-->Aktionäre verfluchen Vorstand
Mit der Kritik der Kleinaktionäre auf der diesjährigen Hauptversammlung hatte Klaus Peter Müller wohl gerechnet. Am Ende wurde daraus eine wütende Abrechnung mit einem völlig verkorksten Geschäftsjahr. Nicht einmal mit der Offenlegung seines Gehalts konnte der Commerzbank-Chef die Gemüter beruhigen.
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AP
Wütende Angriffe gegen den Vorstand: Hauptversammlung der Commerzbank-Aktionäre
Frankfurt am Main - Begriffe wie"Kapitalvernichtung" oder"handwerkliche Fehler" waren noch die zurückhaltensten mit denen einige Redner die Arbeit der Commerzbank-Geschäftsführung charakterisierten. Aber auch"Betrug" oder"Arroganz" wurden Müller und seinen Kollegen vorgeworfen."Wir haben es mit einer Abzockerclique zu tun", brüllte ein Kleinaktionär mit hochrotem Gesicht vom Redepult den Managern entgegen, die mit versteinerter Miene auf dem Podium saßen.
Vor allem der Aktienkurs erzürnte die Eigentümer, der am Freitag bei rund 9,35 Euro notierte - noch im Jahr 2000 hatte eine Commerzbank-Aktie über 45 Euro gekostet.
Andere Aktionäre erklärten den Kurs der Bank für"falsch" und"überheblich". Die Commerzbank tummele sich auf zu vielen Geschäftsfeldern und habe daher keine klare strategische Ausrichtung, die für eine kleinere Bank aber lebensnotwendig sei, kritisierte Horst Schlüchter von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Vor allem die Aktivitäten im Investmentbanking sind vielen Aktionären ein Dorn im Auge. Der zuständige Vorstand Mehmet Dalman sei wohl schon der richtige Mann, aber offenbar in der falschen Bank, sagte Thomas Körfgen von der SEB Invest.
Müller übt Selbstkritik
Mit selbstkritischen Anmerkungen versuchte Commerzbank-Chef Müller, den Gegnern die Wut zu nehmen. Er verstehe den Unmut der Aktionäre, sagte Müller. Selbstverständlich sei auch er mit der Entwicklung des Aktienkurses nicht zufrieden."Wir sind dennoch zuversichtlich, daß die Bank 2003 die Wende zum Besseren schaffen wird. Dafür gibt es viele Anzeichen".
2002 hatte die Bank zum ersten Mal in der Firmengeschichte rote Zahlen geschrieben, der Verlust vor Steuern betrug 372 Millionen Euro. Den Aktionären schlägt der Vorstand die Ausschüttung einer Dividende von zehn Cent je Aktie vor, nach 40 Cent vor einem Jahr. Die Bank wolle den Anteilseignern wenigstens eine kleine laufende Rendite bieten, sagte Müller.
Auch den Vorwurf der Abzockerei ließ der Commerzbank-Chef nicht gelten. Führungskräfte und Vorstandsmitglieder hätten in den vergangenen Jahren"erhebliche finanzielle Einbußen" hinnehmen müssen, sagte er - was"angesichts der Kostensituation und den fehlenden Erträgen" natürlich nur konsequent gewesen sei.
Konkret sei sein Gehalt 2002 um zehn Prozent geschrumpft. Zur Überraschung der Aktionäre nannte Aufsichtsrats-Chef Martin Kohlhaussen die genaue Summe: 1,225 Millionen Euro. Damit verdient Müller wesentlich weniger als andere Topmanager der deutschen Finanzbranche. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann strich beispielsweise 2002 knapp sieben Millionen Euro ein.
Lediglich bei den Kosten erfolgreich
Offen räumte Müller auch ein, daß die Bank lediglich beim Abbau der Kosten erfolgreich gewesen sei."Was uns fehlte, waren die Erträge." Aber nun habe die Bank ihre Hausaufgaben gemacht. Man werde sich neue Ertragsquellen erschließen und strategisch auf die veränderten Rahmenbedingungen einstellen. Nicht zuletzt soll das Geschäft mit wohlhabenden Privatkunden verstärkt werden."Für uns gehören Kunden mit einem investierbaren Vermögen von 1,25 Millionen Euro oder einem Haushaltseinkommen von brutto über 250.000 Euro im Jahr zu dieser interessanten Zielgruppe", sagte Müller.
Bei einer Frage allerdings zeigte der Bankenchef kein Entgegenkommen. Die von einigen Aktionären geforderte Fusion mit der HypoVereinsbank (HVB) lehnte er wie bisher ab. Die Commerzbank könne auch selbständig überleben. Um sich dabei möglichst viele Optionen offen zuhalten, warb er für Vorratsbeschlüsse zur Ausgabe von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen, welche die Aktionäre auf der Hauptversammlung absegnen sollen.
Die Beschwörungen der Wende zum Besseren beruhigte keineswegs alle im Saal - und die Anleger an der Börse ließ sie kalt. Der Wert der Commerzbank-Aktie blieb mit einem Plus in Höhe von zeitweise 1,74 Prozent weit hinter der Entwicklung des Dax zurück, der zeitgleich 2,34 Prozent gut machte.
Die Erklärung von Vorstandssprecher Klaus-Peter Müller, 2003 wieder schwarze Zahlen schreiben zu wollen, habe die Börse kalt gelassen."Solche Ankündigungen hat der Markt schon oft gesehen, da springt er nicht mehr an", sagte der Händler Andreas Kehl von der der Deutschen Bank.
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