällen fliegt der Schwindel auf. Es rollt
dann manchmal eine kleine Welle der Empörung durch das
Land. Und in noch selteneren Fällen wird ein Alsob-Erzeugnis
dann aus den Regalen genommen. Der Fleischersatz »Quorn«
beispielsweise hatte in Deutschland nur ein ganz kurzes,
unerfreuliches Dasein. Er wurde in einigen bayrischen
Testmärkten eingeführt und dann wieder abgezogen. Denn die
voralpinen Medien hatten Unschönes über das Produkt berichtet:
Das Erzeugnis, von einem englischen Chemie-Multi entwickelt,
wird aus Schimmelpilz-Kulturen gewonnen. Das wollten die
Bayern nun doch nicht.
Die Briten hingegen, einem verbreiteten Vorurteil zufolge bei
Tisch ohnehin nicht sehr verwöhnt, störten sich nicht so sehr an
dem Schimmelpilz-Image. Britische Schulkinder, so brachte das
Ã-ko-Blatt Natur in Erfahrung, halten Quorn »für
Putengeschnetzeltes«. Das ist nun nicht gerade ein Kompliment
für die gute Pute. Aber es könnte vielleicht daran liegen, daß die
Puten heutzutage in der Regel auch eher ein Imitat ihrer selbst
sind, mit einem riesigen, rucksackähnlichen Bruststück
(»Schnitzel«) im Massenstall schon fast bewegungsunfähig
dahinvegetieren, nur unter medikamentösem Dauer-Doping
existieren können und in Wahrheit eher einem wandelnden
Arzneimitteldepot ähneln: »Wer ein Putenschnitzel ißt, spart
sich den Weg zur Apotheke«, witzeln norddeutsche Veterinäre,
die häufig mit solchen Kreaturen zu tun haben.
Nun wäre es wohl verfehlt, aus Sorge um die Gesundheit
gerade diesem Rat zu folgen. Es ist indessen ratsam, bei
häufigem Verzehr von Imitaten öfter Heilkundige zu
konsultieren. Denn die neuesten Erzeugnisse der
Lebensmittelindustrie sind nicht in jedem Fall der Gesundheit
zuträglich.
Der Fett-Ersatzstoff »Olestra« beispielsweise. Er wurde
eigens auf den Markt gebracht, weil er dem Körper null Nutzen
bringt: Er soll knabbersüchtigen Amerikanern - und später auch
Europäern - ermöglichen, ohne Unterlaß Chips zu verzehren und
dabei nicht noch fetter zu werden. Denn der Fett-Ersatz Olestra,
in dem die Knabbersachen fritiert werden, besteht aus
Molekülen, die derart sperrig sind, daß sie auf dem Weg durch
den Körper nirgends andocken können: Sie flutschen grade so
durch. 200 Millionen Dollar hat der Gemischtwarenkonzern
Procter & Gamble, bei Eltern eher als Erzeuger von »Pampers«-
Windeln bekannt, für das Pseudo-Fett ausgegeben. Doch weil
der synthetische Stoff ungebremst durchs Gedärm saust, droht
Durchfall. Zudem können lebenswichtige Vitamine gleich mit
ausgeschwemmt werden: Produkte, die Olestra enthalten,
müssen deshalb in den USA einen Warnhinweis tragen: »Dieses
Produkt enthält Olestra. Olestra kann Unterleibskrämpfe und
Durchfall verursachen. Olestra behindert die Aufnahme von
Vitaminen und anderen Nährstoffen. Die Vitamine A,D,E und K
wurden hinzugefügt.«
Es scheint, als ob manche teure Innovation nur jenen zu
empfehlen sei, die hart im Nehmen sind. Empfindliche Naturen
können Schaden nehmen. Und nicht immer deutet ein
Warnhinweis auf drohende Gefahren hin. Im Gegenteil:
Besonders tückisch sind versteckte Ingredienzen. Die können
bei sensiblen Menschen nicht nur zu Durchfall führen, sondern
zu Schockreaktionen, ja sogar zum Tod.
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Inhalt..................................................................................... 2
1. Diskrete Weltmacht: Die Geschmacksindustrie............... 5
Über einen erstaunlich bescheidenen Konzern in New
York. Wozu Bäcker einen Geheimdienst brauchen.
Sinnestäuschung von früh bis spät, von Müsli bis Spinat.
Jeden Tag ein Pfand Essen mit Geschmack aus der Retorte.
2. Organisierter Etikettenschwindel: Das
Kennzeichnungsrecht......................................................... 19
Vom Segen der Natur: Über das Kunststück,
australischen Sägespänen das »natürliche« Aroma von
Erdbeeren zu entlocken. 12= 600. Welch akrobatische
Leistungen ein Etiketten-Poet vollbringen darf. Dichterische
Freiheit und die unschöne Wahrheit.
3. Die Logik des Menüs: Über die Geschichte des
Geschmacks........................................................................ 38
Das Dessert zum Schluß oder der komplizierte Weg zur
Ordnung der Speisen bei Tisch. Die Erfindung des
Geschmacks und weshalb wir heute von allem eine härtere
Dosis brauchen.
4. Das dressierte Kind: Der Kampf um die Kleinen........... 51
Das Geheimnis des grünen Büschels. Kreuzberger
Türkenkinder kennen ihre Kräuter. Warum Mickymaus für
Maggi so wichtig ist. Mehr Horrorwerbung für Kinder!
5. Doppel-Blind-Versuche: Die Ohnmacht staatlicher
Kontrolleure........................................................................ 66
Warum ein Beamter einmal während der Arbeitszeit ein
hochprozentiges Wässerchen brennen mußte. Der
freundliche Herr aus Kanada kennt die verborgenen
Geschmacksqualitäten australischer Sägespäne nicht. Je
weniger Gift, desto schlimmer?
6. Geschmacks-Verirrung: Die schleichende Legalisierung
verbotener Metzgermethoden............................................. 81
Warum das Würstchen unter die Dusche darf. Weshalb
Rauch neuerdings flüssig ist und für unsere Regierung die
Ausnahmen heute fast schon die Regel sind. Endlich nimmt
der Speck Rücksicht auf Natur und Nachbarn.
7. Die Suppe lügt: Der Betrug am Körper.......................... 93
Über die Botschaft des Bratens an Hirn und Bauch. Das
Essen als Fetisch. Fehlalarm im Verdauungstrakt: Weshalb
der Geschmack eigentlich eine wkhtige Aufgabe hat. Und
wie das Warnsystem des Körpers überlistet wird.
8. Dicker Hund: Wohlgeschmack als Masthilfsmittel...... 103
Warum Katzen Whiskas wollen. Weshalb Herr und Hund
sich zivilisatorisch angleichen und immer mehr Vierbeiner
auf Diät sind. Und: Allergische Katzen können jetzt wieder
Hoffnung schöpfen.
9. Heimlich light: Der unmerkliche Siegeszug des Süßstoffs
.......................................................................................... 115
Weshalb saure Gurken bei Mastkuren sehr zu empfehlen
sind. Warum Plastik für süße Gefühle sorgen kann. Vom
Segen der Chemie: Blühende Geschäfte in der
Lebensmittelabteilung von Hoechst.
10. Müll mit Maske: Aus Abfall werden Lebensmittel prima
Imitate............................................................................... 127
Die Metamorphose der Meeresbewohner: Wie sich ein
Leuchtkrebs in ein Frankfurter Würstchen verwandeln kann.
Wie aus Klärschlamm Gulasch wird. Und warum trotzdem
alles lecker schmecken kann.
11. Der Schock-O-Riegel: Versteckte Risiken für die
Gesundheit........................................................................ 140
Weshalb für manche Menschen eine »Lila Pause«
lebensgefährlich sein kann. Woran Sarah Redding, 17, so
plötzlich gestorben ist. Der Doktor als Detektiv: Über die
schwierige Suche nach den Krankheitsauslösern im Essen.
12. Das Geschmacks-Kartell: Der Kampf der Giganten im
Food-Business.................................................................. 154
Lebensmittelgeschäfte mit krimineller Note: Weshalb das
amerikanische FBI einen Agenten ins Aroma-Milieu
einschleusen mußte. Wie sich ein Bauchemie-Konzern ums
Ei verdient gemacht hat. Functional Food: Die gesunden
Rezepte der Pharma-Köche.
13. Lieber Lecker: Die Zukunft des Geschmacks............ 171
Wie ein ehrlicher Konzernlenker geballten
Hausfrauenzorn auf sich lenkte. Weshalb die Tütensuppe
eigentlich purer Luxus ist. Und endlich: Die Wiederkehr des
Wohlgeschmacks.
14. Literatur...................................................................... 179
|
Wassermann
16.05.2003, 14:03
@ HB
|
@HB |
-->@HB
bitte an wama(at)xmail.net schicken
Danke
|
rocca
16.05.2003, 14:06
@ HB
|
@HB. Da wär ich aber mal froh über den link. |
-->es muss ja nicht immer alles erGoogelt werden. Danke
Als Gegenleistung hätte ich da einen für die"Wirtschaftler" mit nem Fass von links.
<ul> ~ http://www.freewebs.com/nomonopoly/</ul>
|
HB
16.05.2003, 14:25
@ rocca
|
Ich schicke dir ein Mail |
-->Einfach Freemail Adresse hier rein schreiben, aber aufpassen, eine in ein Board geschriebene Mailadresse ist spammäßig als"verbrannt" zu betrachten, also ggf besser bei http://www.x-mail.net auf die Schnelle einen neuen Freemail Account anlegen.
|
HB
16.05.2003, 14:29
@ alberich
|
Wie Apfelsaft hergestellt wird |
-->Aus"Pollmer, Udo - Lexikon der populären Ernährungsirrtümer"
------------------------------------------------------------------------------
Naturtrüber Apfelsaft ist von Natur aus trüb
Soviel wissen auch die Großstadtkinder: »Echter« Apfelsaft ist trüb, denn er
kommt ungefiltert direkt aus der Presse in die Flasche. Was sie meist nicht mehr
wissen, ist, daß sich die Trübstoffe bei solchen »echten« Säften nach einiger Zeit am
Boden der Flasche absetzen. Aber das finden viele Menschen nun wieder eklig. Was
tut also der Safthersteller, der seinen Kunden statt der unmodern gewordenen klaren
die »natürlichen« trüben Säfte - aber ohne Bodensatz - verkaufen will? Er gibt sich
Mühe und verlängert den Produktionsprozeß um ein paar Schritte.
Die Grundlage der allermeisten Säfte ist das Konzentrat. Konzentrat spart
Transportkosten, weil es ja überall Wasser zum Verdünnen gibt. Die Herstellung
läuft meist gleich ab. Erst werden die gewaschenen Äpfel zerkleinert und zu Mus
gemacht. Enzymzusätze sorgen dafür, daß sich die Zellwände des Fruchtfleisches
auflösen und selbst zu Saft werden. Das erhöht die Ausbeute. Mit verschiedenen
Filtern und in mehreren Stufen trennt man erst die gröberen Fruchtfleischfetzchen,
dann den Feintrub und schließlich einen Teil des Wassers vom Saft ab. Die klare
und aufkonzentrierte Flüssigkeit wird nun in sogenannten Verdampfern zum
Konzentrat eingedickt. Weil dabei auch die Aromastoffe mitverdampfen, müssen
diese eigens abgetrennt oder zurückgewonnen werden.
Das aromafreie Konzentrat liefert den Grundstoff für unseren »Apfelsaft«. Durch
Zumischen von Aroma und Verdünnen mit Wasser kann jede Firma ihren »eigenen«
Markensaft mixen. Er ist allerdings wasserklar und kein bißchen »naturtrüb«. Das
Problem läßt sich jedoch mit speziellen Trübungsmitteln lösen, die keinen
nennenswerten Bodensatz bilden. Sie erhält man, wenn man beispielsweise die
Filterrückstände vermahlt und homogenisiert. Das spart die Entsorgung und erfüllt
den Kundenwunsch: Weil sie kleiner und damit leichter sind als die »echten«
Trübstoffe, bleiben sie länger in der Schwebe und setzen sich kaum in der Flasche
ab. Wenn das noch nicht reicht, helfen mäßige Zusätze an
Natriumcarboxymethylcellulose und Propylenglykolalginat, die allerdings in
Deutschland verboten sind.
Das wohl pfiffigste Verfahren, um im Naturtrüben zu fischen, steuerte eine
deutsche Saftfabrik bei. So wird's gemacht: Äpfel mahlen, mit Ascorbinsäure
versetzen und durch ein Sieb passieren. Das Mus mit der gleichen Menge Wasser
versetzen, im Vakuum entgasen und erhitzen. Schließlich wird der Brei
homogenisiert und der Anteil entfernt, der sich absetzen könnte. Das, was
übrigbleibt, macht klare Säfte naturtrüb, und zwar so, daß sie ohne weiteres ein Jahr
im Regal stehenbleiben können, ohne unappetitlich zu wirken.
Natürlich ist es auch heute noch möglich, naturtrübe Säfte ohne Trübungsmittel
herzustellen, allerdings mit dem Nachteil, daß sie den oft unerwünschten Bodensatz
bilden. Wer auf Nummer Sicher gehen will, muß seinen Saft entweder selbst
pressen, eine Kelterei auf dem Lande auftun und dabei zusehen, wie die Äpfel in die
Flasche kommen, oder einen sogenannten Direktsaft kaufen. Aber auch der wandert
nicht immer direkt in die Flasche:
Inzwischen gibt es einen lebhaften Handel mit Saft, der tiefgefroren in großen
Fässern nach Deutschland geschafft, aufgetaut und abgefüllt wird.
|
Yak
16.05.2003, 14:30
@ alberich
|
Das ist aber nicht allein das Problem |
-->>lieber kaddii,
>ist Dir z.B. bekannt, daß die vielgeschmähten holländischen und belgischen Tomaten (das gilt auch für Gurken und Paprika u.a.) unter nahezu völligem Verzicht des Einsatzes von Insektiziden und Akariziden herangezogen werden?
Hallo alberich,
auch wenn keinerlei Rückstände drin wären, würde ich sowas nicht kaufen. Der Gehalt an Vitaminen, Bioflavonoiden, Mineralstoffen und Enzymen ist bei diesen Produkten um ein Vielfaches niedriger. Da kann ich genauso die schönen Stärkechips futtern, die neuerdings als Füllmaterial in Versandkartons stecken. Dann noch eine klitzekleine Vitaminpille für 10 Cent und etwas Sägemehl als Ballaststoffe, dann habe ich vom Nährwert her das gleiche wie mit den südtiroler oder belgischen Wasserbällen - und es war fast kostenlos.
Nee, da bleibe ich lieber beim eigenen Garten und/oder bei Bio. Wobei mir die Bioerdbeeren schon lange nicht mehr schmecken. Wahrscheinlich sind die durch den sauren Regen ebenso ausgelutscht wie die Nährlösungspflänzlein. Der eigene Garten erhält hingegen ständig neue Asche von Holzofen, da schmecken sie noch wie zu alten Zeiten. Leider futtert sie mein Sohn immer schneller weg als ich.
Gruss, Yak
|
HB
16.05.2003, 14:31
@ Wassermann
|
Du hast Post (owT) |
-->
|
manolo
16.05.2003, 14:33
@ alberich
|
Re: o.t. Frage an die Obstbauern ist das ein Wunder? |
-->>ich bin zwar kein Obstbauer aber:
>Hier ist Entwarnung angesagt. Keine Chemie sondern reine Physik und Kenntnis der Reifeprozesse.
>Generell wird bei der Lagerung von Obst (vor allem bei Apfel und Birne) zwischen drei Lagerungsstufen unterschieden - Naturlager, Kuehllager und CA-Lager. Naturlager: Kuehle Erdkeller mit hoher Luftfeuchtigkeit eignen sich fuer die Lagerung von Obst im haeuslichem Bereich. Die Haltbarkeit im Hauskeller entspricht etwa der Lagerfaehigkeit im Naturkeller, kann aber bei hoher Temperatur und geringer Luftfeuchtigekeit die Lagerzeit bedeutend verkuerzen. Das heisst, eine regelmaessige Kontrolle und das Entfernen von faulen Fruechten ist unbedingt ratsam. Kuehllager: Kuehllager sind mit Kaeltemaschinen und haeufig mit Luftbefeuchtungsanlagen ausgestattet. Optimal ist eine Temperatur - je nach Sorte- von 6-0 Grad Celsius bei Aepfeln und 1 bis -1 Grad Celsius bei Birnen und generell ein Luftfeuchtigkeit von 90-94 Prozent. CA-Lagerung: Die CA-Lagerung erfolgt in gasdichten Kuehlraeumen. Hier erfolgt eine stetige Kontrolle von optimaler Temperatur und Luftfeuchtigkeit je nach Sorte. Ausserdem wird die Zusammensetzung der Lagerluft kontrolliert. Durch Verminderung des Sauerstoffgehaltes und Anreicherung der Lageratmosphaere mit Kohlendioxid (das auch von den Fruechten ausgeschieden wird), kann der Reifungsprozess hinausgezoegert werden. Eine Weiterentwicklung ist die sogenannte ULO (Ultra-Low-Oxygen) Lagerung. Hier wird mit einem extrem geringen Sauerstoffgehalt der Luft gearbeitet. Die meisten in CA-Lagern gehaltenen Fruechte erreichen ihre Genussreife erst nach einer Nachreifungsperiode. Diese Nachreifung geschieht in der Regel waehrend des Transportes vom Lagerhaus zum Supermarkt und durch die Lagerung im Supermarkt selbst.
>(Quelle: http://www.foodplants.at/referencearticle.asp?index5=108)
>Ich hoffe das beruhigt das aufgewühlte Gemüt.
>Im übrigen ist mir aufgefallen (auch hier im Board) wie wenig der"Otto-Normal-Verbraucher" an allgemeinem Wissen über Nahrungsmittel hat. Sehr schnell werden dann üble Machenschaften der profitgierigen Bauern, Verarbeiter, Händler... usw. vermutet.
>gruß
>alberich
guten Tag alberich,
zunächst herzlichen Dank für diesen excellenten Grundkurs. Hoffentlich wissen das die Bauern.
(den anderen auch danke).
Jetzt bin im Bilde und kannvor der Kasse in der Scchlange aber auf den Putz hauen.[img][/img]
aber auf deinen letzten Absatz bezogen: Ist das ein Wunder?
man
|
rocca
16.05.2003, 14:51
@ HB
|
Re: Ich schicke dir ein Mail / hier bitte |
-->>Einfach Freemail Adresse hier rein schreiben, aber aufpassen, eine in ein Board geschriebene Mailadresse ist spammäßig als"verbrannt" zu betrachten, also ggf besser bei http://www.x-mail.net auf die Schnelle einen neuen Freemail Account anlegen.
webuser1706@x-mail.net
|
HB
16.05.2003, 14:59
@ rocca
|
Du hast Post (owT) |
-->
|
wheely
16.05.2003, 15:16
@ HB
|
kannst du... |
-->..mir das auch schicken?
wheely@x-mail.net
Wär supernett, danke im voraus!
Gruß
wheely
|
HB
16.05.2003, 15:26
@ wheely
|
Wird nicht angenommen |
-->We are sorry to have to inform you that the message returned
below could not be delivered to one or more destinations.
<wheely@x-mail.net>: 550-Mailbox unknown. Either there is no mailbox
associated with this 550-name or you do not have authorization to see it.
550 5.1.1 User unknown
>..mir das auch schicken?
>wheely@x-mail.net
>Wär supernett, danke im voraus!
>Gruß
>wheely
|
alberich
16.05.2003, 15:39
@ manolo
|
auf deinen letzten Absatz bezogen: Ist das ein Wunder? |
-->hallo manolo,
natürlich wissen das die Bauern, leben sie schließlich davon.
ich will hier keineswegs behaupten die Branche habe eÃne blütenreine Weste, dafür hat es schon zu viele Skandale und Betrügereien gegeben.
Andererseits hatte der Verbraucher noch nie die Gelegenheit sich derart umfassend zu informieren wie heute.
Weiters ist er nicht gezwungen die Kreationen der Nahrungsmittelindustrie zu konsumieren, nur was nachgefragt wird, wird auch produziert.
Es ist allerdings mit etwas Mühe verbunden sich zu informieren und selbst tätig zuwerden.
Und wenn's ans einsparen geht: ich weiß nicht welcher Trieb beim Deutschen an erster Stelle steht: der Steuerspartrieb oder der Spartrieb beim Einkaufen, jedenfalls sind beide wesentlich größer als der Vermehrungstrieb.
Gruß
alberich
|
alberich
16.05.2003, 15:49
@ HB
|
Hans-Ulrich Grimm - ein Populist und Begriffsjongleur erster Güte |
-->Ein paar Kommentare dazu:
>Mit der angemessenen Diskretion
>vermarktet, werden Leckereien aus Müll schon heute zu
>Bestsellern.
>Man nehme beispielsweise Molke. Ein Abfallprodukt der
>Landwirtschaft, es entsteht bei der Käseherstellung. Das
>grünliche Abwasser wurde früher weggeschüttet oder an die
>Schweine verfüttert.
So ein Quatsch: Molke'fällt' zwar bei der Käseherstellung ab, ist aber kein Abfall oder gar Abwasser. Schließlich werden aus der Molke wiederum feine Käsesorten hergestellt (traditionell). Und gegen die Verfütterung des hochwertigen Eiweißes an die Schweine hat ja wohl keiner was dagegen. Übrigens: beim Verzehr von Trinkmilch bekommt man die Molke (als Bestandteil) gratis mitgeliefert.
>Vielleicht aus einer instinktiven
>Abwehrreaktion: Denn neuere Studien deuten daraufhin, daß ein
>Eiweißbestandteil der Molke an der Entstehung von Diabetes
>beteiligt sein könnte.
Geschickt formuliert.. deuten darauf hin... sein könnte...
Fazit: nichts genaues weiß ich nicht
>Andererseits hat die Molke Nährwert, und
>diesen nutzt die moderne Nahrungsproduktion: Molkeneiweiß
>findet sich als Zusatz-Stoff in Kindernahrung, Frischkäse,
>Fertigsuppen. Oder als Ersatzeiweiß in japanischen Gelee-
>Fischstäbchen. Das hat der Vorsitzende des Bundes Deutscher
>Lebensmitteltechnologen höchstpersönlich erfunden: Ernst
>Reimerdes, im Hauptberuf Lebensmittel-Forscher bei Nestle in
>der Schweiz. Er versteht sich auch als »Food-Designer«. Und
>ein »Grundprinzip des Food-Designs«, sagt Reimerdes, »besteht
>darin, die Entsorgung zu gewährleisten und daraus hochwertige
>Nahrungsbausteine zu gewinnen.«
Die Verwertung von Produktresten oder Nebenprodukten war früher, als Nahrung noch ein kanppes Gut war, an der Tagesordnung und ein Gebot des Überlebens.
einige Beispiele für Manipulation:
>Der Großmolkerei Müller im bayrischen Aretsried gebührt
>das Verdienst, den flüssigen Nahrungsbaustein Molke, jenes
>grünliche Abwasser, (grünlich, igitt wie das Zeug aus der Nase etwa? / Abwasser: s.o. ist es nicht)
massenhaftem Genuß zugänglich gemacht
>zu haben. Das war nicht ganz einfach: »Fünf Jahre lang haben
>wir daran gearbeitet«, erzählte einer der Entwickler einem
>Reporter vom Magazin der Süddeutschen Zeitung. Schließlich
>hatten sie die Lösung: ein bißchen Molke, ein bißchen Wassser,
>Coffein, Traubenzucker als Energiespender und künstliche
>Süßstoffe als billigen Zucker-Ersatz. (die Süßstoffe sind nicht unbedingt billiger, wertet als 'Bilig' allerdings herbe ab)
>Die Männer von Müller griffen zu Sunett, dem süßen
>Kunststoff von Hoechst.
>Denn Sunett ist Spezialist für solche Molkengetränke. Die,
>sagt Dr. Guido Ritter von der Abteilung Lebensmitteltechnik in
>der Food-Filiale des Chemieriesen, haben »ein positives Image«
>beim Verbraucher. Die Herstellung ist ganz einfach, nach der
>³Richtrezeptur« aus dem Hause Hoechst: Zum Molkenpulver
>gebe man ein bißchen Sunett, dazu die Süßstoffe Aspartam und
>Neohesperidin-DC, außerdem 0,2 Gramm Ascorbinsäure, also
>das gesunde Vitamin C. Fertig ist der Fitnessdrink. Eine Prise
>Geschmack kann noch hinzugefügt werden, denn Sunett
>harmoniert »hervorragend mit Aromen, Geschmacksstoffen oder
>Fruchtzubereitungen«.
Das Abwasser (schon wieder s.o.)
erscheint dann in völlig
>neuer Form, und in unerwarteten Geschmacksrichtungen, laut
>Hoechst-Prospekt: »Auch bei den Aromen gilt, erlaubt ist, was
>gefällt: Kirsche-, Pfirsich-, Aprikosen-, Mango- oder
>Bananengeschmack.«
>Die Zauberkünste der Geschmacks-Nachahmer haben die
>Müllverwertung (Molke ist Müll und gehört in die Sondermüllverbrennungsanlage oder in Schacht Konrad zum Atommüll, diese Verbrecher)
endlich von der anrüchigen Aura befreit, die sie
>bisher umgab. Denn derlei Nahrungsimitate riefen in früheren
>Generationen unangenehme Erinnerungen an Notzeiten wach, in
>denen echtes Essen knapp war und der Magen knurrte.
>Tatsächlich stammen viele der Erfindungen ja aus elendigen
>Zeiten. Jenes Roggenbrot ohne Roggen beispielsweise oder die
>blutgefärbte Ersatzwurst aus Soja, die sich der nachmalige
>Bundeskanzler Konrad Adenauer patentieren ließ. Er hatte die
>Pseudo-Produkte in der Zeit des Ersten Weltkriegs erfunden, um
>kriegsbedingte Hungersnöte zu lindern.
In Japan sind Sojaprodukte (Tofu) der Hit. Auch hier gibts Ãm Ã-koladen undverdächtige Sojaburger etc.
usw.
usw.
niemand muß diese Produkte kaufen, bleiben sie im Regal liegen, geht der Produzent Pleite und das war's. So leicht lassen sich diese Probleme lösen.
wer so blöd ist, z.B. für einen Molkedrink derartig viel auf den Tisch zu legen, dem kann man nicht helfen.
gruß
alberich
|
marocki4
16.05.2003, 15:52
@ HB
|
für mich auch bitte... |
-->...wäre zu nett!! ;-))
|
HB
16.05.2003, 16:02
@ marocki4
|
Du hast Post (owT) |
-->
|
alberich
16.05.2003, 16:15
@ Yak
|
Re: Das ist aber nicht allein das Problem |
-->Hallo yak,
ich habe noch keine Analysen gesehen, die Deine Behauptung bzgl. des"vielfach" geringeren Gehaltes an Vitaminen, Bioflavonoiden, Mineralstoffen und Enzymen belegt. Hast Du eine?
>Wobei mir die Bioerdbeeren schon lange nicht mehr schmecken. Wahrscheinlich >sind die durch den sauren Regen ebenso ausgelutscht wie die >Nährlösungspflänzlein.
Das liegt ja wohl eher an der Sorte.
>Der eigene Garten erhält hingegen ständig neue Asche von Holzofen, da schmecken sie noch wie zu alten Zeiten.
Ich glaube Du solltest eine Bodenanalyse bzgl Nährstoffgehalten durchführen lassen, übrigens Holzasche kann große Mengen an Schwermetallen enthalten und ist viel zu Kaliumreich, Gefahr der Überdüngung und Eintrag ins Grundwasser.
Gruß
alberich
|
HB
16.05.2003, 16:27
@ alberich
|
Holzasche als Dünger |
-->Aus"Kreuter, Marie Luise - Der Biogarten"
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Holzasche ist ihrem Ursprung nach gleichfalls ein Pflanzendünger. Jeder Gärtner kann sie selber herstellen, wenn er große Äste
oder verholzten Rosenschnitt verbrennt. (Falls dies erlaubt ist; die Bestimmungen sind regional unterschiedlich.) Auch die
Holzasche aus dem offenen Kamin kann als Dünger verwendet werden. Im Handel wird hochwertige Buchenholzkohle verkauft.
Holzasche ist ausgesprochen kalireich. Sie enthält auch Kalk und Spurenelemente. Dieser Dünger wirkt pilz- und
fäulnishemmend. Gemüse, die Kali brauchen, zum Beispiel Möhren und Sellerie, können mit Holzasche gefördert werden.
Streuen Sie den feinen Staub dünn in Saatrillen und Pflanzenlöcher. Auch Rosen lieben Holzasche. Dieser kalireiche Dünger ist
ganz allgemein eine gute Ergänzung zu den meist kaliarmen tierischen Naturdüngern.
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Die Wichtigsten Düngemittel für den biologischen Garten
Tierische Dünger
Frischer strohiger Rindermist gehört seit alten Zeiten zu den wichtigsten Naturdüngern. Er enthält alle Nährstoffe in
ausgeglichener, milder Zusammensetzung. Achtung: Alle tierischen Dünger werden ohne Kalk kompostiert. Er entbindet den
wertvollen Stickstoff. Als Ammoniak würde er nutzlos in die Luft entweichen. Gut ist es dagegen, den Rindermist mit
nichtkalkhaltigem Steinmehl zu überstreuen.
Frischer Mist darf - wenn überhaupt nur im Herbst oberflächlich und dünn über die Beete gestreut werden, so daß er über Winter
verrotten kann. Rindermist eignet sich als Dünger für starkzehrende Gewächse.
Getrockneter Rindermist ist besonders reich an Kali. Dieser Nährstoff fehlt in den meisten anderen organischen Düngern, oder er
ist darin nur in geringen Mengen vorhanden. Achten Sie bei käuflichem Rinderdung auf Hinweise, die eine gesunde Tierhaltung
garantieren. Besonders gut eignet sich dieser Dünger für Rosen, Möhren und Sellerie.
Pferdemist gehört, wie jeder weiß, zu den hitzigen Düngern. Man benutzt ihn deshalb als Packung zum »Aufheizen« der
Frühbeete. Er hat ähnliche Nährstoffgehalte wie Rindermist. Beide können vermischt und gemeinsam kompostiert werden.
Pferdemist sollten Sie nur für Starkzehrer verwenden.
Schweinemist ist ein kalter Mist. Er enthält fast keinen Kalk, dafür aber Kali und etwas Stickstoff. Genau wie alle anderen
tierischen Exkremente sollte er kompostiert werden. Er eignet sich für Sellerie, Lauch und Himbeeren.
Schaf-, Ziegen- und Kaninchenmist
gehören zu den hitzigen Düngern. Ihr Stickstoffgehalt kann Geilwuchs hervorrufen. Am besten werden sie einzeln oder mit
anderem Mist vermischt kompostiert. Sie eignen sich für starkzehrende Gemüse.
Geflügeldünger haben im Gegensatz zu den meisten anderen Mistarten einen hohen Kaligehalt. Ihr Hauptnährstoff ist allerdings
der Phosphor (bis zu 12 % bei Guano). Auch der Stickstoffanteil ist beachtlich. Da sich dieser Stickstoff im Geflügelmist
besonders schnell umsetzt, können bei Überdüngung Verbrennungen entstehen. Geflügelmist ist hitzig! Er sollte mit Erde
vermischt kompostiert oder als Jauche angesetzt werden. Es gibt Hühner-, Enten- und Taubenmist.
Peru-Guano besteht aus den Exkrementen und den Kadavern der wilden Seevögel, die seit Jahrhunderten an den Küsten Perus in
meterdicken Schichten abgelagert wurden. Dieser Naturdünger wird abgebaut und verkauft. Er ist besonders stickstoff- und
phosphorreich. Achten Sie auf »Echten Guano«. Im Handel werden meist Mischdünger mit geringem Guano-Anteil angeboten.
Da die unkontrollierte Ausbeutung der Guanoablagerungen zu ökologischen Problemen an den natürlichen Standorten führt, sollte
ein verantwortungsbewußter Bio-Gärtner überlegen, ob es nicht sinnvoller ist, heimischen Hühnermist vom Ã-kobauern zu
verwenden.
Alle Geflügeldünger werden nur sparsam verwendet. Sie eigenen sich für starkzehrendes Gemüse und fördern auch die
Blütenbildung bei Zimmer-, Balkon- und Gartenblumen.
Horn-; Blut- und Knochenmehl
sind tierische Düngemittel, die aus Schlachthausabfällen hergestellt werden. Diese organischen Dünger sind in praktischen
Portionen verpackt. Sie sind unkompliziert in der Anwendung und können im Garten zu vielen Zwecken benutzt werden.
Horn gibt es in verschiedenen Ausführungen: mehr oder weniger fein gemahlen als Mehl oder als Hornspäne. Je grober die
Substanz ist, desto langsamer wird sie im Boden umgesetzt. Horndünger enthalten vor allem Stickstoff und Phosphor. Blutmehl
hat einen besonders hohen Stickstoffgehalt. Hinzu kommen etwas Phosphor und Kali. Knochenmehl (entleimt oder gedämpft) hat
von diesen drei Schlachthausdüngern den höchsten Phosphorgehalt, einen mittleren Stickstoffgehalt und einen geringen Anteil
von Kali. Horn-, Blut- und Knochenmehl können miteinander vermischt werden. Es entsteht dann ein organischer »Volldünger«,
in dem die drei wichtigen Hauptnährstoffe NPK ebenso enthalten sind wie eine Fülle von Spurenelementen. Für den Laien ist es
aber schwierig, das günstigste Mischungsverhältnis zu finden. Deshalb sind in diesem Fall fertige Handelsdünger empfehlenswert.
Ein bewährter Naturdünger aus Horn-Blut-Knöchenmehl und anderen organischen Substanzen ist zum Beispiel »Oscorna
Animalin«. Weitere Bezugsquellen finden Sie im Anhang.
Ein wichtiger Gesichtspunkt ist bei allen tierischen Düngern, die im biologischen Garten die Erde verbessern sollen, zu beachten:
Sie müssen aus einwandfreier, möglichst naturgemäßer Viehhaltung stammen. Mist von Tieren, die mit Antibotika und
Hormonfutter aufgezogen werden, ist schädlich! Ein Bio-Gärtner sollte zum Beispiel nie Hühnermist aus den riesigen
Legefabriken verwenden, in denen die Tiere unter vollkommen unnatürlichen Bedingungen »leben« müssen! Die Exkremente sind
ja das indirekte Ergebnis der Fütterung und des Stoffwechsels.
Pflanzliche Dünger
Die Gründüngung
Die Bodenverbesserung mit Hilfe grüner Pflanzen ist eine sehr alte Düngemethode. Sie stammt ursprünglich aus dem Ackerbau,
kann aber mit Abwandlungen auf den Garten übertragen werden. Die Gründüngung bietet verschiedene Vorteile gleichzeitig an:
Die dichte oberirdische Pflanzenmasse schützt den Boden vor Verdunstung und unterdrückt unerwünschte Wildkräuter. Werden
die Blätter abgemäht oder ausgerissen, so liefern sie Material zum Mulchen und zum Kompostieren. Das vitale, ausgedehnte
Wurzelwerk dieser Pflanzenspezialisten bringt weitere wichtige Vorteile: Der Boden wird gelockert, durchlüftet und mit
organischer Masse angereichert. Einige Grünpflanzen sind in der Lage, in Knöllchen an ihren Wurzeln Stickstoff zu sammeln.
Diese Düngerproduktion funktioniert allerdings nur im Teamwork mit bestimmten Bakterien. Andere Pioniere, deren Wurzeln
sehr tief reichen, tragen durch ihre Ausscheidung dazu bei, Nährstroffe aus den Mineralien des gewachsenen Bodens zu lösen.
Weil die unterirdischen Wirkungen der Gründüngung so wichtig sind, werden die Wurzeln möglichst nicht ausgerissen, wenn die
oberirdische grüne Decke wieder entfernt wird.
Im Nutzgarten wird die Gründüngung als eine Art »Schichtwechsel« eingesetzt. Überall dort, wo ein Beet abgeerntet ist, kann
vorübergehend eine Pflanzenart eingesät werden, die die Erde regeneriert. Eine wichtige Rolle spielt die Gründüngung bei der
Erschließung eines Baugrundstücks. Dort hinterlassen Maschinen und Handwerker oft einen völlig verwüsteten und verdichteten
Boden. Die »grünen Pioniere« können hier helfen, wieder Luft und Leben in die Erde zu bringen. Sie sollten vor jeder anderen
Kulturmaßnahme ausgesät werden.
Stickstoffsammelnde Pflanzen sind die Leguminosen (Schmetterlingsblütler). Zu ihnen zählen einige Kleearten, Wicken, Lupinen
und auch die Gemüsepflanzen Erbsen,. Bohnen und Sojabohnen. Mit den Wurzeln dieser Pflanzen bilden bestimmte Bakterien
eine enge Lebensgemeinschaft (Symbiose). Sie sammeln Stickstoff, der in Knöllchen abgelagert wird. Deshalb spricht man von
Knöllchenbakterien. Mit Hilfe der Leguminosen kann der Gärtner eine gezielte Stickstoffdüngung durchführen. Einzelne
Gründüngungsarten oder Gründungsmischungen, die auf unterschiedliche Gartenböden abgestimmt sind, gibt es inzwischen
überall im Fachhandel zu kaufen. Die Mengen sind auf den Bedarf normaler Hausgärten abgestimmt. Gründüngung kann vor oder
nach der Gartenkultur ausgesät werden. Einige dieser Bodenverbesserer und Naturdünger eignen sich auch als Zwischenfrucht,
zum Beispiel Senf und Klee.
Senf ist für kleine Gärten ein praktischer, billiger und rasch wachsender Gründünger. Saatgut kann man überall im Handel kaufen.
Die Pflanzen keimen so schnell wie Kresse. Ihre weitverzweigten Wurzeln hinterlassen einen feinkrümeligen Boden. Senf kann
jederzeit bis spät in den Herbst ausgesät werden. Uber Winter frieren die Pflanzen ab. Im Frühling reißt man sie dort aus, wo Platz
für Kulturpflanzen benötigt wird. Rings um die Saatreihen und die Pflanzlöcher bleibt der Senf als lockere Bodendecke liegen.
Vorsicht: Wo Kohl angepflanzt wird, darf kein Senf ausgesät werden. Beide sind senfölhaltige Kreuzblütler und damit
Konkurrenten. Die Phazelia (Bienenfreund) ist hier als Zwischensaat oder Vorfrucht geeignet.
Algendünger sind pflanzliche Dünger, die aus dem Meer stammen. Viele Küstenbewohner, so zum Beispiel die Bauern der
Bretagne und die Landwirte Chinas, schätzen die Nährstoffe der Algen und des Seetangs schon seit Jahrhunderten. Heute weiß
man, daß Algen sehr viel Kali, etwas Stickstoff und wenig Phosphor enthalten. Wertvoll ist vor allem ihr hoher Gehalt an
Spurenelementen und Magnesium. Einige Arten haben bis zu 33% Kalkgehalt (Kalkalgen).
Im Handel werden Produkte aus zwei verschiedenen Algenarten angeboten: Präparate aus getrockneten Grün- und Braunalgen
sowie Algenkalk, der aus den Skeletten der Korallalgen gewonnen wird. Es handelt sich dabei um Rotalgen (Lithotamnium
calcareum); die vor der französischen Atlantikküste jahrtausendealte Ablagerungen bilden. Diese bestehen aus den Kalkgerüsten,
die von den absterbenden Algen übrigbleiben. Die Korallalgen-Riffe werden systematisch abgebaut.
Algenkalk ist reich an Magnesium und enthält außerdem noch andere Spurenelemente und Kieselsäure. Er aktiviert den Boden.
Meeresalgendünger aus Braun- oder Kieselalgen sind zum Beispiel »Algifert« und »Algan«. Die Mittel werden zur biologischen
Blattdüngung verwendet; sie stärken die Widerstandskraft der Pflanzen.
Rizinusschrot wird aus einem tropischen Wolfsmilchgewächs (Ricinus communis) gewonnen. Er besteht aus den Rückständen, die
beim Auspressen der ölhaltigen Rizinusbohnen übrigbleiben. Rizinusschrot ist ein stickstoffreiches Düngemittel, das auch
reichlich organische Substanz liefert.
Menschen, deren Haut leicht allergisch reagiert, sollten beim Ausstreuen Handschuhe tragen oder diesen Dünger meiden, denn
Rizinus kann Reizerscheinungen auslösen!
Trester Rückstände, die beim Auspressen von Trauben, Äpfeln und anderen Früchten entstehen, haben meist nur regionale
Bedeutung. In Wein- und Obstanbaugebieten können Gärtner dieses Material zur Humusanreicherung nutzen. Der Nährstoffgehalt
ist gering.
Achtung: Trauben- und Obstreste, die Spritzmittelrückstände aufweisen, sind für den Bio-Garten nicht geeignet!
Holzasche ist ihrem Ursprung nach gleichfalls ein Pflanzendünger. Jeder Gärtner kann sie selber herstellen, wenn er große Äste
oder verholzten Rosenschnitt verbrennt. (Falls dies erlaubt ist; die Bestimmungen sind regional unterschiedlich.) Auch die
Holzasche aus dem offenen Kamin kann als Dünger verwendet werden. Im Handel wird hochwertige Buchenholzkohle verkauft.
Holzasche ist ausgesprochen kalireich. Sie enthält auch Kalk und Spurenelemente. Dieser Dünger wirkt pilz- und
fäulnishemmend. Gemüse, die Kali brauchen, zum Beispiel Möhren und Sellerie, können mit Holzasche gefördert werden.
Streuen Sie den feinen Staub dünn in Saatrillen und Pflanzenlöcher. Auch Rosen lieben Holzasche. Dieser kalireiche Dünger ist
ganz allgemein eine gute Ergänzung zu den meist kaliarmen tierischen Naturdüngern.
Jauche - flüssige Düngung
Sowohl tierische als auch pflanzliche Dünger können in Wasser angesetzt und als flüssige Lösungen direkt an die Pflanzen
gegossen werden. Diese Jauchedüngung ist immer dann angebracht, wenn man einen kräftigen Wachstumsschub erreichen will.
Starkzehrende Gewächse wie Kohl und Tomaten können solche schnellwirkenden Sonderrationen während der Vegetationszeit
gebrauchen. Jauche ist im allgemeinen stickstoff- und kalihaltig. Man muß also vorsichtig damit umgehen, um Verbrennungen
und geile Triebe zu vermeiden. Durch Verdünnung ist es aber leicht möglich, milde Jauchelösungen herzustellen.
Brennesseljauche
Die bekannteste Pflanzenbrühe, die jeder Bio-Gärtner leicht selber ansetzen kann, ist die Brennesseljauche. Dafür wird frisches
Kraut verwendet, das vom Frühling bis zum Sommer geschnitten werden kann. Nur samentragende Pflanzen sind unbrauchbar.
Kleinere Mengen, zum Beispiel für Stadtgärten oder Balkone, kann man auch aus getrocknetem Brennesselkraut ansetzen.
Zunächst benötigt der Gärtner für die flüssige Düngerproduktion ein nicht zu kleines Holz- oder Kunststoff-Faß. Es kann auch ein
Steinguttopf sein. Metallfässer eignen sich nicht so gut, weil während der Gärung zwischen dem Metall und der Brühe ungünstige
chemische Reaktionen stattfinden können. Ober die Ã-ffnung sollten Sie einen Holz- oder Drahtrost legen, damit keine Vögel oder
andere kleine Tiere in die Flüssigkeit fallen können. Andererseits läßt das durchbrochene Gitter genügend Luft zirkulieren.
Für die Pflanzenjauche werden zunächst reichlich kleingeschnittene Brennesseln eingefüllt, dann gießt der Gärtner das Gefäß mit
Wasser auf. Regenwasser wäre ideal; wo es nicht vorhanden ist, da benutzen Sie am besten abgestandenes Wasser, das einige Zeit
der Sonne ausgesetzt war. Füllen Sie die Tonne nicht bis zum Rand; gut eine Handbreit sollte freibleiben, denn während der
Gärung schäumt die Jauche hoch. An einem sonnigen Platz verläuft dieser Prozeß schneller. Mindestens einmal am Tag müssen
Sie Ihre Jauche kräftig durchrühren, damit Sauerstoff in den Zersetzungsprozeß gelangt.
Jauche entwickelt immer unangenehme Gerüche. Eine Handvoll Steinmehl, das über die Oberfläche gestreut wird, oder etwas
Baldrianblüten-Extrakt können diese Begleiterscheinungen mildern. Manche Jauche-Spezialisten verpacken das Grünzeug in
poröse Säcke, ehe sie es in der Tonne versenken. So wollen sie verhindern, daß die zersetzte Pflanzenmasse später die Gießkanne
verstopft. Sie können die Brühe aber auch vor dem Gebrauch sorgfältig durchsieben. Dies ist aber nur nötig, wenn die
Brennesseljauche zur Pflanzenstärkung über die Blätter gebraust wird. Im allgemeinen gießt der Gärtner die nahrhafte Brühe mit
breitem Strahl direkt in den Wurzelbereich der Pflanzen. Dann stören Rückstände überhaupt nicht.
Die Jauche muß vor der Verwendung auf jeden Fall abgemessen und verdünnt werden. Im Normalfall rechnet man mit einem
Verhältnis von 1:10. Haben Sie in einem kleinen Topf einen sehr intensiven Extrakt angesetzt, dann verdünnen Sie besser auf
1:20. Auch für empfindliche Gewächse verwenden Sie lieber schwache Düngerlösungen.
Ihre Jauche ist fertig zum Gebrauch, wenn sie eine dunkle Farbe angenommen hat und nicht mehr schäumt. Je nach Witterung ist
das nach 11/2-3 Wochen der Fall. Nun können Sie auch einen Deckel auf das Faß legen. Die nahrhafte Brühe hält sich bis zum
Ende des Gartenjahres. Im Herbst können Sie unverbrauchte Reste über den Kompost gießen. Wenn das Wachstum im nächsten
Frühling wieder kräftig einsetzt, ist es auch Zeit, neue Jauche anzurühren.
Brennesseln ergeben eine ideale Flüssigdüngung für biologische Gärten. Sie wirkt ausgleichend und heilend, fördert das
Wachstum und die Chlorophyllbildung. Regenwürmer lieben Böden, die mit Brennesseljauche gedüngt werden. Die meisten
Pflanzen des Blumen-, Gemüse- und Obstgartens können mit dieser preiswerten, gesunden Pflanzenbrühe ernährt werden. Nur
Bohnen, Erbsen, Zwiebeln und Knoblauch vertragen diese stickstoffreiche Düngung nicht. Außer Brennesseln können auch noch
andere Pflanzen als Jauche angesetzt werden.
Andere Jauchen
Beinwell oder Comfrey (Symphytum officinale oder S. asperum) sind stark eiweißhaltige Heilpflanzen. Sie können im Garten
angebaut und mehrmals im Sommer abgeerntet werden. Die großen Blätter liefern reichlich Material für Jauche. Die
Comfreybrühe ist stickstoff- und kalihaltig. Nach Erfolgsberichten von Bio-Gärtnern fördert sie ganz besonders Tomatenpflanzen.
Comfreyblätter können auch gut mit Brennesseln gemischt werden.
Gemischte Kräuter können gleichfalls in Wasser angesetzt werden: Hirtentäschel, Schachtelhalm, Kamille, Löwenzahn sowie
Zutaten aus dem Küchenkräutergarten wie Pfefferminze, Schnittlauch, Ysop, Majoran und viele andere eignen sich für eine
»Gewürzjauche«.
Ein Bio-Gärtner, der die Natur genau und liebevoll beobachtet, darf bei der Zusammenstellung solcher Pflanzenjauchen ruhig
experimentieren. Die Kräuter können untereinander und mit Brennesseln oder Comfrey vermischt werden. Auch Rainfarn,
Farnkraut, Zwiebeln und Knoblauch eignen sich als Zutaten für Flüssigdünger. Sicher gibt es noch andere Möglichkeiten, die auf
die Entdeckung einfühlsamer Gärtner warten.
Ein wenig tierischer Dünger, zum Beispiel Kuhfladen, Hühnermist, Horn-, Blut- oder Knochenmehl, und Kompost-Starter können
zur Abrundung ebenso unter die Kräuterbrühe gemischt werden wie eine Schaufel voll reifer Kompost.
Kompost-Brühe ist ein Flüssigdünger, den man aus nahrhafter Komposterde ohne andere Zusätze erhält. Füllen Sie dazu einen
Eimer voll reifen Kompost in eine Tonne, und gießen Sie 10 Liter Wasser dazu. Alles wird nun kräftig durchgerührt.
Anschließend müssen sich die übriggebliebenen festen Erdteilchen am Boden absetzen. Nun kann der Bio-Gärtner das
Kompostwasser mit den darin aufgelösten Nährstoffen als milde Düngung direkt an die Pflanzen gießen.
Flüssiger Mist entsteht, wenn Sie tierische Exkremente in der gleichen Weise wie die Pflanzen in einer Tonne mit Wasser
ansetzen. Kuhmist ohne Stroh, frischer oder getrockneter Hühnerdung und Guano eignen sich dazu. Auch hier helfen Zusätze von
Steinmehl und Heilkräutern.
Jauche wird möglichst an trüben Tagen auf feuchte Erde verteilt. Gießen Sie die verdünnte Brühe in den Wurzelbereich der
Pflanzen, nicht über die Blätter! Besonders bei trockenem Wetter besteht sonst Verbrennungsgefahr. Je milder eine
Pflanzenjauche angesetzt ist, desto weniger sind unerwünschte Begleiterscheinungen zu befürchten. Mit dieser »Nahrung aus der
Gießkanne« können Sie im Mischkulturen-Beet sehr gezielt düngen. Ganz gefahrlos ist die Wirkung aller Jauchen, wenn Sie den
Kompost damit begießen. Dieser »Umweg« lohnt sich immer. Der große Vorteil der Naturdüngung mit Jauche: Sie ist sehr
preiswert, und Sie wissen immer, »was drin ist«.
Natürliche Mineraldünger
Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, Mineraldünger grundsätzlich mit chemischen, künstlichen oder synthetischen Düngern
gleichzusetzen. Unter »Kunstdüngern« versteht man nur die wasserlöslichen, industriell hergestellten Düngesalze. In der Natur
gibt es reiche Mineralvorkommen, deren Salze oder Gesteine abgebaut und dann als Dünger benutzt werden. Auch in biologischen
Gärten! Kalk, Rohphosphat und Kalisalze gehören dazu. Und sie sind keineswegs des Teufels! Allerdings sollten sie nur dann
benutzt werden, wenn ein Boden unbedingt Phosphor, Kali oder Kalk braucht.
Um die Nebel, die sich um den Begriff »Mineral« angesammelt haben, ein wenig zu lichten, ist es vielleicht nützlich, wenn auch
ein Bio-Gärtner sich einmal einprägt, wie dieses Wort aus dem Fachbereich der Geologie im Lexikon definiert wird. Im
»Brockhaus« ist unter dem Stichwort »Mineralien« nachzulesen:
»... chemisch und physikalisch einheitliche nicht an Lebewesen gebundene oder von Menschenhand erzeugte Bestandteile der
Erdkruste und der Meteorite, auch Reste abgestorbener Lebewesen und Neubildung bei Bränden an Bauten und Hochöfen.«
Zu den wichtigsten Mineralien auf der Erde gehören unter anderen: Elemente (Spurenelemente), Sulfide, Nitrate, Oxide, Sulfate,
Phosphate und Silikate. Mit solchen Stoffen, zum Teil Ablagerungen aus den Urzeiten unseres Planeten, haben wir es zu tun,
wenn wir von »natürlichen Mineraldüngern« sprechen. Sie stammen sozusagen »aus dem Bauch der Erde«.
Um sie wieder für die Erde nutzbar zu machen, müssen sie allerdings zuerst »von Menschenhand« bearbeitet werden.
Rohphosphat entstand in lange zurückliegenden Erdzeiträumen, als die Knochen und die Zähne toter Tiere in kalkhaltigen
Gewässern chemisch umgesetzt wurden. Daraus wuchsen Ablagerungen, die heute abgebaut und industriell verarbeitet werden.
Als feinvermahlenes Produkt kommt Rohphosphat in den Handel. »Hyperphos« enthält etwa 26% Phosphorsäure und wirkt sehr
langsam. Dieser Dünger eignet sich für saure und neutrale Böden. Schnellwirkende Phosphorsalze (zum Beispiel Superphosphat)
sind für naturgemäße Gärten nicht empfehlenswert.
Thomasmehl fällt als Nebenprodukt bei der Verhüttung phosphorhaltiger Eisenerze an. Die feinvermahlene Schlacke enthält etwa
15% Phosphorsäure. Hinzu kommen Mangan, ein hoher Kalkanteil und Spurenelemente. Thomasmehl gibt seine Wirkstoffe
langsam ab, da sein Phosphatgehalt erst von den Bodenorganismen aufgeschlossen werden muß. Deshalb wird es über Winter im
Garten ausgestreut. Thomasmehl eignet sich wegen seines hohen Kalkgehaltes vor allem für saure Böden.
Kalimagnesia (Patentkali) stammen aus den Salzablagerungen urzeitlicher Meere. Sie werden im Bergbau gewonnen. Kalisalze
enthalten Kochsalz. Sie müssen, um nicht pflanzenschädlich zu wirken, aufbereitet werden. Zu empfehlen sind Kalidünger mit
hohem Kalianteil und möglichst wenig Kochsalz. Patentkali ist ein chloridfreier Kali-Magnesiumdünger.
Bio-Gärtner sollten wissen: Kalisalzdünger setzen sich schnell im Boden um (im Gegensatz zu den langsam wirkenden
Phosphorsalzen). In lehmigen und tonhaltigen Böden ist der Nährstoff Kali meist ausreichend vorhanden. Unter Kalimangel
leiden vor allem Sand- und Moorböden. In biologischen Gärten, die schon länger nach naturgemäßen Methoden bearbeitet werden
und die deshalb eine lebendige, aktive Humusschicht besitzen, ist eine direkte Kalidüngung meist nicht nötig. Hier genügen die
Kalianteile in der Pflanzenjauche, im Kompost und wenig Holzasche. Durch das aktive Bodenleben werden die Kalireste in der
Erde ständig für die Pflanzen aufgeschlossen.
Ganz allgemein sollte ein Bio-Gärtner sich einprägen: Wo nicht unbedingt wegen akuter Mangelerscheinungen eine direkte
Nährstoffversorgung notwendig wird, da sollten alle Düngemittel zuerst in den Kompost gestreut werden (natürlich nicht alle auf
einmal, sondern in individueller Auswahl). Über diesen »Umweg« wirken sie besonders harmonisch, da sie bereits in die
vielfältigen Umsetzungsprozesse einbezogen werden. Andernfalls müssen Dünger 2-4 Wochen bevor ein Beet bepflanzt oder
eingesät wird, ausgestreut werden. Der Gärtner harkt sie in die oberste Bodenschicht ein - am besten, wenn der Boden feucht ist.
Bei trockener Witterung muß anschließend gewässert werden. Auch im Herbst kann mit langsam wirkenden Produkten schon »auf
Vorrat« gedüngt werden.
Dünger bedeuten für den biologischen Garten Hilfsmittel. Sie sind keine ständige Einrichtung. Nur wo es wirklich notwendig ist,
werden sie gezielt eingesetzt. Wer einen gepflegten, lebendigen Humus besitzt, kann weitgehend auf zusätzliche Dünger
verzichten.
Bodenverbesserungsmittel
Außer den direkten Nährstofflieferanten, den Düngern, gibt es für naturgemäße Gärten noch einige Mittel, die allgemein den
Zustand des Bodens verbessern. Sie regen entweder die Tätigkeit der Kleinlebewesen an, oder sie nehmen auf chemisch-physikalischem
Wege Einfluß auf die Erde. So verbessern sie ihre Struktur, ihren Säuregehalt oder ihre Fähigkeit, Wasser
festzuhalten. Wer diese Mittel im richtigen Zusammenhang einsetzt, der kann viel damit erreichen.
Gesteinsmehle
Ein mehlfeiner Staub aus Gesteinen entsteht seit Jahrmillionen überall, wo die Naturgewalten im Zeitlupentempo die Gebirge
abschleifen. Wind, Wasser und Gletschereis zermahlen die Oberfläche der Felsen. Der Wind trägt den Staub fort und lagert ihn
irgendwo ab. Aber auch die großen Flüsse der Erde bringen seit undenklichen Zeiten Steinmehl aus ihren Quellgebieten in den
Bergen hinunter in die Ebenen. Als fruchtbaren Schlamm wälzen die langsam und träger gewordenen Wasser den Felsenstaub an
die Ufer. In den großen Stromtälern des Nil, des Ganges und des Yangtsekiang entstanden auf diese Weise fruchtbare
Ackerlandschaften. Die Ströme düngten die Felder mit dem Mineralreichtum der Gebirge.
Etwas Ahnliches spielt sich im Zeitraffertempo ab, wenn Gesteine industriell bearbeitet werden. Auch hier fällt feiner Staub ab. Er
besitzt die gleichen Eigenschaften wie das unendlich langsam gewachsene Naturprodukt. Diese Gesteinsmehle aus Basaltwerken
oder Granitbrüchen sind der »Nilschlamm des kleinen Mannes«.
Gesteinsmehl ist allerdings nicht gleich Gesteinsmehl. Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe wechselt, je nachdem aus welchem
Gebirge das Material stammt. Unterschiedlich ist vor allem der Gehalt an Kalk. Kali und Magnesium. Allen Steinmehlen
gemeinsam ist ihr Reichtum an Spurenelementen aller Art. Der feine, fruchtbare Staub wirkt aber nicht als direkte Düngung. Die
Mineralien und Spurenelemente müssen zuerst im Boden gelöst und aufbereitet werden. Dies geschieht vor allem durch die
Mikroorganismen, aber auch durch physikalisch-chemische Prozesse. Die gute Wirkung der Steinmehle ist deshalb sehr abhängig
von der Lebendigkeit der Humusschicht.
Diese Bodenverbessexungsmittel besitzen einige Vorteile, die kein anderes Präparat im Bio-Garten bieten kann: Sie bilden eine
Art Düngersparbüchse im Boden. Ihre Wirkstoffe gelangen ganz langsam und kontinuierlich in den lebendigen Kreislauf. Deshalb
kann ein Gärtner mit Steinmehl praktisch keine Düngefehler machen. Für Anfänger und für Gärten, die gerade auf naturgemäße
Methoden umgestellt werden, bedeuten sie daher eine wichtige Hilfe auf dem Weg zur Fruchtbarkeit.
Steinmehle verbessern außerdem die Fähigkeit des Bodens, Wasser und Nährstoffe festzuhalten. Wo regelmäßig Steinmehl
gestreut wird, da werden die Bodenkrümel stabiler, da nehmen die wertvollen Huminstoffe zu, da vermehren sich die
Mikroorganismen, da gibt es immer Nahrungsreserven.
Der Felsstaub hat auch die Eigenschaft, seine Oberfläche außergewöhnlich weit auszudehnen. Dadurch kann sehr viel
lebenswichtige Feuchtigkeit im Boden gebunden werden. Dadurch steigt aber auch die Fähigkeit zum Ionen-Austausch. Dies ist
ein so wichtiger Vorgang für die Pflanzenernährung, daß er kurz erklärt werden muß: Kleine Bodenteilchen besitzen die
Fähigkeit, winzige elektronisch-geladene Molekülteile an ihrer Oberfläche festzuhalten. Sobald das Element Wasser hinzukommt,
können diese Miniteilchen gegen andere chemisch gleichwertige Teilchen ausgetauscht werden. Die winzigen Einheiten, mit
denen hier »gehandelt« wird, nennt man Ionen. Da einige Steinmehle ihre Oberfläche sehr weit ausdehnen können, haben sie Platz
für viele Ionen, die sie dann im großen Wechselspiel des Bodenlebens den Mikroorganismen oder den Wurzeln der Pflanzen als
Nährstoffe anbieten können.
Eine solche Quellfähigkeit besitzen vor allem die Tonmehle. Sie werden nach ihren Fundorten in Frankreich oder Amerika
Montmorillonit oder Bentonit genannt. Diese Steinmehle, die reich an wertvollen Tonmineralien sind, eignen sich besonders zur
Verbesserung sandiger Böden. Außerdem gibt es noch die sogenannten Urgesteinsmehle, die meist aus Granit oder Basaltmehl
bestehen. In der Schweiz kennt man das Gesteinsmehl »Gotthard«, das aus verschiedenen Gesteinen des gleichnamigen Gebirges
gemischt wird. Es besitzt eine ähnliche Zusammensetzung wie der Nilschlamm. Aus Kalksteinmagnesium wird dagegen ein kalk-
und magnesiumreiches Steinmehl gewonnen, das sich besonders für kalkarme, saure Böden eignet. Reich an Tonerde, Kalk, Kali,
Magnesium und Spurenelementen ist auch Lava-Mehl, das von Vulkangestein stammt. Es wird zum Beispiel in der Eifel
gewonnen.
Beim Kauf eines Steinmehls muß der Gärtner immer auf die Zusammensetzung achten. Sie sollte diejenigen Stoffe enthalten und
diejenigen Eigenschaften besitzen, die seiner Erde fehlen. Steinmehldüngung und Bodenverbesserung bedeuten immer die Wahl
des kleinsten Risikos. Grobe Fehler kann niemand damit machen.
Kalk
Kalk ist, so wie er heute gefunden und abgebaut wird, ein Mineral. Er wird aus Kalkgestein wie Marmor, Kreide, Dolomit oder
Mergel gewonnen. Da diese Gesteine aber in sehr weit zurückliegenden Zeiten der Erdgeschichte aus Ablagerungen von Tieren
und Pflanzen entstanden sind, gehörte dieses versteinerte Material ursprünglich einmal zu den organischen Stoffen. Aus diesem
lebendigen Zustand versank es gewissermaßen in einen anorganischen Tiefschlaf. Caspari definiert sehr treffend: »Kalk ist ein
fossiles Produkt aus lebendigem Stoffwechsel geologischer Epochen.«
Im Garten wird dieses »Fossil« wieder zum Leben erweckt. Kalk bindet Säuren im Boden. Er schließt Nährstoffe auf. Er
verbessert die Krümelstruktur und regt das Bodenleben an. Dennoch ist Vorsicht geboten beim Umgang mit diesem
Bodenverbesserer. Ein Übermaß an Kalk kann Schäden hervorrufen, die nur schwer wieder zu regulieren sind. Es entsteht eine
stark alkalische Bodenreaktion. Dadurch werden wichtige Spurenelemente, aber auch die Phosphorsäure in der Erde gebunden.
Sie sind für die Pflanzen nicht mehr erreichbar, so daß Mangelkrankheiten entstehen.
Eine kräftige Kalkdüngung kann zunächst sehr wachstumsanregend wirken. Sie hat aber durch den gesteigerten Stoffwechsel der
Pflanzen auch einen höheren Humusverbrauch zur Folge. Wenn dann nicht für organischen Nachschub gesorgt wird, verarmt der
Boden. »Kalk und Humus fressen sich gegenseitig auf«, warnt Caspari. Nicht umsonst sagten die Bauern früher: »Kalk macht
reiche Väter und arme Söhne!«
In einem nach biologischen Methoden gepflegten Garten ist das Kalkproblem eigentlich nur eine Randerscheinung. Durch die
naturgemäßen Pflegemaßnahmen wird der Kalkgehalt im allgemeinen ausgeglichen sein. Deshalb sollte sich der Bio-Gärtner vor
allem einige grundsätzliche Gesichtspunkte merken: Böden mit niedrigem pH-Wert brauchen eine.Kalkaufbesserung. Aber
gerade hier ist besondere Vorsicht geboten, weil zum Beispiel leichte Sandböden größere Mengen dieses Minerals nicht verkraften
können. Lehmige Erde enthält meist genügend Kalkvorräte. Ihr pH-Wert liegt in der Regel in einem schwachsauren bis neutralen
Bereich, der den meisten Pflanzen zusagt. Wenn schwere lehmige oder sogar tonige Böden dennoch einmal unter Kalkmangel
leiden, so können sie mit schnellwirkendem Branntkalk versorgt werden. Genauen Aufschluß über den Kalkgehalt eines Bodens
gibt eine Bodenanalyse. Der Gärtner kann auch selbst eine schnelle Probe machen, wenn er sich einen der überall im Handel
erhältlichen Kalkprüfer besorgt. Unkompliziert und zuverlässig ist zum Beispiel der »Calcitest«.
Einen deutlichen Fingerzeig in Richtung Kalkgehalt können auch Pflanzen geben. Schlechten Kalkzustand signalisieren zum
Beispiel Ackerstiefmütterchen, Adlerfarn, Pechnelke, Kleiner Ampfer und Silbergras. Von gutem Kalkzustand »erzählen«
dagegen Huflattich, Kleiner Wiesenknopf, Esparsette, Salbei und Wegwarte.
Bio-Gärtner können den Kalkgehalt ihrer Gartenerde im Gleichgewicht halten, wenn sie mäßig, aber regelmäßig kalkhaltige
Düngemittel verwenden. Dazu gehören: Steinmehl, Knochenmehl, Holzasche und Kompost. Auch Thomasmehl enthält Kalk.
Eine Extradüngung mit Kalk ist bei konsequenter Anwendung der biologischen Maßnahmen meist nicht nötig. Kalkdünger für
»Notfälle« sind:
Kalksteinmehl ist ein kohlensaurer Kalk, der aus gemahlenem Kalkbruch besteht. Er eignet sich für leichte und mittelschwere
Böden.
Kalkmergel besteht aus einer erdigen Mischung, die Ton, Sand und 50-75% kohlensauren Kalk enthält. Er wirkt mild und
langsam und eignet sich deshalb vor allem für leichte Böden. Mergel ist ein seit Jahrhunderten bewährter, empfehlenswerter
Kalkdünger.
Kohlensaurer Magnesiumkalk enthält das wichtige Spurenelement Magnesium.
Branntkalk entsteht aus gebranntem Kalkstein. Er ist sehr »durstig« und verbindet sich schnell mit dem Wasser in der Erde.
Deshalb wirkt er in sehr kurzer Zeit. Branntkalk eignet sich für schwere Böden. Er darf aber nie auf leichten Sandböden eingesetzt
werden. Löschkalk wirkt ähnlich wie Branntkalk.
Meeresalgenkalk ist ein Produkt aus den Ablagerungen der Korallalgen. Er enthält 80% kohlensauren Kalk, 10% Magnesium und
viele Spurenelemente. Für Bio-Gärten ist er.besonders empfehlenswert.
Kalkdünger werden am besten im Herbst auf den Erdboden gestreut und nur sehr oberflächlich eingeharkt. Der raschwirkende
Branntkalk kann auch noch im Frühling - spätestens 14- Tage vor der Aussaat oder Pflanzung - verwendet werden. Vergessen Sie
aber nie: Kleine Kalkgaben, wenn nötig öfter wiederholt, sind besser und ungefährlicher als eine starke Kalkdüngung!
Torf
Torf wurde jahrzehntelang in vielen Gärten als »Mädchen für alles« benutzt. Es war geradezu eine gedankenlose Unsitte, überall
den braunen Mull auszustreuen, weil es so »schön ordentlich aussieht«. Sogar Rosen wurden im Herbst bis zur »Halskrause« mit
Torf eingepackt. Die meisten Freizeitgärtner vergaßen dabei zwei wichtige Gesichtspunkte: Torf macht den Boden, wo er ständig
benutzt wird, sauer. Und: Torf besitzt in seiner Naturform keinerlei Düngewirkung. Er wird zwar im Handel »Düngetorf«
genannt, aber das ist eine mißverständliche Bezeichnung. Nährstoffe besitzen nur die Torfmischdünger, die mit Stickstoff,
Phosphorsäure, Kali und Spurenelementen künstlich angereichert werden.
Der besondere Wert des Torfs liegt in seiner Fähigkeit, viel Feuchtigkeit aufzunehmen. Dadurch kann er sowohl in schweren als
auch in leichten Böden den Luft- und Wasserhaushalt verbessern. In sandiger Erde dient Torf als Feuchtigkeitsreservoir, in
lehmiger Erde bindet er überschüssiges Wasser. Sehr gefährlich kann es sein, trockenen Torf in den Boden einzuarbeiten. Er
nimmt in diesem Zustand keine Feuchtigkeit auf, und die Pflanzen in der näheren Umgebung können regelrecht verdursten. Wo
dieser physikalische Bodenverbesserer benutzt wird, da muß er vorher immer gut angefeuchtet werden.
Im Bio-Garten sollte Torf nicht mehr eingesetzt werden. Höchstens im Notfall kann einmal ein zu stark alkalisch reagierender
Boden mit Torf in eine saure Richtung gelenkt werden. Eine naturgemäße Wohltat wäre dieses Produkt der Sümpfe für
Moorbeetpflanzen, wenn seine- Gewinnung nicht durch die Zerstörung wertvoller Lebensräume erkauft würde. Rhododendren,
Azaleen, Heidekraut und Hortensien brauchen zwar ein saures Bodenmilieu, aber dies kann ein Bio-Gärtner auch mit
Laubkompost und Rindenmulch erreichen. Rosen lieben dagegen lehmige Erde. Es ist Unsinn, sie mit saurem Material zu
»füttern«.
Zum allgemeinen Verständnis der Zusammenhänge trägt sicher die Entstehungsgeschichte dieses vielgepriesenen braunen Stoffes
bei. Torf ist ein überwiegend organisches Material. Verwesende Pflanzenteile wurden unter Wasser durch Sauerstoffmangel
konserviert. Wir haben es sozusagen mit »Mumien« zu tun, einem merkwürdigen Grenzzustand zwischen Leben und Tod. Es gibt
Niedermoortorf, der kalkhaltig ist und einen neutralen bis schwach alkalischen pH-Wert besitzt. Er entstand aus verschiedenen
Wasserpflanzen. Hochmoortorf setzt sich dagegen hauptsächlich aus Moosen zusammen. Er ist arm an Nährstoffen und Kalk. Die
ältere Form des Hochmoortorfes ist der Schwarztorf. Dieses Material ist schon stärker zersetzt und nimmt weniger Wasser auf.
Die jüngere Form des Hochmoortorfes, der sogenannte Weißtorf, ist wenig.zersetzt und kann durch seine faserige Struktur am
besten schwere Böden lockern und reichlich Wasser aufnehmen. Wer Torf benutzt, der sollte daran denken, daß durch den
rasanten Abbau dieses Naturstoffes Sumpfgebiete und Moore mit ihren reichen Lebensgemeinschaften unwiederbringlich
vernichtet werden! Im Bio-Garten hat dieser Naturstoff trotz der beschriebenen Eigenschaften nichts mehr zu suchen. Der Schutz
der gefährdeten Natur geht vor. Für die Bodenverbesserung gibt es genügend andere organische Hilfsstoffe.
Rindenmulch und Rindenhumus
Anstelle von Torf gewinnen Produkte aus Baumrinde immer mehr Bedeutung für den Garten. Dieser natürliche, stets
nachwachsende Rohstoff bleibt als Abfall in der Papierindustrie, der Bauholzproduktion, der Möbelherstellung und anderer
Holzverarbeiter übrig. Der größte Teil der Rinde fällt in großen Entrindungsanlagen an.
Rindenmulch besteht aus grob zerkleinerten Rindenstücken. Dieses Material eignet sich gut zur Bodenbedeckung, vor allem für
säureliebende Pflanzen. Es besitzt einen niedrigen pH-Wert und keine Nährstoffe. Wo Rindenabfälle leicht in den Boden
eingearbeitet werden und langsam verrotten, muß mit Stickstoff gedüngt werden, sonst entstehen bei den Umsetzungsprozessen.
Mangelscherscheinungen. Rindenmulch schützt die Bodenfeuchtigkeit, unterdrückt Unkraut, lockert den Boden und bewirkt eine
Veränderung in den sauren Bereich.
Rindenhumus besteht aus kompostierter Rinde, die mit Stickstoff angereichert wurde, Während der Umsetzungsprozesse in
großen Mieten werden auch schädliche Stoffe wie zum Beispiel Gerbsäuren, Harze, Phenole u. a. abgebaut.
Rindenhumus hat einen mittleren pH-Wert um 6. Er dient mit seinem hohen Gehalt an organischer Masse der Bodenverbesserung.
Beim Kauf von Rindenprodukten sollte ein Bio-Gärtner auf seriöse Firmen und gute Qualität achten. Wichtig ist auch, daß das
verwendete Holz keine Lindan-Rückstände enthält! Eine Qualitätsgarantie verspricht zum Beispiel das RAL-Zeichen.
Stroh
Stroh wird von Gärtnern noch verhältnismäßig wenig benutzt. Es könnte aber anstelle von Torf als Mittel zur
Strukturverbesserung schwerer und leichter Böden eingesetzt werden. Da Stroh alle Jahre neu erzeugt wird, bedeutet seine
Nutzung keinerlei Raubbau. Wertvolle Naturschätze können dadurch geschont werden.
Im Handel wird das Produkt »Bihutherm« angeboten, das aus fein zerkleinertem Getreidestroh besteht und mit Stickstoff sowie
rottefördernden organischen Substanzen angereichert ist. Dadurch wird das von Natur aus weite C/N-Verhältnis des Strohs auf
günstige Werte reduziert. Dies bedeutet ganz einfach: Die Mikroorganismen haben es leichter, sich auf dieses organische Material
zu stürzen und es zu zersetzen. Deshalb fördert der Strohdünger das Bodenleben und die Humusbildung. Durch die starke
Aktivität entsteht sogar zeitweise erhöhte Bodenwärme. Gleichzeitig bewirkt das Material eine Lockerung und Durchlüftung des
Bodens. Sowohl in lehmiger als auch in sandiger Erde wird der Wasserhaushalt verbessert.
Ein Bio-Gärtner hat noch mehr als jeder andere Verantwortung zu tragen für die Erde. Er sollte deshalb nie unüberlegt oder aus
Bequemlichkeit irgendein Verbesserungsmittel in seinem Garten einsetzen. Immer drängender wird in Zukunft die Frage
auftauchen: Ist das, was mir in meinem kleinen Garten das Leben leichter macht, nicht in der großen Natur unter viel zu hohen
Verlusten gewonnen worden?
Die »hausgemachte« -Bodenverbesserung bleibt deshalb im biologischen Garten wichtiger als alle Zusatzstoffe.
|
alberich
16.05.2003, 17:12
@ HB
|
? und was willst Du damit sagen?? (owT) |
-->
|
HB
16.05.2003, 18:03
@ alberich
|
Daß Holzasche in dem Buch nicht so negativ gesehen wird (owT) |
-->
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